Kunststadt Messina: Das Tor Siziliens

©Bigstock.com/ilolab

©Bigstock.com/ilolab

Die Straße von Messina gilt als das Tor Siziliens. Sie verbindet nicht nur zwei Gewässer – das Tyrrhenische Meer und das Ionische Meer – miteinander, sondern vor allem die Insel mit dem italienischen Festland. Die Verbindung zwischen Villa San Giovanni in Kalabrien (ein paar Kilometer nördlich von Reggio Calabria) und Messina zählt zu den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten Italiens. Was dabei gerne und viel zu oft übersehen wird: Messina ist eine wunderschöne, faszinierende Kunststadt, die sich trotz zahlreicher Zerstörungen und Naturkatastrophen ihre magische Aura bewahren konnte. Ein Besuch der Kunststadt Messina fördert manch eine kräftige Überraschung zutage und darf eigentlich in keinem Urlaub auf Sizilien fehlen. Was dich erwartet, erfährst du hier.

 

Messinas Geschichte zwischen Triumph und Tränen

Messinas Wurzeln reichen bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurück, als ionische Kolonisten das Land besiedelten und Zankle nannten, angelehnt an den sikelischen Begriff für „Sichel“ und vermutlich von der Sichelform der Landzunge inspiriert. Im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. erhielt das Gebiet den Namen Messene. Karthager und Mamertiner plünderten und verwüsteten die Stadt. Letztere lieferten den Stein des Anstoßes für den Ersten Punischen Krieg, an dessen Ende Messina eine mit Rom alliierte freie Stadt wurde und später, als Teil der Provinz Siziliens, zum wichtigen Seestützpunkt aufstieg und einen großen Leuchtturm erhielt. Die wirtschaftliche Blütezeit endete jedoch im 9. Jahrhundert, die Stadt gelangte unter anderem in arabische und normannische Hand, wurde sogar kurzzeitig von Richard Löwenherz okkupiert.

 

Dies war der Auftakt für überaus wechselhafte Jahrhunderte, die Messina durch alle erdenklichen Höhen und Tiefen führten. Schiffe aus Genua brachten die Pest im Jahr 1347 via Messina nach Westeuropa. Zeitgenössische Berichte erzählen von „Todesschiffen“, die ohne einen einzigen Überlebenden an Bord an Land trieben. Hingegen prägte die Münze von Messina mittelalterliche Goldmünzen und behielt diese Vormachtstellung bis 1678. Die Stadt war zudem Sitz des Konsulats des Meeres, das Streitigkeiten im Welthandel regelte, sowie des Konsulats der Seidenhändler. Ein verheerendes Erdbeben mit anschließender Flutwelle zerstörte 1783 weite Teile der Stadt, wie den Dom sowie mehrere Paläste. Beim Neuaufbau wurde auf breite Straßen und ausladende Plätze geachtet. 1908 machte ein weiteres Erdbeben mit Tsunami 90 % des Gebäudebestandes dem Erdboden gleich, mehr als 60.000 Menschen starben. Selbst von den schweren Bombardements im Zweiten Weltkrieg ließ sich die Bevölkerung nicht entmutigen und baute erneut auf. Entsprechend vielschichtig gestaltet sich die Kunststadt Messina heute.

 

Dom und Domplatz

Wie du soeben gelesen hast, erfuhr die Kathedrale Santa Maria Assunta, der Dom von Messina, mehrfache Zerstörungen und Neubauten. Von der ursprünglichen Bausubstanz des 1197 geweihten Gotteshaus ist heute kaum etwas übrig. Bereits 1254 zerstörte ein Brand die Kassettendecke, der im Dom aufgebahrte Leichnam des kürzlich verstorbenen Königs Konrad IV. fiel ebenfalls den Flammen zum Opfer. Einstürzende Mauern zerstörten bei den beiden zuvor erwähnten Erdbeben auch die Inneneinrichtung, die Kriegsbomben sorgten für ein vollständiges Ausbrennen. Heute erscheint dir der Dom als Basilika auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes, von gotischen und normannischen Stilelementen sowie einem gotischen Hauptportal geprägt. Je zwei Reihen mit jeweils 13 Säulen samt korinthischen Kapitellen trennen die drei Kirchenschiffe im Inneren. Besonders sehenswert ist der Mosaikschmuck in der Sakramentskapelle. Er stammt aus dem 14. Jahrhundert und zählt zu den wenigen Schmuckstücken, welche die unzähligen Katastrophen überstanden.

 

Teil des prächtigen Domensembles ist ein Glockenturm, 1933 neu errichtet und 48 m hoch. Er passt mit seinem mittelalterlichen Stil wunderbar zur Basilika. An der zum Domplatz gerichteten Seite sind Szenen verschiedener religiöser und historischer Ereignisse mit Messina-Bezug angebracht. Sie setzen sich täglich um 12 Uhr in Bewegung. Den Domschatz findest du in der Schatzkammer an der Südseite der Kathedrale. Besonders sehenswert ist die Manta d’oro aus dem Jahr 1668. Der prächtige Orionbrunnen mit seinem malerischen Renaissanceflair rundet dieses begeisternde Ensemble gekonnt ab.

 

©Bigstock.com/milosk50

©Bigstock.com/milosk50

Weitere Sehenswürdigkeiten in Messina

Der Domplatz ist freilich nicht das einzige Highlight der Kunststadt Messina. Folgende Schmuckstücke möchten wir dir auf keinen Fall vorenthalten:

  • Palazzo Monte di Pietà: Paläste gibt (und gab) es in Messina in Hülle und Fülle. Zu den schönsten seiner Art zählt dieser Adelspalast aus dem 17. Jahrhundert. Wo einst eine kleine Kirche stand, erhebt sich heute dieses gewaltige Gebäude mit seiner nicht minder eindrucksvollen Fassade und Loggia. Auch die Überreste einer weiteren Kirche kannst du hier bewundern.
  • Chiesa del Carmine: Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts ließen die Karmeliten eine erste Kirche an diesem Standort erbauen. Das heutige Gebäude entstand 1930 nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben. Der fließende Übergang zwischen Barock und Rokoko macht die ausladende, reichlich verzierte Kirche zum Hingucker. Sie beherbergt mehrere nicht minder prächtige Kapellen.
  • Chiesa della Santissima Annunziata dei Catalani: Diese normannische Kirche aus dem 12. Jahrhundert zählt zu den wenigen Gebäuden, welche sämtliche Naturkatastrophen überstanden. Sie liegt drei Meter unter den nachträglich gezogenen Straßen. Hier erlebst du spannende arabische, byzantinische und sogar römische Einflüsse hautnah. Die Apsis ist besonders gut erhalten.
  • Forte del Santissimo Salvatore: Obwohl einige Wände nach dem Erdbeben von 1908 niedergerissen wurden, erstrahlt das nach wie vor in militärischem Besitz stehende Fort in seinem ursprünglichen Glanz aus dem 16. Jahrhundert. Elemente früherer mittelalterlicher Bauten wurden in diese Struktur eingeflochten.
  • Forte Gonzaga: In den 1540er Jahren wurde dieses Fort zum Schutz gegen das stark expandierende Osmanische Reich errichtet. Es thront über der Stadt und überblickt die Straße von Messina. Seit 1973 ist das Forte Gonzaga wieder in Besitz von Messina und soll zu einem Museum sowie Konferenzzentrum umgebaut werden.
  • Palacultura Antonello da Messina: Der Kulturpalast zählt zu den modernsten Gebäuden der Stadt, zumindest was das Äußere betrifft. Und eben jener Look sorgt seit Jahren für Diskussionsstoff, soll er doch stark an die Boston City Hall erinnern, die wiederum schon länger abgerissen werden soll. Zudem wurde die Palacultura auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte erbaut, was die Arbeiten um fast 30 Jahre verzögerte. Dennoch zeigt sich das Multifunktionscenter heute erstaunlich unbeeindruckt von allen Diskussionen und Kontroversen.

 

Die Straße von Messina

Eingangs haben wir der Meeresenge zwischen Sizilien und Kalabrien bereits einige Worte geschenkt. Sie kann ausschließlich auf dem Seeweg überquert werden, wobei die Fähre die Waggons der zwischen Palermo und Neapel verkehrenden Bahnlinie transportieren kann. Seit Jahrzehnten wird der Bau einer Brücke über die Straße von Messina diskutiert. Ein Konzept aus dem Jahr 2003 kam der Errichtung sogar sehr nahe, doch zerschlugen sich diese Pläne zehn Jahre später. Unter anderem werden die hohen Risiken durch starken Wind und Erdbeben als Bedenken und Hinderungsgründe genannt. Dennoch gibt es weiterhin entsprechende Bemühungen.

 

Und doch wurde die Straße von Messina bereits in der Nachkriegszeit überquert … auf elektrische Weise. 1955 begann die Installation der Stromversorgung Siziliens über das italienische Festland. Hierfür wurde eine Freileitungskreuzung zwischen dem kalabrischen Umspannwerk Scilla und dem sizilianischen Umspannwerk Messina-Santo errichtet. Die 224 m hohen Masten stehen auch heute noch, nach der Entfernung der Stromleitungen 1994 zugunsten eines Seekabels. Auf sizilianischer Seite kann der alte Mast über 1.250 Treppenstufen erklommen werden. Die Aussicht ist gigantisch, zumindest wenn man schwindelfrei ist.

 

Du siehst: Messina ist eine grandiose, vielfältige Kunststadt mit manch einer Überraschung. Alleine schon die Anreise über das italienische Festland wird dich begeistern, doch auch die Stadt selbst hat unheimlich viel zu bieten. Vielschichtige Architektur mit einem spannenden, erzwungenen Mix aus klassischem Charme, modernem Esprit und cleveren Neuinterpretationen zieht sich quer über alle Plätze und durch sämtliche Straßen. Die Kunststadt Messina solltest du auf keinen Fall verpassen – ein absolutes Muss, wenn du Sizilien und/oder Kalabrien besuchst!

Kunststadt Cagliari mit antiken Glanzlichtern

©Bigstock.com/c_73

©Bigstock.com/c_73

Sardiniens Hauptstadt liegt im Süden der Insel. Sie ist Heimat wunderschöner Strände, prächtiger Promenaden und einladender Parkanlagen. Was dabei gerne übersehen wird: Cagliari ist eine vielfältige Kunststadt, der man ihre überaus lange, vielfältige Geschichte im besten Sinne anmerkt. Bereits in prähistorischer Zeit besiedelt, wurde sie erobert, zerstört, verlassen und neugegründet. Somit kannst du heute in und rund um Cagliari das Erbe unzähliger Epochen entdecken und in einer Art architektonischem Zeitraffer erleben. Und dann ist da natürlich die traumhafte Aussicht auf den Golf von Cagliari, den die erhöhte Hügellage offenbart … da kommt man gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus!

 

Cagliaris Kurzgeschichte

Die Wurzeln der Region liegen in der Jungsteinzeit. Dank ihrer idealen Lage zwischen dem Meer, einer fruchtbaren Ebene und zwei Sumpfgebieten sowie hohen Bergen als Rückzugsorten erfreute sie sich großer Beliebtheit, unter anderem bei der Monte-Claro-Kultur. Als Kalaris wurde man später zur phönizischen Kolonie, geriet nach dem Ersten Punischen Krieg unter römische Herrschaft, diente als wichtiger Flottenstützpunkt im Zweiten Punischen Krieg und erhielt schließlich das Bürgerrecht. Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs fielen Vandalen ein, doch sorgte die byzantinische Übernahme dafür, dass Cagliari auch im Mittelalter eine wichtige Rolle innehatte.

