Syrakus und die Felsennekropolis von Pantalica

Syrakus und die Felsennekropolis von Pantalica

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Wusstest du, dass Teile von Sizilien bereits in der Bronzezeit besiedelt waren? Die Siedlungsgeschichte der Insel im äußersten Süden Italiens lässt sich tausende, ja sogar zehntausende Jahre zurückverfolgen. Noch heute kannst du dich auf einen historisch wertvollen Streifzug durch alte Monumente und mystisch anmutende Ruinen begeben. Eine überaus attraktive Zusammenstellung solcher antiker und altertümlicher Dokumente befindet sich seit dem Jahr 2005 auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten. Syrakus und die Felsennekropolis von Pantalica besteht aus drei voneinander getrennten Arealen mit einem gesamten Schutzbereich von annähernd 900 ha sowie einer mehr als sechsmal so großen Pufferzone. Begleite uns auf einer Tour durch das besonders alte Sizilien!

Warum ist diese Stätte so wichtig und schützenswert?

Wenn sich das Welterbekomitee bei seinen Sitzungen auf neue, schützenswerte Stätten einigt, so erfolgt das anhand eines Katalogs mehrerer Kriterien. Vorneweg steht im Fall von Syrakus und der Felsennekropolis von Pantalica der Status als bemerkenswertes Zeugnis der mediterranen Kultur. Hier finden prähistorische Siedlungen, griechische Kolonisation, kurze punische Einflüsse und schließlich römische Eroberungszüge zusammen. Die kulturelle Vielfalt dieser kombinierten Stätte über drei Jahrtausende darf ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich zeigen die Überreste im gesamten Stadtgebiet von Syrakus sowie jene auf Ortygia, wie mehrere kulturelle Konzepte von griechischen und römischen Anfängen bis zur barocken Moderne die Architektur auf herausragende Weise vorantreiben konnten. Die antike Bedeutung der Stadt, alleine schon als Heimat von Archimedes, darf ebenfalls nicht unter den Tisch fallen.

Nekropole von Pantalica

Syrakus und die Felsennekropolis von Pantalica, UNESCO

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Wir beginnen allerdings ca. 35 km westlich von Syrakus in der kleinen Stadt Sortino. Mehrere Kirchen mit wunderschönen Fresken bestimmen das Stadtbild, doch noch spannender wird es etwas außerhalb. Hier befindet sich die Felsennekropolis von Pantalica, eine der größten Nekropolen Siziliens. Sie befindet sich in der ehemaligen Siedlung Pantalica, namensgebend für die sogenannte Pantalica-Kultur, die der Insel in der späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit ihren Stempel aufdrückte. Angesichts der schieren Größe des Grabfeldes mit über 5000 Kammergräbern lässt sich eine lange Nutzung vermuten, konkrete Funde datieren die Verwendung auf einen Zeitraum vom 13. bis 8. Jahrhundert v. Chr. Erst die griechische Kolonisation sorgte für den Niedergang der Siedlung. Die Grabstätten wurden in frühchristlicher Zeit noch als Wohnungen genutzt, von Pantalica an sich blieb mit Ausnahme weniger Gebäudereste nichts übrig.

Nimm auf jeden Fall an einer Führung teil, denn nur so erhältst du Zugang zu sämtlichen Bereichen der Nekropole und erfährst zudem alles über die hochspannende Geschichte Pantalicas. Fünf Friedhofsbereiche zeichnen die Entwicklung der Bestattungsriten nach, und so veränderten sich nicht nur die Öffnungen der einzelnen Kammergräber im Laufe der Zeit. Wenn du den Hügel der alten Siedlung erklimmst, entdeckst du zudem das Anaktoron. Der ehemalige Prinzenpalast lässt sich auch heute noch mit freiem Auge einigermaßen nachvollziehen. Viele weitere Fundstücke aus der Siedlung und der Felsennekropolis, darunter Keramik, Waffen und Haushaltsgegenstände, kannst du im Archäologischen Museum von Syrakus besichtigen.

Ortygia

Syrakus wurde übrigens nicht am Festland gegründet, sondern auf einer kleinen Insel, die nur durch eine wenige Meter breite Durchfahrt vom Rest der Stadt getrennt ist. Erste menschliche Besiedlungsbelege auf Ortygia gehen sogar auf das Neolithikum zurück, dazu kommen einige Funde aus der frühen und mittleren Bronzezeit. Effektiv beginnt die Geschichte von Syrakus aber im Jahr 734 v. Chr., als dorische Siedler aus Korinth die Stadt auf Ortygia gründeten und schnell aufs Festland ausdehnten. Die ideale Lage ließ Syrakus schnell zur größten und wichtigsten Polis des alten Siziliens aufsteigen. Erst im zweiten Punischen Krieg konnten die Römer die Stadt erobern, die architektonische Vermischung auf der Insel und am Festland begann. Schwere Zerstörungen nach einem verheerenden Erdbeben im Jahr 1693 führten zum Wiederaufbau im Barockstil. Deswegen erwartet dich heute diese besondere architektonische Pluralität in Syrakus.

In der Antike galt Ortygia als Stadtkern. Entsprechend groß ist die Zahl alter Gebäude und Ruinen, die dich erwarten. Freu dich unter anderem auf:

  • Apollontempel: Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. erbaut, ist er der älteste größere griechische Tempel Siziliens nach bisherigen Erkenntnissen. Er liegt am Eingang zur Altstadt und lässt vermuten, dass mehrere Umbauten zu christlichen Kirchen und arabischen Moscheen durchgeführt wurden.
  • Porta Urbica: Von der insularen Stadtmauer blieben einzig die Fragmente dieses am Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. entstandenen Stadttors übrig. Dionysios I. errichtete die Befestigung als Schutz vor den Karthagern. Vermutlich verband das Tor einst den Apollontempel mit dem Athenatempel, der sich später wandeln sollte zum…
  • Dom: Auch als Kathedrale Santa Maria delle Colonne bekannt, befand sich hier einst ein der Athena geweihter Siegestempel. Als im 7. Jahrhundert n. Chr. mit den Arbeiten an einer christlichen Basilika begonnen wurde, riss man nicht etwa den gesamten dorischen Tempel ab, sondern inkorporierte Teile davon in den neuen Bau. Unter anderem kannst du Teile der Säulen von außen und innen erkennen, während einzelne Ziegel und Abtropfsteine heute im Archäologischen Museum zu sehen sind.
  • Castello Maniace: Im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden entstand diese eindrucksvolle Festung erst im Mittelalter. Verschiedene Stilelemente, wie das Portal aus der Stauferzeit, die gotische Säulenhalle und die moderne Stauferstele, zeugen von der ungewöhnlichen Geschichte dieses Baus.

 

Antike Stätten von Syrakus

Abschließend wagen wir uns von der vorgelagerten Insel in die eigentliche Stadt vor. In Syrakus entdeckst du Ruinen und Monumente verschiedenster Epochen. Folgende antike Stätten sind Pflicht:

  • Parco Archeologico della Neapoli: Der in den frühen 1950ern gegründete archäologische Park von Syrakus sammelt die wichtigsten antiken Gebäude auf dem Festland der Stadt. Lass dich von den schroffen Formen der über zehn alten Steinbrüche, die sogenannten Latomien, verzaubern und spüre den Rausch der Geschichte an den Überresten des Altars von Hieron II. Ein griechisches Theater und ein römisches Amphitheater befinden sich ebenso auf dem weitläufigen Areal. Das Ohr des Dionysios musst du unbedingt gesehen haben.
  • Die Heiligtümer: Im Stadtgebiet verstecken sich zudem mehrere Heiligtümer, zumindest in Überresten. Gerade rund um das antike Wohngebiet südlich der Kirche Madonna delle Lacrime konnten mit dem Demeter- und dem Koreheiligtum spannende Elemente aus dem antiken Griechenland gefunden werden. Aufgrund weiterer archäologischer Arbeiten ist dieser Bereich allerdings aktuell nicht der Öffentlichkeit zugänglich.
  • Castello Eurialo: Am höchsten Punkt der antiken Stadt – mittlerweile ca. sieben Kilometer außerhalb von Syrakus gelegen – befand sich die Festungsanlage von Dionysios I. Der ehemalige Eckpunkt der nördlichen und westlichen Stadtmauer war über Geheimgänge mit diversen Stadtteilen verbunden und bot bis zu 3.000 Soldaten und 400 Reitern Platz. Die heute sichtbaren Ruinen entsprechen übrigens dem Status nach späteren, byzantinischen Umbauten.

 

Wir könnten noch ewig so weitermachen, denn deine Tour dieser einzigartigen UNESCO-Weltkulturerbestätte ließe sich beliebig erweitern. Alleine für Syrakus und Ortygia kannst du locker einen zweiten, vielleicht sogar einen dritten Tag veranschlagen, von der hochgradig spannenden Felsennekropolis ganz zu schweigen. Spätestens jetzt kann dein Sizilien-Urlaub nicht bald genug kommen!

Nationalpark Cilento und Vallo di Diano

Nationalpark Cilento und Vallo di Diano, UNESCO

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Bestimmt hast du das schon öfter von uns gehört, aber in diesem Fall wiederholen wir uns besonders gerne: Italiens prächtige Natur mit der vielfältigen Flora und Fauna ist überaus schützenswert. Zahlreiche Nationalparks übernehmen diese Funktion landauf, landab. Erst 1991 wurde der Nationalpark Cilento und Vallo di Diano eingerichtet, bereits sieben Jahre später erklärte ihn die UNESCO zum Weltkulturerbe – ein rasanter, nahezu beispielloser Aufstieg. Was aber macht diesen Park so einzigartig? Neben der einmaligen Landschaft an sich verstecken sich hier mehrere archäologische und historische Stätten von großem Wert. Und diese, wie auch den Nationalpark Cilento und Vallo di Diano an sich, wollen wir nun gemeinsam erkunden.

Der Nationalpark

Zunächst tauchen wir in die hochgradig faszinierende Welt des eigentlichen Parks ein. Der zweitgrößte Nationalpark Italiens liegt in der Provinz Salerno in der Region Kampanien. Mit einer Fläche von eindrucksvollen 181.048 Hektar erstreckt er sich von der Küste des Tyrrhenischen Meeres bis zum Vallo di Diano am Fuß des Apennin. Das Gelände ist zumeist hügelig bis bergig und sehr abwechslungsreich. Vom Monte Cervati, mit 1.898 m die höchste Erhebung des Parks, über die prächtige Calore-Schlucht bis zu den bewaldeten und mit Olivenhainen bedeckten Flusstälern sowie der eindrucksvollen Mischung aus atemberaubenden Steilklippen und weiten Sandstränden lässt du dich von der Vielfalt dieser Region verzaubern. Mit Ausnahme der Küstenregionen zur Hochsaison ist hier auch meistens wenig los, und so erlebst du im Frühjahr und Herbst beinahe leere Strände und komplett verschlafene Ortschaften. Wanderer und Radfahrer schätzen das abwechslungsreiche Angebot an markierten Routen. Aber auch für Taucher und Schorchler, Gleitschirmflieger, Wildwasserabenteurer, Höhlenforscher und Reitbegeisterte hat das Programm Packendes zu bieten.

