Die schönsten Orte des Aostatals

Im Jahr 2001 wurde „I borghi più belli d’Italia“ (dt. „Die schönsten Orte Italiens“) gegründet, eine private Vereinigung, die sich der Präsentation und Förderung besonders schöner Fleckchen in Italien widmet. Sie befinden sich häufig abseits gängiger touristischer Pfade und drohen in Vergessenheit zu geraten. Viele von ihnen sind mittelalterlichen Ursprungs, teils sogar autofrei, zeichnen sich durch besonderen Charme und ein harmonisches Ortsbild aus. Im Aostatal im äußersten Nordwesten des Landes gibt es zwei solcher Orte, die unbedingt vorgestellt werden wollen.

 

Étroubles

©Bigstock.com/emanisca

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Erster Stopp ist Étroubles. Bereits der Name verrät, dass du dich hier im französischen Teil des Landes befindest. Mit knapp 500 Einwohnern und einer recht großen Fläche von ca. 39 km² handelt es sich um ein typisches Bergdorf in den italienischen Westalpen. Entlang des Bergpasses Grosser St. Bernhard gelegen, lässt sich die Geschichte des Orts bis in römische Zeiten zurückverfolgen. Étroubles‘ Name leitet sich wohl von lateinischen sowie okzitanischen Begriffen für „Stroh“ bzw. „Strohfelder“ ab und beschreibt das prächtige Umland auf wunderbare Weise.

 

Traditionen und Brauchtum spielen in Étroubles auch heute noch eine überaus wichtige Rolle. Im Rahmen der Veillà wird das alte Dorfleben lebendig gemacht, von klassischen Handwerksberufen über Landwirtschaft bis hin zum typischen Sozialleben. Entsprechend gestaltet sich auch die kulinarische Begleitung, darunter das typische frittierte Süßgebäck „bugie“ oder „seuppa freida“ (hartes, in Rotwein getunktes Schwarzbrot). Im Karneval wird unter anderem der Einzug Napoleons bei einem ironischen Umzug durch den Ort persifliert.

 

Neben diesen herrlichen Traditionen und Festen, bei denen du sofort mit offenen Armen willkommen geheißen wirst, erwarten dich ein paar kleine Sehenswürdigkeiten in Étroubles:

  • Pfarrkirche: Bereits im Mittelalter urkundlich erwähnt, ist die heutige Kirche Santa Maria Assunta deutlich moderneren Ursprungs und wurde erst 1815 errichtet. Die Steine des alten Gebäudes wurden für die neue Struktur verwendet, während der Glockenturm romanische Wurzeln trägt.
  • Torre di Vachéry: Der im 12. Jahrhundert als Aussichtssturm für die örtliche Verteidigungslinie errichtete Turm wurde in späteren Jahren an Wohnbedürfnisse angepasst. Im Zweiten Weltkrieg niedergebrannt und seither langsam restauriert, repräsentiert der Torre di Vachéry die mittelalterlichen Strukturen Étroubles‘.
  • Freilichtmuseum: Ein Kunstprojekt aus dem Jahr 2005 vereint das charmante Ortsbild mit den umliegenden Bergwelten. 21 bekannte Künstler verwandelten Hauswände des Dorfs in ein gewaltiges Freilichtmuseum, das dich auf deinen Spaziergängen durch Étroubles begleitet.

 

Bard

©Bigstock.com

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Am Fluss Dora Baltea gelegen, hat sich Bard der Erhaltung des kulturellen Erbes des Aostatals verschrieben. Aufgrund seiner idealen Lage mitten in einer engen Schlucht war Bard bereits in der Jungsteinzeit besiedelt und später Teil einer Verbindungsstraße zwischen gallischen und römischen Gebieten. Entsprechend kommt der Ortsname wohl vom keltischen Begriff „bar“, der eine Festung oder ein befestigtes Gebiet beschreibt. So dürfte es dich auch kaum verwundern, dass Bard (ca. 120 Einwohner, 3 km² Fläche) im Laufe seiner Geschichte eine nicht zu verachtende Rolle als Verteidigungsanlage spielte und im Mai 1800 sogar den Überraschungsangriff der französischen Armee eine Zeit lang aufhalten konnte.

 

Etwas überraschend für einen solch vergleichsweise schmalen Streifen Land wächst etwas Wein auf den Terrassen entlang der alten Römerstraße. Die regionalen Weinbauer zeigen sich besonders hartnäckig und lassen sich von der widrigen Lage mit hochaufragenden Felsen ringsum nicht ins Bockshorn jagen. Ein intensiver Rotwein von der Nebbiolo-Traube mit leichtem Mandelgeruch erfreut den Gaumen ebenso wie die typischen Kekse „paste de meglia“ aus Stärkemehl oder die beliebte Weihnachtssuppe „bœuf de Noël“.

 

Natürlich hält auch Bard manch einen Schatz für dich bereit:

  • Forte di Bard: Erste Festungsstrukturen lassen sich auf die Ostgoten im 6. Jahrhundert zurückverfolgen, bevor die Grafen von Aosta und Savoyen für einen Ausbau sorgten. Auf Veranlassung Napoleons im Jahr 1800 gesprengt und zerstört, nachdem französische Truppen dort aufgehalten worden waren, erfolgte ein Neubau der majestätischen Anlage in den 1830er Jahren. Sie beheimatet heute zahlreiche Museen und Ausstellungen, darunter das prächtige Museo delle Alpe. Hier wird die Geschichte und Natur der Westalpen greifbar gemacht.
  • Pfarrkirche: Wie es sich für ein anständiges Dorf geziemt, verfügt auch Bard über seine eigene Kirche, die, ähnlich wie in Étroubles, Mariä Himmelfahrt gewidmet ist, ursprünglich aus dem Mittelalter stammt, und im 19. Jahrhundert wiedererrichtet wurde. Der Glockenturm konnte sich sein romanisches Antlitz hingegen beibehalten.
  • Umgebung: Rund um Bard erwarten dich weitere kleine Dörfer, die sich prima mit kleinen Touren durch die Region verbinden lassen. Das mittelalterliche Albard sowie die Häuser aus Stein von Crous inmitten der Kastanienwälder sind besonders eindrucksvoll. Ein Ausflug zum bezaubernden Tête de Cou mit ebenso bezaubernder Aussicht gehört auch dazu.

 

Das Aostatal ist Heimat wunderschöner Orte, die, wie auch die Region selbst, viel zu oft übersehen, ja geradezu sträflich vernachlässigt werden. Dabei ist der magische Nordwesten Italiens stets einen Besuch wert. Entdecke diese und weitere magische Orte des Landes in deinem nächsten Urlaub und lass dich von ihrem ursprünglichen Charme verzaubern!

Kunststadt Noto in sizilianischem Barock

In weiten Teilen Siziliens ist der spätbarocke Stil überaus präsent, was den Städten und Dörfern einen einheitlichen und zugleich schillernden Anstrich verpasst. Im Val di Noto, einer von vulkanischen Aktivitäten bedrohten Region, fällt diese Häufung besonders stark auf. Acht Städte wurden 2002 zum Weltkulturerbe erklärt, darunter die überaus charmante Kunststadt Noto. Ein kompletter Neuaufbau nach einem verheerenden Erdbeben sorgte für das heutige recht homogene Stadtbild, unter das sich ein paar modernere Farbtupfer sowie Reste des reichhaltigen antiken Erbes mischen. Deine Tour durch das rechtwinkelige Straßenraster führt dich vorbei an zahlreichen Kalktuff-Gebäuden und zeigt dir die vielleicht schönsten Exemplare sizilianischer Baukunst.

 

Die Geschichte zweier Notos

Vor Noto war Netum, eine ansehnliche antike Stadt ca. acht Kilometer nordwestlich der heutigen Kunststadt gelegen. Von den Sikelern gegründet und früh von Syrakus erobert, gaben die Römer die Stadt an Hieron II., eine zentrale Figur im Ersten Punischen Krieg, bevor sie schließlich komplett unter römische Herrschaft gelangte. Wenig überraschend wurden sikelische, griechische und römische Strukturen sowie Artefakte in diesem Gebiet gefunden. Unter arabischer Herrschaft stieg Noto zu einem der wichtigsten Orte der Insel auf und war 1091 Italiens letzte muslimische Bastion, bevor die Normannen Reichtum in die Stadt brachten.

 

Die Stadt großer Denker erlebte am 11. Januar 1693 eine verheerende Zäsur, als ein schweres Erdbeben das Val di Noto traf. Das mittelalterliche Noto verschwand nahezu komplett von der Bildfläche, mehr als die Hälfte der Bevölkerung kam um. Man entschied sich, die Stadt am linken Ufer des Asinaro, etwas näher an der Küste, erneut aufzubauen. Unter Stadtbaumeister Rosario Gagliardi entstand das heutige rechtwinkelige Straßenraster sowie der einheitliche sizilianische Barockstil. Deswegen sieht die Kunststadt Noto heute nahezu wie aus einem Guss aus.

 

Die Kirchen

©Bigstock.com/Alberto SevenOnSeven

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Unter den zahlreichen Gebäuden, die in den Jahrzehnten nach dem Erdbeben hochgezogen wurden, befinden sich selbstverständlich mehrere Kirchen. Zwischenzeitlich war die Kunststadt Noto sogar zur Diözese erhoben worden, und diese Gotteshäuser waren dafür mitverantwortlich:

  • San Nicolò: Die Kathedrale bzw. der Dom der Kunststadt ist ohne Frage Notos größte und bekannteste Kirche. Zunächst als Hauptpfarrkirche errichtet und im Laufe des 18. Jahrhunderts umfassend erweitert, leuchtet dir die Fassade aus blassgelbem Kalkstein geradezu entgegen. Die prächtigen Türme und die breite Freitreppe verleihen der Kathedrale ein stattliches Erscheinungsbild. Hingegen wirkt der Innenraum vergleichsweise nach dem Einsturz der Kuppel und der Seitenschiffe im Jahr 1996 (aufgrund von Materialermüdung und Erosion) schlicht. Die Kathedrale wurde inzwischen umfassend renoviert, die wiedererrichtete Kuppel mit neuen Fresken versehen.
  • Santissimo Salvatore: Diese Kombination aus Kirche und Benediktinerkloster zeigt sich vergleichsweise einfach und doch praktisch. Auffällig ist der Balkon mit eisernem Gitterwerk, wo die Nonnen des Klosters die Messe hören konnten, begleitet von einem Ausblick auf die Piazza vor dem Gebäude. Das Kloster an sich ist heute nur noch für Seminaristen vorgesehen.
  • San Carlo al Corso: Alleine schon die gewölbte Fassade macht diese Kirche mit anliegendem Jesuitenseminar und -kloster zum absoluten Hingucker. Die klassische Komposition der Säulen und Kapitelle spielt mit dorischen, ionischen und korinthischen Stilelementen. Prächtige Gemälde, Statuen und Fresken zieren das reichlich geschmückte Innere.
  • San Domenico: Auch diese Kirche zeichnet sich durch stilistisch vielfältige Säulen aus, die dorische und ionische Merkmale aufnehmen und dieses Meisterwerk Gagliardis gekonnt umspielen. Dazu passen die umfassenden, prächtigen Stuckarbeiten in San Domenico, welche diverse biblische Szenen darstellen.
  • San Girolamo: Dieses auch als Chiesa di Montevergine bekannte Gebäude wurde ursprünglich für benediktinische Nonnen errichtet. Eine weitere gewölbte Fassade wirkt durch den vergleichsweise engen Korridor vor der Kirche besonders imposant. Abermals lässt du dich von schillerndem Stuck verzaubern.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Noto

