Archäologische Stätten von Agrigent

Archäologische Stätten von Agrigent, UNESCO

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Zahlreiche Völker hinterließen im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende ihre Spuren in Italien. Nicht nur das Festland, auch die Inseln erinnern an einstige Weltmächte und große Regenten. Sizilien diente in vorchristlicher Zeit vornehmlich als griechische Kolonie. Die Hellenen errichteten zahlreiche Städte, gewaltige Tempel und Monumente. Einige von ihnen überdauerten sogar spätere Eroberungszüge der Punier und Römer. Die wohl wichtigste archäologische Stätte der Insel wurde 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Sie liegt in Agrigent, südlich des heutigen Stadtkerns, und illustriert die einstige griechische Macht besonders eindrucksvoll. Du bist geschichtlich interessiert? Dann muss du das Tal der Tempel unbedingt besuchen!

Akragas und das Tal der Tempel im Wandel der Zeit

Agrigents archäologische Weltkulturerbe-Stätte umfasst vor allem die alte griechische Stadt Akragas. Sie wurde im Zuge der zweiten griechischen Kolonisationswelle um 582 v. Chr. gegründet und entwickelte sich schnell zur zweitwichtigsten griechischen Polis auf Sizilien neben Syrakus. Auf einem Hochplateau gelegen, bot Akragas exzellente Verteidigungsmöglichkeiten dank steil abfallendem Gelände und mehreren Flüssen. Massive Stadtmauern erwiesen sich jahrhundertelang als unüberwindbare Hürde. Gegen feindliche Armeen gut geschützt, bauten die Herrscher der Polis diese sukzessive aus. Mehrere Tempel und eine Akropolis wurden errichtet, die Mauern erweitert.

Nach mehreren Konflikten zerstörten die Römer Akragas schließlich um 261 v. Chr., kurz darauf setzten karthagische Eroberungszüge ein. Unter endgültiger römischer Herrschaft sollte Agrigentum, wie die Siedlung nun hieß, erneut aufblühen, bevor sie nach dem Einfall der Vandalen mehr und mehr verfiel. Inspiriert durch Goethes und Seumes Reisetagebücher, begannen im 19. Jahrhundert schließlich umfangreiche Ausgrabungsarbeiten. Heute hat das Tal der Tempel vor allem mit dem schleichenden Verfall der Bausubstanz Kalkstein sowie der Ausweisung mancher Gebiete als Bauland, begleitet von illegalen Bauten, zu kämpfen.

Charakteristika der Tempel

Archäologische Stätten von Agrigent

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Was aber macht die Tempel im archäologischen Park von Agrigent anders als vergleichbare Monumente alter griechischer Baukunst? Da wäre beispielsweise das Baumaterial: Während in und rund um Athen vor allem Marmor verwendet wurde, triffst du in Agrigent auf Kalkstein, der aus dem nahen Flusstal des Akragas stammt. Eine Stuckschicht verleiht ihm den Marmor-Look. Außerdem folgen die Tempel frontbetonten Entwürfen, wie du an der breiten Freitreppe und den Opferaltar, an dem Zeremonien mit Tieropfern stattfanden, sehen kannst. Das Olympieion bricht ein wenig aus den gängigen Entwürfen aus. Hier kannst du sogar kathargische Elemente wie Pfeiler (statt Säulen) sehen. Diese stehen stellvertretend für den damaligen Triumph der Griechen über die Karthager.

Ein Spaziergang durch das Tal der Tempel

Der Archäologie- und Landschaftspark „Tal der Tempel“ fasst die wichtigsten Überreste griechischer Siedlungen entlang der südlichen Stadtmauern zusammen, begleitet von alten Heiligtümern, die sogar noch früher entstanden waren. Lass dich vom Namen nicht verwirren – es handelt sich hierbei um kein Tal im herkömmlichen Sinne, sondern um ein Hochplateau. Aber genug gefaselt, hier sind einige unserer Park-Highlights, die du dir im Rahmen einer geführten Tour unbedingt ansehen solltest:

  • Olympieion: Nach dem Sieg über die Karthager in der Schlacht bei Himera um 480 v. Chr. gab der Tyrann Theron den Tempel des Olympischen Zeus in Auftrag. Karthagische Architekturelemente sollten die Überlegenheit der Griechen symbolisieren. Das Olympieion war der drittgrößte Tempel der griechischen Antike überhaupt. Nach der Eroberung der Kolonie durch die Karthager – welch Ironie – bleiben allerdings nur Mauer- und Säulenreste über.
  • Stadtmauer: Die Mauer an der Südseite der Stadt wurden einst aus dem Fels herausgeschlagen. In der Innenseite siehst die Grabstätten aus byzantinischer Zeit.
  • Heraklestempel: Wohl im 5. Jahrhundert v. Chr. errichtet, ruht dieser Tempel auf einem dreistufigen Unterbau. Seine Trümmer findest du über das gesamte Areal verstreut, die Säulen wurden 1924 wieder aufgerichtet.
  • Heratempel: Wenn man es genau nimmt, wurde dieser Tempel gar nicht der Hera gewidmet – es handelt sich um eine Verwechslung, die eigentliche göttliche Widmung ist heute unbekannt. Mittlerweile stehen 25 der ursprünglich 34 Säulen. Einige tragen sogar noch ihre Kapitelle und einen Architrav.
  • Gärten von Kolymbéthra: Diese Talsenke diente einst dem Wasserablauf und der Wasserversorgung. Später verlandet, entstanden hier fruchtbare Obst- und Gemüsegärten. Einige der Bäume und Pflanzen sind hunderte von Jahren alt. Die antiken Aquädukte dienen heute der Gartenbewässerung.
  • Dioskurentempel: Die Rekonstruktion dieses Tempels sorgt in der Fachwelt für große Kontroverse. Ihr malerisches Aussehen wird aufgrund der Vermischung von Bauteilen mehrerer Stilepochen weitestgehend abgelehnt. Sehenswert ist das Tempelgelände aber allemal.
  • Concordiatempel: Im Gegensatz zum Dioskurentempel ist der Concordiatempel der wohl am genauesten ausgeführte Tempel im Park. Er ruht auf einem Sockel der Bodenunebenheiten ausgleicht, und wurde bis ins 17. Jahrhundert als christliche Basilika genützt.
  • Frühchristliche Nekropole: Zwischen dem 3. und 9. Jahrhundert n. Chr. wurden die Gräber zwischen dem Concordia- und dem Heraklestempel geschaffen. Die darunterliegende Katakombe kann leider nicht besichtigt werden.
  • Heiligtum der chthonischen Gottheiten: Schon vor der großen Kolonialisierung Akragas‘ verehrten die Griechen ihre Gottheiten. Die ältesten Bauteile dieses Heiligtums lassen sich auf die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. zurückdatieren.

 

Weitere Bauwerke und Sehenswürdigkeiten

Agrigents archäologische Stätten kennen noch viele weitere Highlights, die sich rund um den Archäologie- und Landschaftspark erstrecken. Wir haben ein paar Favoriten für dich ausgewählt:

  • Poggetto San Nicola: Mitten in der antiken Stadt erhebt sich ein kleiner Hügel, der Poggetto San Nicola. Auf dieser Anhöhe befindet sich eine alte Kirche der Zisterzienser mit romanischer Fassade. Die Marmorreliefs in der Seitenkappelle sind allerdings griechischen Ursprungs. Das Archäologische Museum fasst die wichtigsten Funde aus Agrigent und seiner Umgebung zusammen, darunter ein römischer Kindersarg und ein Telamon vom Olympieion.
  • Hephaistostempel: Gerade noch innerhalb der antiken Stadtmauer aber außerhalb des Parks gelegen, erhebt sich der jüngste der klassischen Akragas-Tempel. Leider blieben nur zwei Säulenreste über.
  • Asklepiostempel: Neuere Grabungen förderten einen Gebäudekomplex rund um diesen Tempel außerhalb der Stadt zu Tage. Hier soll laut Cicero einst ein Standbild des Apoll aufbewahrt worden sein.
  • Akropolis: Einst befanden sich zwei Tempel – der Zeus und der Athena geweiht – auf der Akropolis, die sich über zwei Hügel erstreckte. Ihre Reste blieben leider verborgen, die Kirche Santa Maria dei Greci befindet sich vermutlich am ehemaligen Standplatz des Athenatempels.