Nationalpark Cilento und Vallo di Diano

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Bei all den kleinen und großen Entdeckungen übersieht man beinahe das, was den Nationalpark Cilento und Vallo di Diano ausmacht: Die überaus vielfältige Flora und Fauna geizt keineswegs mit Reizen. So schätzt die Verwaltung, dass es über 1.800 verschiedene Wildpflanzenarten im Parkgebiet gibt. Davon zählen 10 % zu den gefährdeten Arten. Die gebirgigen Gefilde sind aber nicht nur der perfekte Nährboden für Buchen, Steineichen, Erlen und Esskastanien, sondern auch Lebensraum für Steinadler, Alpensteinhühner und Korsika-Hasen. Selbst Wölfe und Alpenböcke tummeln sich hier. Entlang der Wasserläufe des Calore-Tals leben neben Feuer- und Brillensalamandern vom Aussterbe bedrohten Fischotter. Und auch Wasserbüffel, deren Milch als Grundlage für den beliebten Büffelmozzarella dient, sind in der Region anzutreffen. Und dann erst die vielen wunderschönen, kleinen Ortschaften, wie das freundliche Küstendorf Marina di Camerota und das von besonders klarem Wasser und mystischen Höhlen umspielte Palinuro…

Ausgrabungsstätte in Paestum

Nach diesem Crashkurs in Nationalpark-Kultur widmen wir uns nun historischen Gefilden mit gleich drei Stätten, die ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurden. Unser erster Stopp führt uns nach Paestum in der Gemeinde Capaccio. Hier gründeten die Griechen um 600 v. Chr. Poseidonia, die Kolonie einer Kolonie – eine sogenannte Pflanzstadt. Die Lage im Landesinneren verrät, dass das Hauptaugenmerk dem überaus fruchtbaren Boden galt. Innerhalb weniger Generationen erreichte die Stadt beträchtlichen Reichtum, große Tempel entstanden. Als die Römer jedoch um 274 bis 273 v. Chr. Kampanien einnahmen, erhielt das Gebiet den Namen Paestum, wurde ohne Rücksicht auf Verluste umgestaltet und verlor anschließend an Bedeutung. Nach dem Ende des Römischen Reichs komplett verlassen, sorgte die Wiederentdeckung um 1752 – übrigens fast gleichzeitig mit Pompeji und Herkulaneum – für großes Aufsehen. Gerade Bildungsreisende bekamen auf der sogenannten Grand Tour nicht genug von Paestum.

Heute triffst du auf zahlreiche Ruinen und Baudenkmäler aus griechischer und römischer Zeit. Dein Hauptaugenmerk gilt den drei großen dorischen Tempeln. Jeder von ihnen – der archaische Hera-Tempel, der mit aus dem Rahmen fallenden Elementen versehene Athena-Tempel und der ausgereifte Poseidontempel – repräsentiert jeweils eine Bauepoche. Das kleine römische Amphitheater, das Comitium (ein bürgerlicher Versammlungsort) sowie die lange Stadtmauer erwarten dich ebenfalls. Im Museum siehst du eine Sammlung bedeutender griechischer Altertümer aus Unteritalien mit prachtvollen Grabdarstellungen und -platten.

Ausgrabungsstätte in Elea

Elea, im Römischen auch Velia genannt, war eine bedeutende Hafenstadt im antiken Griechenland und gilt als Heimat der Philosophenschule der Eleaten, eine der ältesten Schulen der Antike. Parmenides‘ Abhandlungen über Sein und Nichtsein sollten großen Einfluss auf Platon haben. Schnell stieg das eigentlich von vor der persischen Invasion geflüchteten, phokäischen Griechen gegründete Elea zur einflussreichen Handelsstadt auf und diente in den beiden Punischen Kriegen zunächst als Verbündeter Roms, später als wertvoller Militärstützpunkt. Mit sich verlagernden Handelsströmen und der Hafenverlandung verarmte Elea und wurde um das 9. Jahrhundert n. Chr. schließlich aufgegeben.

Einzig das Hafengebiet konnte die Zeiten einigermaßen überstanden. Die Porta Rosa ist von besonderer Bedeutung. Das Tor diente einst als Verbindung zwischen zwei Stadtvierteln und versorgte als Viadukt zudem die höhergelegene Akropolis, die du ebenfalls noch besichtigen kannst, mit Wasser. Überreste einzelner Viertel sowie diverser hellenistischer und römischer Tempel stehen ebenfalls auf dem Programm.

Kartäuserkloster in Padula

Zum Abschluss widmen wir uns der größten und wohl bekanntesten Karthause in ganz Italien mit einer Gesamtfläche von 250.000 m² inkl. Park, davon 30.000 m² überbaut. Am 28. Januar 1306 von Tommaso Sanseverino, Graf von Marsico, gegründet, sollte es beinahe 70 Jahre bis zur Fertigstellung der Klosterkirche dauern. Mehrere Veränderungen sowie diverse Ausbauten folgten. Heute prägen barocke Elemente sowohl Garten als auch Kloster. 84 Säulen umrahmen den größten Kreuzgang der Welt (12.000 m²). Bereits 1866 wurde die Kartause von Padula aufgelassen, ca. 100 Jahre später begann man mit der Restaurierung. Heute erstrahlt dieses monumentale Gebäude wieder in seinem eigentlichen barocken Glanz und beherbergt unter anderem das Archäologische Museum von West-Lukanien mit aufregenden Funden aus der Nekropole von Sala Consilina und Padula.

Die schiere Vielfalt und Bandbreite dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte weiß immer wieder aufs Neue zu beeindrucken. Du kannst mehrere Wochen im Nationalparkgebiet mit seinem abwechslungsreichen Sport- und Freizeitangebot, den verschlafenen kleinen Dörfern und den historisch wertvollen Sehenswürdigkeiten verbringen, ohne dich auch nur annähernd sattzusehen, geschweige denn alles erlebt zu haben. Gerade abseits der sommerlichen Hochsaison können wir dir einen Abstecher in die Nationalpark-Region Cilento und Vallo di Diano nur ans Herz legen.

Sacri Monti im Piemont und in der Lombardei

Als im Spätmittelalter die Pilgerreisen ins Heilige Land langsam, aber sicher abnahmen, suchten italienische Gläubige nach anderen Plätzen und Zielen. Neben den zahlreichen Kirchen, Basiliken und weiteren Sakralgebäuden in den großen Städten wurde vor allem im späten 16. und 17. Jahrhundert eine Serie von neun Kapellenanlagen und weiteren Pilgerstätten an Seen und auf Bergen errichtet. Die Sacri Monti widmen sich verschiedenen Aspekten des christlichen Glaubens und sind außerdem perfekt in die wunderschöne Landschaft eingebettet. Seit 2003 zählen diese neun norditalienischen Anlagen – acht im Piemont und eine in der Lombardei – zum UNESCO-Weltkulturerbe. Zeit für einen Blick auf diese Wunderwerke.

Sacro Monte di Varallo

Sacri Monti

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Mit der Versinnbildlichung des für viele Pilger unerreichbar gewordenen Heiligen Landes begann man bereits 1491, als der Grundstein für den 45-teiligen Wallfahrtsort Varallo gelegt wurde – es sollte ca. 150 Jahre bis zur Fertigstellung dauern. Vergleichsweise unbekannte Maler und Architekten arbeiteten an einer Fülle an wunderschönen Gemälden und Skulpturen, welche die zahlreichen Kapellen zieren. 600 lebensgroße Holz- und Terrakotta-Figuren sowie über 4.000 gemalte Figuren findest du über sämtliche Bauwerke verteilt. Die prächtige Wallfahrtskirche, der Jungfrau Maria gewidmet, ist ebenfalls einen Besuch wert.

Sacro Monte di Crea

Die Kapellen auf den Hügeln des Montferrats sind bereits etwas älterer Natur. Einst waren sie Darstellungen aus dem Leben Marias gewidmet. Im Rahmen der Sacri Monte-Bestrebungen, durch den Franziskaner Costantino Massino angetrieben, wurde die dem hl. Eusebius von Vercelli zugeschriebene Wallfahrtsstätte ab 1589 allerdings wiederholt baulich verändert und, nach einer teilweisen Zerstörung im Jahr 1820, umfassend restauriert. Somit erwartet dich heute ein spannender Stilmix auf deinem Weg zur großen Wallfahrtskirche mit der Paradieskapelle als ausgewiesenes Highlight. Ein Spaziergang durch den geschützten Naturpark von Sacro Monte di Crea lenkt deinen Blick auf Pflanzenarten, die es heute kaum noch in freier Wildbahn zu entdecken gibt.

Sacro Monte d‘Orta

Oberhalb der Gemeinde Orta San Giulio in der Provinz Novara erwartet dich ein Pilgerweg mit 20 Kapellen, welche einzig und alleine einem Heiligen gewidmet sind. Bei deinem Spaziergang stößt du auf Szenen aus dem Leben des hl. Franziskus von dessen Geburt über die Berufung bis zum Wirken, Tod und dem Heiligenwunder. Ursprünglich waren sogar 36 Kapellen geplant, was aus organisatorischen Gründen jedoch nicht klappte – kein Problem, denn die bestehenden Bauwerke sind für sich bereits eine atemberaubend schöne Wohltat. Auf dem spiralförmigen Weg nach oben begegnest du Pilgern aus aller Welt. Sie fühlen sich von der Kirche am Gipfel des Sacro Monte magisch angezogen. Eigentlich aus dem 11. Jahrhundert stammend und dem hl. Nikolaus geweiht, ließ eine Umgestaltung im Stil der unteren Basilika San Francesco von Assisi den hl. Franziskus zum Mitpatron „aufsteigen“.

Sacro Monte di Varese

Sacri Monti, UNESCO

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Gläubige schrieben den siegreichen Ausgang der Schlacht von Lepanto im Jahr 1571 ihren Fürbitten an die Gottesmutter zu. Auf Initiative des Kapuziners Giovanni Battista Aguggiari aus Monza wurde 1604 dieser heilige Berg gegründet und, natürlich, den Rosenkranzgeheimnissen als Hauptthema gewidmet. Aus der ehemaligen mittelalterlichen Kultstätte, später zum Nonnenkloster umgebaut, wurde eine der Jungfrau Maria gewidmete Wallfahrtskirche. Eine eigens errichtete von Mauern umspielte Straße führt dorthin. Auf dem Weg warten 14 Kapellen mit Skulpturen im Palladiostil. Feine Variationen machen jedes Bauwerk für sich einzigartig und sehenswert.