©Bigstock.com/vvoevale

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Das ist selbstverständlich nur ein kleiner Auszug der zahlreichen Kirchen in der Kunststadt Noto. Wir wollen uns aber noch ein paar anderen Gebäuden widmen, die du während deines Stadtspaziergangs unbedingt ansteuern solltest:

  • Palazzo Ducezio: Benannt nach dem Sikeler-Führer Duketios, dem Gründer der Stadt, beheimatet dieser Palast heute das Rathaus. Der Palazzo wurde sichtlich von französischen Palästen inspiriert, die Louis-quinze-Möblierung holt einen Hauch Rokoko in die Präsentation. Vom Balkon vor dem Sitzungssaal genießt du einen direkten Blick auf die Kathedrale.
  • Palazzo Nicolaci: Zwischen Ende Mai und Anfang Juni steht Noto im Bann der Infiorata. Wochen- und monatelang wird an komplexen Blumenteppichen und -Gemälden auf Straßen und Treppen gearbeitet. Schauplatz ist vor allem der Palazzo Nicolaci mit seinen 90 opulent ausgeschmückten Räumlichkeiten. Hier befindet sich außerdem die Stadtbibliothek.
  • Museo Civico: Notos städtisches Museum ist in zwei Abschnitte unterteilt. Einerseits erhältst du hier spannende Einblicke in die Geschichte der Region mit zahlreichen Funden des archäologischen Komplexes. Ebenfalls sehenswert ist die zeitgenössische Kunstgalerie, die dir die jüngere Kunstgeschichte Siziliens näherbringt.

 

Netum und die Villa Romana

Der Großteil der antiken Strukturen Notos sind von den Ruinen der zerstörten mittelalterlichen Stadt verdeckt, abgesehen von drei in Stein geschlagenen Kammern. Ausgrabungen im Umland legten unter anderem christliche und byzantinische Katakomben sowie sikelische und griechische Friedhöfe offen. In Netum oder Noto Antica, so der Name der alten antiken Stadt, wurden Ruinen eines alten Amphitheaters sowie eines Gymnasions gefunden, zudem eine griechische Inschrift, die auf Hieron II. verweist.

 

Im Umkreis der Kunststadt Noto findest du weitere Zeugnisse des antiken Erbes. Acht Kilometer südlich stößt du auf Eloro oder Helorus, eine antike griechische Stadt an der Küste und der Mündung des Flusses Tellaro. Griechische Keramiken belegen, dass Eloro wohl im 8. Jahrhundert v. Chr. gegründet wurde. Unter anderem wurden Tempel, Straßen und Wohnhäuser sowie Hinweise auf zwei quadratische Türme und einen Mauergürtel gefunden. Einen weiteren Kilometer südlich findest du die Villa Romana del Tellaro, eine römische Villa aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Sie ist vor allem für ihre hervorragend erhaltenen Bodenmosaike bekannt, die dich womöglich an die Villa Romana del Casale erinnern.

 

Hinter dem ziemlich einheitlichen Auftreten der Kunststadt Noto verbergen sich faszinierende kleine und große Meisterwerke und Geheimtipps, die unbedingt entdeckt werden wollen. Die UNESCO-Weltkulturerbestätte fällt gewiss im besten Sinne aus dem Rahmen und zeigt dir die volle Schönheit des sizilianischen Barocks in Reinkultur. Begleitet von spannenden Spuren des antiken Erbes, vor allem im Umland, erwartet dich ein in jeder Hinsicht packendes, hochgradig spannendes Reiseziel, das hinter der homogenen Fassade manch einen Schatz offenbart. Wenn du Sizilien besuchst, ist die Kunststadt Noto ein Muss!

Kunststadt Palermo mit reichem kulturellem Erbe

©Bigstock.com/magicbones

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Italiens fünftgrößte Stadt befindet sich auf Sizilien. Palermo, die Hauptstadt der Insel, zählt zu den wichtigsten Orten des Landes in vielerlei Hinsicht. Es ist nicht nur das politische Zentrum Siziliens, das historische, kulturelle und architektonische Erbe kann durchaus mit den größten, bekanntesten Kunststädten mithalten. Arabisch-normannische Einflüsse aus dem Mittelalter dominieren bis heute das Stadtbild. Unzählige Kirchen und Paläste, vornehmlich um zentrale Plätze wie Piazza Pretoria und Quattro Canti angeordnet, überraschen und beeindrucken durch ihre Fülle, ihre Vielfalt, ihre Einzigartigkeit. Die Kunststadt Palermo zählt zu jenen Plätzen in Italien, wo man bei jedem Besuch neue, magische Facetten entdecken und erleben kann. Wir verraten dir, was in deinem nächsten Urlaub auf keinen Fall fehlen darf. Zunächst widmen wir uns jedoch dem historischen Erbe der Stadt.

 

Palermos Geschichte zwischen Wirtschafts- und Kulturzentrum

Die nahegelegenen Addaura-Höhlen weisen auf erste menschliche Besiedlung der Region um 8000 v. Chr. hin. Entsprechende Funde kannst du im Museo Archeologico der Kunststadt bewundern. Palermo selbst wurde im 8. Jahrhundert v. Chr. von den Phöniziern als Handelsstützpunkt gegründet. Die Stadt hieß damals vermutlich Ziz (dt. „die Blume“), wohl aufgrund des fruchtbaren Bodens. Obwohl Palermo nie unter griechische Herrschaft gerät, gaben ihr die Griechen ihren heutigen Namen: Pánormos, der Ganzhafen. Während des Ersten Punischen Krieges eroberten die Römer die Stadt und ließen sie gedeihen. Der Einfall der Vandalen und die spätere Rückeroberung durch Ostrom leitete den Bedeutungsverlust Palermos ein. Mit der islamischen Herrschaft begann hingegen ein beispielloser Aufschwung, dessen Spuren auch heute noch sichtbar sind. 831 zur Hauptstadt der Emire auf Sizilien gemacht, war Palermo einige Zeit die drittgrößte Stadt Europas und ein florierendes Wirtschaftszentrum.

 

Die Eroberung durch die Normannen 1072 und spätere Staufer-Verwaltung führten zur Entstehung zahlreicher Kirchen und Paläste, die auch heute noch zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen. Einige Gebäude und Strukturen führen seit 2015 sogar den Status UNESCO-Weltkulturerbe. Karl von Anjou verlegte die Hauptstadt seines Reichs nach Neapel. Palermo verarmte zusehend, was zur blutigen Sizilianischen Vesper führte. Wechselnde Herrschaftshäuser in späteren Jahrhunderten leiteten einen enormen Bedeutungsverlust ein. Von den Kriegsbombardements schwer gezeichnet, erlebte Palermo einen starken Zustrom von Menschen aus ländlichen Gebieten, zahlreiche Sozialsiedlungen entstanden. Zudem war die Stadt Schauplatz blutiger Mafiakriege. Unter Bürgermeister Leoluca Orlando konnte das öffentliche und kulturelle Leben schließlich wieder einigermaßen aufblühen.

 

Palermos Kirchen

©Bigstock.com/katatonia82

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Gerade unter normannischer Herrschaft entstanden zahlreiche Kirchen in der Kunststadt Palermo. Sie alle aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Hier sind einige Gotteshäuser, die du unbedingt besuchen solltest:

  • Cattedrale di Palermo: Die größte und wichtigste Kirche der Kunststadt, im vollen Namen „Basilica Cattedrale Metropolitana Primaziale della Santa Vergine Maria Assunta“, nahm ihren Ausgang bereits im 6. Jahrhundert. Nach einem Erdbeben wurde das heutige Gebäude 1184 bis 1185 im normannisch-arabischen Stil neu errichtet und in späteren Zeiten mehrmals umgebaut, vor allem durch Ferdinando Fuga im ausgehenden 18. Jahrhundert. Vom klassischen normannischen Wehrkirchen-Bau über arabische Elemente an den drei Apsiden bis hin zum spätgotischen Portikus deutet die Fassade die architektonische Vielfalt dieses Baus bereits an. Im Inneren erlebst du Fugas Umbau hautnah, begleitet von wertvollen Bildhauerarbeiten. Am Boden vor dem Altarraum entdeckst du eine Art Sonnenuhr entlang des astronomischen Meridians. Um exakt 12 Uhr mittags überquert das durch die Kuppel einfallende Sonnenlicht diese Linie.
  • San Giovanni dei Lebbrosi: Palermos älteste normannisch-arabische Kirche entstand vermutlich um 1071 vor den damaligen Mauern. Sie steht in einem kleinen Park und zeichnet sich durch die für Palermos normannische Gotteshäuser charakteristischen drei Apsiden und halbkugelförmigen Kuppeln aus. Hingegen dürfte es sich bei den leicht spitzbogigen Fenstern um einige der ersten Spitzbögen des christlichen Abendlandes handeln.
  • San Giovanni degli Eremiti: Obwohl dieses Gebäude mehrere Veränderungen erfuhr, erleuchtet es heute in seinem mittelalterlichen Glanz dank der Freilegung und Restaurierung durch Giuseppe Patricolo im Jahr 1877. Die charakteristisch normannische Kirche mit spitzbogigen Fensteröffnungen beinhaltet Überreste alter Fresken und Wandmalereien, die seit jeher Rätsel aufgeben.
  • La Martorana: Der ursprüngliche Zentralbau aus dem mittleren 12. Jahrhundert erfuhr manch eine Veränderung. So wurde zunächst ein Benediktinerinnenkloster angegliedert, später folgten eine Barockfassade und ein Glockenturm, der in den oberen Stockwerken an die katalanische Gotik angeglichen wurde. Prächtige, leuchtende Mosaike – vor allem jenes am höchsten Punkt der Kirche, der Vierungskuppel – werden dich gewiss in ihren Bann ziehen.
  • San Cataldo: Direkt neben La Martorana findest du die ehemalige Privatkirche von Maio von Bari, Großadmiral unter König Wilhelm I. Hinter dem für diese Zeit typisch apulischen Kubusbau verbergen sich hohe, dreischiffige Räumlichkeiten mit antiken Säulen. San Cataldo erfreut sich gerade für Hochzeiten großer Beliebtheit.
  • Chiesa di San Giovanni alla Guilla: Aus dem ehemaligen Sitz des Malteserordens wurde eine vielfach erneuerte Kirche mit Verblendungen des sizilianischen Barocks, die leider schlecht erhalten sind. Tatsächlich zeigen sich die oberen Stockwerke mit alten romanischen Elementen noch von ihrer besten Seite.
  • La Magione: Auch als Santissima Trinità bekannt, zählt sie zu den letzten normannisch erbauten Kirchen Palermos. Nach schweren Weltkriegsschäden erfuhr La Magione umfassende Renovierungsarbeiten. Unter anderem kannst du nun die mittelalterliche Holzdecke sowie vielschichtige Kreuzgänge bewundern.
  • Santo Spirito: Ursprünglich entstand außerhalb Palermos eine Abtei der Zisterzienser. Ungünstige klimatische Verhältnisse führten zur Aufgabe und zum Abriss des Klosters, einzig die Kirche Santo Spirito bliebt zurück. Nach der Rückgängigmachung späterer Barockisierungen zeigt sie sich nun wieder in normannischem Charme.
  • Sant’Agostino: Wie der Name andeutet, ist Sant’Agostino die Kirche der Augustinereremiten. Der gotische Bau entstand Ende des 13. Jahrhunderts, die reichlich verzierte Fassade mit großer Rosette folgte etwas später. Im Inneren dürften dich die barocken Stuckarbeiten durchaus überraschen.
  • San Francesco d’Assisi: Erste franziskanische Niederlassungen gehen auf das Jahr 1235 zurück. Die heutige Kirche entstand zwischen 1255 und 1277, wurde nach schweren Kriegsschäden jedoch im Stile von Sant’Agostino rekonstruiert. Prächtige Gemälde zieren die Kapellen dieses gotischen Baus.
  • Chiesa del Gesù: Die älteste Jesuitenkirche zählt hingegen zu den neuesten Sakralbauten der Kunststadt Palermos. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand das Gotteshaus mit recht schlichter Fassade. Am Innenraum wurde bis 1860 gearbeitet, und das sollte dich anhand der prächtigen Ausstattung mit Gemälden, Fresken und Reliefs kaum verwundern. Hinter der Kirche findest du übrigens das Jesuitenhaus Casa Professa mit der Stadtbibliothek Palermos.