 

Als Byzanz im 9. Jahrhundert an Einfluss verlor, bildeten sich fünf Sardische Judikate, bevor Cagliari jenes von Agugliastra annektierte und daraus für mehrere Jahrhunderte derer vier wurden. Während dieser Phase der Unabhängigkeit verließen die Bürger jedoch die Stadt und gründeten Santa Igia im Binnenland, um wiederholten Überfällen von Seeräubern zu entgehen. Die Republik von Pisa ließ Santa Igia im Zuge ihrer Eroberungen 1258 zerstören; das von Kaufleuten errichtete, befestigte Castel di Castro wurde zum Vorläufer des modernen Cagliari. Die Region ging im 14. Jahrhundert in spanische Verwaltung und 1718 schließlich an das Haus Savoyen. Das Königreich Sardinien-Piemont war geboren. Nach der Vereinigung Italiens erfuhr Cagliari sprunghaften Wachstum. Zahlreiche Gebäude schossen in die Höhe, begleitet vom populären Art-Nouveau-Stil und blumigen Verzierungen.

 

Was von Karalis blieb

Von solch modernen Gefilden halten wir uns aber vorerst fern, denn die Kunststadt Cagliari nimmt ihren Anfang viel, viel früher. Wir interessieren uns zunächst für Karalis, wie Sardiniens Hauptstadt zu punischer, römischer und frühchristlicher Zeit hieß. Zwei bis heute gut erhaltene Plätze illustrieren dessen einzigartige Rolle in dieser Region auf spannende Weise. Unser erster Stopp ist Tuvixeddu, was im Sardischen so viel wie „durchlöcherte Gegend“ heißt. Der Name kommt nicht von ungefähr, denn die ursprünglich punische Nekropole auf einem Hügel im Norden Cagliaris besteht aus tausenden Felsengräbern, die in späteren Phasen um eine weitere Nekropole sowie eine römische Grablege erweitert wurden. Aus der Luft sieht es tatsächlich so aus, als wäre das Gebiet durchlöchert worden.

 

Neben besagter Grablege, dem sogenannten Heroon der Atilia Pomptilla mit poetischen griechischen und römischen Inschriften, ist das Amphitheater das wichtigste Zeugnis römischer Kultur in Cagliari. Direkt in den Hang gebaut mit teils in Stein gehauenen Sitzen, zerstörte die jahrhundertelange Nutzung aus Steinbruch leider große Teile der gewaltigen Anlage, die vermutlich Platz für 8.000 bis 12.300 Zuschauer bot. Seit der ersten Renovierung und Restaurierung im Jahr 1866 erhielt das Amphitheater zusätzliche Holzanbauten, wie Gänge und Sitzreihen, um das historische Ambiente auch heute noch als Veranstaltungsort nutzen zu können.

 

Der Dom von Cagliari

©Bigstock.com/Banet

©Bigstock.com/Banet

Die Cattedrale di Santa Maria Assunta e Santa Cecilia ist eines von vielen Gebäuden, bei denen kaum ein Stein auf dem anderen blieb. Bereits 1217 ließen die Pisaner die Kathedrale im damals vorherrschenden normannisch-pisanischen Stil errichten. Bereits im 14. Jahrhundert folgte der erste Umbau, darunter Änderungen an der Fassade und der Einbau des Querhauses. Ähnliche Eingriffe folgten immer wieder, wobei der umfassende barocke Umbau ab 1669 gewiss die größten Auswirkungen hatte. Überreste der wegen Baufälligkeit abgetragenen Barockfassade – sie wurde in der Zwischenkriegszeit unter Einbeziehungen pisanischer Romanik wiedererrichtet – kannst du im Dommuseum bewundern.

 

Besagte barocke Eingriffe erwarten dich vor allem im Dom, dessen Innenausstattung komplett auf den Stil umgebaut wurde. Zu den Highlights zählt die Krypta, deren Gewölbe mit 600 Rosetten verziert ist, und in denen die Gebeine von fast 300 sardischen Märtyrern ruhen. Das getriebene Silberantependium aus Madrid, das fein ziselierte Tabernakel, das prächtige Altarbild mit einer Kreuzigung und der thronenden Madonna sowie die kunstvollen Buntmarmorböden sorgen für Begeisterung. Mit der Mitte des 12. Jahrhunderts geschaffenen Marmorkanzel, ein Geschenk der Pisaner, findest du zudem eines der wichtigsten pisanischen Kunstwerke auf Sardinien in der Kathedrale.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Cagliari

Neben den antiken Überresten Karalis‘ und dem prächtigen Dom gibt es noch weitere Highlights, welche Cagliari zur eindrucksvollen Kunststadt machen:

  • Basilica di Nostra Signora di Bonaria: Der Hügel Bonaria in Cagliari beherbergt nicht nur eine Nekropole, sondern das größte Wallfahrtszentrum auf Sardinien. Eine erste Zitadelle entstand bereits um 1323/24, nachdem Alfons IV. von Aragón via Bonaria ganz Sardinien eroberte, die heutige Basilika ist jedoch barocken Ursprungs. Ihr Name kommt von einem Gnadenbild, das der Legende nach 1370 in einer Kiste am Ufer angespült wurde. Ein Gemälde von Antonio Corriga in der Basilika illustriert die Rettung des Bildes durch Seeleute. Das dazugehörige Kloster dokumentiert im Kreuzgang die Geschichte der Marienverehrung von Bonaria.
  • Bastione di Saint Remy: Im späten 16. Jahrhundert bauten die Spanier diverse Festungsanlagen, um Cagliari zu schützen. Zwei von ihnen dienten als Fundament für diese Bastion, die zwischen 1896 und 1902 entstand. Die imposante Struktur im klassizistischen Stil erfüllt allerdings keine militärische Funktion. Sie verfügt über eine große Aussichtsterrasse, die bei Einheimischen und Touristen überaus beliebt ist. Hier genießt du einen prächtigen Ausblick über die Kunststadt.
  • Die Türme: Einige Teile der alten Verteidigungsanlagen stehen nach wie vor, darunter der Torre dell’Elefanto und der Torre di San Pancrazio. Sie waren Teil erster pisanischer Strukturen aus dem 14. Jahrhundert und dienten den Spaniern als Gefängnis. Seit der Renovierung 1999 kannst du den Elefantenturm – benannt nach einem kleinen Marmorelefanten über dem Tor – und den Pancrazio-Turm erklimmen und den prächtigen Ausblick genießen.

 

Steinzeitliche und barocke Elemente ergänzen sich auf wundersame und wundervolle Weise in Cagliari. Die Kunststadt lebt zwischen verschiedensten Epochen und findet einen faszinierenden Weg, diese in all ihrer Vielfalt zu präsentieren. Traumhafte Aussichtsplattformen, wundervolle Strände sowie zahlreiche sympathische Museen, Cafés und Restaurants sorgen für einen abwechslungsreichen wie genussvollen Städteurlaub, der auch in Herbst und Winter für Begeisterung sorgt. Hier entdeckst du Sardinien von seiner schönsten Seite.

Kunststadt Reggio Calabria mit antikem Erbe

©Bigstock.com/byvalet

©Bigstock.com/byvalet

Italiens Süden ist Heimat der ältesten antiken Siedlungen des Landes, deren Spuren auch heute noch zu entdecken und zu bewundern sind. Wenn du Lust auf einen Kultururlaub hast und historisch interessiert bist, dann legen wir dir die Kunststadt Reggio Calabria ans Herz. Die größte Stadt Kalabriens und ehemalige Hauptstadt der Region – diesen Status hat seit 1970 Catanzaro inne – liegt an der Ostseite der Straße von Messina. Mit der Fähre erreichst du die sizilianische Stadt in nur 20 Minuten, was sich natürlich hervorragend für einen kunstvollen, kulturreichen Doppelstädteurlaub anbietet. In Reggio Calabria triffst du vor allem auf antikes Erbe, auf vielfältige Architektur und auf eine der schönsten Promenaden des Landes. Bitte anschnallen, jetzt geht’s los!

 

Griechische Wurzeln in Kalabrien

Reggio Calabria hat im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte, handelt es sich beim Vorläufer Rhegion doch um eine der ältesten griechischen Kolonien Italiens (neben Cumae). Wohl um 720 v. Chr. von Siedlern aus Chalkis gegründet, erlebte sie aufgrund reger Handelstätigkeiten schon bald eine gewaltige Blüte und stellte zeitweise 70 Kriegsschiffe. Nach heftigen Kämpfen von Dionysios I. von Syrakus um 387 v. Chr. erobert und zerstört – Rhegion hatte sich mit den Athenern gegen Syrakus verbündet –, ging der Reichtum der nun versklavten Bevölkerung verloren. Kurz vor dem Ersten Punischen Krieg stand man unter römischer Herrschaft, wurde als Rhegium Julii zur florierenden Stadt und kam nach mehreren Invasionen nach dem Ende des Weströmischen Reiches schließlich in byzantinischen Besitz.

 

Die folgenden Jahrhunderte sollten höchst wechselhaft ausfallen. Reggio Calabria wurde 918 von sizilianischen Arabern erobert, erhielt normannischen Einschlag, bevor es an das Königreich von Sizilien und das Königreich Neapel ging. Die griechische Prägung hielt sich allerdings bis ins 17. Jahrhundert und überstand selbst die Plünderung durch osmanische Türken, die von hier aus den Islam in Italien verbreiten wollten. Nach Habsburger, spanischer und napoleonischer Herrschaft ging Reggio Calabria schließlich an das vereinte Italien. Schon in vorchristlicher Zeit wiederholt von Erdbeben heimgesucht, zerstörte das Erdbeben von Messina und der damit einhergehende Tsunami 1908 weite Teile der Stadt. Zumindest ein Drittel der damaligen Bevölkerung verlor ihr Leben. Daher sind zahlreiche Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria deutlich moderner (aus-)gestaltet.

 

Spaziergang am Strand

Reggio Calabria liegt direkt am Meer und verfügt über unzählige Strände, die zu einem Bad im Meer einladen. Gerade in den heißen Sommermonaten ist das unverzichtbar. Mindestens so schön ist jedoch der ausgedehnte Spaziergang an der liebevoll renovierten Standpromenade. Ende des 18. Jahrhunderts als zentraler Wanderweg durch das damalige Dorf errichtet, erwarten dich heute zahlreiche Villen und prunkvolle Gebäude. Prachtvoll verzierte Fassaden lassen dich aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Zu den Highlights zählt das Amphitheater am Meer, das zu den beliebtesten Veranstaltungsorten Reggio Calabrias zählt. Neben den repräsentativen Gebäuden, zahlreichen Clubs und Strandbars sollte sich dein Blick ebenso auf das weite Meer richten. An schönen Tagen – und davon gibt es hier reichlich – kannst du problemlos bis nach Messina sehen.