Sacro Monte d‘Oropa

Biella war für Pilger kein Neuland. So befanden sich bereits vor Errichtung des Sacro Monte diverse Kapellen und Stätten im Ortsteil Oropa, welche jedoch ab dem Jahr 1620 erneuert, umgebaut und um weitere Bauwerke ergänzt wurden. Heute findest du insgesamt 19 Kapellen auf deinem Pilgerweg, von denen zwölf nahezu parallel angeordnete Gebäude dem Marienleben gewidmet sind. Die sieben übrigen Stationen befassen sich mit verschiedensten Episoden aus dem Christentum. Im Gegensatz zu vergleichbaren Stätten setzt der Sacro Monte d’Oropa auf ausgeprägte alpine Merkmale mit Abdeckungen aus Steinplatten und verbindet somit den klassischen Sakralstil seiner Zeit mit Lokalkolorit – ein Erlebnis für sich.

Sacro Monte d‘Ossuccio

Wie auch Varese, widmet sich der Wallfahrtsort in Ossuccio an der Westseite des Comer Sees Darstellungen den Rosenkranzgeheimnissen. In 14 Kapellen, zwischen 1635 und 1710 errichtet, begleiten 230 Terrakotta-Statuen den Ausdruck der freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Mysterien. Der ansteigende Weg erstreckt sich von der Verkündigung über den Tempel bis zur Kreuzigung und Auferstehung und schließlich Marias Aufnahme in den Himmel. Oben angekommen, beschließt die katholische Wallfahrtskirche als 15. Station den Pilgerweg. Am Hochaltar ist die Krönung der Gottesmutter im Himmel zu sehen, von einem feinen Spiel aus Licht und Schatten erhaben in Szene gesetzt.

Sacro Monte di Ghiffa

Der Legende nach soll sich bereits im 4. Jahrhundert eine Kapelle oberhalb von Ghiffa am Lago Maggiore befunden haben. Im 12. und 13. Jahrhundert entstand ein historisch belegtes, romanisches Oratorium, das angesichts steigenden Zustroms konstant erweitert wurde. Ende des 16. Jahrhunderts folgte schließlich der Ausbau zum Sacro Monte. Drei Kapellen mit biblischen Szenen, ein mit Kreuzweg-Darstellungen versehener Laubenweg sowie die streng gehaltene Wallfahrtskirche laden auf einen Streifzug durch die Bibelgeschichte ein. Rund um den Sacro Monte di Ghiffa erstreckt sich zudem ein Sondernaturschutzgebiet, das in den letzten Jahrzehnten sorgfältig aufgeforstet wurde und zu ruhigen, besinnlichen Spaziergängen einlädt.

Sacro Monte di Domodossola

Für zwei Kapuziner war 1656 der Hügel Colle Mattarella oberhalb von Domodosso der perfekte Ort für eine Wallfahrtsstätte. So sollte es letztlich auch sein, und so entstanden zwölf dem Kreuzweg gewidmeten Kapellen sowie eine weitere Kapelle zu Ehren der Auferstehung. Die prächtigen Darstellungen – teils statuarisch, teils aus Fresko – begleiten dich auf deiner Wanderungen gen Gipfel, wo sich die achteckige Wallfahrtskirche erhebt. Mindestens so spannend wie der Sacro Monte an sich ist der dazugehörige Park. Auf deinem Spaziergang stößt du unter anderem auf die Überreste einer 1415 von Schweizer Soldaten zerstörten Burg sowie prächtige Flora und Fauna, die Teil dieses Sondernaturschutzgebietes ist.

Sacro Monte di Belmonte

Dieses abschließende Kapitel der Sacri Monti sollte sich am längsten ziehen. Erst 1712 wurde auf Initiative des strenggläubigen Minderbruders Michelangelo von Montiglio mit der Errichtung begonnen, die Fertigstellung dauerte aufgrund mehrerer Unterbrechungen über hundert Jahre. Sämtliche Kapellen wurden in fixen Abständen errichtet. Aufbau und Ausstattung der dem Rosenkranzgeheimnis gewidmeten Bauwerke gestalten sich recht einheitlich, was auf einen einzigen, anonym gebliebenen Architekten schließen lässt. Das von üppiger Vegetation umgebene Heiligtum leuchtet dir förmlich entgegen.

Du musst kein Gläubiger sein, um dich in den Bann der atemberaubenden Sacri Monti ziehen zu lassen. Neun höchst unterschiedliche und auf gewisse Weise doch einheitlich wirkende Pilgerstätten laden dich zu einer etwas anderen Entdeckungsreise durch Norditalien ein. Lass sich von ausgeklügelter Architektur, großer Kunst und aufregender natürlicher Schönheit begeistern!

San Gimignanos historisches Zentrum

Eine lange, durchaus nervenaufreibende Fahrt durch die toskanische Hügellandschaft führt dich über enge Straßen mit noch engeren Haarnadelkurven. Gerade mit dem Reisebus ist die Anreise bereits eine atemberaubende Angelegenheit für sich. Und dann breitet sich urplötzlich San Gimignano vor dir aus. Die wunderschöne Kleinstadt wird auch „Mittelalterliches Manhattan“ oder „Stadt der Türme“ genannt. Einst zierten 72 Geschlechtertürme das mittelalterliche Handelszentrum, heute stehen noch derer 15. Der gesamte historische Kern von San Gimignano wurde bereits 1990 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und legt packende Einsichten in längst vergangene Tage frei, vom vielleicht besten Eis der Welt ganz zu schweigen.

Das Wettrüsten der Patrizierfamilien

San Gimignanos historisches Zentrum, UNESCO

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Die gewaltigen Türme und nicht minder packenden Paläste und Kirchen sind vor allem den Eitelkeiten der mittelalterlichen Patrizierfamilien geschuldet. Sie entstammen einer von Fehden und Auseinandersetzungen geprägten Ära. Vor allem im 12. und 13. Jahrhundert wollte jede Familie die andere übertrumpfen, gerade wenn es wieder einmal Streit und Konflikte auszutragen galt. San Gimignano war eine reiche Stadt. Die zentrale Lage an der Handelsroute Frankenstraße sowie der Anbau von und Handel mit Safran, mit dem Seide gefärbt wurde, sorgte für eine 160jährige Hochphase, die erst im Spätmittelalter endete, als deutlich einfachere Routen über trockengelegte Sümpfe die Frankenstraße weitestgehend nutzlos machte. San Gimignano verarmte zusehends, spätere Epochen hinterließen kaum Spuren.

Bevor es allerdings soweit war, schossen gewaltige Türme in die Höhe, das Wettrüsten hatte begonnen. Ursprünglich waren sie für Wohn- und Verteidigungszwecke gedacht, denn der recht knapp bemessene Platz in San Gimignano ließ breite Bauweisen nur schwer zu. Es musste also nach oben gehen. Was zweckmäßig begann, erhielt schon bald repräsentativen Charakter. Hatte die verfeindete Familie ein Stockwerk hinzugefügt, musste der Turm erweitert werden oder – noch besser – ein neuer, noch mächtigerer Turm her. Diese Auseinandersetzungen führten allerdings auch zur Zerstörung zahlreicher Geschlechtertürme, zudem sorgten der Verfall in späteren Jahren sowie gewisse städtebauliche Projekte zum Abriss anderer Exemplare. Heute sind noch 15 Türme in San Gimignano übrig.

Türme und Befestigung

San Gimignanos historisches Zentrum

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Gleich vorneweg: Jede einzelne Sehenswürdigkeit aufzulisten, die Teil dieser eindrucksvollen Weltkulturerbestätte ist, würde schlicht und ergreifend den Rahmen sprengen. Deswegen stellen wir dir einige ausgewählte Highlights vor. Unser Tipp: Mach bei deinem Spaziergang durch den mittelalterlichen Stadtkern Halt an einer der zahlreichen Eisdielen, denn aus San Gimignano kommen echte, ausgezeichnete Weltmeister dieser Disziplin.

Aber genug von süßen, eiskalten Leckereien (wobei, wer kann davon schon genug kriegen?) – hier sind einige der schönsten Türme und Befestigungsanlagen der Stadt:

  • Torre Grossa: Wie bereits erläutert, kam es im Mittelalter tatsächlich auf die Größe an. Der Torre Grossa ist Teil des Rathaus-Ensembles im Palazzo del Popolo. Mit stattlichen 54 m überragt er Sam Gimignano als größter Turm der Stadt.
  • Torre Rognosa: Vom höchsten kommen wir zum ältesten überlebenden Turm. Der Torre Rognosa reicht immerhin 52 m gen Himmel und entstand wohl um 1200. Mit seiner kleinen, überdachten Terrasse zählt er zu den schönsten und besterhaltenen Türmen.
  • Torre Chigi: Die Art und Weise, wie hier in den Stein geschlagen wurde, gerade die Bögen und Fenster, begeistert. Minutiös genau zwischen mittelalterliche Paläste eingepasst, strahlt seine Schönheit ungebrochene Faszination aus.
  • Die Stadtmauern: San Gimignanos Befestigungsstrukturen entstanden nicht einfach von heute auf morgen. Die Mauern wurden in zwei Phasen errichtet und erstrecken sich insgesamt auf knapp 2,2 km. Während der erste Teil um 998 errichtet wurde, erfolgte der Rest über das 13. und 14. Jahrhundert verteilt. Heute ist San Gimignano über fünf gewaltige Stadttore erschlossen, wobei die Porta San Giovanni eine besondere Rolle einnimmt. Sie beherbergte einst eine kleine Kirche, die jedoch 1922 aus Platzgründen abgerissen wurde. Den Glockenturm kannst du aber nach wie vor sehen.

 

Paläste und Museen

Jetzt aber – zumindest für ein paar Zeilen – wieder genug von Türmen und Mauern. Im Ortskern San Gimignanos erwarten dich gleich mehrere Paläste, Schlösser und Museen, die ebenfalls besucht werden wollen. Folgende Stationen sind Pflicht:

  • Palazzo del Popolo: Auch Palazzo Comunale genannt, ist dieses Gebäude Sitz des heutiges Rathauses mit dem gewaltigen Torre Grossa an seiner Flanke. Die Fassade mit ihren Bogenfenstern – halb aus Stein, halb aus Ziegeln erbaut – beheimatet zudem ein Museum sowie eine Kunstgalerie. Hier siehst du zahlreiche Fresko-Dekorationen und Gemälde großer Söhne der Stadt.
  • Palazzo del Podestà: Vom aktuellen gelangen wir zum alten Rathaus, vom Torre Rognosa adäquat in Szene gesetzt. Beide Gebäude sind nur wenige Schritte voneinander entfernt. Die typische Mischung aus Stein und Ziegel, vom großen Torbogen begleitet, strahlt rustikalen Charme aus. Oberhalb des Eingangs zur großen Halle siehst du mehrere Werke von Giovanni Antonio Bazzi, auch Sodoma genannt.
  • Palazzo Pratellesi: Dieses Prunkexemplar großer Baukunst leuchtet geradezu mit seinen Terrakotta-Bögen. Im Inneren erhascht du mit etwas Glück einen Blick auf ein Fresko von Vincenzo Tamagni.
  • Galleria continua: Nicht alles an San Gimignano widmet sich längst vergangenen Tagen, denn die Stadt beheimatet zudem eine der wichtigsten italienischen Galerien für Gegenwartskunst. Regionale Kunstentwicklung trifft auf internationales Flair.
  • SanGimignano1300: Wie man vor über 700 Jahren in der mittelalterlichen Stadt lebte, zeigt dir diese zehnteilige Ausstellung. Besonders atemberaubend sind die 3D-Nachbildungen des ehemaligen Stadtkerns, darunter längst zerstörte Gebäude, sowie Nachbildungen von Memmo di Filipuccios Fresken, welche einst den Palazzo del Podestà zierten.