 

Faszinierende Paläste

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Nicht nur Kirchen, auch Palazzi findest du in Palermo in Hülle und Fülle. Gerade an den sowie rund um die zentralen Plätze Quattro Canti und Piazza Pretoria (mit dem prächtigen manieristischen Brunnen, den du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest!) warten Highlights wie:

  • Palazzo dei Normanni: An der höchsten Stelle der mittelalterlichen Stadt erwartet dich der Normannenpalast oder Palazzo Reale. Seine ältesten Gemäuer lassen sich sogar auf phönikisch-karthagische Zeiten zurückverfolgen. Der ehemalige Sitz der normannischen Könige verlor zwar drei seiner vier Türme im Laufe der Jahrhunderte, erhielt dafür eine neue Renaissancefassade, die prima mit den Resten des Ursprungsbaus harmoniert. Prächtige Renaissancearkaden sowie Mosaike aus dem 19. Jahrhundert begleiten eine Tour durch den Palazzo.
  • Palazzo Chiaramonte: Siziliens spätgotischer Baustil aus dem 14. Jahrhundert wird auch „Chiaramontestil“ genannt, und dieser Palast ist der Grund dafür. Die Kubusform mit nahezu fensterlosem Erdgeschoß wirkt unscheinbar. Hingegen ist die Holzdecke im Hauptsaal ein absolutes Muss. Biblische, apokalyptische, mythologische, erotische und heldenepische Szenen säumen die faszinierende Kassettendecke.
  • Palazzo Sclafani: Während Manfredi Chiaramonte für die Errichtung seines Palastes Jahrzehnte brauchte, wollte ihn sein Schwager Matteo Sclafani durch das schnelle Hochziehen dieses Gebäudes demütigen. Aufgrund mehrerer Restaurierungen mischen sich mittlerweile arabische und normannische Elemente unter den gotischen Baustil.
  • Palazzo Branciforte: Ende des 16. Jahrhunderts entstand dieses Adelshaus und spätere Pfandleihe in Meeresnähe. Eine Straße separiert die beiden Gebäudeteile, durch Gänge und Brücken miteinander verbunden. Reichhaltig mit Fresken verzierte Repräsentationsräume säumen das Erdgeschoß. Heute kannst du zahlreiche Ausstellungen und Sammlungen im Palazzo bewundern, darunter Archäologisches, Majoliken, Münzen, Briefmarken und Skulpturen.

 

Kunst und Kultur

Das kulturelle Leben Palermos erhielt gerade in den letzten paar Jahrzehnten einen deutlichen Aufschwung. Mittlerweile finden sich zahlreiche Museen, Kunstgalerien sowie (reaktivierte) Theater und Opern im gesamten Stadtgebiet und bereichern die Stadt ungemein. Wir empfehlen dir folgende Institutionen:

  • Museo Archeologico: Von Siziliens Vorgeschichte bis zur spätrömischen Zeit befasst sich das städtische Archäologiemuseum mit den Funden aus dem Westteil der Insel. Faszinierende griechische Bronzen sowie die Fundstücke aus Selinunt mit Tempelteilen zählen zu den Highlights der dreistöckigen Ausstellung.
  • Galleria Regionale: Der zweistöckige, spätgotische Palazzo Abatellis beheimatet Palermos größtes Kunstgalerie. Hier liegt der Fokus auf Fresken, Gemälden, Plastiken und Keramiken. Besonders spannend: die „Annunziata di Palermo“ von Antonello di Messina und das Fresko „Triumph des Todes“ von einem unbekannten Meister, beide aus dem 15. Jahrhundert.
  • Museo Diocesano: Palermos sakrale Kunst fand eine prächtige Heimat im Erzbischöflichen Palais Palazzo Arcivescovile. Ein Rundweg führt dich durch die Räumlichkeiten, wobei selbst die Architektur – darunter alte gotische Fenster aus der Frühphase dieses Baus – zum Kunstwerk reift. Verschiedene Räume widmen sich den Malerschulen Siziliens, darunter jenen von Antonello Gagini, Vincenzo Gaggini und Pietro Novelli.
  • Museo Etnografico: Du hast dich immer schon für die Kultur Siziliens, für Land und Leute interessiert? Dann ist das größte Volkskundemuseum der Insel der perfekte Ort für dich. Handgefertigte Puppen des populären sizilianischen Marionettentheaters sowie die aufwendig bemalten sizilianischen Karren, die bis in die 1950er Jahre von Pferden und Eseln gezogen wurden, zählen zu den interessantesten Stücken.
  • Teatro Massimo: Abschließend setzt es noch ein Stück Historismus. Wo einst Kirche und Kloster San Giuliano standen, befindet sich nun dieses prächtige Theater, das 1897 fertiggestellt wurde. Im reichhaltig dekorierten Saal finden ca. 1.300 Personen Platz. Zudem war das Teatro Massimo Schauplatz der Schlussszenen von „Der Pate III“.

 

Palermo ist eine jener Städte, für die ein Tag einfach nicht ausreicht. Mit dieser Aufstellung kratzen wir nur an der Oberfläche der sizilianischen Hauptstadt, deren Pracht und Vielfalt immer wieder aufs Neue zu begeistern wird … ganz zu schweigen von den vielen Stränden sowie der traumhaften Aussicht auf das leuchtende Meer sowie manch einen Berg! Wir empfehlen dir zumindest ein verlängertes Wochenende in der Kunststadt Palermo, um die zahlreichen Kirchen und Paläste in aller Ruhe erkunden und genießen zu können. Palermo ist immer eine Reise wert – probiere es einfach aus!

Kunststadt Messina: Das Tor Siziliens

©Bigstock.com/ilolab

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Die Straße von Messina gilt als das Tor Siziliens. Sie verbindet nicht nur zwei Gewässer – das Tyrrhenische Meer und das Ionische Meer – miteinander, sondern vor allem die Insel mit dem italienischen Festland. Die Verbindung zwischen Villa San Giovanni in Kalabrien (ein paar Kilometer nördlich von Reggio Calabria) und Messina zählt zu den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten Italiens. Was dabei gerne und viel zu oft übersehen wird: Messina ist eine wunderschöne, faszinierende Kunststadt, die sich trotz zahlreicher Zerstörungen und Naturkatastrophen ihre magische Aura bewahren konnte. Ein Besuch der Kunststadt Messina fördert manch eine kräftige Überraschung zutage und darf eigentlich in keinem Urlaub auf Sizilien fehlen. Was dich erwartet, erfährst du hier.

 

Messinas Geschichte zwischen Triumph und Tränen

Messinas Wurzeln reichen bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurück, als ionische Kolonisten das Land besiedelten und Zankle nannten, angelehnt an den sikelischen Begriff für „Sichel“ und vermutlich von der Sichelform der Landzunge inspiriert. Im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. erhielt das Gebiet den Namen Messene. Karthager und Mamertiner plünderten und verwüsteten die Stadt. Letztere lieferten den Stein des Anstoßes für den Ersten Punischen Krieg, an dessen Ende Messina eine mit Rom alliierte freie Stadt wurde und später, als Teil der Provinz Siziliens, zum wichtigen Seestützpunkt aufstieg und einen großen Leuchtturm erhielt. Die wirtschaftliche Blütezeit endete jedoch im 9. Jahrhundert, die Stadt gelangte unter anderem in arabische und normannische Hand, wurde sogar kurzzeitig von Richard Löwenherz okkupiert.

 

Dies war der Auftakt für überaus wechselhafte Jahrhunderte, die Messina durch alle erdenklichen Höhen und Tiefen führten. Schiffe aus Genua brachten die Pest im Jahr 1347 via Messina nach Westeuropa. Zeitgenössische Berichte erzählen von „Todesschiffen“, die ohne einen einzigen Überlebenden an Bord an Land trieben. Hingegen prägte die Münze von Messina mittelalterliche Goldmünzen und behielt diese Vormachtstellung bis 1678. Die Stadt war zudem Sitz des Konsulats des Meeres, das Streitigkeiten im Welthandel regelte, sowie des Konsulats der Seidenhändler. Ein verheerendes Erdbeben mit anschließender Flutwelle zerstörte 1783 weite Teile der Stadt, wie den Dom sowie mehrere Paläste. Beim Neuaufbau wurde auf breite Straßen und ausladende Plätze geachtet. 1908 machte ein weiteres Erdbeben mit Tsunami 90 % des Gebäudebestandes dem Erdboden gleich, mehr als 60.000 Menschen starben. Selbst von den schweren Bombardements im Zweiten Weltkrieg ließ sich die Bevölkerung nicht entmutigen und baute erneut auf. Entsprechend vielschichtig gestaltet sich die Kunststadt Messina heute.

 

Dom und Domplatz

Wie du soeben gelesen hast, erfuhr die Kathedrale Santa Maria Assunta, der Dom von Messina, mehrfache Zerstörungen und Neubauten. Von der ursprünglichen Bausubstanz des 1197 geweihten Gotteshaus ist heute kaum etwas übrig. Bereits 1254 zerstörte ein Brand die Kassettendecke, der im Dom aufgebahrte Leichnam des kürzlich verstorbenen Königs Konrad IV. fiel ebenfalls den Flammen zum Opfer. Einstürzende Mauern zerstörten bei den beiden zuvor erwähnten Erdbeben auch die Inneneinrichtung, die Kriegsbomben sorgten für ein vollständiges Ausbrennen. Heute erscheint dir der Dom als Basilika auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes, von gotischen und normannischen Stilelementen sowie einem gotischen Hauptportal geprägt. Je zwei Reihen mit jeweils 13 Säulen samt korinthischen Kapitellen trennen die drei Kirchenschiffe im Inneren. Besonders sehenswert ist der Mosaikschmuck in der Sakramentskapelle. Er stammt aus dem 14. Jahrhundert und zählt zu den wenigen Schmuckstücken, welche die unzähligen Katastrophen überstanden.

