Kunststadt Palermo mit reichem kulturellem Erbe

©Bigstock.com/magicbones

©Bigstock.com/magicbones

Italiens fünftgrößte Stadt befindet sich auf Sizilien. Palermo, die Hauptstadt der Insel, zählt zu den wichtigsten Orten des Landes in vielerlei Hinsicht. Es ist nicht nur das politische Zentrum Siziliens, das historische, kulturelle und architektonische Erbe kann durchaus mit den größten, bekanntesten Kunststädten mithalten. Arabisch-normannische Einflüsse aus dem Mittelalter dominieren bis heute das Stadtbild. Unzählige Kirchen und Paläste, vornehmlich um zentrale Plätze wie Piazza Pretoria und Quattro Canti angeordnet, überraschen und beeindrucken durch ihre Fülle, ihre Vielfalt, ihre Einzigartigkeit. Die Kunststadt Palermo zählt zu jenen Plätzen in Italien, wo man bei jedem Besuch neue, magische Facetten entdecken und erleben kann. Wir verraten dir, was in deinem nächsten Urlaub auf keinen Fall fehlen darf. Zunächst widmen wir uns jedoch dem historischen Erbe der Stadt.

 

Palermos Geschichte zwischen Wirtschafts- und Kulturzentrum

Die nahegelegenen Addaura-Höhlen weisen auf erste menschliche Besiedlung der Region um 8000 v. Chr. hin. Entsprechende Funde kannst du im Museo Archeologico der Kunststadt bewundern. Palermo selbst wurde im 8. Jahrhundert v. Chr. von den Phöniziern als Handelsstützpunkt gegründet. Die Stadt hieß damals vermutlich Ziz (dt. „die Blume“), wohl aufgrund des fruchtbaren Bodens. Obwohl Palermo nie unter griechische Herrschaft gerät, gaben ihr die Griechen ihren heutigen Namen: Pánormos, der Ganzhafen. Während des Ersten Punischen Krieges eroberten die Römer die Stadt und ließen sie gedeihen. Der Einfall der Vandalen und die spätere Rückeroberung durch Ostrom leitete den Bedeutungsverlust Palermos ein. Mit der islamischen Herrschaft begann hingegen ein beispielloser Aufschwung, dessen Spuren auch heute noch sichtbar sind. 831 zur Hauptstadt der Emire auf Sizilien gemacht, war Palermo einige Zeit die drittgrößte Stadt Europas und ein florierendes Wirtschaftszentrum.

 

Die Eroberung durch die Normannen 1072 und spätere Staufer-Verwaltung führten zur Entstehung zahlreicher Kirchen und Paläste, die auch heute noch zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen. Einige Gebäude und Strukturen führen seit 2015 sogar den Status UNESCO-Weltkulturerbe. Karl von Anjou verlegte die Hauptstadt seines Reichs nach Neapel. Palermo verarmte zusehend, was zur blutigen Sizilianischen Vesper führte. Wechselnde Herrschaftshäuser in späteren Jahrhunderten leiteten einen enormen Bedeutungsverlust ein. Von den Kriegsbombardements schwer gezeichnet, erlebte Palermo einen starken Zustrom von Menschen aus ländlichen Gebieten, zahlreiche Sozialsiedlungen entstanden. Zudem war die Stadt Schauplatz blutiger Mafiakriege. Unter Bürgermeister Leoluca Orlando konnte das öffentliche und kulturelle Leben schließlich wieder einigermaßen aufblühen.

 

Palermos Kirchen

©Bigstock.com/katatonia82

©Bigstock.com/katatonia82

Gerade unter normannischer Herrschaft entstanden zahlreiche Kirchen in der Kunststadt Palermo. Sie alle aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Hier sind einige Gotteshäuser, die du unbedingt besuchen solltest:

  • Cattedrale di Palermo: Die größte und wichtigste Kirche der Kunststadt, im vollen Namen „Basilica Cattedrale Metropolitana Primaziale della Santa Vergine Maria Assunta“, nahm ihren Ausgang bereits im 6. Jahrhundert. Nach einem Erdbeben wurde das heutige Gebäude 1184 bis 1185 im normannisch-arabischen Stil neu errichtet und in späteren Zeiten mehrmals umgebaut, vor allem durch Ferdinando Fuga im ausgehenden 18. Jahrhundert. Vom klassischen normannischen Wehrkirchen-Bau über arabische Elemente an den drei Apsiden bis hin zum spätgotischen Portikus deutet die Fassade die architektonische Vielfalt dieses Baus bereits an. Im Inneren erlebst du Fugas Umbau hautnah, begleitet von wertvollen Bildhauerarbeiten. Am Boden vor dem Altarraum entdeckst du eine Art Sonnenuhr entlang des astronomischen Meridians. Um exakt 12 Uhr mittags überquert das durch die Kuppel einfallende Sonnenlicht diese Linie.
  • San Giovanni dei Lebbrosi: Palermos älteste normannisch-arabische Kirche entstand vermutlich um 1071 vor den damaligen Mauern. Sie steht in einem kleinen Park und zeichnet sich durch die für Palermos normannische Gotteshäuser charakteristischen drei Apsiden und halbkugelförmigen Kuppeln aus. Hingegen dürfte es sich bei den leicht spitzbogigen Fenstern um einige der ersten Spitzbögen des christlichen Abendlandes handeln.
  • San Giovanni degli Eremiti: Obwohl dieses Gebäude mehrere Veränderungen erfuhr, erleuchtet es heute in seinem mittelalterlichen Glanz dank der Freilegung und Restaurierung durch Giuseppe Patricolo im Jahr 1877. Die charakteristisch normannische Kirche mit spitzbogigen Fensteröffnungen beinhaltet Überreste alter Fresken und Wandmalereien, die seit jeher Rätsel aufgeben.
  • La Martorana: Der ursprüngliche Zentralbau aus dem mittleren 12. Jahrhundert erfuhr manch eine Veränderung. So wurde zunächst ein Benediktinerinnenkloster angegliedert, später folgten eine Barockfassade und ein Glockenturm, der in den oberen Stockwerken an die katalanische Gotik angeglichen wurde. Prächtige, leuchtende Mosaike – vor allem jenes am höchsten Punkt der Kirche, der Vierungskuppel – werden dich gewiss in ihren Bann ziehen.
  • San Cataldo: Direkt neben La Martorana findest du die ehemalige Privatkirche von Maio von Bari, Großadmiral unter König Wilhelm I. Hinter dem für diese Zeit typisch apulischen Kubusbau verbergen sich hohe, dreischiffige Räumlichkeiten mit antiken Säulen. San Cataldo erfreut sich gerade für Hochzeiten großer Beliebtheit.
  • Chiesa di San Giovanni alla Guilla: Aus dem ehemaligen Sitz des Malteserordens wurde eine vielfach erneuerte Kirche mit Verblendungen des sizilianischen Barocks, die leider schlecht erhalten sind. Tatsächlich zeigen sich die oberen Stockwerke mit alten romanischen Elementen noch von ihrer besten Seite.
  • La Magione: Auch als Santissima Trinità bekannt, zählt sie zu den letzten normannisch erbauten Kirchen Palermos. Nach schweren Weltkriegsschäden erfuhr La Magione umfassende Renovierungsarbeiten. Unter anderem kannst du nun die mittelalterliche Holzdecke sowie vielschichtige Kreuzgänge bewundern.
  • Santo Spirito: Ursprünglich entstand außerhalb Palermos eine Abtei der Zisterzienser. Ungünstige klimatische Verhältnisse führten zur Aufgabe und zum Abriss des Klosters, einzig die Kirche Santo Spirito bliebt zurück. Nach der Rückgängigmachung späterer Barockisierungen zeigt sie sich nun wieder in normannischem Charme.
  • Sant’Agostino: Wie der Name andeutet, ist Sant’Agostino die Kirche der Augustinereremiten. Der gotische Bau entstand Ende des 13. Jahrhunderts, die reichlich verzierte Fassade mit großer Rosette folgte etwas später. Im Inneren dürften dich die barocken Stuckarbeiten durchaus überraschen.
  • San Francesco d’Assisi: Erste franziskanische Niederlassungen gehen auf das Jahr 1235 zurück. Die heutige Kirche entstand zwischen 1255 und 1277, wurde nach schweren Kriegsschäden jedoch im Stile von Sant’Agostino rekonstruiert. Prächtige Gemälde zieren die Kapellen dieses gotischen Baus.
  • Chiesa del Gesù: Die älteste Jesuitenkirche zählt hingegen zu den neuesten Sakralbauten der Kunststadt Palermos. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand das Gotteshaus mit recht schlichter Fassade. Am Innenraum wurde bis 1860 gearbeitet, und das sollte dich anhand der prächtigen Ausstattung mit Gemälden, Fresken und Reliefs kaum verwundern. Hinter der Kirche findest du übrigens das Jesuitenhaus Casa Professa mit der Stadtbibliothek Palermos.

 

Faszinierende Paläste

©Bigstock.com

©Bigstock.com

Nicht nur Kirchen, auch Palazzi findest du in Palermo in Hülle und Fülle. Gerade an den sowie rund um die zentralen Plätze Quattro Canti und Piazza Pretoria (mit dem prächtigen manieristischen Brunnen, den du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest!) warten Highlights wie:

  • Palazzo dei Normanni: An der höchsten Stelle der mittelalterlichen Stadt erwartet dich der Normannenpalast oder Palazzo Reale. Seine ältesten Gemäuer lassen sich sogar auf phönikisch-karthagische Zeiten zurückverfolgen. Der ehemalige Sitz der normannischen Könige verlor zwar drei seiner vier Türme im Laufe der Jahrhunderte, erhielt dafür eine neue Renaissancefassade, die prima mit den Resten des Ursprungsbaus harmoniert. Prächtige Renaissancearkaden sowie Mosaike aus dem 19. Jahrhundert begleiten eine Tour durch den Palazzo.
  • Palazzo Chiaramonte: Siziliens spätgotischer Baustil aus dem 14. Jahrhundert wird auch „Chiaramontestil“ genannt, und dieser Palast ist der Grund dafür. Die Kubusform mit nahezu fensterlosem Erdgeschoß wirkt unscheinbar. Hingegen ist die Holzdecke im Hauptsaal ein absolutes Muss. Biblische, apokalyptische, mythologische, erotische und heldenepische Szenen säumen die faszinierende Kassettendecke.
  • Palazzo Sclafani: Während Manfredi Chiaramonte für die Errichtung seines Palastes Jahrzehnte brauchte, wollte ihn sein Schwager Matteo Sclafani durch das schnelle Hochziehen dieses Gebäudes demütigen. Aufgrund mehrerer Restaurierungen mischen sich mittlerweile arabische und normannische Elemente unter den gotischen Baustil.
  • Palazzo Branciforte: Ende des 16. Jahrhunderts entstand dieses Adelshaus und spätere Pfandleihe in Meeresnähe. Eine Straße separiert die beiden Gebäudeteile, durch Gänge und Brücken miteinander verbunden. Reichhaltig mit Fresken verzierte Repräsentationsräume säumen das Erdgeschoß. Heute kannst du zahlreiche Ausstellungen und Sammlungen im Palazzo bewundern, darunter Archäologisches, Majoliken, Münzen, Briefmarken und Skulpturen.

 

Kunst und Kultur

Das kulturelle Leben Palermos erhielt gerade in den letzten paar Jahrzehnten einen deutlichen Aufschwung. Mittlerweile finden sich zahlreiche Museen, Kunstgalerien sowie (reaktivierte) Theater und Opern im gesamten Stadtgebiet und bereichern die Stadt ungemein. Wir empfehlen dir folgende Institutionen:

  • Museo Archeologico: Von Siziliens Vorgeschichte bis zur spätrömischen Zeit befasst sich das städtische Archäologiemuseum mit den Funden aus dem Westteil der Insel. Faszinierende griechische Bronzen sowie die Fundstücke aus Selinunt mit Tempelteilen zählen zu den Highlights der dreistöckigen Ausstellung.
  • Galleria Regionale: Der zweistöckige, spätgotische Palazzo Abatellis beheimatet Palermos größtes Kunstgalerie. Hier liegt der Fokus auf Fresken, Gemälden, Plastiken und Keramiken. Besonders spannend: die „Annunziata di Palermo“ von Antonello di Messina und das Fresko „Triumph des Todes“ von einem unbekannten Meister, beide aus dem 15. Jahrhundert.
  • Museo Diocesano: Palermos sakrale Kunst fand eine prächtige Heimat im Erzbischöflichen Palais Palazzo Arcivescovile. Ein Rundweg führt dich durch die Räumlichkeiten, wobei selbst die Architektur – darunter alte gotische Fenster aus der Frühphase dieses Baus – zum Kunstwerk reift. Verschiedene Räume widmen sich den Malerschulen Siziliens, darunter jenen von Antonello Gagini, Vincenzo Gaggini und Pietro Novelli.
  • Museo Etnografico: Du hast dich immer schon für die Kultur Siziliens, für Land und Leute interessiert? Dann ist das größte Volkskundemuseum der Insel der perfekte Ort für dich. Handgefertigte Puppen des populären sizilianischen Marionettentheaters sowie die aufwendig bemalten sizilianischen Karren, die bis in die 1950er Jahre von Pferden und Eseln gezogen wurden, zählen zu den interessantesten Stücken.
  • Teatro Massimo: Abschließend setzt es noch ein Stück Historismus. Wo einst Kirche und Kloster San Giuliano standen, befindet sich nun dieses prächtige Theater, das 1897 fertiggestellt wurde. Im reichhaltig dekorierten Saal finden ca. 1.300 Personen Platz. Zudem war das Teatro Massimo Schauplatz der Schlussszenen von „Der Pate III“.

 

Palermo ist eine jener Städte, für die ein Tag einfach nicht ausreicht. Mit dieser Aufstellung kratzen wir nur an der Oberfläche der sizilianischen Hauptstadt, deren Pracht und Vielfalt immer wieder aufs Neue zu begeistern wird … ganz zu schweigen von den vielen Stränden sowie der traumhaften Aussicht auf das leuchtende Meer sowie manch einen Berg! Wir empfehlen dir zumindest ein verlängertes Wochenende in der Kunststadt Palermo, um die zahlreichen Kirchen und Paläste in aller Ruhe erkunden und genießen zu können. Palermo ist immer eine Reise wert – probiere es einfach aus!

Kommentare sind geschlossen.