 

Die Kirchen San Gimignanos

Was wäre San Gimignano ohne seine Kirchen? Die unzähligen sakralen Gebäude sind natürlich ebenfalls nicht aus dem Stadtkern wegzudenken. Ein letztes Mal widmen wir uns einigen wichtigen Tipps, die du nicht entgehen lassen solltest:

  • Collegiata Santa Maria Assunta: Diese Kirche nimmt eine zentrale Rolle in der Zusammenstellung der Weltkulturerbestätte ein. So wurden die herausragende Schönheit der Fresken von der UNESCO gesondert hervorgehoben. Hinter der schlichten romanischen Fassade verbirgt sich ein reichhaltig dekoriertes Wunderwerk. Mehrere Freskenzyklen, welche sich unter anderem dem Alten Testament, Neuen Testament und Jüngsten Gericht widmen, strahlen mit unglaublicher Farbpracht. Die Renaissance-Kapellen solltest du ebenfalls nicht außer Acht lassen.
  • Sant‘Agostino: San Gimignanos zweitgrößte Kirche wirkt gewaltig, geradezu monumental. Der ausladende Bau aus dem 13. Jahrhundert dominiert Teile des Stadtkerns. Ein 17teiliger Freskenzyklus behandelt das Leben des Heiligen Augustinus, während die Capella di San Bartolo die Gebeine des gleichnamigen Heiligen beherbergt.
  • San Jacopo al Tempio: Hinter den Mauern aus Ziegeln und Travertin verstecken sich zahlreiche Kunstschätze. Die einschiffige Kirche beherbergt atemberaubend schöne Fresken von Memmo di Filipuccio und Pier Francesco Fiorentino. Heute gehört das Gebäude den Nonnen von San Girolamo. Eine verdeckte Überführung verbindet Kirche und Kloster.

 

Nur wenige andere Orte bieten so viel geballte, hervorragend erhaltene Architektur aus dem Mittelalter wie der Stadtkern von San Gimignano. Bei diesem Streifzug über weite Plätze und durch enge Gassen fühlst du dich wie in eine andere Zeit versetzt. Lass dich zwischendurch nieder, am besten beim wohl weltbesten Eis, und lass dich von der einzigartigen Atmosphäre der alten Mauern zu historischen Tagträumen tragen.

Arabisch-normannisches Palermo und die Kathedralen

Arabisch-normannisches Palermo und die Kathedralen

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Die Siedlungsgeschichte Siziliens könnte kaum spannender sein. Ihre ganze Geschichte hindurch regierten verschiedene Völker die Insel und drückten ihr einen unverkennbaren Stempel auf. Bis heute fördern Ausgrabungen und Forschungsarbeiten neue Zeugnisse unterschiedlichster Kulturen zutage. Gelegentlich vermischten sich diese Kulturen mit spektakulären Ergebnissen. Palermo steht exemplarisch für Siziliens architektonische Vielseitigkeit. Die Vermengung von arabischen, normannischen und byzantinischen Einflüssen ist heute noch an zahlreichen Plätzen der Stadt greifbar. Mehrere Kirchen, Schlösser und eine Brücke sowie die beiden Kathedralen von Monreale und Cefalù wurden 2015 zur UNESCO-Weltkulturerbestätte erhoben und laden dich auf eine packende Rundreise ein.

Siziliens Siedlungsgeschichte

Arabisch-normannisches Palermo und die Kathedralen, UNESCO

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Die Siedlungsgeschichte der Insel ist ungemein vielschichtig. Wir überspringen ein paar Jahrtausende und steigen etwas später ein, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nach der Teilung des Römischen Reichs übernahmen zunächst die Vandalen, dann die Ostgoten die Zügel auf Sizilien. 535 eroberte Kaiser Justinian I. die Insel im Rahmen seiner Bestrebungen, Teile des Weströmischen Reichs zurückzugewinnen. Die byzantinische Vorherrschaft hielt mehrere Jahrhunderte, überstand Rebellionen und einen Gegenkaiser, bevor die arabische Eroberung Siziliens 831 Palermo fallen ließ. Zwar wandelten die Araber viele Kirchen in Moscheen um, ließen die Christen jedoch im Allgemeinen nach ihren eigenen Gesetzen leben. Neue Bewässerungstechniken brachten der Landwirtschaft einen kräftigen Aufschwung.

Während Sizilien in der Folgezeit mehr Autonomie gewann, zerfiel es nach dem Aussterben der muslimischen Kalbiten-Dynastien in kleine Fürstentümer. Die Normannen setzen in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts mit ihren Eroberungszügen ein, Palermo wurde 1072 erobert. Im Gegensatz zu früheren Herrschern blieb die große Siedlerwelle allerdings aus, und so lebten Juden und Muslime weiterhin überwiegend nach ihrer eigenen Gesetzgebung. Mit dem Tod des letzten normannischen Königs von Sizilien im Jahr 1194 ging das Reich an die Staufer-Dynastie.

Palermos Schlösser und die Ponte dell‘Ammiraglio

Bauwerke aus der arabischen Zeit suchst du heute vergebens, und doch spricht man vom arabisch-normannischen Stil. Tatsächlich waren arabische Handwerker und Künstler auch unter normannischer Herrschaft an den verschiedensten Bauprojekten beteiligt. Ihre Handschrift ist also vielerorts unverkennbar, und das gilt natürlich auch für die beiden Schlösser Palermos. Gemeinsam mit einer Kapelle und einer Brücke machen sie den ersten Teil unserer UNESCO-Mini-Tour aus.

  • Palazzo dei Normanni: Im 9. Jahrhundert ließ der Emir von Palermo eine Sommerresidenz zwischen zwei Flussläufen errichten. Der normannische König veranlasste den Umbau des Palazzo dei Normanni oder Palazzo Reale zu einem stattlichen Regierungssitz, der im Laufe der folgenden Jahrhunderte weitere Veränderungen erfuhr. An der Fassade erinnern einzelne, mit Blendarkaden verzierte Stellen sowie die Torre Pisana an die normannische Zeit, während das Innere des Palastes unter anderem Elemente der Renaissance beherbergt. Die Sala dei Venti und die Stanza di Ruggero gehen auf die Zeit Rogers II. zurück.
  • Cappella Palatina: Die Hofkapelle des Palazzo wurde ebenfalls unter Roger II. errichtet. Beim Aufbau und der Ikonographie bezog man sich auf römische und byzantinische Riten. Vom mit Marmor und Porphyr geschmückten Boden bis zur Holzdecke mit arabischer Schnitzkunst erlebst du die engen kulturellen Verflechtungen dieser Zeit in Reinkultur.
  • Castello della Zisa: Ein hoher Kubus dient als Blickfang im königlichen Park. Die einstige Sommerresidenz der normannischen Könige, heute Heimat des Museums für islamische Kunst, perfektioniert die Fusion normannischer und arabischer Einflüsse. Nischen mit Muqarnas im Inneren symbolisieren dieses Aufeinandertreffen auf eindrucksvolle Weise.
  • Ponte dell‘Ammiraglio: Ursprünglich überspannte die Brücke Georgs von Antiochien, ein hoher Hofbeamter Rogers II., einen Seitenarm des Flusses Oreto, bevor dieser 1938 trockengelegt wurde. Dafür bediente sich der Admiral oder Ammiratus (daher auch der Name) einer speziellen arabisch-normannischen Technik.

 

Die arabisch-normannischen Kirchen Palermos

Einen nummerisch großen Teil dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte machen die sakralen Gebäude aus. Gleich vier Kirchen stehen ebenfalls in Palermo. Bist du bereit für einen Blick auf diese arabisch-normannischen Highlights?

  • Kathedrale von Palermo: Was du heute als Kathedrale von Palermo besuchst, ist alles andere als das Originalgebäude. Dieses wurde schon im 6. Jahrhundert errichtet, später in eine Moschee umgewandelt und nach Beschädigungen aufgrund eines schweren Erdbebens 1169 abgerissen. Der Neubau begann nur wenige Jahre später, Erweiterungen und Veränderungen folgten bis ins 19. Jahrhundert. Die drei Apsiden reflektieren nach wie vor arabischen Einfluss, während das Innere mittlerweile klassizistischer Prägung ist.
  • San Giovanni degli Eremiti: Auf einem arabischen Vorgängerbau basierend, finden sich nach wie vor Elemente des Originals an der Fassade, zudem blieb die gesamte Südmauer erhalten. Bei deinem Ausflug in die Kirche entdeckst du alte Freskenreste in der Sakristei. Diese Abbildung einer thronenden Muttergottes sowie Überbleibsel roter Wandinschriften wirken wie aus der Zeit gefallen.
  • Santa Maria dell‘Ammiraglio: Kannst du dich noch an Georg von Antiochien erinnern? Er stiftete diese Kirche, welche deshalb auch seinen Namen trägt. Byzantinische Ikonographie, arabische Schnitzarbeiten, korinthische Kapitelle und katalanische Gotik sind nur einige der vielen stilistischen Elemente. Hier entdeckst du Neues und Faszinierendes in jedem Winkel.
  • San Cataldo: Diese Kirche zählt zu den letzten, die im arabisch-normannischen Stil erbaut wurden – perfekt für den Abschluss deiner Palermo-Tour. Großadmiral Maio von Bari ließ sie als seine Privatkirche erbauen und verpasste dem klassischen Kubusbau Elemente aus seiner apulischen Heimat. Eingelassene Säulen und Muqarnas mit abgestuften Spitzbögen sind typisch für den Stil dieser Epoche.

 

Die Kathedralen von Monreale und Cefalù

Der arabisch-normannische Stil hinterließ aber auch außerhalb Palermos Spuren. So beinhaltet die UNESCO-Weltkulturerbestätte zwei weitere Kathedralen in benachbarten Bistümern. Dieser Ausflug lohnt sich gewiss:

  • Kathedrale von Monreale: Ein weiteres Spätwerk dieser Bauphase perfektionierte die normannisch-arabisch-byzantinische Symbiose vom massiven Baukörper über die Intarsien und Blendbögen an den Außenmauern bis zu den berühmten Goldgrundmosaiken. Diese byzantinischen Elemente leuchten auch heute noch in schillernden Farben und rechtfertigen für sich alleine bereits den Besuch. Ein weiteres Highlight ist der ausladend gestaltete Kreuzgang mit 26 spitzbogigen Arkaden und höchst unterschiedlich gestalteten Doppelsäulen. An der einen oder anderen wirst du weitere Mosaike in Form von Einlegearbeiten erkennen.
  • Kathedrale von Cefalù: Majestätische Zwillingstürme heißen dich bei deinem Besuch gebührend willkommen. Der Legende nach geriet Roger II. vor der Nordküste Siziliens in einen schweren Sturm und konnte sich nach Cefalù retten. Als Dank ließ er diese Kathedrale errichten, die ursprünglich sogar seine Grabkirche werden sollte. Byzantinische und normannische Mosaike, verschiedene Grabmäler und Skulpturen erwarten dich im Inneren.