 

Teil des prächtigen Domensembles ist ein Glockenturm, 1933 neu errichtet und 48 m hoch. Er passt mit seinem mittelalterlichen Stil wunderbar zur Basilika. An der zum Domplatz gerichteten Seite sind Szenen verschiedener religiöser und historischer Ereignisse mit Messina-Bezug angebracht. Sie setzen sich täglich um 12 Uhr in Bewegung. Den Domschatz findest du in der Schatzkammer an der Südseite der Kathedrale. Besonders sehenswert ist die Manta d’oro aus dem Jahr 1668. Der prächtige Orionbrunnen mit seinem malerischen Renaissanceflair rundet dieses begeisternde Ensemble gekonnt ab.

 

©Bigstock.com/milosk50

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Weitere Sehenswürdigkeiten in Messina

Der Domplatz ist freilich nicht das einzige Highlight der Kunststadt Messina. Folgende Schmuckstücke möchten wir dir auf keinen Fall vorenthalten:

  • Palazzo Monte di Pietà: Paläste gibt (und gab) es in Messina in Hülle und Fülle. Zu den schönsten seiner Art zählt dieser Adelspalast aus dem 17. Jahrhundert. Wo einst eine kleine Kirche stand, erhebt sich heute dieses gewaltige Gebäude mit seiner nicht minder eindrucksvollen Fassade und Loggia. Auch die Überreste einer weiteren Kirche kannst du hier bewundern.
  • Chiesa del Carmine: Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts ließen die Karmeliten eine erste Kirche an diesem Standort erbauen. Das heutige Gebäude entstand 1930 nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben. Der fließende Übergang zwischen Barock und Rokoko macht die ausladende, reichlich verzierte Kirche zum Hingucker. Sie beherbergt mehrere nicht minder prächtige Kapellen.
  • Chiesa della Santissima Annunziata dei Catalani: Diese normannische Kirche aus dem 12. Jahrhundert zählt zu den wenigen Gebäuden, welche sämtliche Naturkatastrophen überstanden. Sie liegt drei Meter unter den nachträglich gezogenen Straßen. Hier erlebst du spannende arabische, byzantinische und sogar römische Einflüsse hautnah. Die Apsis ist besonders gut erhalten.
  • Forte del Santissimo Salvatore: Obwohl einige Wände nach dem Erdbeben von 1908 niedergerissen wurden, erstrahlt das nach wie vor in militärischem Besitz stehende Fort in seinem ursprünglichen Glanz aus dem 16. Jahrhundert. Elemente früherer mittelalterlicher Bauten wurden in diese Struktur eingeflochten.
  • Forte Gonzaga: In den 1540er Jahren wurde dieses Fort zum Schutz gegen das stark expandierende Osmanische Reich errichtet. Es thront über der Stadt und überblickt die Straße von Messina. Seit 1973 ist das Forte Gonzaga wieder in Besitz von Messina und soll zu einem Museum sowie Konferenzzentrum umgebaut werden.
  • Palacultura Antonello da Messina: Der Kulturpalast zählt zu den modernsten Gebäuden der Stadt, zumindest was das Äußere betrifft. Und eben jener Look sorgt seit Jahren für Diskussionsstoff, soll er doch stark an die Boston City Hall erinnern, die wiederum schon länger abgerissen werden soll. Zudem wurde die Palacultura auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte erbaut, was die Arbeiten um fast 30 Jahre verzögerte. Dennoch zeigt sich das Multifunktionscenter heute erstaunlich unbeeindruckt von allen Diskussionen und Kontroversen.

 

Die Straße von Messina

Eingangs haben wir der Meeresenge zwischen Sizilien und Kalabrien bereits einige Worte geschenkt. Sie kann ausschließlich auf dem Seeweg überquert werden, wobei die Fähre die Waggons der zwischen Palermo und Neapel verkehrenden Bahnlinie transportieren kann. Seit Jahrzehnten wird der Bau einer Brücke über die Straße von Messina diskutiert. Ein Konzept aus dem Jahr 2003 kam der Errichtung sogar sehr nahe, doch zerschlugen sich diese Pläne zehn Jahre später. Unter anderem werden die hohen Risiken durch starken Wind und Erdbeben als Bedenken und Hinderungsgründe genannt. Dennoch gibt es weiterhin entsprechende Bemühungen.

 

Und doch wurde die Straße von Messina bereits in der Nachkriegszeit überquert … auf elektrische Weise. 1955 begann die Installation der Stromversorgung Siziliens über das italienische Festland. Hierfür wurde eine Freileitungskreuzung zwischen dem kalabrischen Umspannwerk Scilla und dem sizilianischen Umspannwerk Messina-Santo errichtet. Die 224 m hohen Masten stehen auch heute noch, nach der Entfernung der Stromleitungen 1994 zugunsten eines Seekabels. Auf sizilianischer Seite kann der alte Mast über 1.250 Treppenstufen erklommen werden. Die Aussicht ist gigantisch, zumindest wenn man schwindelfrei ist.

 

Du siehst: Messina ist eine grandiose, vielfältige Kunststadt mit manch einer Überraschung. Alleine schon die Anreise über das italienische Festland wird dich begeistern, doch auch die Stadt selbst hat unheimlich viel zu bieten. Vielschichtige Architektur mit einem spannenden, erzwungenen Mix aus klassischem Charme, modernem Esprit und cleveren Neuinterpretationen zieht sich quer über alle Plätze und durch sämtliche Straßen. Die Kunststadt Messina solltest du auf keinen Fall verpassen – ein absolutes Muss, wenn du Sizilien und/oder Kalabrien besuchst!

Kunststadt Cagliari mit antiken Glanzlichtern

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Sardiniens Hauptstadt liegt im Süden der Insel. Sie ist Heimat wunderschöner Strände, prächtiger Promenaden und einladender Parkanlagen. Was dabei gerne übersehen wird: Cagliari ist eine vielfältige Kunststadt, der man ihre überaus lange, vielfältige Geschichte im besten Sinne anmerkt. Bereits in prähistorischer Zeit besiedelt, wurde sie erobert, zerstört, verlassen und neugegründet. Somit kannst du heute in und rund um Cagliari das Erbe unzähliger Epochen entdecken und in einer Art architektonischem Zeitraffer erleben. Und dann ist da natürlich die traumhafte Aussicht auf den Golf von Cagliari, den die erhöhte Hügellage offenbart … da kommt man gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus!

 

Cagliaris Kurzgeschichte

Die Wurzeln der Region liegen in der Jungsteinzeit. Dank ihrer idealen Lage zwischen dem Meer, einer fruchtbaren Ebene und zwei Sumpfgebieten sowie hohen Bergen als Rückzugsorten erfreute sie sich großer Beliebtheit, unter anderem bei der Monte-Claro-Kultur. Als Kalaris wurde man später zur phönizischen Kolonie, geriet nach dem Ersten Punischen Krieg unter römische Herrschaft, diente als wichtiger Flottenstützpunkt im Zweiten Punischen Krieg und erhielt schließlich das Bürgerrecht. Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs fielen Vandalen ein, doch sorgte die byzantinische Übernahme dafür, dass Cagliari auch im Mittelalter eine wichtige Rolle innehatte.

 

Als Byzanz im 9. Jahrhundert an Einfluss verlor, bildeten sich fünf Sardische Judikate, bevor Cagliari jenes von Agugliastra annektierte und daraus für mehrere Jahrhunderte derer vier wurden. Während dieser Phase der Unabhängigkeit verließen die Bürger jedoch die Stadt und gründeten Santa Igia im Binnenland, um wiederholten Überfällen von Seeräubern zu entgehen. Die Republik von Pisa ließ Santa Igia im Zuge ihrer Eroberungen 1258 zerstören; das von Kaufleuten errichtete, befestigte Castel di Castro wurde zum Vorläufer des modernen Cagliari. Die Region ging im 14. Jahrhundert in spanische Verwaltung und 1718 schließlich an das Haus Savoyen. Das Königreich Sardinien-Piemont war geboren. Nach der Vereinigung Italiens erfuhr Cagliari sprunghaften Wachstum. Zahlreiche Gebäude schossen in die Höhe, begleitet vom populären Art-Nouveau-Stil und blumigen Verzierungen.

 

Was von Karalis blieb

Von solch modernen Gefilden halten wir uns aber vorerst fern, denn die Kunststadt Cagliari nimmt ihren Anfang viel, viel früher. Wir interessieren uns zunächst für Karalis, wie Sardiniens Hauptstadt zu punischer, römischer und frühchristlicher Zeit hieß. Zwei bis heute gut erhaltene Plätze illustrieren dessen einzigartige Rolle in dieser Region auf spannende Weise. Unser erster Stopp ist Tuvixeddu, was im Sardischen so viel wie „durchlöcherte Gegend“ heißt. Der Name kommt nicht von ungefähr, denn die ursprünglich punische Nekropole auf einem Hügel im Norden Cagliaris besteht aus tausenden Felsengräbern, die in späteren Phasen um eine weitere Nekropole sowie eine römische Grablege erweitert wurden. Aus der Luft sieht es tatsächlich so aus, als wäre das Gebiet durchlöchert worden.

 

Neben besagter Grablege, dem sogenannten Heroon der Atilia Pomptilla mit poetischen griechischen und römischen Inschriften, ist das Amphitheater das wichtigste Zeugnis römischer Kultur in Cagliari. Direkt in den Hang gebaut mit teils in Stein gehauenen Sitzen, zerstörte die jahrhundertelange Nutzung aus Steinbruch leider große Teile der gewaltigen Anlage, die vermutlich Platz für 8.000 bis 12.300 Zuschauer bot. Seit der ersten Renovierung und Restaurierung im Jahr 1866 erhielt das Amphitheater zusätzliche Holzanbauten, wie Gänge und Sitzreihen, um das historische Ambiente auch heute noch als Veranstaltungsort nutzen zu können.

 

Der Dom von Cagliari

©Bigstock.com/Banet

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Die Cattedrale di Santa Maria Assunta e Santa Cecilia ist eines von vielen Gebäuden, bei denen kaum ein Stein auf dem anderen blieb. Bereits 1217 ließen die Pisaner die Kathedrale im damals vorherrschenden normannisch-pisanischen Stil errichten. Bereits im 14. Jahrhundert folgte der erste Umbau, darunter Änderungen an der Fassade und der Einbau des Querhauses. Ähnliche Eingriffe folgten immer wieder, wobei der umfassende barocke Umbau ab 1669 gewiss die größten Auswirkungen hatte. Überreste der wegen Baufälligkeit abgetragenen Barockfassade – sie wurde in der Zwischenkriegszeit unter Einbeziehungen pisanischer Romanik wiedererrichtet – kannst du im Dommuseum bewundern.