 

Museo Nazionale della Magna Grecia

Eingangs haben wir dir die Kunststadt Reggio Calabria als wunderbares Kultur- und Historiker-Ziel ans Herz gelegt. Der Hauptgrund dafür liegt hinter den Mauern des archäologischen Nationalmuseums, auch als Museo Archeologico Nazionale di Reggio Calabria oder MArRC bekannt. Von außen wirkt das Gebäude – 1932 entworfen und 1942 fertiggestellt, aber erst einige Jahre nach dem Krieg bezogen – relativ unspektakulär. Auf den vier Etagen des umfassend renovierten Museums erwartet dich die geballte Geschichte Reggio Calabrias von der griechischen Besiedlung bis zur Moderne. Das Erdgeschoß mit seinen 15 Sälen widmet sich beispielsweise den Funden aus der Ebene von Sibari und aus Locri mit diversen Gegenständen von griechischen Heiligtümern sowie einem rekonstruiertem Höhlengrab. Der erste Stock dreht sich komplett um das antike Reggio Calabria sowie um faszinierende alte Münzen, während der zweite Stock die Kunstgeschichte vom Mittelalter bis ins Hier und Jetzt erzählt.

 

Das unbestrittene Highlight befindet sich aber im Untergeschoß, der perfekte Ort für eine Ausstellung mit dem Titel „Archäologie unter Wasser“. In den ersten beiden Sälen siehst du Fundstücke aus den kalabrischen Meeren und von gesunkenen Schiffen, beispielsweise Amphoren und Anker aus griechischer und römischer Zeit. Saal III kann das sogar noch toppen! Neben dem bei Porticello gefundenen Kopf des Philosophen sowie der Plastik eines Herrschers aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bewunderst du hier die Bronzestatuen von Riace. Sie wurden 1972 vor der Küste von Riace in der Provinz Reggio Calabria entdeckt und über viele Jahre behutsam restauriert. Die jeweils ca. zwei Meter hohen Statuen trugen vermutlich einst hölzerne Schilder und Hiebwaffen. Sie könnten Weihgeschenke an einen Tempel gewesen sein und einst auf Sockelpodesten gestanden haben.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria

©Bigstock.com/Aliaksandr Antanovich

©Bigstock.com/Aliaksandr Antanovich

Das Archäologiemuseum von Reggio Calabria ist selbstverständlich ein Muss, doch gibt es in dieser Kunststadt noch weitere prächtige Sehenswürdigkeiten, die wir dir auf keinen Fall vorenthalten wollen:

  • Duomo di Reggio: Basilica Cattedrale Metropolitana di Maria Santissima Assunta in Cielo, die städtische Kathedrale, zählt zu jenen Gebäuden, denen das Erdbeben von 1908 besonders schwere Schäden zufügte. Was seinen Ausgang um 300 n. Chr. auf den Ruinen eines griechischen Tempels nahm und im Laufe der Jahrhunderte vielfach umgebaut und erweitert wurde, musste im 20. Jahrhundert vollständig neu errichtet werden. Die nunmehr neoromantische Kathedrale mit ihrem 28 m hohen Campanile konnte sich immerhin etwas Ausstattung aus dem 15. und 16. Jahrhundert behalten. Alleine das reich verzierte Portal ist bereits ein echter Hingucker.
  • Madre della Consolazione: Zu den zerstörten Gebäuden zählt ebenso eine Votivkirche aus dem 16. Jahrhundert. Über mehrere Jahrzehnte als Holzkirche notdürftig abgesichert, widmet sich die neue Wallfahrtskirche deutlich modernerer Architektur, die einen faszinierenden Kontrast zu den antiken Wurzeln Reggio Calabrias formt. Das Altarbild, ein Gemälde der Maria della Consolazione, ist Teil einer Prozession, die es im September in die Kathedrale und im November wieder zurück trägt. Damit erinnern die Einwohner an längst vergangene Tage, als das Bild bei Epidemien wiederholt zum Duomo di Reggio transportiert wurde.
  • Castello Aragonese: Abschließend entführen wir dich zu einem der Wahrzeichen der Kunststadt Reggio Calabria. Festungsanlagen gab es wohl schon in der Antike. Damals zeichnete sich der Hügel, auf dem sich dieses Kastell befindet, noch viel deutlicher ab. Seinen Namen erhielt es aufgrund der starken architektonischen Veränderungen unter König Ferdinand I. von Aragonien, der die auffälligen Rundtürme mit Zinnen erbauen ließ, doch entstand das eigentliche Kastell wohl bereits zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert, in byzantinischer Zeit.

 

Das reichhaltige, vielfältige griechische Erbe, die zahlreichen Rückschläge und Entbehrungen, doch auch pure Euphorie und maritime Freuden begleiten dich auf deinen Reisen durch die Kunststadt Reggio Calabria. Zwischen Statuen von unschätzbarem Wert, majestätischen Aussichten und gewaltigen Festungsmauern erlebst du Kalabriens größte Stadt in all ihrer Pracht und Vielfalt. Ein zusätzlicher Abstecher nach Messina mit der Fähre ist ein willkommener Bonus – ab geht’s an die Urlaubsplanung!

Steinzeitliche Kunststadt Matera mit modernem Touch

Es gibt alte italienische Städte mit hunderten, sogar tausenden Jahren an Geschichte an einem Ort vereint. Und es gibt die Kunststadt Matera, eine der ältesten Städte der Welt. Bereits in der Jungsteinzeit war die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der süditalienischen Region Basilikata besiedelt. Höhlensiedlungen aus dieser Zeit bilden auch heute noch den Kern der Altstadt und zählen zu den eindrucksvollsten UNESCO-Weltkulturerbestätten des Landes. Doch das ist noch längst nicht alles, was dich in Matera erwartet.

 

Ein Streifzug durch Materas Geschichte

Wann genau die Besiedlung der Region begann, wird von Experten bis heute heftig debattiert. Der aktuelle Konsens liegt in der Altsteinzeit, rund um das 10. Jahrhausend v. Chr., wobei die berühmten Höhlensiedlungen wohl spätestens in der Jungsteinzeit entstanden. Die römische Stadt Matera hingegen wurde 251 v. Chr. vom römischen Konsul Lucius Caecilius Metellus als Matheola gegründet. Nach dem Ende des weströmischen Reichs hatte Matera viele Herrscher, wurde um 938 von den Sarazenen verwüstet und erreichte ein Jahrhundert später unter normannischer Regentschaft eine anhaltende Blütezeit. Abermals wechselnde Herrschaftsverhältnisse, Erdbeben und Pestepidemien setzen die turbulente Geschichte bis zur Eingliederung in das italienische Königreich fort.

 

Sassi di Matera

©Bigstock.com/rosariomanzo

©Bigstock.com/rosariomanzo

Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wohnten Menschen in Höhlen ohne fließendes Wasser und ohne Strom, was in Italien spätestens nach einem verheerenden Malaria-Ausbruch als Kulturschande gesehen wurde und die Umsiedlung der Bewohner in neugebaute Wohnblöcke in den 50er und 60er Jahren vorantrieb. Mit der erhofften Renovierung dieser Sassi, der vermutlich jungsteinzeitlichen Höhlensiedlungen, wurde es allerdings es in den späten 80ern etwas. Seit 1993 sind die Sassi di Matera UNESCO-Weltkulturerbe und sollen dank Subventionen teils wieder zu Wohnungen werden, so der kühne Plan der Stadt.

 

Matera bot sich dank seiner Lage auf einem großen, exponierten Felsen aus Tuffstein für solche Höhlen an. Das Material ließ sich leicht transportieren und bearbeiten, ein komplettes Aushöhlen und anschließendes Versiegeln war selbst in Urzeiten ein Leichtes. In späteren Jahrhunderten erfuhren die Sassi di Matera komplexe Erweiterungen um eine Fülle an Räumlichkeiten, um Brunnen- und Bewässerungssysteme. Später wurden die Höhlen sogar übereinander gebaut, um noch mehr Platz zu erschließen. Die Sassi kannst du heute im Rahmen von Führungen besuchen, und das ist selbstverständlich ein absolutes Muss. Bei der Gelegenheit solltest du den Park der Felsenkirchen gleich mitnehmen. Der archäologische Naturpark erstreckt sich über 8.000 Hektar bis ins benachbarte Montescaglioso und widmet sich den ebenfalls in Stein geschlagenen alten Gebetshäusern.

 

Castello Tramontano

Keine Frage, die Sassi wären für sich bereits mehr als Grund genug, Matera einen Besuch abzustatten. Die Stadt in der Basilikata hat jedoch noch so viel mehr zu bieten. Auf dem Hügel von Lapillo überblickt die Festung Castello Tramontano das historische Zentrum. Ihren Ursprung nahm die imposante Anlage in normannischer Zeit. Die einstige Residenz mit acht Türmen auf quadratischem Grundriss sollte gegen etwaige Angriffe schützen, wurde aber abgerissen, um Platz für eine passendere Festung zu machen. Diese entstand jedoch erst ab 1501 im aragonesischen Stil.

 

Ursprünglich verband eine Brücke die beiden Türme, der Wehrgang zum Castiglione Normanno wurde hingegen nie umgesetzt. Ebenso waren weitere Türme und Elemente geplant, doch blieb Castello Tramontano insgesamt unvollendet. Die durchaus mächtige Anlage mit zentralem Bergfried, alten Tuffmauern, großem Burggraben und weitläufiger Parkanlage wird seit 2008 restauriert und findet immer mehr zu seinem alten Glanz zurück. Leider kannst du die Festung aktuell nicht besichtigen, die Wanderung dorthin ist dafür mehr als großartig.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Matera

©Bigstock.com/DinoPh

©Bigstock.com/DinoPh

Viel Tuff und altes Gestein begleiten deine Tour durch Matera, doch die Stadt im Süden kann noch so viel mehr. Die folgenden drei Highlights sind ein absolutes Muss!

  • Kathedrale von Matera: Am höchsten Punkt der Stadt zwischen zwei Sassi-Anlagen begann 1230 der Bau dieser Kirche. Wo sich einst ein Kloster des Benediktinerordens befand, entstand über die folgenden vier Jahrzehnte eine große Kathedrale für die neue Erzdiözese. Das Äußere mit dem gewaltigen Rosettenfenster und den auf Atlanten ruhenden Säulen blieb nahezu unberührt. Hingegen erfuhr die Innengestaltung ab 1627 umfassende Veränderungen, darunter prächtige Skulpturen, Fresken, Decken- und Altarbilder.
  • San Pietro Caveoso: Kirchen gibt es in Matera tatsächlich in Hülle und Fülle. San Pietro Caveoso zählt zu den Perlen der Stadt. Mitten in den Sassi gelegen, weiß alleine schon die barocke Front mit ihren drei Statuen zu begeistern. Verschiedene Gemälde sowie ein prächtiges Taufbecken aus dem 13. Jahrhundert lohnen einen Blick hinter die altehrwürdigen Mauern.
  • Palazzo dell‘Annunziata: Bei einer Stadt mit so langer Geschichte geht dieser Palast ohne Zweifel als Werk der Moderne durch, wurde mit dem Bau doch „erst“ 1735 begonnen. Als Symbol für Prunk und Reichtum wirkt er wie ein Fremdkörper und verdrängte einst ein wichtiges Kloster zu repräsentativen Zwecken. Heute ist die Stadtbibliothek Materas hier zuhause.