 

Ungebrochene Faszination begleitet die archäologischen Stätten von Agrigent bis heute. Die Mischung aus alten Ruinen und versuchten Neuaufbauten verzaubert bis heute auf schwer in Worte zu fassende Weise. Anders gesagt: Du musst unbedingt in das Tal der Tempel reisen. Kaum hast du einen Fuß auf die Erde gesetzt, kannst du die wechselhafte Geschichte dieses Orts förmlich spüren. Lass dir diese und weitere ZAINOO-Top-Destinationen auf keinen Fall entgehen!

Felsbilder der Valcamonica

Felsbilder der Valcamonica, UNESCO

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Im Jahr 1978 richtete die UNESCO seine Liste der Weltkulturerbestätten mit den ersten zwölf Orten in Afrika, Europa, Nord- und Südamerika. Bereits ein Jahr später durfte sich Italien über seine erste Weltkulturerbestätte freuen, und diese führt in längst vergangene Tage. Die Felsbilder der Valcamonica in der Lombardei entstanden wohl bereits ab 8.000 vor Christus. Schätzungen reichen von 140.000 bis über 300.000 solcher mittelsteinzeitlicher bis eisenzeitlicher Abbildungen. Hast du bereits für deine urzeitliche Rundreise gepackt? Gut, dann kann es losgehen!

Über Valcamonica

Auch Val Camonica genannt, handelt es sich bei diesem Landstrich um ein Tal, wie du wahrscheinlich schon richtig vermutet hast. Genau genommen erstreckt es sich über 70 Kilometer in der Provinz Brescia in der Lombardei, vom Fluss Oglio durchzogen. Ihren Namen erhielt Valcamonica (im Lateinischen „Vallis Camunnorium“, zu Deutsch „Tal der Camunni“) von den Camunni, einem eisenzeitlichen Volk und zugleich Vorfahren der heutigen Tal-Bewohner, der Camunen.

Neben mehreren National- und Archäologieparks, die eng mit den Felsbildern verbunden sind, triffst du hier auf faszinierende Sehenswürdigkeiten aus der Römerzeit und dem Mittelalter. Falls du also ein wenig mehr Zeit mitbringst, empfehlen wir dir Abstecher nach Brena und Cividate Camuno mit ihren römischen Ruinen, den wunderschönen mittelalterlichen Dörfern Bienno und Lovere, oder den vielen malerischen Kirchen und Schlössern zwischen Berg und Tal.

Die Camunni

Obwohl sie das Tal vermutlich erst um das 1. Jahrhundert v. Chr. bevölkerten, gilt der Einfluss der Camunni als maßgeblich für die Blütezeit der Felsbilder der Valcamonica. Die kulturelle Tradition dieses Volkes reicht vermutlich sogar bis ins frühe Neolithikum zurück. Man vermutet heute, dass es Kontakte mit den Etruskern und Kelten gab. Beide Völker übten großen Einfluss auf die Camunni aus. Bis heute ist ihr Name eng mit den Felsbildern der Valcamonica verbunden, denn sie zeichneten sich für eine große Anzahl solcher Ritzungen verantwortlich.

Leider bleib vieles über die Camunni im Dunkeln. Sie hinterließen nur sehr wenige Schriftstücke unter ihren Zeichnungen, die sich kaum entziffern lassen – man vermutet, dass ihre Sprache eine etruskisch-keltische Mischform war. Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. eroberte Rom das Camunni-Gebiet während der Augusteischen Alpenfeldzüge. Das Imperium gestand dem Volk eine gewisse Selbstverwaltung zu, das römische Bürgerrecht folgte schon bald und die urzeitlichen Wurzeln gerieten in Vergessenheit.

Charakteristika und Entdeckung der Felsbilder

Felsbilder der Valcamonica

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Jene Felsbilder, die du im Rahmen deiner Touren – am bestem mit einem Guide für grandiose Einblicke in die verschiedenen Kulturen tausender Jahre – entdeckst, entstanden über einen langen Zeitraum. Erste Ritzungen wurden vermutlich bereits in der Mittelsteinzeit um 12.000 v. Chr. vorgenommen, während die wohl häufigsten und bekanntesten Felsbilder von den Camunni stammen und rund um das 1. Jahrhundert v. Chr. angefertigt wurden.

