Kunststadt Messina: Das Tor Siziliens

©Bigstock.com/ilolab

©Bigstock.com/ilolab

Die Straße von Messina gilt als das Tor Siziliens. Sie verbindet nicht nur zwei Gewässer – das Tyrrhenische Meer und das Ionische Meer – miteinander, sondern vor allem die Insel mit dem italienischen Festland. Die Verbindung zwischen Villa San Giovanni in Kalabrien (ein paar Kilometer nördlich von Reggio Calabria) und Messina zählt zu den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten Italiens. Was dabei gerne und viel zu oft übersehen wird: Messina ist eine wunderschöne, faszinierende Kunststadt, die sich trotz zahlreicher Zerstörungen und Naturkatastrophen ihre magische Aura bewahren konnte. Ein Besuch der Kunststadt Messina fördert manch eine kräftige Überraschung zutage und darf eigentlich in keinem Urlaub auf Sizilien fehlen. Was dich erwartet, erfährst du hier.

 

Messinas Geschichte zwischen Triumph und Tränen

Messinas Wurzeln reichen bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurück, als ionische Kolonisten das Land besiedelten und Zankle nannten, angelehnt an den sikelischen Begriff für „Sichel“ und vermutlich von der Sichelform der Landzunge inspiriert. Im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. erhielt das Gebiet den Namen Messene. Karthager und Mamertiner plünderten und verwüsteten die Stadt. Letztere lieferten den Stein des Anstoßes für den Ersten Punischen Krieg, an dessen Ende Messina eine mit Rom alliierte freie Stadt wurde und später, als Teil der Provinz Siziliens, zum wichtigen Seestützpunkt aufstieg und einen großen Leuchtturm erhielt. Die wirtschaftliche Blütezeit endete jedoch im 9. Jahrhundert, die Stadt gelangte unter anderem in arabische und normannische Hand, wurde sogar kurzzeitig von Richard Löwenherz okkupiert.

 

Dies war der Auftakt für überaus wechselhafte Jahrhunderte, die Messina durch alle erdenklichen Höhen und Tiefen führten. Schiffe aus Genua brachten die Pest im Jahr 1347 via Messina nach Westeuropa. Zeitgenössische Berichte erzählen von „Todesschiffen“, die ohne einen einzigen Überlebenden an Bord an Land trieben. Hingegen prägte die Münze von Messina mittelalterliche Goldmünzen und behielt diese Vormachtstellung bis 1678. Die Stadt war zudem Sitz des Konsulats des Meeres, das Streitigkeiten im Welthandel regelte, sowie des Konsulats der Seidenhändler. Ein verheerendes Erdbeben mit anschließender Flutwelle zerstörte 1783 weite Teile der Stadt, wie den Dom sowie mehrere Paläste. Beim Neuaufbau wurde auf breite Straßen und ausladende Plätze geachtet. 1908 machte ein weiteres Erdbeben mit Tsunami 90 % des Gebäudebestandes dem Erdboden gleich, mehr als 60.000 Menschen starben. Selbst von den schweren Bombardements im Zweiten Weltkrieg ließ sich die Bevölkerung nicht entmutigen und baute erneut auf. Entsprechend vielschichtig gestaltet sich die Kunststadt Messina heute.

 

Dom und Domplatz

Wie du soeben gelesen hast, erfuhr die Kathedrale Santa Maria Assunta, der Dom von Messina, mehrfache Zerstörungen und Neubauten. Von der ursprünglichen Bausubstanz des 1197 geweihten Gotteshaus ist heute kaum etwas übrig. Bereits 1254 zerstörte ein Brand die Kassettendecke, der im Dom aufgebahrte Leichnam des kürzlich verstorbenen Königs Konrad IV. fiel ebenfalls den Flammen zum Opfer. Einstürzende Mauern zerstörten bei den beiden zuvor erwähnten Erdbeben auch die Inneneinrichtung, die Kriegsbomben sorgten für ein vollständiges Ausbrennen. Heute erscheint dir der Dom als Basilika auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes, von gotischen und normannischen Stilelementen sowie einem gotischen Hauptportal geprägt. Je zwei Reihen mit jeweils 13 Säulen samt korinthischen Kapitellen trennen die drei Kirchenschiffe im Inneren. Besonders sehenswert ist der Mosaikschmuck in der Sakramentskapelle. Er stammt aus dem 14. Jahrhundert und zählt zu den wenigen Schmuckstücken, welche die unzähligen Katastrophen überstanden.

 

Teil des prächtigen Domensembles ist ein Glockenturm, 1933 neu errichtet und 48 m hoch. Er passt mit seinem mittelalterlichen Stil wunderbar zur Basilika. An der zum Domplatz gerichteten Seite sind Szenen verschiedener religiöser und historischer Ereignisse mit Messina-Bezug angebracht. Sie setzen sich täglich um 12 Uhr in Bewegung. Den Domschatz findest du in der Schatzkammer an der Südseite der Kathedrale. Besonders sehenswert ist die Manta d’oro aus dem Jahr 1668. Der prächtige Orionbrunnen mit seinem malerischen Renaissanceflair rundet dieses begeisternde Ensemble gekonnt ab.