 

Kultur und Kulinarik

Bei deinen Spaziergängen durch Matera wird dir der eine oder andere Ort sicher bekannt vorkommen. Tatsächlich wurde (und wird) die Szenerie der Sassi vor allem als cineastische Inkarnation des alten Jerusalems verwendet. Unter anderem entstanden hier Teile von Mel Gibsons „Die Passion Christi“, Pasolinis „Matthäusevangelium“, die Neuverfilmung von „Ben Hur“ aus dem Jahr 2016 sowie Daniel Craigs letzter Bond-Streifen „Keine Zeit zu sterben“. Das einzigartige Setting zog zudem so unterschiedliche Künstler wie Metallica oder Robin Schulz für Musikvideos an.

 

Und dann ist da noch die hervorragende Küche Materas, die dich mit einigen Leckereien verwöhnen wird. In den Restaurants und Cafés der Stadt kostest du dich unter anderem durch:

  • Crapiata, eine Suppe römischen Ursprungs, einst ein typisches Arme-Leute-Essen
  • Pasta mit Peperoni Cruschi, eine trockene und süße Pfefferart, die durch Brotkrumen angereichert wird
  • Orecchiette alla materana mit Lammfleisch, Mozzarella und Pecorino
  • bröselige Strazzate-Kekse mit Mandel- und Kaffeegeschmack
  • DOC-Wein aus der Region Matera in gleich acht Varianten von Rot über Weiß bis hin zu Rosé

 

Willkommen in der Steinzeit … und in der Moderne, denn die Kunststadt Matera hat all das und noch so viele weitere spannende Facetten zu bieten. Die Sassi sind selbstverständlich das absolute Highlight, doch die Art und Weise, wie kontemporäre Elemente und cineastische Meisterleistungen in dieses historische Setting eingeflochten wurden, wird dich garantiert begeistern. Die Reise in den Süden kann kommen!

Kunststadt Lecce mit barocken Schätzen

Warst du schon einmal im „Florenz des Südens“? Diesen Spitznamen („Florenz des Rokoko“ ist ebenfalls eine beliebte Bezeichnung) trägt Lecce mit Stolz. Die apulische Stadt liegt auf der Halbinsel Salento und zählt zu den südlichsten Ortschaften Italiens. Im überaus warmen Klima gedeihen Wein und Tabak hervorragend, zudem ist die nach wie vor sehr wohlhabende Stadt ein wichtiges militärisches Zentrum mit eigenem Flugplatz und Truppenübungsplatz sowie weiteren Einrichtungen, die du bei einem Stadtspaziergang entdecken kannst. Und der hat es in sich, denn die Kunststadt Lecce überrascht mit architektonischen Highlights, die sich von der Römerzeit bis zur Moderne erstrecken.

 

Von Troja bis zu barocker Kunst

©Bigstock.com/SchnepfPictures

©Bigstock.com/SchnepfPictures

Aber wie wurde Lecce zu diesem unterschätzten Juwel, fragst du dich bestimmt. Ihr Ursprung ist tatsächlich der Gegenstand von Mythen und Legenden, denn die Stadt soll bereits zu Zeiten des Trojanischen Kriegs existiert haben und 1211 v. Chr. von Messapier-König Malemnius gegründet worden sein. Nach Trojas Zerstörung, so die Legende weiter, besetzte Licitus Idomeneus die Stadt und gab ihr sowohl ihren Namen als auch die griechische Kultur. Wann Lecce tatsächlich gegründet wurde, ist allerdings unbekannt. Die Römer eroberten das Gebiet im 3. Jahrhundert v. Chr. und nannten es Lupiae. Später ließ Kaiser Hadrian die Stadt drei Kilometer gen Nordosten verlegen, sie hieß nun Licea oder Litium. Im 1. Jahrhundert n. Chr. trieb der Heilige Oronzo die Christianisierung der Region voran. Er wird seit der Pestepidemie von 1658 als Stadtheiliger verehrt.

 

Selbst nach dem Fall des Weströmischen Reiches blieb Lecce, von diversen Eroberungszügen abgesehen, mehr als fünf Jahrhunderte lang Teil des Oströmischen Reiches. Erst die Eroberung Süditaliens durch die Normannen beendete dies. Durch die Vereinigung mit Conversano begann ab 1360 ein langsamer Aufstieg der eingeschlafen geglaubten, nunmehrigen Grafschaft Lecce, die zwischen 1550 und 1750 so richtig aufblühte. Karl V. erklärte die Stadt zum Verwaltungszentrum des Salento und befestigte sie, der typische Lecceser Barockstil wurde geboren und breite sich schnell über das Stadtbild aus. Diesen klassischen Look konnte das „Florenz des Südens“ bis heute wahren.

 

Die Kathedrale

Bei deinen Streifzügen durch Lecce wirst du auf eindrucksvolle Monumente klassischer Architektur in Hülle und Fülle stoßen. Einer unser persönlicher Favoriten ist die Kathedrale der Stadt, auch Duomo di Lecce oder Cattedrale dell‘Assunzione della Virgine genannt. Das heutige barocke Meisterwerk ist jedoch deutlich älter, als du auf den ersten Blick glaubst. Allerdings wurde die 1144 errichtete und 1230 renovierte Kathedrale im Jahr 1659 auf bischöfliche Anweisung neu hochgezogen. Das Hauptportal gilt als barockes Meisterwerk. Statuen, Säulen und Pilaster zieren den Haupteingang.

 

Im Inneren erwartet dich ein monumentales Bauwerk, dessen Grundriss einem lateinischen Kreuz nachempfunden ist. Mehrere Gemälde von Giuseppe da Brindisi befassen sich mit dem Heiligen Oronzo und der Erlösung von der Pest. Der Hauptaltar ist ebenso dem Stadtheiligen gewidmet. Gleich zwölf kleine Kapellen, jeweils mit eigenen Altären und ausladender künstlerischer Gestaltung, befinden sich in der Kathedrale. Der leicht geneigte Glockenturm aus dem 17. Jahrhundert ragt 72 Meter in die Höhe. An klaren Tagen kannst du von oben sogar die albanischen Berglandschaften jenseits der Adria erkennen.

 

Kirchen und Basiliken in Lecce

©Bigstock.com/Cordeschi

©Bigstock.com/Cordeschi

Die imposante Kathedrale alleine wäre bereits Grund genug für einen Besuch in Lecce, doch das ist nur der sakrale Anfang! Viele weitere Kirchen und Basiliken säumen deine Tour durch die apulische Kunststadt. Wir haben drei weitere Favoriten, die du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest:

  • Basilica di Santa Croce: 1549 begonnen und erst 1695 fertiggestellt, ist diese Barockkirche der Inbegriff von Prunk. Von der ausladend dekorierten Fassade mit ihren Säulen, grotesken Figuren und der Fensterrose bis hin zur geschnitzten und vergoldeten Kassettendecke gibt es unheimlich viel zu bestaunen.
  • Santa Irene: Auch diese Kirche wurde über einen längeren Zeitraum erbaut, was kaum zu übersehen ist. Der obere und untere Teil der Fassade zeugen von unterschiedlichen stilistischen Einflüssen. Echtes Highlight sind allerdings die zahlreichen, reichhaltig verzierten Altäre mit ihren Bildern und Büsten.
  • Chiesa dei Santi Niccolò e Cataldo: Neben all den wunderschönen Barockgebäuden ragt diese Kirche heraus, konnte sie sich doch ihr ursprüngliches Antlitz bewahren. Trotz umfassender Fassadenerneuerung im 18. Jahrhundert, begleitet von neuen Statuen, glänzt die Chiesa dei Santi Niccolò e Cataldo auch heute noch als romanisches Meisterwerk.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Lecce

Genug Kirchen für jetzt? Dann sehen wir uns das architektonische Erbe Lecces nun von einer anderen Seite an. Oder von gleich mehreren Seiten, denn aufregende Zeitreisen sind vorprogrammiert:

  • Kastell Karls V.: Die Befestigung Lecces unter dem Habsburger Kaiser ging mit der Errichtung eines kompletten Kastells einher. Dafür wurde eine Anlage aus dem Mittelalter im 16. Jahrhundert umfassend verstärkt und ausgebaut. Heute ist das Kastell Heimat vieler kultureller Vereinigungen und Veranstaltungen.
  • Piazza Sant‘Oronzo: Lecces Bewohner schrieben das Ende des Pestausbruchs dem Heiligen Oronzo zu und machten ihn zu ihrem Stadtheiligen. Auf der gleichnamigen Piazza befindet sich eine antike Säule. Sie gehörte zu den Zwillingssäulen, die in Brindisi das Ende der Via Appia markierten. Eine eigene Statue des Heiligen wurde 1739 in Venedig gegossen. Sie krönt heute die Säule.
  • Amphitheater: Die römischen Wurzeln der Stadt gerieten in Vergessenheit, da sie von vielen Häuser und Monumenten schlicht überbaut wurden. Darunter befindet sich ein Amphitheater, in dem einst über 25.000 Zuseher Platz fanden. Heute teils freigelegt, dient es als Veranstaltungsort. Weitere Funde aus längst vergangenen Tagen lassen sich in den archäologischen Museen Faggiano und Sigismondo Castromediano sowie im Archäologischen Park von Rudiae ca. drei Kilometer außerhalb der Stadt erkunden und bewundern.

 

All das und noch viel mehr begleitet deine Reise nach Lecce. Die südlich gelegene Kunststadt in Apulien legt ungeahnte barocke Schätze frei und gilt nicht umsonst als absoluter italienischer Geheimtipp. Lass dich in den Bann längst vergangener Tage ziehen und spaziere durch zwei Jahrtausende greifbarer Geschichte. Viel Spaß bei der Urlaubsplanung!

Kunststadt Bari zwischen Nikolaus und Strandpromenade

In einer der südlichsten Städte Italiens ist immer Weihnachten. Gut, okay, das trifft es vielleicht nicht so ganz, doch ruhen die Gebeine eines der wichtigsten Protagonisten der Vorweihnachtszeit in Bari. Der Heilige Nikolaus wird in der apulischen Küstenstadt verehrt und gefeiert, doch das ist nur einer von vielen Aspekten, der Bari zur wahren Kunststadt macht. Nahe der Ferse Italiens gelegen, warten ausladende Museen, spektakuläre Kirchen, endlose Strände und monumentale Militäranlagen auf neugierige Augen wie deine. Schnall dich an, denn wir reisen jetzt in die Hauptstadt Apuliens!

 

Ein Stadt im Zeichen des (See-)Handels

Die Geschichte Baris beginnt zu einer Zeit, als von Heiligen noch keine Rede war. Früheste Funde deuten auf eine Besiedlung in der Bronzezeit hin. Schon früh gab es regen Handel mit Griechenland, später sollten sich sogar Griechen ansiedeln, bevor die Stadt von den Römern übernommen und zu einem wichtigen Handelsort mit Hafen ausgebaut wurde. Bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde der Grundstein für das heutige Erzbistum Bari-Bitonto gelegt. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches mutierte Bari, wie so viele andere Städte auch, zum Spielball der wandernden und einfallenden Völker. So befand sich hier unter anderem das Zentrum des Emirats von Bari für ca. 20 Jahre.

 

Bari selbst blühte im 13. Jahrhundert auf. Unter Friedrich II. wurde das große Kastell umfassend erneuert und ausgebaut, zudem hielten Reichtum und Handel vermehrt Einzug. Der große Hafen(aus)bau wurde zwar schnell wieder eingestellt, doch genoss Bari auch in den folgenden Jahrhunderten bevorzugte Behandlung durch Bankiers und Kaufleute, die sich hier nieder- und/oder ihre zentralen Handelsrouten über den apulischen Hafen laufen ließen. Joachim Murat, als Joachim I. König von Sizilien, ließ ab 1813 die Neustadt nach einer Art rechtwinkeligem Raster ausbauen. Das Viertel trägt heute noch seinen Namen.