 

Besagte barocke Eingriffe erwarten dich vor allem im Dom, dessen Innenausstattung komplett auf den Stil umgebaut wurde. Zu den Highlights zählt die Krypta, deren Gewölbe mit 600 Rosetten verziert ist, und in denen die Gebeine von fast 300 sardischen Märtyrern ruhen. Das getriebene Silberantependium aus Madrid, das fein ziselierte Tabernakel, das prächtige Altarbild mit einer Kreuzigung und der thronenden Madonna sowie die kunstvollen Buntmarmorböden sorgen für Begeisterung. Mit der Mitte des 12. Jahrhunderts geschaffenen Marmorkanzel, ein Geschenk der Pisaner, findest du zudem eines der wichtigsten pisanischen Kunstwerke auf Sardinien in der Kathedrale.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Cagliari

Neben den antiken Überresten Karalis‘ und dem prächtigen Dom gibt es noch weitere Highlights, welche Cagliari zur eindrucksvollen Kunststadt machen:

  • Basilica di Nostra Signora di Bonaria: Der Hügel Bonaria in Cagliari beherbergt nicht nur eine Nekropole, sondern das größte Wallfahrtszentrum auf Sardinien. Eine erste Zitadelle entstand bereits um 1323/24, nachdem Alfons IV. von Aragón via Bonaria ganz Sardinien eroberte, die heutige Basilika ist jedoch barocken Ursprungs. Ihr Name kommt von einem Gnadenbild, das der Legende nach 1370 in einer Kiste am Ufer angespült wurde. Ein Gemälde von Antonio Corriga in der Basilika illustriert die Rettung des Bildes durch Seeleute. Das dazugehörige Kloster dokumentiert im Kreuzgang die Geschichte der Marienverehrung von Bonaria.
  • Bastione di Saint Remy: Im späten 16. Jahrhundert bauten die Spanier diverse Festungsanlagen, um Cagliari zu schützen. Zwei von ihnen dienten als Fundament für diese Bastion, die zwischen 1896 und 1902 entstand. Die imposante Struktur im klassizistischen Stil erfüllt allerdings keine militärische Funktion. Sie verfügt über eine große Aussichtsterrasse, die bei Einheimischen und Touristen überaus beliebt ist. Hier genießt du einen prächtigen Ausblick über die Kunststadt.
  • Die Türme: Einige Teile der alten Verteidigungsanlagen stehen nach wie vor, darunter der Torre dell’Elefanto und der Torre di San Pancrazio. Sie waren Teil erster pisanischer Strukturen aus dem 14. Jahrhundert und dienten den Spaniern als Gefängnis. Seit der Renovierung 1999 kannst du den Elefantenturm – benannt nach einem kleinen Marmorelefanten über dem Tor – und den Pancrazio-Turm erklimmen und den prächtigen Ausblick genießen.

 

Steinzeitliche und barocke Elemente ergänzen sich auf wundersame und wundervolle Weise in Cagliari. Die Kunststadt lebt zwischen verschiedensten Epochen und findet einen faszinierenden Weg, diese in all ihrer Vielfalt zu präsentieren. Traumhafte Aussichtsplattformen, wundervolle Strände sowie zahlreiche sympathische Museen, Cafés und Restaurants sorgen für einen abwechslungsreichen wie genussvollen Städteurlaub, der auch in Herbst und Winter für Begeisterung sorgt. Hier entdeckst du Sardinien von seiner schönsten Seite.

Kunststadt Reggio Calabria mit antikem Erbe

©Bigstock.com/byvalet

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Italiens Süden ist Heimat der ältesten antiken Siedlungen des Landes, deren Spuren auch heute noch zu entdecken und zu bewundern sind. Wenn du Lust auf einen Kultururlaub hast und historisch interessiert bist, dann legen wir dir die Kunststadt Reggio Calabria ans Herz. Die größte Stadt Kalabriens und ehemalige Hauptstadt der Region – diesen Status hat seit 1970 Catanzaro inne – liegt an der Ostseite der Straße von Messina. Mit der Fähre erreichst du die sizilianische Stadt in nur 20 Minuten, was sich natürlich hervorragend für einen kunstvollen, kulturreichen Doppelstädteurlaub anbietet. In Reggio Calabria triffst du vor allem auf antikes Erbe, auf vielfältige Architektur und auf eine der schönsten Promenaden des Landes. Bitte anschnallen, jetzt geht’s los!

 

Griechische Wurzeln in Kalabrien

Reggio Calabria hat im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte, handelt es sich beim Vorläufer Rhegion doch um eine der ältesten griechischen Kolonien Italiens (neben Cumae). Wohl um 720 v. Chr. von Siedlern aus Chalkis gegründet, erlebte sie aufgrund reger Handelstätigkeiten schon bald eine gewaltige Blüte und stellte zeitweise 70 Kriegsschiffe. Nach heftigen Kämpfen von Dionysios I. von Syrakus um 387 v. Chr. erobert und zerstört – Rhegion hatte sich mit den Athenern gegen Syrakus verbündet –, ging der Reichtum der nun versklavten Bevölkerung verloren. Kurz vor dem Ersten Punischen Krieg stand man unter römischer Herrschaft, wurde als Rhegium Julii zur florierenden Stadt und kam nach mehreren Invasionen nach dem Ende des Weströmischen Reiches schließlich in byzantinischen Besitz.

 

Die folgenden Jahrhunderte sollten höchst wechselhaft ausfallen. Reggio Calabria wurde 918 von sizilianischen Arabern erobert, erhielt normannischen Einschlag, bevor es an das Königreich von Sizilien und das Königreich Neapel ging. Die griechische Prägung hielt sich allerdings bis ins 17. Jahrhundert und überstand selbst die Plünderung durch osmanische Türken, die von hier aus den Islam in Italien verbreiten wollten. Nach Habsburger, spanischer und napoleonischer Herrschaft ging Reggio Calabria schließlich an das vereinte Italien. Schon in vorchristlicher Zeit wiederholt von Erdbeben heimgesucht, zerstörte das Erdbeben von Messina und der damit einhergehende Tsunami 1908 weite Teile der Stadt. Zumindest ein Drittel der damaligen Bevölkerung verlor ihr Leben. Daher sind zahlreiche Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria deutlich moderner (aus-)gestaltet.

 

Spaziergang am Strand

Reggio Calabria liegt direkt am Meer und verfügt über unzählige Strände, die zu einem Bad im Meer einladen. Gerade in den heißen Sommermonaten ist das unverzichtbar. Mindestens so schön ist jedoch der ausgedehnte Spaziergang an der liebevoll renovierten Standpromenade. Ende des 18. Jahrhunderts als zentraler Wanderweg durch das damalige Dorf errichtet, erwarten dich heute zahlreiche Villen und prunkvolle Gebäude. Prachtvoll verzierte Fassaden lassen dich aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Zu den Highlights zählt das Amphitheater am Meer, das zu den beliebtesten Veranstaltungsorten Reggio Calabrias zählt. Neben den repräsentativen Gebäuden, zahlreichen Clubs und Strandbars sollte sich dein Blick ebenso auf das weite Meer richten. An schönen Tagen – und davon gibt es hier reichlich – kannst du problemlos bis nach Messina sehen.

 

Museo Nazionale della Magna Grecia

Eingangs haben wir dir die Kunststadt Reggio Calabria als wunderbares Kultur- und Historiker-Ziel ans Herz gelegt. Der Hauptgrund dafür liegt hinter den Mauern des archäologischen Nationalmuseums, auch als Museo Archeologico Nazionale di Reggio Calabria oder MArRC bekannt. Von außen wirkt das Gebäude – 1932 entworfen und 1942 fertiggestellt, aber erst einige Jahre nach dem Krieg bezogen – relativ unspektakulär. Auf den vier Etagen des umfassend renovierten Museums erwartet dich die geballte Geschichte Reggio Calabrias von der griechischen Besiedlung bis zur Moderne. Das Erdgeschoß mit seinen 15 Sälen widmet sich beispielsweise den Funden aus der Ebene von Sibari und aus Locri mit diversen Gegenständen von griechischen Heiligtümern sowie einem rekonstruiertem Höhlengrab. Der erste Stock dreht sich komplett um das antike Reggio Calabria sowie um faszinierende alte Münzen, während der zweite Stock die Kunstgeschichte vom Mittelalter bis ins Hier und Jetzt erzählt.

 

Das unbestrittene Highlight befindet sich aber im Untergeschoß, der perfekte Ort für eine Ausstellung mit dem Titel „Archäologie unter Wasser“. In den ersten beiden Sälen siehst du Fundstücke aus den kalabrischen Meeren und von gesunkenen Schiffen, beispielsweise Amphoren und Anker aus griechischer und römischer Zeit. Saal III kann das sogar noch toppen! Neben dem bei Porticello gefundenen Kopf des Philosophen sowie der Plastik eines Herrschers aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bewunderst du hier die Bronzestatuen von Riace. Sie wurden 1972 vor der Küste von Riace in der Provinz Reggio Calabria entdeckt und über viele Jahre behutsam restauriert. Die jeweils ca. zwei Meter hohen Statuen trugen vermutlich einst hölzerne Schilder und Hiebwaffen. Sie könnten Weihgeschenke an einen Tempel gewesen sein und einst auf Sockelpodesten gestanden haben.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria

©Bigstock.com/Aliaksandr Antanovich

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Das Archäologiemuseum von Reggio Calabria ist selbstverständlich ein Muss, doch gibt es in dieser Kunststadt noch weitere prächtige Sehenswürdigkeiten, die wir dir auf keinen Fall vorenthalten wollen:

  • Duomo di Reggio: Basilica Cattedrale Metropolitana di Maria Santissima Assunta in Cielo, die städtische Kathedrale, zählt zu jenen Gebäuden, denen das Erdbeben von 1908 besonders schwere Schäden zufügte. Was seinen Ausgang um 300 n. Chr. auf den Ruinen eines griechischen Tempels nahm und im Laufe der Jahrhunderte vielfach umgebaut und erweitert wurde, musste im 20. Jahrhundert vollständig neu errichtet werden. Die nunmehr neoromantische Kathedrale mit ihrem 28 m hohen Campanile konnte sich immerhin etwas Ausstattung aus dem 15. und 16. Jahrhundert behalten. Alleine das reich verzierte Portal ist bereits ein echter Hingucker.
  • Madre della Consolazione: Zu den zerstörten Gebäuden zählt ebenso eine Votivkirche aus dem 16. Jahrhundert. Über mehrere Jahrzehnte als Holzkirche notdürftig abgesichert, widmet sich die neue Wallfahrtskirche deutlich modernerer Architektur, die einen faszinierenden Kontrast zu den antiken Wurzeln Reggio Calabrias formt. Das Altarbild, ein Gemälde der Maria della Consolazione, ist Teil einer Prozession, die es im September in die Kathedrale und im November wieder zurück trägt. Damit erinnern die Einwohner an längst vergangene Tage, als das Bild bei Epidemien wiederholt zum Duomo di Reggio transportiert wurde.
  • Castello Aragonese: Abschließend entführen wir dich zu einem der Wahrzeichen der Kunststadt Reggio Calabria. Festungsanlagen gab es wohl schon in der Antike. Damals zeichnete sich der Hügel, auf dem sich dieses Kastell befindet, noch viel deutlicher ab. Seinen Namen erhielt es aufgrund der starken architektonischen Veränderungen unter König Ferdinand I. von Aragonien, der die auffälligen Rundtürme mit Zinnen erbauen ließ, doch entstand das eigentliche Kastell wohl bereits zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert, in byzantinischer Zeit.

