Die schönsten Orte des Aostatals

Im Jahr 2001 wurde „I borghi più belli d’Italia“ (dt. „Die schönsten Orte Italiens“) gegründet, eine private Vereinigung, die sich der Präsentation und Förderung besonders schöner Fleckchen in Italien widmet. Sie befinden sich häufig abseits gängiger touristischer Pfade und drohen in Vergessenheit zu geraten. Viele von ihnen sind mittelalterlichen Ursprungs, teils sogar autofrei, zeichnen sich durch besonderen Charme und ein harmonisches Ortsbild aus. Im Aostatal im äußersten Nordwesten des Landes gibt es zwei solcher Orte, die unbedingt vorgestellt werden wollen.

 

Étroubles

©Bigstock.com/emanisca

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Erster Stopp ist Étroubles. Bereits der Name verrät, dass du dich hier im französischen Teil des Landes befindest. Mit knapp 500 Einwohnern und einer recht großen Fläche von ca. 39 km² handelt es sich um ein typisches Bergdorf in den italienischen Westalpen. Entlang des Bergpasses Grosser St. Bernhard gelegen, lässt sich die Geschichte des Orts bis in römische Zeiten zurückverfolgen. Étroubles‘ Name leitet sich wohl von lateinischen sowie okzitanischen Begriffen für „Stroh“ bzw. „Strohfelder“ ab und beschreibt das prächtige Umland auf wunderbare Weise.

 

Traditionen und Brauchtum spielen in Étroubles auch heute noch eine überaus wichtige Rolle. Im Rahmen der Veillà wird das alte Dorfleben lebendig gemacht, von klassischen Handwerksberufen über Landwirtschaft bis hin zum typischen Sozialleben. Entsprechend gestaltet sich auch die kulinarische Begleitung, darunter das typische frittierte Süßgebäck „bugie“ oder „seuppa freida“ (hartes, in Rotwein getunktes Schwarzbrot). Im Karneval wird unter anderem der Einzug Napoleons bei einem ironischen Umzug durch den Ort persifliert.

 

Neben diesen herrlichen Traditionen und Festen, bei denen du sofort mit offenen Armen willkommen geheißen wirst, erwarten dich ein paar kleine Sehenswürdigkeiten in Étroubles:

  • Pfarrkirche: Bereits im Mittelalter urkundlich erwähnt, ist die heutige Kirche Santa Maria Assunta deutlich moderneren Ursprungs und wurde erst 1815 errichtet. Die Steine des alten Gebäudes wurden für die neue Struktur verwendet, während der Glockenturm romanische Wurzeln trägt.
  • Torre di Vachéry: Der im 12. Jahrhundert als Aussichtssturm für die örtliche Verteidigungslinie errichtete Turm wurde in späteren Jahren an Wohnbedürfnisse angepasst. Im Zweiten Weltkrieg niedergebrannt und seither langsam restauriert, repräsentiert der Torre di Vachéry die mittelalterlichen Strukturen Étroubles‘.
  • Freilichtmuseum: Ein Kunstprojekt aus dem Jahr 2005 vereint das charmante Ortsbild mit den umliegenden Bergwelten. 21 bekannte Künstler verwandelten Hauswände des Dorfs in ein gewaltiges Freilichtmuseum, das dich auf deinen Spaziergängen durch Étroubles begleitet.

 

Bard

©Bigstock.com

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Am Fluss Dora Baltea gelegen, hat sich Bard der Erhaltung des kulturellen Erbes des Aostatals verschrieben. Aufgrund seiner idealen Lage mitten in einer engen Schlucht war Bard bereits in der Jungsteinzeit besiedelt und später Teil einer Verbindungsstraße zwischen gallischen und römischen Gebieten. Entsprechend kommt der Ortsname wohl vom keltischen Begriff „bar“, der eine Festung oder ein befestigtes Gebiet beschreibt. So dürfte es dich auch kaum verwundern, dass Bard (ca. 120 Einwohner, 3 km² Fläche) im Laufe seiner Geschichte eine nicht zu verachtende Rolle als Verteidigungsanlage spielte und im Mai 1800 sogar den Überraschungsangriff der französischen Armee eine Zeit lang aufhalten konnte.

 

Etwas überraschend für einen solch vergleichsweise schmalen Streifen Land wächst etwas Wein auf den Terrassen entlang der alten Römerstraße. Die regionalen Weinbauer zeigen sich besonders hartnäckig und lassen sich von der widrigen Lage mit hochaufragenden Felsen ringsum nicht ins Bockshorn jagen. Ein intensiver Rotwein von der Nebbiolo-Traube mit leichtem Mandelgeruch erfreut den Gaumen ebenso wie die typischen Kekse „paste de meglia“ aus Stärkemehl oder die beliebte Weihnachtssuppe „bœuf de Noël“.

 

Natürlich hält auch Bard manch einen Schatz für dich bereit:

  • Forte di Bard: Erste Festungsstrukturen lassen sich auf die Ostgoten im 6. Jahrhundert zurückverfolgen, bevor die Grafen von Aosta und Savoyen für einen Ausbau sorgten. Auf Veranlassung Napoleons im Jahr 1800 gesprengt und zerstört, nachdem französische Truppen dort aufgehalten worden waren, erfolgte ein Neubau der majestätischen Anlage in den 1830er Jahren. Sie beheimatet heute zahlreiche Museen und Ausstellungen, darunter das prächtige Museo delle Alpe. Hier wird die Geschichte und Natur der Westalpen greifbar gemacht.
  • Pfarrkirche: Wie es sich für ein anständiges Dorf geziemt, verfügt auch Bard über seine eigene Kirche, die, ähnlich wie in Étroubles, Mariä Himmelfahrt gewidmet ist, ursprünglich aus dem Mittelalter stammt, und im 19. Jahrhundert wiedererrichtet wurde. Der Glockenturm konnte sich sein romanisches Antlitz hingegen beibehalten.
  • Umgebung: Rund um Bard erwarten dich weitere kleine Dörfer, die sich prima mit kleinen Touren durch die Region verbinden lassen. Das mittelalterliche Albard sowie die Häuser aus Stein von Crous inmitten der Kastanienwälder sind besonders eindrucksvoll. Ein Ausflug zum bezaubernden Tête de Cou mit ebenso bezaubernder Aussicht gehört auch dazu.

 

Das Aostatal ist Heimat wunderschöner Orte, die, wie auch die Region selbst, viel zu oft übersehen, ja geradezu sträflich vernachlässigt werden. Dabei ist der magische Nordwesten Italiens stets einen Besuch wert. Entdecke diese und weitere magische Orte des Landes in deinem nächsten Urlaub und lass dich von ihrem ursprünglichen Charme verzaubern!

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