 

Basilika und Fest des heiligen Nikolaus

©Bigstock.com/ielanum

©Bigstock.com/k.samurkas

Im Gegensatz zu anderen großen Seestädten, wie Genua, Venedig und Amalfi, dauerte es für Bari sehr lange, bis man sich einen eigenen Heiligen „anlachen“ konnte. Süditalienische Seefahrer brachen 1087 in Myra, dem heutigen Demre in der Türkei, den Sarkophag von Sankt Nikolaus auf und raubten seine Gebeine. Die Basilika San Nicola wurde extra für diese Reliquien erbaut. Während die Krypta der nunmehr dominikanischen Kirche bereits 1089 geweiht wurde, fand die tatsächliche Schlussweihe erst 1197 statt. Der Bau der monumentalen Wallfahrtskirche zog sich stattliche 110 Jahre, das Ergebnis spricht für sich. Als Epitom der Bareser Romantik entwickelte sich die dreischiffige Basilika zum Vorbild für viele weitere Kirchen der Region. Normannische und lombardische Einflüsse zieren das Gebäude, die Türme verschwanden allerdings oder blieben unvollendet. Mit Ausnahme der geschnitzten und vergoldeten Holzdecke wurden spätere barocke Veränderungen komplett getilgt, wenngleich die leuchtenden Darstellungen einen packenden Kontrast zu den für die Zeit revolutionären Bauplastiken darstellen.

 

Der Legende nach soll Myrrhe von den Gebeinen des heiligen Nikolaus entströmen. Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, wird ein kleines Fläschchen in sein Grab herabgelassen, um etwas davon einzufangen. Die Salbung mit dieser soll für zahlreiche Wunder verantwortlich sein. Das eigentliche Heiligenfest, das Festa di San Nicolo, findet allerdings am 7. bis 9. Mai statt, als vermutlich die Schiffe mit den Gebeinen im Hafen von Bari ankamen. Die Statue des Sankt Nikolaus, die ursprünglich im linken Seitenschiff der Basilika steht, wird in einer großen Prozession zum Hafen gebracht, wo sie die Bucht in einem Boot umrundet.

 

Das Kastell

©Bigstock.com/k.samurkas

©Bigstock.com/ielanum

Am Rand der Altstadt erhebt sich das Wahrzeichen Baris. Das Castello Normanno-Svevo di Bari, die normannisch-staufische Burg der Stadt, könnte mit dem Standort eines antiken Festungsvorläufers zusammenfallen, wie von Horaz und Tacitus niedergeschrieben. Im Jahr 1132 ließ der normannische König Roger II. die mittelalterliche Festung aufbauen, nur um 1156 wieder zerstört zu werden. Als Kaiser Friedrich II. im 13. Jahrhundert nach Bari kam, sah er die Notwendigkeit einer solchen Anlage und ordnete die Wiedererrichtung samt Befestigung an. Der normannische Grundriss erfuhr eine Verstärkung durch äußere Wehranlagen, zwei polygonale Türme, ein gewaltiges Tonnengewölbe mit viereckigen Säulen sowie einen Wassergraben. Für die Torbögen und Säulen – reich geschmückt, wie es in der Stauferzeit üblich war – konnten renommierte muslimische Steinmetze angeworben werden.

 

Das Kastell von Bari war keinesfalls Friedrichs einzige Verteidigungsanlage; etwa eine Autostunde nordwestlich der Stadt befindet sich mit dem Castel del Monte eine achteckige Festung, die sogar UNESCO-Weltkulturerbe-Status erreichen konnte. Aus dem Castello Normanno-Svevo, das in den folgenden Jahrhunderten zahlreiche Umbauten und Erweiterungen erfuhr, wurde ein Museum. In Verbindung mit den Mauern und Räumlichkeiten aus aragonesischer Zeit sowie dem grandiosen Ausblick auf das Meer zählt das Kastell nicht umsonst zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Bari

Neben diesen beiden unbestrittenen Highlights „kann“ Bari aber noch wesentlich mehr, wie du bei einem Spaziergang durch die Hauptstadt Apuliens schnell merken wirst. Wir haben noch ein paar Highlights für dich ausgewählt:

  • San Sabino: Die zweite große Kirche Baris ist sogar eine Kathedrale. Während das heutige Gebäude, zugleich Sitz des Erzbischofs von Bari-Bitonto, vornehmlich zwischen dem späten 12. und späten 13. Jahrhundert erbaut wurde, dürften die Wurzeln viele hunderte Jahre zurückliegen. So entdeckst du unter anderem eine Inschrift des Bischofs Andrea, der zwischen 758 und 761 in der Region wirkte. Die eindrucksvolle Pseudo-Emporenbasilika beheimatet unter anderem mittelalterliche Fresken sowie die Reliquien des namengebenden heiligen Sabinus von Canosa di Puglia.
  • Teatro Petruzzelli: Theater gab und gibt es in Bari viele. Während einige von ihnen vor allem in den verheerenden Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht wurden, glänzt das Teatro Petruzzelli auch heute noch. Italiens viertgrößtes Theater war Heimat großer Opern, Ballett-Darbietungen und Konzerte. Ein Brand zerstörte es im Oktober 1991; erst 18 Jahre später konnte es wiedereröffnet werden.
  • La Passeggiata: Zugegeben, eine Strandpromenade als Sehenswürdigkeit mag etwas seltsam wirken, aber ein Spaziergang auf La Passeggiata wird dich gewiss zum Schwärmen bringen. In einer guten halben Stunde kommst du am alten Hafen, der Festungsmauer und dem Teatro Margherita vorbei. Dein Ziel ist der berühmte Strand Pane e Pomodoro. Zahlreiche Bänke entlang der Promenade laden dich ein, die Aussicht zu genießen. Da kann sich diese halbe Stunde schnell mal verdoppeln und verdreifachen!
  • Pinakothek: Eine besonders kunstvolle Station entlang der Strandpromenade ist die Pinacoteca metropolitana di Bari „Corrado Giaquinto“. In der Gemäldegalerie im Palast findest du mittelalterliche Skulpturen sowie Gemälde und Malereien vom Mittelalter bis zur Moderne mit venezianischen und neapolitanischen Schwerpunkten. Benannt wurde die Pinakothek nach dem Rokoko-Maler Corrado Giaquinto, unter anderem für seine Gemälde des heiligen Nikolaus sowie Szenen aus der griechischen Mythologie bekannt.

 

Ohne Frage gibt es mehr als genug Gründe, der Kunststadt Bari einen Besuch abzustatten. Die mächtige Festungsanlage, die ellenlange Strandpromenade, die monumentalen Kirchen und Kathedralen, die versteckten Schätze … gemeinsam mit dem herrlichen Klima und den schönen Stränden lädt dich Apulien zu einem unvergesslichen Aufenthalt im Süden Italiens ein.

Kunststadt Amalfi an der magischen Amalfiküste

Am Golf von Salerno liegt eine der schönsten Regionen Italiens. Die Amalfiküste in Kampanien ist Heimat prächtiger Natur, magischer Aussichten und zahlreicher kleiner Ortschaften, allesamt durch eine einzige Straße miteinander verbunden. Der Hauptort Amalfi mit seinen steilen Hängen, unzähligen Cafés und prächtigen Stränden darf bei einer Tour der UNESCO-Weltkulturerbestätte Amalfiküste natürlich keinesfalls fehlen. Doch das ist noch längst nicht alles: Amalfi ist eine waschechte Kunststadt mit durchaus spannender Architektur, langer Geschichte und manch einer Überraschung. Begleite uns auf eine kleine Küstentour!

 

Die Macht der einstigen Seerepublik

Wann genau Amalfi gegründet wurde, lässt sich heute nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich entstand die Stadt um 320 n. Chr. und war ein Werk der Soldaten von Kaiser Konstantin aus dem adriatischen Küstenort Melphe. Aus der Bezeichnung „a Melphe“ (dt. „von Melphe“) soll sich der Name Amalfi ableiten, gesichert sind diese Informationen allerdings nicht. Fest steht jedoch, dass sich die Bewohner schnell dem Seehandel zuwandten, weil fruchtbares Ackerland Mangelware war. Amalfi genoss weitestgehende Autonomie, erreichte Eigenständigkeit und entwickelte sich zu einer der ersten Seerepubliken. Im 10. Jahrhundert zählte die Republik deutlich über 50.000 Einwohner und galt als Handelsdrehscheibe zwischen (Süd-)Europa und dem arabischen Raum.

 

Bedrohungen und Angriffe der Normannen schwächten das auf dem Höhepunkt seiner Macht befindliche Amalfi deutlich; schließlich eroberte der normannische Herrscher Robert Guiskard 1073 die Seerepublik, die fortan sukzessive an Bedeutung verlor und durch zwei pisanische Angriffe 1135 und 1137 nachhaltig geschwächt wurde. Ein heftiger Tsunami in Folge eines Erdbebens zerstörte 1343 den Großteil der Stadt. Amalfi sollte sich davon nie komplett erholen. Die Tabula Amalphitana, Italiens erste Seerechtskodifikation, hatte jedoch bis weit nach dem Ende der Seerepublik Bestand und Gültigkeit. Amalfi erlebte erst Mitte des 20. Jahrhunderts durch den aufblühenden Tourismus einen kräftigen Aufschwung und ist seither ein beliebtes Reiseziel im Sommer.

 

Der Kathedralenkomplex

©Bigstock.com/NejroN Photo

©Bigstock.com/NejroN Photo

Amalfis Stadtbild ist auf und rund um den steilen Hang angelegt. Das legt manch ungeahnten Schatz frei, der bei einer reinen Küstentour entlang der Strada Statale vielleicht kaum auffallen würde. Die Kathedrale des Erzbistums Amalfi-Cava de‘ Tirreni zählt zu den prächtigsten Bauwerken der Kunststadt. Eine erste Kirche entstand bereits im 9. Jahrhundert und beheimatet mittlerweile das Diözesanmuseum. Die heutige Cattedrale di Sant’Andrea entstand im 10. Jahrhundert und erfuhr mehrere Umbauten. Sie wurde zunächst arabisch-normannisch umgewandelt, später folgte ein barocker Anstrich. Die farbige Mosaikfassade kam im 18. Jahrhundert hinzu.

 

Die Kathedrale ist übrigens ein recht großer Komplex bestehend aus einer Krypta mit den Gebeinen des Apostels Andreas (Schutzpatron von Amalfi), der Kruzifixbasilika mit dem Diözesanmuseum, dem Paradieskreuzgang und der Kathedrale an sich. Im Inneren der Kirche fällt dein Blick bestimmt auf den mächtigen Triumphbogen, der von zwei ägyptischen Granitsäulen gestützt wird. Ein Besuch der anderen Gebäude, gerade des Paradieskreuzgangs Chiostro del Paradiso mit seiner idyllischen Atmosphäre, ist Pflicht.