 

Das reichhaltige, vielfältige griechische Erbe, die zahlreichen Rückschläge und Entbehrungen, doch auch pure Euphorie und maritime Freuden begleiten dich auf deinen Reisen durch die Kunststadt Reggio Calabria. Zwischen Statuen von unschätzbarem Wert, majestätischen Aussichten und gewaltigen Festungsmauern erlebst du Kalabriens größte Stadt in all ihrer Pracht und Vielfalt. Ein zusätzlicher Abstecher nach Messina mit der Fähre ist ein willkommener Bonus – ab geht’s an die Urlaubsplanung!

Steinzeitliche Kunststadt Matera mit modernem Touch

Es gibt alte italienische Städte mit hunderten, sogar tausenden Jahren an Geschichte an einem Ort vereint. Und es gibt die Kunststadt Matera, eine der ältesten Städte der Welt. Bereits in der Jungsteinzeit war die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der süditalienischen Region Basilikata besiedelt. Höhlensiedlungen aus dieser Zeit bilden auch heute noch den Kern der Altstadt und zählen zu den eindrucksvollsten UNESCO-Weltkulturerbestätten des Landes. Doch das ist noch längst nicht alles, was dich in Matera erwartet.

 

Ein Streifzug durch Materas Geschichte

Wann genau die Besiedlung der Region begann, wird von Experten bis heute heftig debattiert. Der aktuelle Konsens liegt in der Altsteinzeit, rund um das 10. Jahrhausend v. Chr., wobei die berühmten Höhlensiedlungen wohl spätestens in der Jungsteinzeit entstanden. Die römische Stadt Matera hingegen wurde 251 v. Chr. vom römischen Konsul Lucius Caecilius Metellus als Matheola gegründet. Nach dem Ende des weströmischen Reichs hatte Matera viele Herrscher, wurde um 938 von den Sarazenen verwüstet und erreichte ein Jahrhundert später unter normannischer Regentschaft eine anhaltende Blütezeit. Abermals wechselnde Herrschaftsverhältnisse, Erdbeben und Pestepidemien setzen die turbulente Geschichte bis zur Eingliederung in das italienische Königreich fort.

 

Sassi di Matera

©Bigstock.com/rosariomanzo

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Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wohnten Menschen in Höhlen ohne fließendes Wasser und ohne Strom, was in Italien spätestens nach einem verheerenden Malaria-Ausbruch als Kulturschande gesehen wurde und die Umsiedlung der Bewohner in neugebaute Wohnblöcke in den 50er und 60er Jahren vorantrieb. Mit der erhofften Renovierung dieser Sassi, der vermutlich jungsteinzeitlichen Höhlensiedlungen, wurde es allerdings es in den späten 80ern etwas. Seit 1993 sind die Sassi di Matera UNESCO-Weltkulturerbe und sollen dank Subventionen teils wieder zu Wohnungen werden, so der kühne Plan der Stadt.

 

Matera bot sich dank seiner Lage auf einem großen, exponierten Felsen aus Tuffstein für solche Höhlen an. Das Material ließ sich leicht transportieren und bearbeiten, ein komplettes Aushöhlen und anschließendes Versiegeln war selbst in Urzeiten ein Leichtes. In späteren Jahrhunderten erfuhren die Sassi di Matera komplexe Erweiterungen um eine Fülle an Räumlichkeiten, um Brunnen- und Bewässerungssysteme. Später wurden die Höhlen sogar übereinander gebaut, um noch mehr Platz zu erschließen. Die Sassi kannst du heute im Rahmen von Führungen besuchen, und das ist selbstverständlich ein absolutes Muss. Bei der Gelegenheit solltest du den Park der Felsenkirchen gleich mitnehmen. Der archäologische Naturpark erstreckt sich über 8.000 Hektar bis ins benachbarte Montescaglioso und widmet sich den ebenfalls in Stein geschlagenen alten Gebetshäusern.

 

Castello Tramontano

Keine Frage, die Sassi wären für sich bereits mehr als Grund genug, Matera einen Besuch abzustatten. Die Stadt in der Basilikata hat jedoch noch so viel mehr zu bieten. Auf dem Hügel von Lapillo überblickt die Festung Castello Tramontano das historische Zentrum. Ihren Ursprung nahm die imposante Anlage in normannischer Zeit. Die einstige Residenz mit acht Türmen auf quadratischem Grundriss sollte gegen etwaige Angriffe schützen, wurde aber abgerissen, um Platz für eine passendere Festung zu machen. Diese entstand jedoch erst ab 1501 im aragonesischen Stil.

 

Ursprünglich verband eine Brücke die beiden Türme, der Wehrgang zum Castiglione Normanno wurde hingegen nie umgesetzt. Ebenso waren weitere Türme und Elemente geplant, doch blieb Castello Tramontano insgesamt unvollendet. Die durchaus mächtige Anlage mit zentralem Bergfried, alten Tuffmauern, großem Burggraben und weitläufiger Parkanlage wird seit 2008 restauriert und findet immer mehr zu seinem alten Glanz zurück. Leider kannst du die Festung aktuell nicht besichtigen, die Wanderung dorthin ist dafür mehr als großartig.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Matera

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Viel Tuff und altes Gestein begleiten deine Tour durch Matera, doch die Stadt im Süden kann noch so viel mehr. Die folgenden drei Highlights sind ein absolutes Muss!

  • Kathedrale von Matera: Am höchsten Punkt der Stadt zwischen zwei Sassi-Anlagen begann 1230 der Bau dieser Kirche. Wo sich einst ein Kloster des Benediktinerordens befand, entstand über die folgenden vier Jahrzehnte eine große Kathedrale für die neue Erzdiözese. Das Äußere mit dem gewaltigen Rosettenfenster und den auf Atlanten ruhenden Säulen blieb nahezu unberührt. Hingegen erfuhr die Innengestaltung ab 1627 umfassende Veränderungen, darunter prächtige Skulpturen, Fresken, Decken- und Altarbilder.
  • San Pietro Caveoso: Kirchen gibt es in Matera tatsächlich in Hülle und Fülle. San Pietro Caveoso zählt zu den Perlen der Stadt. Mitten in den Sassi gelegen, weiß alleine schon die barocke Front mit ihren drei Statuen zu begeistern. Verschiedene Gemälde sowie ein prächtiges Taufbecken aus dem 13. Jahrhundert lohnen einen Blick hinter die altehrwürdigen Mauern.
  • Palazzo dell‘Annunziata: Bei einer Stadt mit so langer Geschichte geht dieser Palast ohne Zweifel als Werk der Moderne durch, wurde mit dem Bau doch „erst“ 1735 begonnen. Als Symbol für Prunk und Reichtum wirkt er wie ein Fremdkörper und verdrängte einst ein wichtiges Kloster zu repräsentativen Zwecken. Heute ist die Stadtbibliothek Materas hier zuhause.

 

Kultur und Kulinarik

Bei deinen Spaziergängen durch Matera wird dir der eine oder andere Ort sicher bekannt vorkommen. Tatsächlich wurde (und wird) die Szenerie der Sassi vor allem als cineastische Inkarnation des alten Jerusalems verwendet. Unter anderem entstanden hier Teile von Mel Gibsons „Die Passion Christi“, Pasolinis „Matthäusevangelium“, die Neuverfilmung von „Ben Hur“ aus dem Jahr 2016 sowie Daniel Craigs letzter Bond-Streifen „Keine Zeit zu sterben“. Das einzigartige Setting zog zudem so unterschiedliche Künstler wie Metallica oder Robin Schulz für Musikvideos an.

 

Und dann ist da noch die hervorragende Küche Materas, die dich mit einigen Leckereien verwöhnen wird. In den Restaurants und Cafés der Stadt kostest du dich unter anderem durch:

  • Crapiata, eine Suppe römischen Ursprungs, einst ein typisches Arme-Leute-Essen
  • Pasta mit Peperoni Cruschi, eine trockene und süße Pfefferart, die durch Brotkrumen angereichert wird
  • Orecchiette alla materana mit Lammfleisch, Mozzarella und Pecorino
  • bröselige Strazzate-Kekse mit Mandel- und Kaffeegeschmack
  • DOC-Wein aus der Region Matera in gleich acht Varianten von Rot über Weiß bis hin zu Rosé

 

Willkommen in der Steinzeit … und in der Moderne, denn die Kunststadt Matera hat all das und noch so viele weitere spannende Facetten zu bieten. Die Sassi sind selbstverständlich das absolute Highlight, doch die Art und Weise, wie kontemporäre Elemente und cineastische Meisterleistungen in dieses historische Setting eingeflochten wurden, wird dich garantiert begeistern. Die Reise in den Süden kann kommen!

Kunststadt Lecce mit barocken Schätzen

Warst du schon einmal im „Florenz des Südens“? Diesen Spitznamen („Florenz des Rokoko“ ist ebenfalls eine beliebte Bezeichnung) trägt Lecce mit Stolz. Die apulische Stadt liegt auf der Halbinsel Salento und zählt zu den südlichsten Ortschaften Italiens. Im überaus warmen Klima gedeihen Wein und Tabak hervorragend, zudem ist die nach wie vor sehr wohlhabende Stadt ein wichtiges militärisches Zentrum mit eigenem Flugplatz und Truppenübungsplatz sowie weiteren Einrichtungen, die du bei einem Stadtspaziergang entdecken kannst. Und der hat es in sich, denn die Kunststadt Lecce überrascht mit architektonischen Highlights, die sich von der Römerzeit bis zur Moderne erstrecken.

 

Von Troja bis zu barocker Kunst

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Aber wie wurde Lecce zu diesem unterschätzten Juwel, fragst du dich bestimmt. Ihr Ursprung ist tatsächlich der Gegenstand von Mythen und Legenden, denn die Stadt soll bereits zu Zeiten des Trojanischen Kriegs existiert haben und 1211 v. Chr. von Messapier-König Malemnius gegründet worden sein. Nach Trojas Zerstörung, so die Legende weiter, besetzte Licitus Idomeneus die Stadt und gab ihr sowohl ihren Namen als auch die griechische Kultur. Wann Lecce tatsächlich gegründet wurde, ist allerdings unbekannt. Die Römer eroberten das Gebiet im 3. Jahrhundert v. Chr. und nannten es Lupiae. Später ließ Kaiser Hadrian die Stadt drei Kilometer gen Nordosten verlegen, sie hieß nun Licea oder Litium. Im 1. Jahrhundert n. Chr. trieb der Heilige Oronzo die Christianisierung der Region voran. Er wird seit der Pestepidemie von 1658 als Stadtheiliger verehrt.

 

Selbst nach dem Fall des Weströmischen Reiches blieb Lecce, von diversen Eroberungszügen abgesehen, mehr als fünf Jahrhunderte lang Teil des Oströmischen Reiches. Erst die Eroberung Süditaliens durch die Normannen beendete dies. Durch die Vereinigung mit Conversano begann ab 1360 ein langsamer Aufstieg der eingeschlafen geglaubten, nunmehrigen Grafschaft Lecce, die zwischen 1550 und 1750 so richtig aufblühte. Karl V. erklärte die Stadt zum Verwaltungszentrum des Salento und befestigte sie, der typische Lecceser Barockstil wurde geboren und breite sich schnell über das Stadtbild aus. Diesen klassischen Look konnte das „Florenz des Südens“ bis heute wahren.