 

©Bigstock.com/milosk50

©Bigstock.com/milosk50

Weitere Sehenswürdigkeiten in Messina

Der Domplatz ist freilich nicht das einzige Highlight der Kunststadt Messina. Folgende Schmuckstücke möchten wir dir auf keinen Fall vorenthalten:

  • Palazzo Monte di Pietà: Paläste gibt (und gab) es in Messina in Hülle und Fülle. Zu den schönsten seiner Art zählt dieser Adelspalast aus dem 17. Jahrhundert. Wo einst eine kleine Kirche stand, erhebt sich heute dieses gewaltige Gebäude mit seiner nicht minder eindrucksvollen Fassade und Loggia. Auch die Überreste einer weiteren Kirche kannst du hier bewundern.
  • Chiesa del Carmine: Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts ließen die Karmeliten eine erste Kirche an diesem Standort erbauen. Das heutige Gebäude entstand 1930 nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben. Der fließende Übergang zwischen Barock und Rokoko macht die ausladende, reichlich verzierte Kirche zum Hingucker. Sie beherbergt mehrere nicht minder prächtige Kapellen.
  • Chiesa della Santissima Annunziata dei Catalani: Diese normannische Kirche aus dem 12. Jahrhundert zählt zu den wenigen Gebäuden, welche sämtliche Naturkatastrophen überstanden. Sie liegt drei Meter unter den nachträglich gezogenen Straßen. Hier erlebst du spannende arabische, byzantinische und sogar römische Einflüsse hautnah. Die Apsis ist besonders gut erhalten.
  • Forte del Santissimo Salvatore: Obwohl einige Wände nach dem Erdbeben von 1908 niedergerissen wurden, erstrahlt das nach wie vor in militärischem Besitz stehende Fort in seinem ursprünglichen Glanz aus dem 16. Jahrhundert. Elemente früherer mittelalterlicher Bauten wurden in diese Struktur eingeflochten.
  • Forte Gonzaga: In den 1540er Jahren wurde dieses Fort zum Schutz gegen das stark expandierende Osmanische Reich errichtet. Es thront über der Stadt und überblickt die Straße von Messina. Seit 1973 ist das Forte Gonzaga wieder in Besitz von Messina und soll zu einem Museum sowie Konferenzzentrum umgebaut werden.
  • Palacultura Antonello da Messina: Der Kulturpalast zählt zu den modernsten Gebäuden der Stadt, zumindest was das Äußere betrifft. Und eben jener Look sorgt seit Jahren für Diskussionsstoff, soll er doch stark an die Boston City Hall erinnern, die wiederum schon länger abgerissen werden soll. Zudem wurde die Palacultura auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte erbaut, was die Arbeiten um fast 30 Jahre verzögerte. Dennoch zeigt sich das Multifunktionscenter heute erstaunlich unbeeindruckt von allen Diskussionen und Kontroversen.

 

Die Straße von Messina

Eingangs haben wir der Meeresenge zwischen Sizilien und Kalabrien bereits einige Worte geschenkt. Sie kann ausschließlich auf dem Seeweg überquert werden, wobei die Fähre die Waggons der zwischen Palermo und Neapel verkehrenden Bahnlinie transportieren kann. Seit Jahrzehnten wird der Bau einer Brücke über die Straße von Messina diskutiert. Ein Konzept aus dem Jahr 2003 kam der Errichtung sogar sehr nahe, doch zerschlugen sich diese Pläne zehn Jahre später. Unter anderem werden die hohen Risiken durch starken Wind und Erdbeben als Bedenken und Hinderungsgründe genannt. Dennoch gibt es weiterhin entsprechende Bemühungen.

 

Und doch wurde die Straße von Messina bereits in der Nachkriegszeit überquert … auf elektrische Weise. 1955 begann die Installation der Stromversorgung Siziliens über das italienische Festland. Hierfür wurde eine Freileitungskreuzung zwischen dem kalabrischen Umspannwerk Scilla und dem sizilianischen Umspannwerk Messina-Santo errichtet. Die 224 m hohen Masten stehen auch heute noch, nach der Entfernung der Stromleitungen 1994 zugunsten eines Seekabels. Auf sizilianischer Seite kann der alte Mast über 1.250 Treppenstufen erklommen werden. Die Aussicht ist gigantisch, zumindest wenn man schwindelfrei ist.

 

Du siehst: Messina ist eine grandiose, vielfältige Kunststadt mit manch einer Überraschung. Alleine schon die Anreise über das italienische Festland wird dich begeistern, doch auch die Stadt selbst hat unheimlich viel zu bieten. Vielschichtige Architektur mit einem spannenden, erzwungenen Mix aus klassischem Charme, modernem Esprit und cleveren Neuinterpretationen zieht sich quer über alle Plätze und durch sämtliche Straßen. Die Kunststadt Messina solltest du auf keinen Fall verpassen – ein absolutes Muss, wenn du Sizilien und/oder Kalabrien besuchst!

Kommentare sind geschlossen.