 

Sehenswürdigkeiten in Amalfi

Damit ist aber längst noch nicht alles zur Kunststadt Amalfi gesagt. Dein Streifzug durch den Ort führt dich quer durch die hochspannende Geschichte der Region. Folgende Sehenswürdigkeiten dürfen an deinem Amalfi-Tag definitiv nicht fehlen:

  • Santa Maria a Piazza: Wo einst zahlreiche Geschäfte und Handwerker beheimatet waren, entstand im 15. Jahrhundert eine kleine Renaissancekirche, die kaum größer als eine Kapelle ist. Wunderschöne Gemälde und Reliefs zieren diese kompakte Schönheit.
  • Museo della Carta: Vor Jahrhunderten lernten die Bürger Amalfis die arabische Kunst des Papiermachens und machten die Stadt zu einem der ersten Papierzentren Europas. Die alte Papiermühle wurde 1969 zum Museum umgewandelt und stellt heute Maschinen und Gerätschaften aus früheren Tagen aus.
  • Sant‘Antonio: Gemäß Überlieferung soll der Heilige Franz von Assisi diese Kirche mit Kloster bei einer Pilgerreise zu den Gebeinen des Apostels Andreas gegründet haben. Während das Kloster für Besucher mit Ausnahme eines Nachmittags im Jahr geschlossen bleibt, fasziniert die bunte, überaus eindrucksvolle Innenausstattung der von außen vergleichsweise schlicht anmutenden Kirche.
  • Gli Arsenali della Repubblica: In den Tagen der großen Seerepublik mussten Handels- und Kriegsschiffe gebaut, gewartet und gelagert werden. Amalfi besaß die größten Galeeren des Mittelmeerraums im Frühmittelalter. Vom einstigen Arsenal blieben, unter anderem erosionsbedingt, vornehmlich Architektur- und Skulpturreste. Hier sind zudem verschiedene Schiffe und die Boote einer historischen Regatta ausgestellt.

 

Die Amalfiküste

©Bigstock.com/mailos

©Bigstock.com/mailos

Wenn du schon in Amalfi bist, dann gehört eine Tour der kompletten Amalfiküste eigentlich dazu, oder? Entlang der prächtigen Küstenstraße Strada Statale 163 Amalfitana, die 50 km lang von Meta di Sorrento bis Vietri sul Mare verläuft, erwarten dich prächtige Ausblicke auf den Golf von Salerno und die steil abfallende Küste. Mit ihren überhängenden Felsen und der geringen Straßenbreite ist diese Fahrt gewiss nichts für schwache Nerven, landschaftlich dennoch ein Traum. Und das ist noch längst nicht alles, was dich an der Amalfiküste erwartet:

  • Wein und Limoncello: La Dolce Vita ist entlang des Golfs von Salerno selbstverständlich omnipräsent. Die Amalfiküste ist ein beliebtes Weinanbaugebiet mit exzellenten Rot- und Weißweinen, die seit 1995 die kontrollierte Herkunftsbezeichnung DOC führen. Oder darf es stattdessen etwas Limoncello sein? Hier wachsen exzellente Zitronen mit saftigem Fleisch und kaum Kernen. Das Ergebnis kostest du in den wunderbaren Cafés und Gaststätten entlang der Küste.
  • Weitwandern: Du bist lieber zu Fuß unterwegs und liebst Herausforderungen? Gleich mehrere Wanderwege verlaufen entlang der Küste. Auf dem CAI-300 sowie den parallel angelegten Pfaden warten sechs anstrengende Tagesetappen von Salerno über Amalfi bis Sorrent oder Schiazzano auf dich. Das sind bis zu 74 km in der längsten Variante mit 4.380 Höhenmetern bergauf und 4.718 Höhenmetern bergab. Bist du bereit für die Challenge?
  • Wunderschöne Orte: Wie auch immer du deine Küstentour begehst, neben der Kunststadt Amalfi erwarten dich noch viele weitere tolle Orte. Im mittelalterlichen Ravello lebten beispielsweise viele reiche Bürger. Zahlreiche gut erhaltene Villen, darunter die prächtige Villa Rufolo, wirken auf angenehme Weise wie aus der Zeit gefallen. Auf einem Felsen über Maiori thront ein Benediktinerkloster, das bereits 973 gegründet wurde. Furore besitzt sogar einen eigenen Fjord und zählt nicht umsonst zu den schönsten Dörfern Italiens. Und dann wäre da noch Positano, ein farbenfroher Ort mit unzähligen Kirchen, römischen Überresten und einem ungewöhnlich löchrigen Felsen.

 

Ein Besuch der Kunststadt Amalfi ist Pflicht, gerade wenn du eine Tour der Amalfiküste planst. Der Hauptort strahlt auch heute noch die ungebrochene Faszination einer einstigen Seemacht aus, selbst wenn man mittlerweile etwas kleinere Brötchen backt. Die sympathische Stadt mit ihren prächtigen Sehenswürdigkeiten und der endlosen Aussicht über den weiten Golf lädt zum Träumen ein.

Kunststadt Salerno – Kampaniens Geheimtipp

Salerno zählt ohne Frage zu Süditaliens größten verborgenen Schätzen. Unweit der Amalfiküste gelegen und keine Stunde von Neapel entfernt, entpuppt sich die zweitgrößte Stadt Kampaniens als echtes Juwel voller Gemütlichkeit. Aufgrund seiner Nähe zu den vielleicht populärsten touristischen Attraktionen der Region verirren sich Touristen vergleichsweise selten nach Salerno, doch gibt es hier so viele spannende Dinge für dich zu entdecken. Die Küstenstadt ist reich an prächtigen Sehenswürdigkeiten, an greifbarer Geschichte und an südländischem Flair mit seinen unzähligen Cafés, Bars und Restaurants, von der kleinen, aber feinen Strandpromenade ganz zu schweigen. Lass uns gemeinsam die Kunststadt Salerno erkunden!

 

Handelszentrum, Medizinschule, touristischer Neustart

Salernos ideale Lage zog bereits früh erste Völker an. So war das Gebiet bereits zwischen dem 9. und 6. Jahrhundert v. Chr. besiedelt, wie der Fund von Überresten einer Mumie aus der Jungsteinzeit belegt. Später von den Etruskern kolonisiert und schließlich von den Römern kontrolliert, wurde die einstige Militärfestung zu einem florierenden Handelszentrum. Unter den Langobarden erreichte Salerno seine Blütezeit mit der überaus wichtigen medizinischen Schule von Salerno, wo im 11. Jahrhundert eine eigenständige abendländische Medizin entstand. Als die Normannen den Süden Italiens eroberten, machten sie Salerno zu ihrer Hauptstadt.

 

Gemeinsam mit Amalfi wurde Salerno im Hochmittelalter erneut zum wichtigen Handelszentrum für Nordafrika und Sizilien. In späteren Jahrhunderten war das Schicksal der Stadt eng an jenes des Königreichs Neapel geknüpft. Unter den Fürsten von Sanseverino gab es einen weiteren kulturellen, wirtschaftlichen und medizinischen Aufschwung, doch setzte nach deren Enteignung und Exilierung Mitte des 16. Jahrhunderts ein scharfer, anhaltender Niedergang ein, durch einen Pestausbruch und schwere Erdbeben vorangetrieben. Als wichtiger Teil des Risorgimento und der frühen Industrialisierung wuchs die Stadt ab 1830 wieder stark, die Neuausrichtung auf Tourismus mit Wiederbelebung der Altstadt sollte allerdings bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dauern.

 

Salernos Kirchen

©Bigstock.com/Claudiogiovanni

©Bigstock.com/Claudiogiovanni

Speziell in den 1990er Jahren, nachdem der erste touristische Bauboom etwas abebbte, legte man den Fokus auf die Renovierung und Sanierung der klassischen Sehenswürdigkeiten, und davon gibt es in Salerno eine ganze Menge. Sehen wir uns zunächst die Kirchen an:

  • Cattedrale di Salerno: Drei Jahre nach der Machtübernahme der Normannen von den Langobarden, 1080, begannen die Bauarbeiten an der Kathedrale San Matteo. Sie ist die älteste große Kirche der arabisch-normannischen Baukunst aus einer Zeit vor der Einführung von Spitzbögen. 28 antike Säulen und diverse römische Sarkophage zieren den Portikus. In der Krypta sollen sich die Überreste des Apostels Matthäus befinden.
  • Sant’Andrea de Lavina: Der kleine Strom Lavina fungierte einst als eine Art Entwässerungskanal und fließt immer noch unter einer Straße unweit dieser bereits im 9. Jahrhundert erbauten Kirche. Was Sant’Andrea de Lavina so spannend macht, sind die anhaltenden Ausgrabungsarbeiten, welche die einstige Verwendung dieses Areals als Friedhof sehr plastisch offenlegen.
  • Chiesa San Pietro a Corte: Der Begriff „Kirche“ ist in diesem Zusammenhang vielleicht etwas irreführend, denn eigentlich beheimatet San Pietro a Corte einen großen archäologischen Komplex mit (vermuteten) Überresten von römischen Bädern, einer frühchristlichen Grabstätte, einer möglichen Halle der Medizinschule sowie einer Kapelle aus dem 12. Jahrhundert. Darüber und rundherum befinden sich unter anderem kleine Kirchen und Kapellen.
  • Santa Maria de Lama: Eine Kirche haben wir noch für dich und – Überraschung! – dieses Mal ist es auch wirklich eine. Santa Maria de Lama wurden während der lombardischen Blütezeit zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert erbaut. Im Inneren findest du unter anderem die einzigen Zeugnisse lombardischer Malerei im Form von Fresko-Fragmenten.

 

Die Paläste der Stadt

Wir legen jetzt erst so richtig los und bewegen uns etwas weg von der vielfältigen religiösen Architektur der Stadt. Salernos Palazzi könnten kaum bunter und spektakulärer sein:

  • Palazzo di Città di Salerno: 1936 im typisch faschistischen Stil seiner Zeit erbaut, wurden bereits acht Jahre später der erste italienische Ministerrat sowie die Regierung der nationalen Einheit hier einberufen. Neben dem Büro des Bürgermeisters dient das große Kino-Theater im Erdgeschoß heute als einer der beliebtesten Veranstaltungsorte der Stadt.
  • Palazzo Fruscione: Dieser Palast im ältesten Teil der Altstadt schindet nicht nur visuell ordentlich Eindruck, er verbirgt so manchen Schatz unter der Erde. Möglicherweise befand sich hier einst der Palast des langobardischen Herzogs Arichis II., der von 758 bis 787 die Geschicke der Region lenkte. Außerdem wurden hier Mosaike und Fresken aus dem 2. Jahrhundert sowie Überreste eines Thermenkomplexes gefunden.
  • Palazzo Pinto: Der einstige Palast der gleichnamigen Nobelfamilie erfuhr zwar so manchen Umbau im Laufe der Zeit – die aktuelle Gestaltung lässt sich wohl auf die Mitte des 17. Jahrhunderts datieren – doch kannst du trotzdem spannende mittelalterliche Spuren entdecken. Die Simse und Bögen sind normannischen Ursprungs. Mittlerweile beherbergt Palazzo Pinto eine kleine, feine Pinakothek.
  • Palazzo Santoro: Der Florentiner Architekt Gino Coppedè entwickelte im römischen Stadtteil Trieste von 1915 bis 1926 ein fantasievolles, über 30.000 m² Areal im italienischen Jugendstil. Palazzo Santoro ist eines seiner überaus seltenen Werke im Kampanien. Das siebenstöckige Gebäude an der Uferzeile wurde zum eklektischen, bizarren Meisterwerk, wie ein aus der Zeit gefallenes Märchen.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Salerno