 

Sizilien lohnt sich immer, und mit dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte auf dem Programm erst recht! Palermo, Monreale und Cefalù beheimaten Fusionsbaukunst der außergewöhnlichen Art. Erlebe hautnah, wie verschiedenste Stile und Epochen auf gekonnte und einzigartige Weise zueinanderfinden. Viel Spaß bei deiner unvergesslichen Rundtour!

Prähistorische Pfahlbauten um die italienischen Alpen

Seit es Menschen gibt, gibt es Behausungen in den verschiedensten Formen und Bauarten. Sie sind lehrreiche Zeitzeugen und geben Auskunft über Kultur und Status seiner Bewohner. An Seen und feuchten Gebieten hatte man in der Urzeit mit instabilen Bodenbedingungen zu kämpfen. Pfahlbauten erwiesen sich als Lösung. Gerade im alpinen Raum findet sich eine hohe Konzentration an Pfahlbausiedlungen, derer 111 die UNESCO im Jahr 2011 zum Weltkulturerbe erklärte. Diese eindrucksvollen Konstrukte, zwischen 5000 und 500 v. Chr. entstanden, verteilen sich auf gleich sechs Länder. 19 prähistorische Pfahlbauten um die Alpen liegen in Italien, und die stellen wir dir heute vor.

Alte Behausungen an Ufern und im Wasser

Prähistorische Pfahlbauten , UNESCO

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Der Wohnungs- und Hausbau in urzeitlichen Welten war an zahlreiche Herausforderungen gekoppelt, welche die Jagd nach einer Baugenehmigung wie ein laues Lüftchen erscheinen ließen. Man hatte deutlich weniger Werkzeuge und Materialien zur Verfügung, der Untergrund spielte nicht immer mit und die Bedrohung von anderen Stämmen sowie wilden Tieren durfte nicht unterschätzt werden. Pfahlbauten boten die Lösung für alle Probleme. Die dafür verwendeten Pfähle – kaum stärker als 15 Zentimeter, meist ganze oder gespaltene Stämme – wurden an seichten Stellen in den Boden gerammt und konnten je nach Wasserstand drei bis fünf Meter lang sein. Schwere Steine am Pfahlfuß boten zusätzlichen Widerstand gegen Wellenschlag, Lehm, Stroh und Rinden wurden zur Verkleidung herangezogen.

Wusstest du, dass es auch heute noch Pfahlbauten gibt? Klar, die sind jetzt alles andere als prähistorisch, erinnern aber dennoch an ihre Vorfahren. Während amerikanische Überschwemmungsgebiete, unter anderem in Kalifornien, auf modernere Varianten ohne Holz setzen, findest du vor allem in Südostasien und Westafrika solche Gebilde. Sie erschließen feuchtes bis sumpfiges Land und trotzen den Gezeiten.

Pfahlbauten in der Lombardei

Jetzt wollen wir uns aber wieder den prähistorischen Pfahlbauten widmen. Natürlich sind nicht längst alle italienischen Siedlungsfunde – gerade rund um den Gardasee entdeckst du viele alte Pfähle und Ruinen – Teil der UNESCO-Weltkulturerbestätte. Die meisten Siedlungen des Landes findest du in der Lombardei, hier gibt es gleich zehn an der Zahl.

  • Lavagnone: Vier Kilometer vor Desenzano del Garda befindet sich eine der wichtigsten Fundstätten der bronzezeitlichen Polada-Kultur. Neben charakteristischen Henkelgefäßen wurden auch Pfahlreste in der Torfgrube gefunden.
  • San Sivino, Gabbiano: Am Südwestufer des Gardasees, in Manerba del Garda, erhebt sich ein wunderschöner archäologischer Naturpark. Die beiden prähistorischen Grüße ragen im wahrsten Sinne des Wortes hervor… und heraus.
  • Lugana Vecchia: In und rund um Sirmione befinden sich zahlreiche Überreste von Pfahlbauten, welche auf steinzeitliche Ansiedlungen im 2. Jahrtausend v. Chr. hinweisen.
  • Lucone: Polpenazze del Garda dachte immer schon an Schutz, wie die Burg aus dem 10. Jahrhundert zur Abwehr der einfallenden Ungarn zeigt. Die bronzezeitlichen Siedlungsreste sind selbstverständlich deutlich älter.
  • Lagazzi del Vho: Wenn du Piadena besuchst, fühlst du dich schnell in den Bann dieses sympathisches Dorfes gezogen. Neben den Pfahlbauten von Lagazzi besuchst du das archäologische Museum mit alten Fundstücken.
  • Bande – Corte Carpani: Cavriana liegt im Norden Italiens zwischen Mantua und Brescia. Die beiden Ortsteile Corte Carpani und Bande sind von besonderer archäologischer Bedeutung.
  • Castellaro Lagusello – Fondo Tacoli: Wie wäre es mit einem Abstecher nach Monzambano, eines der schönsten Dörfer Italiens? Die kleine Gemeinde zwischen den Provinzen Mantua, Brescia und Verona verzaubert.
  • Isolino Virginia – Camilla – Isola di San Biagio: Vor dem Westufer des Lago di Varese liegt eine kleine, vorgelagerte Insel mit mehreren kleinen prähistorischen Siedlungsresten.
  • Bodio centrale o delle Monete: Jetzt zieht es dich zum Südufer des Sees. Bei Bodio Lomnago siedelten sich einst die Insubrer ein. Die Pfahlbauten sind allerdings wohl älter als der Keltenstamm.
  • Il Sabbione o settentrionale: Eine malerische Pfarrkirche samt Betkapelle begleitet deinen Streifzug durch Cadrezzate im Norden der Region. Beim Abstecher zum Lago di Monate entdeckst du die prähistorischen Zeitzeugen.

 

Pfahlbauten in Venetien und Friaul-Julisch Venetien

Während die Lombardei eine ganze Menge an urzeitlichen Behausungsresten zu bieten hat, sieht die Situation in den weiteren Regionen ganz anders aus. Venetien beheimatet immerhin vier Weltkulturerbestätten, während es in Friaul-Julisch Venetien nur eine einzige zu sehen gibt. Und doch solltest du dir keine einzige entgehen lassen.

  • Belvedere und Frassino: Diese beiden Siedlungen werden von der UNESCO als gesonderte Einträge geführt, befinden sich aber in derselben Stadt. Peschiera del Garda beheimatet diese bronzezeitlichen Bauten am Lago di Frassino und am Gardasee.
  • Tombola: Heute werden in Cerea in der veronesischen Tiefebene Möbel gebaut. Du kannst also gut und gerne sagen, dass Holz hier Tradition hat.
  • Laghetto della Costa: Etwas außerhalb des Ortskerns von Arquà Petrarca liegt dieser kleine See am Fuße des Monte Ricco. Neben der bronzezeitlichen Siedlung wurde hier außerdem eine Nekropole der Euganeer gefunden.
  • Palù di Livenza – Santissima: Wasser fließt durch ein weiteres der schönsten Dörfer Italiens. Rund um die fruchtbare Gorgazzo-Quelle entdeckte man die prähistorischen Siedlungen.

 

Pfahlbauten im Piemont und in Trentino-Südtirol

Das große Finale zieht uns weiter denn je zu den Alpen. Je zwei Siedlungen in Trentino-Südtirol und im Piemont decken vor allem die Spätphase der Pfahlbauten ab. Mit einer Ausnahme entstanden die Behausungen nach 2000 v. Chr., was ihrer Faszination selbstverständlich keinen Abbruch tut.

  • 1-Emissario: An der Grenze zwischen den beiden Dörfern Viverone und Azeglio breitet sich der naturbelassene See Lago di Viverone mit seinen urzeitlichen Siedlungsüberresten aus.
  • Mercurago: Vielleicht kennst du Arona als römischen Militärstützpunkt. Die Siedlungsgeschichte am Lago Maggiore reicht aber deutlich weiter zurück.
  • Molina di Ledro: Ein eigenes Pfahlbaumuseum beherbergt die Überreste dieser prähistorischen Gebilde am Ledrosee. Den nachgebauten Pfahlbau im Außenbereich musst du gesehen haben!
  • Fiavé – Lago Carera: Die ältesten erhaltenen Überbleibsel datieren bis ins Jahr 2300 v. Chr. zurück und können im Sommer kostenlos besichtigt werden.

 

Die Wege zu den verschiedenen Ausgrabungsstätten, Archäologieparks und Überresten an Seeufern mögen weit sein, die lange Reise lohnt sich allerdings. Auf deiner Tour durch den Norden Italiens entdeckst du nicht nur geheimnisvolle Überreste prähistorischer Pfahlbauten, sondern lernst verschlafene Dörfer und geheimnisvolle Natur kennen. Bist du bereit für die große Rundfahrt durch die idyllische UNESCO-Weltkulturerbestätte?

Die etruskischen Nekropolen von Cerveteri & Tarquinia

Etruskische Nekropolen von Cerveteri und Tarquinia, UNESCO

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Wenn du an Italiens antike Geschichte denkst, fällt natürlich zunächst der Name Rom. Die einstige Weltmacht, das gewaltige Imperium, das einzigartige architektonische und kulturelle Erbe – aber was war eigentlich vor den Römern? Die Etrusker besiedelten das nördliche Mittelitalien von ca. 800 v. Chr. bis in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. und hinterließen faszinierende kulturelle Zeugnisse, die auch heute noch mit großem Interesse erforscht werden, nicht zuletzt aufgrund der vielen damit verbundenen Rätsel. Die alten Friedhöfe und die Bestattungspraktiken der Etrusker gelten als besonders faszinierend, und so dürfte es dich kaum überraschen, dass die etruskischen Nekropolen von Cerveteri und Tarquinia, zwei überaus prächtige Beispiele dieser Stätten, seit 2004 als UNESCO-Weltkulturerbestätte gelten.

Über die etruskische Kultur

Wie die etruskische Kultur tatsächlich nach Etrurien, so der Name ihres Kernlands, das sich über weite Teile der heutigen Toskana sowie das nördliche Latium und ein Stück von Umbrien erstreckte, gelangte, ist unklar. Allerdings dürften Einwanderung der Bevölkerung und Entstehung der Kultur in kurzer Abfolge passiert sein. Bis heute ranken sich mehrere Theorien um die Geburt der Etrusker – von der Einwanderung aus Lydien (heutige Türkei) bis zum Hervorgehen aus der eisenzeitlichen Villanova-Kultur Bolognas. Erste Belege in Form von Grabfunden stammen aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. Anhand verschiedener Nekropolen zeigten sich mitunter starke Einschnitte im Bestattungsritus. Verschiedene Praktiken wurden teils parallel, teils nacheinander durchgeführt und dienen der historischen Einordnung der diversen Stätten.