 

Die Kathedrale

Bei deinen Streifzügen durch Lecce wirst du auf eindrucksvolle Monumente klassischer Architektur in Hülle und Fülle stoßen. Einer unser persönlicher Favoriten ist die Kathedrale der Stadt, auch Duomo di Lecce oder Cattedrale dell‘Assunzione della Virgine genannt. Das heutige barocke Meisterwerk ist jedoch deutlich älter, als du auf den ersten Blick glaubst. Allerdings wurde die 1144 errichtete und 1230 renovierte Kathedrale im Jahr 1659 auf bischöfliche Anweisung neu hochgezogen. Das Hauptportal gilt als barockes Meisterwerk. Statuen, Säulen und Pilaster zieren den Haupteingang.

 

Im Inneren erwartet dich ein monumentales Bauwerk, dessen Grundriss einem lateinischen Kreuz nachempfunden ist. Mehrere Gemälde von Giuseppe da Brindisi befassen sich mit dem Heiligen Oronzo und der Erlösung von der Pest. Der Hauptaltar ist ebenso dem Stadtheiligen gewidmet. Gleich zwölf kleine Kapellen, jeweils mit eigenen Altären und ausladender künstlerischer Gestaltung, befinden sich in der Kathedrale. Der leicht geneigte Glockenturm aus dem 17. Jahrhundert ragt 72 Meter in die Höhe. An klaren Tagen kannst du von oben sogar die albanischen Berglandschaften jenseits der Adria erkennen.

 

Kirchen und Basiliken in Lecce

©Bigstock.com/Cordeschi

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Die imposante Kathedrale alleine wäre bereits Grund genug für einen Besuch in Lecce, doch das ist nur der sakrale Anfang! Viele weitere Kirchen und Basiliken säumen deine Tour durch die apulische Kunststadt. Wir haben drei weitere Favoriten, die du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest:

  • Basilica di Santa Croce: 1549 begonnen und erst 1695 fertiggestellt, ist diese Barockkirche der Inbegriff von Prunk. Von der ausladend dekorierten Fassade mit ihren Säulen, grotesken Figuren und der Fensterrose bis hin zur geschnitzten und vergoldeten Kassettendecke gibt es unheimlich viel zu bestaunen.
  • Santa Irene: Auch diese Kirche wurde über einen längeren Zeitraum erbaut, was kaum zu übersehen ist. Der obere und untere Teil der Fassade zeugen von unterschiedlichen stilistischen Einflüssen. Echtes Highlight sind allerdings die zahlreichen, reichhaltig verzierten Altäre mit ihren Bildern und Büsten.
  • Chiesa dei Santi Niccolò e Cataldo: Neben all den wunderschönen Barockgebäuden ragt diese Kirche heraus, konnte sie sich doch ihr ursprüngliches Antlitz bewahren. Trotz umfassender Fassadenerneuerung im 18. Jahrhundert, begleitet von neuen Statuen, glänzt die Chiesa dei Santi Niccolò e Cataldo auch heute noch als romanisches Meisterwerk.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Lecce

Genug Kirchen für jetzt? Dann sehen wir uns das architektonische Erbe Lecces nun von einer anderen Seite an. Oder von gleich mehreren Seiten, denn aufregende Zeitreisen sind vorprogrammiert:

  • Kastell Karls V.: Die Befestigung Lecces unter dem Habsburger Kaiser ging mit der Errichtung eines kompletten Kastells einher. Dafür wurde eine Anlage aus dem Mittelalter im 16. Jahrhundert umfassend verstärkt und ausgebaut. Heute ist das Kastell Heimat vieler kultureller Vereinigungen und Veranstaltungen.
  • Piazza Sant‘Oronzo: Lecces Bewohner schrieben das Ende des Pestausbruchs dem Heiligen Oronzo zu und machten ihn zu ihrem Stadtheiligen. Auf der gleichnamigen Piazza befindet sich eine antike Säule. Sie gehörte zu den Zwillingssäulen, die in Brindisi das Ende der Via Appia markierten. Eine eigene Statue des Heiligen wurde 1739 in Venedig gegossen. Sie krönt heute die Säule.
  • Amphitheater: Die römischen Wurzeln der Stadt gerieten in Vergessenheit, da sie von vielen Häuser und Monumenten schlicht überbaut wurden. Darunter befindet sich ein Amphitheater, in dem einst über 25.000 Zuseher Platz fanden. Heute teils freigelegt, dient es als Veranstaltungsort. Weitere Funde aus längst vergangenen Tagen lassen sich in den archäologischen Museen Faggiano und Sigismondo Castromediano sowie im Archäologischen Park von Rudiae ca. drei Kilometer außerhalb der Stadt erkunden und bewundern.

 

All das und noch viel mehr begleitet deine Reise nach Lecce. Die südlich gelegene Kunststadt in Apulien legt ungeahnte barocke Schätze frei und gilt nicht umsonst als absoluter italienischer Geheimtipp. Lass dich in den Bann längst vergangener Tage ziehen und spaziere durch zwei Jahrtausende greifbarer Geschichte. Viel Spaß bei der Urlaubsplanung!

Kunststadt Bari zwischen Nikolaus und Strandpromenade

In einer der südlichsten Städte Italiens ist immer Weihnachten. Gut, okay, das trifft es vielleicht nicht so ganz, doch ruhen die Gebeine eines der wichtigsten Protagonisten der Vorweihnachtszeit in Bari. Der Heilige Nikolaus wird in der apulischen Küstenstadt verehrt und gefeiert, doch das ist nur einer von vielen Aspekten, der Bari zur wahren Kunststadt macht. Nahe der Ferse Italiens gelegen, warten ausladende Museen, spektakuläre Kirchen, endlose Strände und monumentale Militäranlagen auf neugierige Augen wie deine. Schnall dich an, denn wir reisen jetzt in die Hauptstadt Apuliens!

 

Ein Stadt im Zeichen des (See-)Handels

Die Geschichte Baris beginnt zu einer Zeit, als von Heiligen noch keine Rede war. Früheste Funde deuten auf eine Besiedlung in der Bronzezeit hin. Schon früh gab es regen Handel mit Griechenland, später sollten sich sogar Griechen ansiedeln, bevor die Stadt von den Römern übernommen und zu einem wichtigen Handelsort mit Hafen ausgebaut wurde. Bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde der Grundstein für das heutige Erzbistum Bari-Bitonto gelegt. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches mutierte Bari, wie so viele andere Städte auch, zum Spielball der wandernden und einfallenden Völker. So befand sich hier unter anderem das Zentrum des Emirats von Bari für ca. 20 Jahre.

 

Bari selbst blühte im 13. Jahrhundert auf. Unter Friedrich II. wurde das große Kastell umfassend erneuert und ausgebaut, zudem hielten Reichtum und Handel vermehrt Einzug. Der große Hafen(aus)bau wurde zwar schnell wieder eingestellt, doch genoss Bari auch in den folgenden Jahrhunderten bevorzugte Behandlung durch Bankiers und Kaufleute, die sich hier nieder- und/oder ihre zentralen Handelsrouten über den apulischen Hafen laufen ließen. Joachim Murat, als Joachim I. König von Sizilien, ließ ab 1813 die Neustadt nach einer Art rechtwinkeligem Raster ausbauen. Das Viertel trägt heute noch seinen Namen.

 

Basilika und Fest des heiligen Nikolaus

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Im Gegensatz zu anderen großen Seestädten, wie Genua, Venedig und Amalfi, dauerte es für Bari sehr lange, bis man sich einen eigenen Heiligen „anlachen“ konnte. Süditalienische Seefahrer brachen 1087 in Myra, dem heutigen Demre in der Türkei, den Sarkophag von Sankt Nikolaus auf und raubten seine Gebeine. Die Basilika San Nicola wurde extra für diese Reliquien erbaut. Während die Krypta der nunmehr dominikanischen Kirche bereits 1089 geweiht wurde, fand die tatsächliche Schlussweihe erst 1197 statt. Der Bau der monumentalen Wallfahrtskirche zog sich stattliche 110 Jahre, das Ergebnis spricht für sich. Als Epitom der Bareser Romantik entwickelte sich die dreischiffige Basilika zum Vorbild für viele weitere Kirchen der Region. Normannische und lombardische Einflüsse zieren das Gebäude, die Türme verschwanden allerdings oder blieben unvollendet. Mit Ausnahme der geschnitzten und vergoldeten Holzdecke wurden spätere barocke Veränderungen komplett getilgt, wenngleich die leuchtenden Darstellungen einen packenden Kontrast zu den für die Zeit revolutionären Bauplastiken darstellen.

 

Der Legende nach soll Myrrhe von den Gebeinen des heiligen Nikolaus entströmen. Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, wird ein kleines Fläschchen in sein Grab herabgelassen, um etwas davon einzufangen. Die Salbung mit dieser soll für zahlreiche Wunder verantwortlich sein. Das eigentliche Heiligenfest, das Festa di San Nicolo, findet allerdings am 7. bis 9. Mai statt, als vermutlich die Schiffe mit den Gebeinen im Hafen von Bari ankamen. Die Statue des Sankt Nikolaus, die ursprünglich im linken Seitenschiff der Basilika steht, wird in einer großen Prozession zum Hafen gebracht, wo sie die Bucht in einem Boot umrundet.

 

Das Kastell

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Am Rand der Altstadt erhebt sich das Wahrzeichen Baris. Das Castello Normanno-Svevo di Bari, die normannisch-staufische Burg der Stadt, könnte mit dem Standort eines antiken Festungsvorläufers zusammenfallen, wie von Horaz und Tacitus niedergeschrieben. Im Jahr 1132 ließ der normannische König Roger II. die mittelalterliche Festung aufbauen, nur um 1156 wieder zerstört zu werden. Als Kaiser Friedrich II. im 13. Jahrhundert nach Bari kam, sah er die Notwendigkeit einer solchen Anlage und ordnete die Wiedererrichtung samt Befestigung an. Der normannische Grundriss erfuhr eine Verstärkung durch äußere Wehranlagen, zwei polygonale Türme, ein gewaltiges Tonnengewölbe mit viereckigen Säulen sowie einen Wassergraben. Für die Torbögen und Säulen – reich geschmückt, wie es in der Stauferzeit üblich war – konnten renommierte muslimische Steinmetze angeworben werden.