©Bigstock.com/tanialerro

©Bigstock.com/tanialerro

Bestimmt geht es dir wie uns und du kannst einfach nicht genug von Salerno bekommen. Keine Sorge, wir haben da noch ein Ass im Ärmel. Oder gleich vier, um genau zu sein:

  • Museo Archeologico Provinciale: Erlebe die Region Salerno im historischen und kulturellen Wandel bei einem Besuch des archäologischen Museums. Funde von der Steinzeit bis ins Mittelalter widmen sich unter anderem Exponaten aus samnitischer, etruskischer und römischer Zeit. Der Kopf von Apollo von Pasiteles wurde einst in einem Fischernetz gefunden und zählt zu den schönsten Stücken dieser gewaltigen Sammlung.
  • Castello di Arechi: Eines der ältesten Monumente der Stadt befindet sich auf einem Hügel ca. 300 m über dem Meeresspiegel. Arichis II. baute eine alte Befestigungsstruktur aus römisch-byzantinischer Zeit zu dieser mächtigen Festung aus. Hier kannst du unter anderem ein Museum mit verschiedenen Funden aus der langen Schlossgeschichte sowie wunderbare Aussichtsplattformen mit Weitblick über den Golf von Salerno besuchen.
  • Forte La Carnale: Andrea Di Gaeta, ein Unternehmer aus der Region, ließ dieses Kastell 1569 als Teil eines Verteidigungssystems gegen die wiederholt einfallenden Sarazenen erbauen. Mittlerweile wurde es in einen großen Sportkomplex mit bezaubernder Gartenanlage eingebettet. Der Blick aufs Meer von der Terrasse reicht an klaren Tagen sogar bis zur Amalfiküste und der Küste von Cliento.
  • Giardino della Minerva: Apropos Garten: Was im Mittelalter als didaktische Einrichtung für Salernos Medizinschule ihren Anfang nahm, zählt mittlerweile zu den schönsten botanischen Gärten Italiens. Über 300 verschiedene Pflanzenarten, darunter viele seltene Gewächse, die bereits in der mittelalterlichen Medizin eingesetzt wurden, präsentieren sich in thematisch gruppierten Bereichen.

 

Die Kunststadt Salerno ist gewiss kein großer touristischer Hotspot, sicherlich der Nähe zu Neapel und der Amalfiküste geschuldet. Gerade das macht dieses bezaubernde Fleckchen Erde in Kampanien so faszinierend. Ob du dich nun für die wirklich spektakuläre Geschichte der Stadt interessierst oder lieber durch die zahlreichen Gässchen flanieren möchtest – zwischen eindrucksvollen archäologischen Entdeckungen und einer Tasse Kaffee mit Meeresblick bleiben keine Wünsche offen.

Paduas Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert

©Bigstock.com/vvoevale

©Bigstock.com/vvoevale

Padua gilt als eine der schönsten Städte Italiens, und das kommt nicht von ungefähr. Der älteste botanische Garten der Welt zieht als UNESCO-Weltkulturerbe seit jeher Gäste aus aller Welt an, und die Altstadt mit ihren Kirchen, Kapellen und Palästen ist stets einen Spaziergang wert. Eigentlich sogar mehr als einen Spaziergang, denn seit 2021 verfügt Padua über eine zweite Welterbestätte, die dich mitten in den historischen Stadtkern führt. Hinter der Überschrift „Paduas Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert“ verbergen sich Decken- und Wandmalereien von unschätzbarem Wert, die sich über acht verschiedene Gebäude erstrecken. Welche Gebäude das sind, welche Künstler dahinter stecken und was die Freskenkunst des sogenannten Trecento so besonders macht, erfährst du selbstverständlich hier.

 

Kunstrevolution im Trecento

Das 14. Jahrhundert revolutionierte die Welt der italienischen Künste. Neben Literatur und Musik machte sich die Protorenaissance selbstverständlich auch bei Malern und Bildhauern bemerkbar, das sogenannte „Trecento“ (eine Kurzform von „milletrecento“, das italienische Wort für „1300“) war angebrochen. Siena, Pisa und auch Padua entwickelten ihre eigenen Kunstschulen, deren Techniken und Innovationen sich schnell über das ganze Land und bis weit über die Landesgrenzen hinaus ausbreiteten. In dieser Zeit hielten zwei große Neuerungen Einzug in Italiens Studios: die Sinopie und das Tagwerk.

 

Bis weit ins 13. Jahrhundert hinein stand das sogenannte „Pontata“ an der Tagesordnung. Diese Vorgehensweise konzentrierte sich auf die Fertigstellung größerer, vordefinierter Putzflächen entlang der Gerüstlagen, unabhängig von Motivgrenzen. Das Tagwerk bemühte sich hingegen darum, komplette Motive bzw. Teilmotive innerhalb eines Tages abzuschließen und diese somit einheitlicher wirken zu lassen. Um diesen Effekt der strukturierten Uniformität zu erreichen, kamen Sinopiezeichnungen zum Einsatz. Während die Meister weite Freskenteile anhand der Sinopieskizzen anfertigten, erhielten ihre Assistenten kleinere Bereiche für Fein- und Detailarbeit. Durch diese deutlich genauere Ausarbeitung des Bildentwurfs erreichten die Künstler des Trecento komplexere räumliche Tiefe und kompositorische Gliederung. Und genau das erwartet dich in Paduas Freskengebäuden.

 

Die wichtigsten Fresko-Protagonisten Paduas

An den Welterbe-Freskenzyklen waren zahlreiche Künstler beteiligt. Sie alle aufzulisten, würde wohl den Rahmen sprengen, und so präsentieren wir dir drei besonders wichtige Vertreter:

  • Giotto: Der Wegbereiter der italienischen Renaissance wuchs als Sohn eines Schmiedes in Florenz auf und ist entsprechend eng mit der toskanischen Stadt verbunden. Sein Hauptwerk schuf er dennoch in Padua. Giotto gilt als Begründer der Trecento-Freskomalerei. Seine Vorbereitung der Perspektive sowie die Natürlichkeit und Lebendigkeit seiner Figuren revolutionierten die Kunstwelt und entfernten sich von der bis dato vorherrschenden Zweidimensionalität.
  • Giusto de‘ Menabuoi: Ob Giusto nun ein Schüler Giottos erster oder zweiter Generation war, ist nicht restlos geklärt. Ebenfalls ursprünglich in Florenz ansässig, schuf er in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts unzählige Fresken von unschätzbarem Wert und wirkte unter anderem in Mailand. Räumliche Effekte und eine Vorliebe für helle Farben in reicher Zahl zeichnen Giustos Werk aus.
  • Guariento di Arpo: Im Gegensatz zu seinen prominenten Trecento-Zeitgenossen wurde Guariento di Arpo tatsächlich in Padua geboren. Sein erster großer Auftrag war ein Zyklus von Engelsbildern für die Kapelle der Carrara-Residenz. Guariento erlernte seine Künste zwar in Padua und steuerte mehrere Welterbe-Freskenzyklen bei, doch darf seine Rolle als Verbreiter von Giottos Innovationen auf keinen Fall unerwähnt bleiben. Sein Paradiesbild im Dogenpalast trieb die Zurückdrängung der in Venedig überwiegend byzantinisch geprägten Kunst voran.

 

Acht Gebäude und ihre Freskenzyklen

©Bigstock.com/e.della

©Bigstock.com/e.della

Nun bist du mit der Innovation des Trecento sowie einigen Künstlern hinter den Freskenzyklen vertraut. Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Hauptattraktion – ein Blick auf jene acht Gebäude, um die sich die UNESCO-Welterbestätte „Paduas Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert“ dreht:

  • Cappella degli Scrovegni: Wo sich einst das antike Amphitheater befand, erhebt sich heute die erste Adresse für Freskenkunst in Padua. Giotto malte die Kapelle während ihrer Erbauung von 1302 bis 1306 aus. Das einflussreise Hauptwerk des Meisters konzentriert sich auf Szenen von Marias Eltern, Maria selbst und Jesus sowie eine Darstellung des jüngsten Gerichts. Das Tonnengewölbe mit seinem tiefblauen, von goldenen Sternen bedeckten Himmel thront über den atemberaubenden Fresken. Bitte beachte, dass die Kapelle nur nach Voranmeldung für maximal 15 Minuten besucht werden darf.
  • Chiesa degli Eremitani: Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zogen diese Kirche neben der Scrovegni-Kapelle stark in Mitleidenschaft, durch wurde sie umfassend restauriert. Die Fresken erwarten dich im Presbyterium, wo Guariento di Arpo und seine Schüler wirkten, sowie in der Ovetari-Kapelle. Hier sind nur zwei Fresken von Andrea Mantegna, Niccolò Pizzolo und zwei weiteren Malern gut erhalten, der Rest wurde in Bruchstücken restauriert.
  • Palazzo della Ragione: Das einstige kommerzielle Zentrum Paduas mit dem Gerichtssaal im Obergeschoß verlor die Originale von Giotto und Schülern leider an einen Brand. Nicolò Miretto konnte diese ab 1425 in leichter Abwandlung wiederherstellen. Der Freskenzyklus im riesigen Saal zeigt Monats- und Planetenallegorien, Tierkreiszeichen, die dazugehörigen Heiligen sowie typische Berufe und Tätigkeiten.
  • Loggia dei Carraresi: Die Herrschaftsresidenz der Carrara-Familie, wo Guariento di Arpo seine ersten Gehversuche wagte, gibt es heute nur mehr in kleinen Teilen. Diese Loggia mit Szenen aus dem Alten Testament entstand wohl Mitte des 14. Jahrhunderts. Obwohl die Öffnung dieser Räumlichkeit zur Beschädigung oder sogar zum Verlust einiger Fresken führte, sind die überlebenden biblischen Darstellungen mehr als sehenswert.
  • Battistero del Duomo: Neben der vergleichsweise schlicht gehaltenen Kathedrale befindet sich ein Baptisterium im romanischen Stil, das 1281 vollendet und erst ein Jahrhundert später mit Fresken von Giusto de‘ Menabuoi ausgemalt wurde. Dieser hervorragend erhaltene Zyklus breitet die Lebensgeschichten von Jesus und Johannes dem Täufer an den Wänden und der Kuppel aus.
  • Complesso della Basilica di Sant’Antonio di Padova: Die Basilika des Heiligen Antonius ist wahrscheinlich die wichtigste, prächtigste und vielfältigste Sehenswürdigkeit Paduas. Ein weiterer tiefblauer Himmel mit goldenen Sternen und ausladenden Verzierungen führt dich durch dieses monumentale Gebäude. Die Seitenkapellen sind mit kompletten Freskenzyklen ausgestattet. Besonderes Augenmerk gilt der Kapelle des heiligen Jakobus im rechten Querschiff. Altichiero da Zevios Hauptwerk widmet sich unter anderem einer Kreuzigungsgruppe und der Geschichte des Heiligen Apostels Jakob.
  • Oratorio di San Giorgio: Im Schatten der Basilika lauert ein weiteres Meisterstück von Altichiero da Zevio. Das Oratorio di San Giorgio ist ebenfalls mit prächtigen Fresken ausgestattet. Der Fokus liegt auf dem Leben Jesu und diverser Heiliger. Mehrere Martyrien-Darstellungen glänzen durch besondere Eindrücklichkeit. In einer weiteren spektakulären Szene rettet Ritter Georg eine Prinzessin vor einem Drachen.
  • Oratorio di San Michele: Abschließend befassen wir uns mit einer relativ kleinen, beinahe unscheinbaren Kapelle, die 1397 als Lückenbüßer in einer zerstörten Kirche entstand. Giacomo da Verona widmet diesen Freskenzyklus dem Leben der Jungfrau Maria mit allen typischen Szenen von Verkündigung über Christi Geburt bis Tod. Bei genauem Blick auf die umfangreichen Darstellungen, die sich sogar über das Innere von Torbögen erstrecken, entdeckst du unter anderem einen versteckten Petrarca.