Tatsächlich weiß man heute viel zu wenig über die Etrusker. Bauliche Hinterlassenschaften sind leider Mangelware – einzelne Fundamente hier und da, vor allem von Tempeln – dazu kommen so manche Kunstgegenstände, welchen den Übergang von der orientalischen zur griechischen Prägung der Kultur zeigen. Ebenso gilt die Sprache mangels ausführlicher Überlieferungen bestenfalls als rudimentär erforscht. Nicht zuletzt deswegen übt die etruskische Kultur bis heute eine ungebrochene Faszination auf die Forschung aus. Sie mag durch die Assimilation ins Römische Reich nach Bündnisverträgen in vorchristlicher Zeit weitestgehend verschwunden sein – die Gewährung uneingeschränkter Bürgerrechte um 90 v. Chr. schloss das etruskische Kapitel formal ab – und doch gestaltet sich die Suche nach Spuren nach wie vor als packende Herausforderung.

Die Grabanlagen von Cerveteri

Etruskische Nekropolen von Cerveteri und Tarquinia

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Unser erster Stopp führt uns in die Nähe Roms, ca. 42 km westlich der Hauptstadt. Zwischen den Sabatiner Bergen und dem Tyrrhenischen Meer erhebt sich die sympathische Stadt Cerveteri. Von den Etruskern gegründet, hieß der Ort einst Caere oder, um im Etruskischen zu bleiben, Kaisrie. Durch den Export von Eisenerz wurde Cerveteri zu einer der größten und bevölkerungsreichsten Städte Süd-Etruriens, mehr als 15 mal so groß wie der heutige Ort.

Wo gelebt wurde, wurde natürlich auch gestorben. Das klingt fatalistisch, eröffnet dir heute allerdings packende Einblicke in die weiterhin mystische Kultur der Etrusker. Die beiden Nekropolen von Cerveteri mit ihren tausenden Gräbern wurden nach einer Art Stadtplan angelegt. Es gibt verschiedene Plätze und Viertel, Größe und Ausstattung hängen unter anderem von der Epoche sowie der Bedeutung der Familie ab. Zu den wichtigsten Grabstätten zählen:

  • Tomba dei Capitelli: Das Grab der Kapitelle erinnert an die traditionellen Wohnbauten der Etrusker. Seine Flachdächer mit Holzdielen und Stroh vermitteln ein klassisches, durchaus familiäres Bild.
  • Tomba dei Vasi Greci: Ein langer Gang, der stark an einen etruskischen Tempel erinnert, führt in diese Grabstätte aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Warum man diesen Bereich „Grab der griechischen Vasen“ nennt, siehst du schnell selbst.
  • Tomba dei Rilievi: Wohl erst um 300 v. Chr. erschaffen und somit eines der jüngsten Gräber, führt dich ein langer Treppengang zu einem prunkvollen Saal, der von mächtigen Säulen gestützt wird. Rund um die 13 Totennischen säumen aufwändig dekorierte Reliefs diese Stätte und vermitteln spannende Einblicke in das Leben (und den Tod) einer wohlhabenden etruskischen Familie.
  • Tomba della Cornice: Über den aufsteigenden Eingang führt ein weiterer langer Gang zur letzten Ruhestätte. Neben den zwei kleineren Seitenzimmern mit je zwei Totenbetten beeindruckt die schlichte und doch mächtige Konstruktion der drei Haupttotenzimmer im zentralen Raum.
  • Tomba Regolini-Galassi: Die zuvor erwähnte orientalische Prägung der etruskischen Anfänge macht dieses Grab aus dem 7. Jahrhundert greifbar. Der wohl älteste zugängliche Friedhof der Stadt war einst reich mit Gold verziert. Viele der aufwändigen Grabbeigaben sind heute in regionalen und sogar internationalen Museen ausgestellt.

 

Ein großes Problem Cerveteris ist die Grabräuberei. Nach wie vor sind nicht einmal annähernd alle Grabstätten der Stadt vollkommen erforscht, noch weniger sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Aufgrund der schieren Masse können nicht alle Eingänge – egal wie erschlossen – kontrolliert werden, und so treiben immer wieder mit hochwertigem technischen Gerät ausgestattete Grabräuber ihr Unwesen. Internationale Auktionshäuser, beispielsweise in London und Los Angeles, verkaufen ab und an solche Gegenstände, was auf verständlichen Unmut stößt.

Tarquinias Nekropolen

Auch Tarquinia, zu etruskischer Zeit Tarchuna genannt, nahm eine wichtige Rolle für die antike Kultur ein. Eine acht Kilometer lange Mauer umgab die zu Zeiten der Villanova-Kultur gegründete Stadt, die nicht zuletzt taktisch von Bedeutung war. Heute kennt man die Stadt im äußersten Nordwesten Latiums aufgrund ihrer Ausgrabungsstätten. Dein Hauptaugenmerk gilt der Monterozzi-Nekropole am südöstlichen Stadtrand. Rund 6.100 in Fels geschlagene, mit Tumuli abgedeckte Grabkammern entstanden hier zwischen dem 6. und 2. Jahrhundert v. Chr. An die 150 Kammern sind mit Fresken ausgestattet, welche eine zentrale Rolle in der etruskischen Kunst einnehmen und unbedingt besichtigt werden müssen. Folgende Grabstätten sind ein absolutes Muss:

  • Tomba del Cacciatore: Du wolltest immer schon wissen, wie es im Inneren eines etruskischen Jägerpavillons aussah? Dieses Grab aus dem 4. Jahrhundert samt Holzstruktur verleiht packende Einblicke.
  • Tomba della Caccia e della Pesca: Das Grab der Jagd und der Fischerei zeigt Szenen aus eben jenen Bereichen wie auch einen dionysischen Tanz. Zudem sind Portraits der Grabinhaber zu sehen, was diese Stätte zu einer der meisterforschten in Tarquinia macht.
  • Tomba delle Leonesse: Hier erwarten dich tiefe Einblicke in das Leben der etruskischen Aristokratie, von aufsteigenden Vögeln und springenden Delfinen umgeben. Hier sollte eine Brandbestattung aufgenommen werden, zumindest lässt dies der Aschebehälter vermuten.
  • Tomba degli Auguri: Leider wurde diese Grabkammer, wie so viele etruskische Ruhestätten, ausgeraubt. Die Abdrücke der beiden entwendeten Totenbetten sind noch in der Kammer zu sehen. An den Wänden siehst du Szenen eines Ringkampfs, wohl der Vorläufer der römischen Gladiatorenspiele.
  • Tomba dei Tori: Als einziges Grab in Tarquinia befasst sich diese Stätte mit griechischen Themen. Eine Darstellung aus dem Leben des Helden Achilleus – typisch für griechische Vasen – ziert diese mythologisch orientierte Ruhestätte.

 

Wenn du immer schon mal tiefe Einblicke in die einzigartige Kultur der Etrusker genießen wolltest, ist dieser Ausflug in den Nordwesten des Latium ein absolutes Muss. Die Nekropolen vermitteln vielfältige Einblicke ins Leben (und Sterben) über ein halbes Jahrtausend mit vielen weiteren Ausgrabungsstätten und Museen in unmittelbarer Nähe. Mehr geballte etruskische Kultur geht nicht!

Der barocke Königspalast von Caserta

Königspalast von Caserta, UNESCO

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Etwa 40 km nördlich von Neapel erwartet dich Caserta, eine charmante Stadt im Norden Kampaniens. Sie beheimatet ein echtes Schmuckstück, das nicht nur Hollywood zu schätzen weiß. Der im 18. Jahrhundert errichtete barocke Königspalast ist ein prunkvolles architektonisches Juwel, das einst den Bourbonen als Herrschaftsresidenz über die Königreiche Neapel und Sizilien diente. Gemeinsam mit seiner gewaltigen, nicht minder imposanten Parkanlage wurde der Palast 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Diese Stätte ist eine Besonderheit, denn zu ihr zählen zudem das ehemalige Industrieviertel San Leucio und die Wasserversorgungsanlage Vanvitelli-Aquädukt – eine einzigartige Mischung, die es zu erkunden lohnt.

Wie die Bourbonen nach Neapel kamen

Nach dem Tod von König August II. des Starken 1733 brach ein Disput über die Thronfolge Polens aus, der Polnische Thronfolgekrieg von 1733 bis 1738 war das Ergebnis. Zwar waren die militärischen Auseinandersetzungen, vor allem in Polen, Italien und am Rhein, bereits 1735 beendet, aufgrund von Formalitäten bei den Nachfolgeregelungen sollte es bis zur Unterzeichnung der Friedensverträge aber drei weitere Jahre dauern. Im Zuge erhielt Karl VII., Sohn des spanischen Königs, das Königreich Neapel und Sizilien. Als erster Regent seit 230 Jahren beschloss er seine Residenz in das Reich zu verlegen. Neapel war ihm nicht repräsentativ genug, und so erschloss sich Karl für eine Art Planstadt als Herrschaftssitz. Die Arbeiten an der Palaststadt in der heutigen Provinz Caserta begannen.

Luigi Vanvitelli, die königliche Architektenwahl, war eigentlich mit der Restaurierung der Basilika vom Heiligen Haus von Loreto in päpstlicher Mission beauftragt, konnte jedoch losgeeist werden. Der endgültige Entwurf wurde am 22. November 1751 vorgestellt, die Bauarbeiten begannen noch im selben Jahr. Die Arbeiten sollten fast 100 Jahre dauern, unter anderem war Vanvitellis Sohn Carlo als Nachfolger tätig. Karl VII. besuchte den Palast nur selten. Bereits 1759 bestieg er als Karl III. den spanischen Thron und überließ die Großbaustelle seinem damals achtjährigen Sohn Ferdinand, der, mit napoleonischer Unterbrechung, bis zu seinem Tod 1825 über das später erweiterte Reich herrschen sollte.

Tour durch den Monumentalbau

Königspalast von Caserta

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Karl VII. hatte zwei gewaltige Paläste auf seinem „Wunschzettel“: Den Palacio Real im spanischen La Granja und die imposante Anlage von Versailles. Gerade der Stil von La Granja, vor allem jener der Gärten, sollte an die spanische Heimat erinnern, in welche Karl letztlich doch schneller als erwartet zurückkehrte. Über 1200 Räume und 1970 Fenster ziehen sich durch den rechteckigen Königspalast mit Seitenlängen von 247 und 184 Metern. Triumphbogen-artig gebaute Portale schmücken seine Stadt- und seine Gartenseite. Aus Kostengründen verzichtete man allerdings auf die Kuppel über dem Mittelbau und den Flügel am Platz vor der Stadtseite. Aber auch so weiß die Anlage zu beeindrucken.