 

Das Kastell von Bari war keinesfalls Friedrichs einzige Verteidigungsanlage; etwa eine Autostunde nordwestlich der Stadt befindet sich mit dem Castel del Monte eine achteckige Festung, die sogar UNESCO-Weltkulturerbe-Status erreichen konnte. Aus dem Castello Normanno-Svevo, das in den folgenden Jahrhunderten zahlreiche Umbauten und Erweiterungen erfuhr, wurde ein Museum. In Verbindung mit den Mauern und Räumlichkeiten aus aragonesischer Zeit sowie dem grandiosen Ausblick auf das Meer zählt das Kastell nicht umsonst zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Bari

Neben diesen beiden unbestrittenen Highlights „kann“ Bari aber noch wesentlich mehr, wie du bei einem Spaziergang durch die Hauptstadt Apuliens schnell merken wirst. Wir haben noch ein paar Highlights für dich ausgewählt:

  • San Sabino: Die zweite große Kirche Baris ist sogar eine Kathedrale. Während das heutige Gebäude, zugleich Sitz des Erzbischofs von Bari-Bitonto, vornehmlich zwischen dem späten 12. und späten 13. Jahrhundert erbaut wurde, dürften die Wurzeln viele hunderte Jahre zurückliegen. So entdeckst du unter anderem eine Inschrift des Bischofs Andrea, der zwischen 758 und 761 in der Region wirkte. Die eindrucksvolle Pseudo-Emporenbasilika beheimatet unter anderem mittelalterliche Fresken sowie die Reliquien des namengebenden heiligen Sabinus von Canosa di Puglia.
  • Teatro Petruzzelli: Theater gab und gibt es in Bari viele. Während einige von ihnen vor allem in den verheerenden Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht wurden, glänzt das Teatro Petruzzelli auch heute noch. Italiens viertgrößtes Theater war Heimat großer Opern, Ballett-Darbietungen und Konzerte. Ein Brand zerstörte es im Oktober 1991; erst 18 Jahre später konnte es wiedereröffnet werden.
  • La Passeggiata: Zugegeben, eine Strandpromenade als Sehenswürdigkeit mag etwas seltsam wirken, aber ein Spaziergang auf La Passeggiata wird dich gewiss zum Schwärmen bringen. In einer guten halben Stunde kommst du am alten Hafen, der Festungsmauer und dem Teatro Margherita vorbei. Dein Ziel ist der berühmte Strand Pane e Pomodoro. Zahlreiche Bänke entlang der Promenade laden dich ein, die Aussicht zu genießen. Da kann sich diese halbe Stunde schnell mal verdoppeln und verdreifachen!
  • Pinakothek: Eine besonders kunstvolle Station entlang der Strandpromenade ist die Pinacoteca metropolitana di Bari „Corrado Giaquinto“. In der Gemäldegalerie im Palast findest du mittelalterliche Skulpturen sowie Gemälde und Malereien vom Mittelalter bis zur Moderne mit venezianischen und neapolitanischen Schwerpunkten. Benannt wurde die Pinakothek nach dem Rokoko-Maler Corrado Giaquinto, unter anderem für seine Gemälde des heiligen Nikolaus sowie Szenen aus der griechischen Mythologie bekannt.

 

Ohne Frage gibt es mehr als genug Gründe, der Kunststadt Bari einen Besuch abzustatten. Die mächtige Festungsanlage, die ellenlange Strandpromenade, die monumentalen Kirchen und Kathedralen, die versteckten Schätze … gemeinsam mit dem herrlichen Klima und den schönen Stränden lädt dich Apulien zu einem unvergesslichen Aufenthalt im Süden Italiens ein.

Kunststadt Amalfi an der magischen Amalfiküste

Am Golf von Salerno liegt eine der schönsten Regionen Italiens. Die Amalfiküste in Kampanien ist Heimat prächtiger Natur, magischer Aussichten und zahlreicher kleiner Ortschaften, allesamt durch eine einzige Straße miteinander verbunden. Der Hauptort Amalfi mit seinen steilen Hängen, unzähligen Cafés und prächtigen Stränden darf bei einer Tour der UNESCO-Weltkulturerbestätte Amalfiküste natürlich keinesfalls fehlen. Doch das ist noch längst nicht alles: Amalfi ist eine waschechte Kunststadt mit durchaus spannender Architektur, langer Geschichte und manch einer Überraschung. Begleite uns auf eine kleine Küstentour!

 

Die Macht der einstigen Seerepublik

Wann genau Amalfi gegründet wurde, lässt sich heute nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich entstand die Stadt um 320 n. Chr. und war ein Werk der Soldaten von Kaiser Konstantin aus dem adriatischen Küstenort Melphe. Aus der Bezeichnung „a Melphe“ (dt. „von Melphe“) soll sich der Name Amalfi ableiten, gesichert sind diese Informationen allerdings nicht. Fest steht jedoch, dass sich die Bewohner schnell dem Seehandel zuwandten, weil fruchtbares Ackerland Mangelware war. Amalfi genoss weitestgehende Autonomie, erreichte Eigenständigkeit und entwickelte sich zu einer der ersten Seerepubliken. Im 10. Jahrhundert zählte die Republik deutlich über 50.000 Einwohner und galt als Handelsdrehscheibe zwischen (Süd-)Europa und dem arabischen Raum.

 

Bedrohungen und Angriffe der Normannen schwächten das auf dem Höhepunkt seiner Macht befindliche Amalfi deutlich; schließlich eroberte der normannische Herrscher Robert Guiskard 1073 die Seerepublik, die fortan sukzessive an Bedeutung verlor und durch zwei pisanische Angriffe 1135 und 1137 nachhaltig geschwächt wurde. Ein heftiger Tsunami in Folge eines Erdbebens zerstörte 1343 den Großteil der Stadt. Amalfi sollte sich davon nie komplett erholen. Die Tabula Amalphitana, Italiens erste Seerechtskodifikation, hatte jedoch bis weit nach dem Ende der Seerepublik Bestand und Gültigkeit. Amalfi erlebte erst Mitte des 20. Jahrhunderts durch den aufblühenden Tourismus einen kräftigen Aufschwung und ist seither ein beliebtes Reiseziel im Sommer.

 

Der Kathedralenkomplex

©Bigstock.com/NejroN Photo

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Amalfis Stadtbild ist auf und rund um den steilen Hang angelegt. Das legt manch ungeahnten Schatz frei, der bei einer reinen Küstentour entlang der Strada Statale vielleicht kaum auffallen würde. Die Kathedrale des Erzbistums Amalfi-Cava de‘ Tirreni zählt zu den prächtigsten Bauwerken der Kunststadt. Eine erste Kirche entstand bereits im 9. Jahrhundert und beheimatet mittlerweile das Diözesanmuseum. Die heutige Cattedrale di Sant’Andrea entstand im 10. Jahrhundert und erfuhr mehrere Umbauten. Sie wurde zunächst arabisch-normannisch umgewandelt, später folgte ein barocker Anstrich. Die farbige Mosaikfassade kam im 18. Jahrhundert hinzu.

 

Die Kathedrale ist übrigens ein recht großer Komplex bestehend aus einer Krypta mit den Gebeinen des Apostels Andreas (Schutzpatron von Amalfi), der Kruzifixbasilika mit dem Diözesanmuseum, dem Paradieskreuzgang und der Kathedrale an sich. Im Inneren der Kirche fällt dein Blick bestimmt auf den mächtigen Triumphbogen, der von zwei ägyptischen Granitsäulen gestützt wird. Ein Besuch der anderen Gebäude, gerade des Paradieskreuzgangs Chiostro del Paradiso mit seiner idyllischen Atmosphäre, ist Pflicht.

 

Sehenswürdigkeiten in Amalfi

Damit ist aber längst noch nicht alles zur Kunststadt Amalfi gesagt. Dein Streifzug durch den Ort führt dich quer durch die hochspannende Geschichte der Region. Folgende Sehenswürdigkeiten dürfen an deinem Amalfi-Tag definitiv nicht fehlen:

  • Santa Maria a Piazza: Wo einst zahlreiche Geschäfte und Handwerker beheimatet waren, entstand im 15. Jahrhundert eine kleine Renaissancekirche, die kaum größer als eine Kapelle ist. Wunderschöne Gemälde und Reliefs zieren diese kompakte Schönheit.
  • Museo della Carta: Vor Jahrhunderten lernten die Bürger Amalfis die arabische Kunst des Papiermachens und machten die Stadt zu einem der ersten Papierzentren Europas. Die alte Papiermühle wurde 1969 zum Museum umgewandelt und stellt heute Maschinen und Gerätschaften aus früheren Tagen aus.
  • Sant‘Antonio: Gemäß Überlieferung soll der Heilige Franz von Assisi diese Kirche mit Kloster bei einer Pilgerreise zu den Gebeinen des Apostels Andreas gegründet haben. Während das Kloster für Besucher mit Ausnahme eines Nachmittags im Jahr geschlossen bleibt, fasziniert die bunte, überaus eindrucksvolle Innenausstattung der von außen vergleichsweise schlicht anmutenden Kirche.
  • Gli Arsenali della Repubblica: In den Tagen der großen Seerepublik mussten Handels- und Kriegsschiffe gebaut, gewartet und gelagert werden. Amalfi besaß die größten Galeeren des Mittelmeerraums im Frühmittelalter. Vom einstigen Arsenal blieben, unter anderem erosionsbedingt, vornehmlich Architektur- und Skulpturreste. Hier sind zudem verschiedene Schiffe und die Boote einer historischen Regatta ausgestellt.

 

Die Amalfiküste

©Bigstock.com/mailos

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Wenn du schon in Amalfi bist, dann gehört eine Tour der kompletten Amalfiküste eigentlich dazu, oder? Entlang der prächtigen Küstenstraße Strada Statale 163 Amalfitana, die 50 km lang von Meta di Sorrento bis Vietri sul Mare verläuft, erwarten dich prächtige Ausblicke auf den Golf von Salerno und die steil abfallende Küste. Mit ihren überhängenden Felsen und der geringen Straßenbreite ist diese Fahrt gewiss nichts für schwache Nerven, landschaftlich dennoch ein Traum. Und das ist noch längst nicht alles, was dich an der Amalfiküste erwartet:

  • Wein und Limoncello: La Dolce Vita ist entlang des Golfs von Salerno selbstverständlich omnipräsent. Die Amalfiküste ist ein beliebtes Weinanbaugebiet mit exzellenten Rot- und Weißweinen, die seit 1995 die kontrollierte Herkunftsbezeichnung DOC führen. Oder darf es stattdessen etwas Limoncello sein? Hier wachsen exzellente Zitronen mit saftigem Fleisch und kaum Kernen. Das Ergebnis kostest du in den wunderbaren Cafés und Gaststätten entlang der Küste.
  • Weitwandern: Du bist lieber zu Fuß unterwegs und liebst Herausforderungen? Gleich mehrere Wanderwege verlaufen entlang der Küste. Auf dem CAI-300 sowie den parallel angelegten Pfaden warten sechs anstrengende Tagesetappen von Salerno über Amalfi bis Sorrent oder Schiazzano auf dich. Das sind bis zu 74 km in der längsten Variante mit 4.380 Höhenmetern bergauf und 4.718 Höhenmetern bergab. Bist du bereit für die Challenge?
  • Wunderschöne Orte: Wie auch immer du deine Küstentour begehst, neben der Kunststadt Amalfi erwarten dich noch viele weitere tolle Orte. Im mittelalterlichen Ravello lebten beispielsweise viele reiche Bürger. Zahlreiche gut erhaltene Villen, darunter die prächtige Villa Rufolo, wirken auf angenehme Weise wie aus der Zeit gefallen. Auf einem Felsen über Maiori thront ein Benediktinerkloster, das bereits 973 gegründet wurde. Furore besitzt sogar einen eigenen Fjord und zählt nicht umsonst zu den schönsten Dörfern Italiens. Und dann wäre da noch Positano, ein farbenfroher Ort mit unzähligen Kirchen, römischen Überresten und einem ungewöhnlich löchrigen Felsen.

 

Ein Besuch der Kunststadt Amalfi ist Pflicht, gerade wenn du eine Tour der Amalfiküste planst. Der Hauptort strahlt auch heute noch die ungebrochene Faszination einer einstigen Seemacht aus, selbst wenn man mittlerweile etwas kleinere Brötchen backt. Die sympathische Stadt mit ihren prächtigen Sehenswürdigkeiten und der endlosen Aussicht über den weiten Golf lädt zum Träumen ein.