 

Das Erbe des Trecento breitete sich in Windeseile über ganz Italien und weite Teile Europas aus. Paduas Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert demonstrieren die einzigartige Wirkung der wichtigsten Meisterwerke auf eindrucksvolle Weise. Sämtliche Meister an einem Ort, acht prächtige Gebäude mit magischen Freskenzyklen und eine Vielfalt faszinierender Darstellungen in nicht minder faszinierender Architektur – mit Sicherheit eine Zusammenstellung, die vollkommen zurecht „Weltkulturerbe“ genannt wird. Übrigens gibt es noch viele weitere Fresken in ganz Padua zu entdecken, am besten im Rahmen deines nächsten Städteurlaubs!

Die Arkadengänge von Bologna

Bolognas Reichtum an alten, überwiegend hervorragend erhaltenen Strukturen macht die Stadt in der Emilia Romagna zu einer der beliebtesten Destinationen für Kunst- und Kultureisen. Neben den imposanten mittelalterlichen Türmen zählen die Arkadengänge zu den wichtigsten Ausdrucksformen der urbanen Identität Bolognas. In der Altstadt alleine dehnen sie sich über mehr als 38 Kilometer aus, mit den Arkaden außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern erreicht diese Zahl sogar stolze 53 Kilometer. Angesichts der kulturellen und künstlerischen Bedeutung erhielten zwölf repräsentative Arkadengänge von Bologna im Jahr 2021 Weltkulturerbe-Status von der UNESCO. Und genau diese besonders wichtigen Arkadengänge stellen wir dir näher vor.

 

Wie die Arkadengänge entstanden

©Bigstock.com/Boris Stroujko

©Bigstock.com/Boris Stroujko

Arkadengänge oder Bogengänge bezeichnen zu einer Seite offene Gänge, die Loggia-artig zwischen einem oder mehreren Gebäuden liegen. Durch eine Abfolge nebeneinanderliegender Arkaden entsteht diese offene Seite. Meist umspielen Arkadengänge repräsentative Gebäudefassaden und können sogar ganze Straßenzüge umfassen. Als nächstes Vorbild kommen wohl die Kreuzgänge mittelalterlicher Klöster in Frage. Bolognas Arkadengänge erschienen nahezu spontan im Stadtbild des, so vermutet man, frühen Mittelalters, und wurden im Jahr 1041 erstmals dokumentiert.

 

Ursprünglich erfüllten Arkadengänge den Zweck, mehr Wohnraum für Privatgebäude zu schaffen. Während der Bogengang auf öffentlichem Land problemlosen Durchgang für alle ermöglichte, schuf er darüber zusätzlichen Platz für Privatanlagen. Diese Strukturen wuchsen mit der Zeit und boten neuen architektonischen Herausforderungen erfolgreich die Stirn. Ursprünglich hölzerne Verlängerungen wichen nach und nach Stützpfeilern, um ein Einstürzen der privaten Aufbauten zu verhindern. Einem Dekret des päpstlichen Statthalters Giovanni Battista Doria und des sogenannten Gonfaloniere (Bannerträger, eine einflussreiche Rolle im Mittelalter und der Renaissance) Camillo Paleotti am 26. März 1568 zufolge mussten alle Arkaden mit Ziegeln oder Stein neu errichtet wurden. Auf diese Weise nahmen die weltberühmten Arkadengänge Form an. Dennoch gibt es auch heute noch ein paar Holzarkaden.

 

Neun Arkadengänge in Bolognas Altstadt

©Bigstock.com/cge2010

©Bigstock.com/cge2010

Arkadengänge gibt es in Bologna zwar in rauen Mengen, doch suchte sich die Welterbe-Kommission letztlich derer zwölf aus, welche von besonderer Bedeutung waren und auch heute noch sind. Gleich neun Arkadengänge von Bologna befinden sich innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern, und diese stellen wir dir nun näher vor:

  • Portici residenziali di Santa Caterina: Während einige Strukturen gerade im 19. und 20. Jahrhundert deutlich verändert, geradezu gentrifiziert wurden, überdauerten die Arkaden von Santa Caterina und Saragozza die Zeiten recht gut. Entlang kleiner Wohnhäuser angebracht, lassen sie sich wunderbar auf ihre mittelalterlichen Ursprünge zurückverfolgen und tragen sogar nach wie vor gewisse gotische Merkmale in ihren etwas engeren Aufbauten.
  • Piazza porticata di Santo Stefano: Als Teil der Basilika Santo Stefano sowie der sie umgebenden Strukturen des gleichnamigen Platzes halten diese Arkadengänge das Gesamterscheinungsbild sozusagen zusammen und dehnen sich bis zum Palazzo della Mercanzia aus. Spätmittelalterliche und Renaissance-Paläste treffen auf wichtige religiöse Gebäude, durch Arkaden förmlich zusammengeheftet.
  • Strada porticata di Galliera: Wo einst einige der wichtigsten Gebäude der alten römischen Stadt lagen, bemühen sich die Arkadengänge der Via Galliera heute um die klassischen Muster ebenso klassischer Gebäude. Die archetypische alte Strukturierung des Palazzo dal Monte oder die besondere Entasis der Stützpfeiler des Palazzo Bonasoni stehen für die einstigen repräsentativen Bestrebungen senatorischer Familien.
  • Portico del Baraccano: Die Verbindung zum Heiligtum Santa Maria del Baraccano schließt eine Vielzahl von Arkadengängen aus dem 16. und 17. Jahrhundert in unterschiedlichen Höhen zusammen. Über dem sogenannten Voltone del Baraccano schließen sich die Arkaden zwischen Heiligtum und Via Santo Stefano zusammen. Durch dieses Gewölbe sollte ein optischer und räumlicher Zusammenschluss zwischen dem Santuario sowie dem Armen- und Waisenhaus für Mädchen geschaffen werden.
  • Portici commerciali del Pavaglione e dei Banchi: Das Zusammentreffen hervorragend ausgebauter mittelalterlicher Plätze und späterer Renaissance-Neugestaltungen wird von besonders langen Arkadengängen ähnlich exquisit unterstrichen. Das Highlight ist wohl Pavaglione, der größte durchgehende Bogengang Bolognas. Wie die Arkaden der alten Universität nahtlos mit jüngeren Strukturen verbunden wurden, ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern.
  • Portici accademici di Via Zamboni: Unter dieser Arkadensammlung finden mehrere wichtige akademische Strukturen zusammen, darunter Palazzo Poggi, die Accademia di Belle Arti sowie die Pinacoteca Nazionale di Bologna. Seit über 200 Jahren steht die Via Zamboni stellvertretend für das studentische Leben der Stadt. Entsprechend hoch ist der symbolische Wert von Arkadengängen, die wie keine anderen für die Verbreitung von Wissen auf internationalem Niveau stehen.
  • Portici di Piazza Cavour e Via Farini: Zwei Plätze, eine Straße, mächtige Strukturen – eine Vielzahl wichtiger Arkadengebäude finden entlang dieses Zusammenschlusses zueinander. Diese Bogengänge zeigen besonders deutlich, wie die Neugestaltung der Altstadt im 19. Jahrhunderts etablierte architektonische Grundideen auf den Kopf stellte. Zwischen Piazza Cavour, Piazza Minghetti und Via Farini erwartet dich somit der Archetyp der modernen Schule der Arkadengestaltung.
  • Portici trionfali di Strada Maggiore: Bereits zu Zeiten der Römer diente die Strada Maggiore als wichtige Verkehrsachse, die sich im Mittelalter zu einer besonders edlen „Triumphstraße“ entwickelte. Bologna wuchs rund um die Strada Maggiore, und die Arkadengänge zeugen von dieser rasanten Entwicklung. Nach wie vor sind die mittelalterlichen Ursprünge hervorragend erkennbar und laden dich auf eine spannende Zeitreise ein.
  • Edificio porticato del MAMbo: Erst im 20. Jahrhundert verwandelte sich eine uralte Bäckerei in das MAMbo, Bolognas Museum für moderne Kunst. Dabei achtete man besonders darauf, die alten Arkadenstrukturen zu bewahren und zugleich zu modernisieren. Zwischen Industrialisierung und vorsichtiger Wiederherstellung früherer Größe fasst dieser Arkadengang wichtige Gebäude der Kultur- und Kreativszene der Stadt zusammen.

 

Drei weitere Weltkulturerbe-Arkadengänge

©Bigstock.com/Photocritical

©Bigstock.com/Photocritical

Damit wäre der Welterbe-Rundgang aber keinesfalls abgeschlossen. Die UNESCO-Stätte umfasst drei weitere Arkadengänge, die etwas außerhalb liegen, aber ebenso unbedingt gesehen und erlebt werden müssen:

  • Portico devozionale di San Luca: Bologna kennt mehrere Heiligtümer, und jenes der Madonna di San Luca ist gewiss von besonderer Schönheit. Das letzte Stück der Pilgerstraße wurde durch diesen Arkadengang, den längsten weltweit, erschlossen. Entlang der aufsteigenden Straße zum Heiligtum ist der Gang durch mehrere kleine Kapellen unterbrochen, die den Rosenkranzgeheimnissen gewidmet sind. Dieser weitestgehend kerzengerade Arkadengang erfreut sich übrigens großer Beliebtheit bei Läufern und Spazierengehern, gerade bei schlechtem Wetter.
  • Portico della Certosa: Auf Höhe des Friedhofs Certosa zweigt ein weiterer langer, gerader Arkadengang von jenem nach San Luca ab. Der Bogengang von Certosa gilt als einzigartiges Beispiel moderner Arkaden mit friedhofsartigem Charakter. Das Portico wurde nach einem Dekret Napoleons erbaut und versucht den Geist römischer Friedhofsstraßen einzufangen. Die internen Certosa-Arkadenstrukturen strahlen hingegen Renaissancegeist aus.
  • Edificio porticato del quartiere Barca: Das Aufeinandertreffen klassischer architektonischer Konzepte und moderner Neuinterpretationen macht auch vor den Arkadengängen von Bologna nicht Halt. Entlang der überaus funktional gehaltenen Gebäude von Treno della Barca breitet sich eine ellenlange Evolution der klassischen Bologneser Arkade aus. Stete Instandhaltung, oftmals durch die Bewohner, bewahrt auch heute noch die postmoderne Frische.

 

Ob klassisch und schroff oder bunt und modern: Die Arkadengänge von Bologna sind Zeugen bewegter Jahrhunderte und lassen sich prima auf ausgedehnten Stadttouren erkunden. Sie erschließen einige der wichtigsten Gebäude und Sehenswürdigkeiten, und führen dich gekonnt zu spannenden Plätzen jenseits der Altstadt. Neben diesen zwölf Weltkulturerbe-Gängen gibt es noch viele weitere Arkaden zu entdecken – eines von vielen Glanzlichtern für deinen nächsten Städteurlaub in Bologna.