Obwohl der barocke Königspalast von Caserta in den letzten beiden Jahrhunderten mehrfach verändert wurde, siehst du hier nach wie vor zahlreiche Originalelemente aus der Erbauungszeit. Die Innenräume leben und atmen den ursprünglichen Charme mit alten Möbeln. In den Zimmern wird der Geschmack der jeweiligen Gestaltungsepoche greifbar, und so können sich Tür an Tür höchst unterschiedliche Einrichtungsstile finden. Zu den Must-Sees zählen das Alte und das Neue Appartement mit ihren ausladend geschmückten Räumen und Gemäldesammlungen, die hinter drei gewaltigen Sälen versteckten Königlichen Appartements sowie die Schlosskapelle, welche stark an jene in Versailles angelehnt wurde. Lass dir die Pinakothek mit ihren Bourbonenporträts sowie das schlossgeschichtliche Museo Vanvitelliano ebenso wenig entgehen!

Falls dir die eine oder andere Räumlichkeit bekannt vorkommen, bist du vermutlich fleißiger Kinogeher. Die Innenräume dienten unter anderem als Schauplatz für „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“, sowie „Illuminati“, die Adaption des Dan Brown-Romans mit Tom Hanks und Ewan McGregor. Heute wird der Palast übrigens nicht nur als Sehenswürdigkeit und Drehort verwendet, er dient auch als Unterrichtsort. Im Südwestteil des Parks ist die Fachschule der italienischen Luftwaffe untergebracht, zudem unterhält die nationale Verwaltungshochschule hier eine eigene Außenstelle.

Die begeisternde Parkanlage

Mehr als 100 Hektar Schlosspark begleiten den prunkvollen Königspalast. Karl VII. wich hier von seinen Versailles-Fantasien ab und wollte sich ein Stück spanische Heimat nach Italien holen. Der barocke Berggarten verfügt über eine mittige Sichtachse von drei Kilometern und begeistert mit seinen wundersamen Wasserwerken. Die zahlreichen Kaskaden und Wasserfälle erfüllen übrigens nicht nur ästhetische Zwecke, sie gleichen zusätzlich die Bodenneigung aus.

Unzählige Brunnen, reich geschmückt mit Nymphen, Drachen und Statuen, begleiten dich auf deinem Streifzug durch den Park. Da wäre beispielsweise der Brunnen der Delphine, von drei großen, auf Felsen errichteten Delphinstatuen umgeben. Oder der von 14 Jägerinnen und Jägern flankierte Diana-und-Aktäon-Brunnen mit eindrucksvollem Wasserfall. Oder der mächtige Äolusbrunnen, von dessen 54 Statuen immerhin noch 23 erhalten sind. Oder… oder… ja, wo soll man da eigentlich anfangen? Vielleicht wäre der englische Landschaftsgarten eine Option. Mit seinen raren, exotischen Pflanzen ist er eine versteckte Perle in diesem Meer an Wasserattraktionen.

Vanvitelli-Aquädukt

All diese Brunnen, Becken und Wasserfälle mussten natürlich mit ordentlich Wasser gespeist werden, doch der fließende Rohstoff war ein rares Gut in der Region. Luigi Vanvitelli errichtete zwischen 1753 und 1762 das sogenannte Karolinische Aquädukt, auch Vanvitelli-Aquädukt genannt, um das Wasser aus verschiedenen Quellen in der Umgebung zu sammeln und nach Caserta zu bringen. Die Leitung von Fizzo ist 38 km lang, der 529 m lange und 55,8 m hohe Abschnitt bei Valle di Maddaloni als architektonisches Wunderwerk nach wie vor perfekt erhalten und somit ein wichtiger Bestandteil dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte.

San Leucio

Karl VII. war nicht nur Förderer der schönen Künste, er wagte auch Experimente. Wo sich einst das Jagdschloss der Acquaviva-Familie befand, entstand eine Seidefabrik mit einem Arbeiterdorf, das nach neuesten Erkenntnissen hinsichtlich Produktivität, Innovation und Erfüllung wichtiger Arbeiterbedürfnisse gestaltet wurde. Ferdinand wollte sogar eine eigene Planstadt daraus machen, doch die französische Invasion erstickte diese Bestrebungen im Keim. Und dennoch ließ der Einsatz modernster Technologien San Leucio im ausgehenden 18. und einsetzenden 19. Jahrhundert zum wichtigen Industriestandort reifen. Ein eigenes Seidemuseum zum Anfassen veranschaulicht die revolutionären Produktionsmethoden dieser Epoche.

Eindrucksvolle Barockkunst, beeindruckende Gartenästhetik und revolutionäre industrielle Architektur begleiten dich durch diese gekonnt erweiterte, unwahrscheinlich faszinierende UNESCO-Weltkulturerbestätte. Caserta ist stets einen Besuch wert und macht prunkvolle Geschichte greifbar.

Botanischer Garten von Padua

Botanischer Garten von PaduaWusstest du eigentlich, dass weltweit an die 1800 botanische Gärten existieren? Du findest sie auf allen Kontinenten – die Antarktis lassen wir außen vor – wo sie besondere Pflanzen und deren einzigartige Lebensräume beherbergen. Die Vermengung von Wissenschaft und Vergnügen, wie es der Leitspruch des botanischen Gartens in Kew bei London so herrlich auf den Punkt bringt, fasziniert die Menschen seit fast einem halben Jahrtausend. Tatsächlich existiert der älteste botanische Garten der Welt auch heute noch. Er befindet sich in Padua, ca. 30 km westlich von Venedig. Hier erwarten dich verschiedene Sammlungen und Habitate, die kaum unterschiedlicher sein könnten.

Studium der Heilpflanzen

1533 rief Francesco Bonafede das „Lectrum Simplicium“, das Pharmakologie-Studium, ins Leben. Heilpflanzen nahmen eine zentrale Rolle ein, man wollte (und musste) die Heilkräfte der Natur für sich nutzen und zugleich den Unterschied zu ähnlich aussehenden, normalen Pflanzenarten vermitteln. So gründete der Senat der Republik Venedig 1545 den Botanischen Garten von Padua auf dem Gelände des Klosters Santa Giustina unweit der gleichnamigen Basilika. Mit der Anzucht von Heilpflanzen und der Bereitstellung von Anschauungsmaterial für Studenten waren schnell die wichtigsten Zwecke gefunden und erfüllt.

Im Laufe der Jahrhunderte wuchs das Pflanzen-Portfolio Paduas kontinuierlich. Mitverantwortlich waren Venedigs Handelstätigkeiten, welche zu Importen aus aller Welt führte. Padua übernahm somit eine Vorreiterrolle bei der Einführung von exotischen Pflanzen und deren Studium. Unter anderem wurden hier der erste Flieder, die ersten Sonnenblumen und die erste Kartoffel in Europa gezüchtet. Unter Roberto de Visiani, der 1837 zum Direktor der Anlage ernannt wurde, stieg der botanische Garten zur herausragenden, ja sogar führenden Sammlung der europäischen Botanik im 19. Jahrhundert auf. Sein Lebenswerk, die „Flora Dalmatica“, beschrieb über 600 neue Arten mit mehr als 1000 neuen taxonomischen Namen. 1997 zum UNESCO-Welterbe erklärt, dient der Botanische Garten von Padua weiterhin der Aus- und Weiterbildung von Studenten sowie der Erforschung und dem Erhalt seltener Arten.

Spaziergang durch den Garten

Botanischer Garten von Padua, UNESCOVier Tore, die wohl alle im 16. Jahrhundert entstanden, führen in die ovale Anlage. Exotische Pflanzen umranken die schmiedeeisernen Portale und geben einen Vorgeschmack auf das, was sich dahinter verbirgt. Geometrisch anlegte Wege führen zu den verschiedenen, rund um die Fontäne angelegten Beeten. Ein pharmakologisches Museum sowie eine Bibliothek mit Schriften, die bis ins 15. Jahrhundert zurückdatieren, sind ebenfalls Teil des Gartens. Fünf zentrale Lebensräume begleiten deinen Spaziergang:

  • Mediterraner Maquis: Die typische Küstenvegetation des Mittelmeergebiets mit seinen heißen Sommern und warmen Wintern ist in dieser Macchie repräsentiert. Hier trifft du vor allem auf Schlingpflanzen, dornige Sträucher und ordentlich Gestrüpp.
  • Alpinum: Im krassen Gegensatz dazu widmet sich dieser Lebensraum der alpinen Flora. Die Vegetation oberhalb des Berglandes besteht unter anderem aus von Wurzeln, Büschen und kleinen Bäumchen zusammengehaltenen Gerölllandschaften. Bergkiefer und Zwergwacholder begleiten deine Tour durch dieses Areal.
  • Süßwasser-Habitat: Eigene Süßwasser-Becken wurden für das Wachstum urtypischer Wasserpflanzen installiert. Der Botanische Garten von Padua ist für seine exakte Einhaltung der Bedingungen im klassischen Süßwasser-Lebensraum bekannt und konnte somit eine beeindruckende Vielfalt ansiedeln.
  • Sukkulente Pflanzen: Die Wüste lebt mitten in Italien. Diesen Bereich solltest du unbedingt im Frühjahr und Sommer besuchen, wenn er so richtig aufblüht, ansonsten wird er angesichts der klimatischen Bedingungen unter Verschluss gehalten. Hier siehst du verschiedene Agavengewächse, Doldenblütler und Kakteenarten.
  • Orchideen-Gewächshäuser: Große Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit schaffen – im wahrsten Sinne des Wortes – tropische Bedingungen. In diesen Gewächshäusern gedeiht eine große Vielfalt an Orchideen. Aufregende Formen, schillernde Farben und betörende Gerüche begleiten diesen Streifzug.

 

Weitere Highlights im Botanischen Garten von Padua

Das ist natürlich noch längst nicht alles, was dich bei deinem kleinen Gartenbesuch erwartet. Hier sind einige weitere Höhepunkte, die du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest:

  • Die Sammlungen: Gewächshäuser sind eine Seltenheit im Botanischen Garten von Padua, der Großteil der gut 6000 Pflanzenarten befindet sich daher im Freien und wurde, neben den fünf Habitaten, in verschiedene Sammlungen gruppiert. Dazu zählen:
    • Heil- und Giftpflanzen (mit wissenschaftlichen Informationen ausgestattet)
    • mediterrane Pflanzen
    • Wasserpflanzen
    • Orchideen
    • fleischfressende Pflanzen
    • Gebirgspflanzen
    • Pflanzen der direkten Umgebung Paduas (Euganeische Berge und Triveneto-Region)
  • Garten der Biodiversität: Diese Gewächshausanlage besteht erst seit 2014. Stolze 20 Millionen Euro wurden investiert, um modern und ressourcenschonend zu bauen. Hier findest du ca. 1300 vegetationsgeografisch angeordnete Pflanzenarten.
  • Alte Pflanzen: Angesichts der langen Garten-Geschichte findest du natürlich so manche besonders alte Pflanze. Der 1550 gepflanzten Mönchspfeffer, eine echte Rarität, ging leider 1984 ein, dafür erwartet dich im Arboretum eine gewaltige, 1680 gepflanzte Platane. Seit einem Blitzschlag ist ihr Stamm hohl. Das kleine Gewächshaus im Hortus Sphaericus ist für seine „Seniorenpflege“ bekannt. Neben der ältesten Magnolie Europas (Mitte des 17. Jahrhunderts) und dem ältesten Ginkgo des Kontinents (um 1750) wächst hier auch die älteste Pflanze der gesamten Anlage. Die Zwergpalme wurde 1585 gepflanzt und von Johann Wolfgang von Goethe in seiner „Geschichte meines botanischen Studiums“ erwähnt. Daher nennt man sie auch „Goethe-Palme“.

 

Der Botanische Garten von Padua ist eine Sammlung außerordentlicher Pflanzen und Lebensräume, verbindet wissenschaftliche Aspekte gekonnt mit Gartengenuss und führt dich auf eine Art Mini-Weltreise durch die unterschiedlichsten Habitate und Klimazonen. Lass dir dieses Stück Weltkulturerbe auf keinen Fall entgehen!

Villen und Gärten der Medici in der Toskana

Borgia, Este, Sforza, Grimaldi – Italiens Geschichte ist nicht zuletzt eine Geschichte einflussreicher Familien und Adelsdynastien. Sie drückten Städten und ganzen Landstrichen ihren Stempel auf, trieben die urbane Entwicklung mancher Regionen voran, waren Förderer der schönen Künste. In dieser Aufzählung dürfen die Medici natürlich nicht fehlen. Die aus Florenz stammende Familie übte großen Einfluss vom 15. bis 18. Jahrhundert aus. Aus ihr gingen Großherzöge der Toskana, zwei Königinnen von Frankreich, ja sogar Päpste hervor. Das Mäzenatentum der Medici prägte die Renaissance in Florenz und Umgebung. Seit 2013 gelten zwölf Villen und zwei Gärten in der Toskana als UNESCO-Weltkulturerbestätte. Zeit für eine kleine Rundreise durch diese wunderschöne Region!

Wer waren die Medici?

Villen der Medici in der Toskana

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Vermutlich stammt die Familie aus dem Florentiner Umfeld und trat erstmals in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Erscheinung. Sie gehörten zur Gilde der Kaufleute und zum bürgerlichen Patriziat. 100 Jahre später erlangte Salvestro de‘ Medici als Erster der Familie Macht, übte diese jedoch diktatorisch aus und wurde schnell verbannt. Durch die Entwicklung der Banco Medici erlangte man schließlich Rang und Reichtum. Cosimo de‘ Medici, auch „Il Vecchio“ („Der Alte“) genannt, sollte durch seine Förderung der Künste und des Bildungswesens schließlich zum Aufstieg Florenz‘ entscheidend beitragen.

Mit zwei Unterbrechungen herrschten die Medici bis 1537 über Florenz, dann ging man in das Herzogtum Toskana über. Cosimo I. wurde zum Großherzog der Toskana erkoren und begründete damit eine weitere erfolgreiche Herrschaftslinie. Sie sollte erst 1737 enden, als der kinderlose Großherzog Gian Gastone verstarb und das Großherzogtum an Franz Stephan von Lothringen ging. Noch heute leben Nachfahren anderer Linien, welche den berühmten Namen tragen, darunter der italienische Schriftsteller Lorenzo de‘ Medici. Er schrieb eine spannende Familienbiografie und moderierte eine fünfteilige Dokumentationsreihe über die ehemaligen Herrschaftssitze seiner Familie.

Die Gärten der Medici

Villen der Medici in der Toskana, UNESCO

©Bigstock.com/zummolo

Wo will man bei dieser gewaltigen UNESCO-Weltkulturerbestätte bloß anfangen? Wir entführen dich zunächst in die beiden Gärten in und um Florenz. Hinter dem Palazzo Pitti, dem einstigen Hauptsitz der Medici-Großherzöge, befindet sich der Boboli-Garten. Er gilt als einer der bekanntesten italienischen Gärten des 16. Jahrhunderts mit seinen langgezogenen Achsen, eindrucksvollen Steinelementen, der Vielzahl an Brunnen und Statuen, sowie die Abgrenzung der öffentlichen und halbprivaten Bereiche durch Grotten und Nymphen. Eleonora von Toledos Kreation – sie war die Ehefrau von Cosimo I. – wird heute als eine Art Freilichtmuseum der Gartenskulptur verwendet mit Exponaten, die bis ins römische Altertum zurückreichen.

Ein paar Kilometer weiter außerhalb befindet sich Pratolino, ein Stadtteil von Vaglia. Der prächtige Park der Medici-Villa, auch Villa Demidoff genannt, wurde im Laufe der Jahrhunderte leider um viele Statuen beraubt. Manche gingen komplett verloren, andere befinden sich an anderen Orten, darunter der Boboli-Garten. Nur wenige verblieben, darunter der gewaltige Apennin von Giambologna. Überlieferungen und Bilder gewähren noch heute einen tollen Eindruck von der einstige Pracht dieses Gartens.

Die Villen in Florenz

Nun soll es aber um die Villen gehen, und davon gibt es gleich zwölf an der Zahl. Derer vier befinden sich direkt in Florenz. Sie illustrieren die Macht und den Reichtum der Medici auf vielfältige Weise und reichen in verschiedene Herrschaftsepochen zurück. Wohin deine Reise gehen soll? Na, natürlich zu allen Villen!

  • Careggi: Im Vergleich zu späteren Gebäuden wirkt die Villa von Careggi, eine der ältesten Medici-Villen, noch recht rustikal. Sie gibt sich durchaus festungsartig, verbirgt aber so manchen Schatz hinter den Mauern. Der geometrisch angeordnete Garten ist ein Schmuckstück.
  • La Petraia: Auf den Fundamenten eines Brunelleschi-Kastells entstand gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine der bekanntesten Medici-Villa. Über den Hanggarten mit mehreren Terrassen, der unter lothringischer Herrschaft in einen englischen Landschaftspark eingearbeitet wurde, gelangst du zum prachtvollen Anwesen, das mittlerweile als Museum dient.
  • Castello: Malerisch in die Hügeln von Florenz eingebettet, spielt diese Villa eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Wirklich spannend – und spektakulär – ist die Gartenanlage dahinter. Sie gilt als am besten erhaltenes Idealbild des italienischen Gartens nach Leon Battista Alberti mit drei Terrassen und kompakter, geometrischer Form. Lass dir die magische Tiergrotte nicht entgehen!
  • Poggio Imperiale: Jetzt geht es gleich noch einmal ins Hügelland, denn unweit der Panoramastraße Viale dei Colli erhebt sich dieses mehrfach umgebaute Gebäude. Prächtige Fresken von Matteo Rosselli und dessen Schülern erinnern an die enge Beziehung zum Haus Österreich. Die Villa dient mittlerweile zu Schulzwecken.

 

Weitere Weltkulturerbe-Villen der Medici

Du hast den Aufgalopp einigermaßen überstanden? Prima, denn wir haben noch acht weitere Medici-Villen für dich! Sie befinden sich an strategisch wichtigen Punkten und sicherten Jagdgebiete sowie wertvolle Einnahmequellen ab. Aber auch für bildende Künste und Sommerfrische war gesorgt.

  • Cerreto Guidi: In etwa auf halbem Weg zwischen Florenz und Lucca gelegen, erwartet dich ein prächtiges Jagdschloss. Die geschützte Hanglage macht die Villa von Cerreto Guidi bereits von weitem sichtbar. Heute beherbergt sie ein interessantes kleines Jagdmuseum.
  • Fiesole: Im Gegensatz zu vielen anderen älteren Medici-Villen ist jene in Fisole noch sehr gut erhalten. Hier erholten sich die Medici einst und holten sich intellektuelle Anregung. Ein weiterer spannender Garten mit Zitronenbäumen erschließt sich dahinter. Besichtigungen sind aufgrund des Privatbesitzes nur schwer möglich.
  • Poggio: Der einstige Sommersitz der Medici wurde zu einem gewaltigen Museum umfunktioniert. Hier kannst du Fresken, Musikinstrumente und andere Gegenstände aus dem Leben und Wirken der Familie bestaunen. Von der ursprünglichen Dekoration blieb allerdings nicht viel übrig. Dafür weiß die durchaus spektakuläre Architektur – Poggio gilt als erste herrschaftliche Villa der Renaissance – zu begeistern.
  • La Magia: Vergleichsweise klein, aber fein gestaltet sich dieses Gebäude im Herzen Quarratas. Großherzog Francesco I. erwarb La Magia 1583, um sein Jagdgebiet auszubauen. Die heute im Gemeindebesitz befindliche Villa gibt sich eher schlicht und aufgeräumt mit sympathischem Garten.
  • Artimino: Diese Villa auf dem Rücken des Monte Albanos kommt ausnahmsweise ohne Garten aus, was am Wassermangel in diesem bergigen Gebiet liegt. Dafür wurde viel Liebe in das heute für Veranstaltungen vermietete Gebäude gesteckt, und so sorgten mehrere Restaurierungen dafür, dass es weiterhin in altem Glanz erstrahlen kann.
  • Cafaggiolo: Bereits im frühen 15. Jahrhundert befand sich das ehemalige Kastell im Familienbesitz, bevor es ein paar Jahrzehnte später zur nach wie vor recht wehrhaft wirkenden Villa umgebaut wurde. Leider ließen die Borghese im 19. Jahrhundert Mauer und Türme schleifen. Auch der Renaissancegarten verlor sich in den Wirren der Zeit.
  • Trebbio: Besuche dieser frühen Medici-Villa sind nur selten möglich, da sie sich aktuell in Privatbesitz befindet. Falls du die Gelegenheit dazu hast, ergreife sie unbedingt beim Schopf! Dieses besonders alte Gebäude mit seinem imposanten Terrassengarten beeindruckt auch heute noch.
  • Seravezza: Der einstige Charme dieser Villa in der Provinz Lucca lässt sich heute nur noch erahnen, beispielsweise anhand eines Gemäldes von Giusto Utens. Durch den Standort Seravezza konnte Cosimo I. seinen Anspruch auf die Marmorsteinbrüche, die Silber- und Bleiminen sichern, das Gebäude war vornehmlich Mittel zum Zweck. Vom alten Garten blieb nichts zurück.

 

Wenn du wirklich alle Gärten und Villen der Medici besuchen möchtest, wartet einiges an Arbeit auf dich. Die Mühe lohnt sich aber absolut, denn dich erwarten nicht nur spannende Gebäude und begeisternde Gärten, sondern auch viele prachtvolle Städte und sympathische Dörfchen inmitten der idyllischen Toskana. Viel Spaß bei einer wahrlich unvergesslichen Rundreise!