Die Anordnung und Darstellung der einzelnen Figuren gibt bis heute Rätsel auf. Teils zeigen sich klare Hierarchien, an anderen Stellen wirken sie geradezu wahllos in den Stein geritzt. Als erwiesen gilt jedoch, dass es sich überwiegend um Ideogramme handelt, also Darstellungen, die für ein ganzes Konzept bzw. eine ganze Idee stehen. Sie sind zumindest ritueller und religiöser Natur. Zu ihren berühmtesten zählt die Camunische Rose – eine blumenartige Ritzung, welche die Region Lombardei zu ihrem offiziellen Symbol erklärte.

Erste dokumentierte Entdeckungen und Aufzeichnungen dieser Felsbilder gehen auf das Jahr 1909 zurück, doch es sollte bis in die 1920er Jahre dauern, bis großangelegte Erforschungen des Tals stattfanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden schließlich erste Bücher über die Zivilisation von Valcamonica veröffentlicht und Symposien abgehalten. Sie sollten die Eckpfeiler der heutigen Sicht der Camunni-Kultur etablieren. Durch die Erklärung zur UNESCO-Weltkulturerbestätte intensivierten sich die Forschungsarbeiten schließlich. Mehr und mehr Felsbilder wurden entdeckt und verzeichnet. Ging man 1979 noch von ca. 140.000 Ritzungen aus, so überschreiten aktuelle Schätzungen sogar die 300.000er Marke.

Die Felsbilder der Valcamonica im Wandel der Zeit

Heute kannst du die Felsbilder der Valcamonica in acht National- und Archäologieparks besichtigen:

  • Parco nazionale delle incisioni rupestri di Naquane (Capo di Ponte)
  • Parco archeologico nazionale del Massi di Cemmo (Capo di Ponte)
  • Parco archeologico comunale di Seradina-Bedolina (Capo di Ponte)
  • Parco archeologico di Asinino-Anvòla (Ossimo)
  • Parco comunale delle incisioni rupestri di Luine (Darfo Boario Terme)
  • Parco comunale archeologico e minerario di Sellero
  • Parco archeologico comunale di Sonico
  • Risvera naturale incisioni rupestri di Ceto, Cimbergo e Paspardo

 

Mittlerweile lassen sich in etwa sechs Hauptepochen der Felsritzungen feststellen:

  • Epipaläolithikum: Die frühesten Felsbilder entstanden vor ca. 12.000 Jahren und gestalteten sich überwiegend schemenhaft. Am häufigsten wirst du den um 9.500 v. Chr. ausgestorbenen Holozän-Elch sehen.
  • Neolithikum: Eine neue Bevölkerung verdrängte die Jäger und Sammler. In dieser Zeit begann die Komposition zweier Darstellungen in Form von Ideogrammen. Jagd, Ackerbau und technische Errungenschaften spielten eine zentrale Rolle.
  • Chalkolithikum: Bis zum Beginn der Bronzezeit hielten neue Symbole Einzug, welche einen kulturellen Wandel darstellten. Symbolisch-religiöse Ornamente prägten diese Epoche.
  • Bronzezeit: Metallverarbeitung und Bergbau gewannen Oberhand, und so werden Darstellungen von Dolchen und Äxten durch Kampfszenen abgelöst. Aber auch topographische Karten und mythologische Szenen gibt es zu sehen.
  • Eisenzeit: Einflüsse der Etrusker und der Villanova-Kultur führten zu verschiedenen Inschriften, später durch keltische Merkmale ergänzt. Andere Darstellungen geben Rückschlüsse auf die Architektur der Stadt.
  • Römerzeit & Mittelalter: Nachdem das Camunni-Territorium in das Römische Reich überging, wurden die Felsbilder deutlich weniger. So wirst du kaum überrascht sein, dass einige Ritzungen lateinische Inschriften tragen. Im Mittelalter gab es einen erneuten kurzen Aufschwung. Die Mischung aus christlichen und heidnischen Symbolen diente den Hirten vermutlich als Zeitvertreib.

 

Unzählige Felsbilder erwarten dich auf deinen Touren durch das Valcamonica-Tal. An keinem anderen Ort der Welt erhältst du so tiefe und faszinierende Einblicke in alte, anderweitig wohl schon längst vergessene Kulturen. Nimm dir ruhig ein wenig Zeit und wage ein paar Abstecher in die umliegenden Städte und Ortschaften – das ZAINOO-Team wünscht dir einen spannenden Aufenthalt!

Su Nuraxi di Barumini

Su Nuraxi di Barumini, UNESCO

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Die Urgeschichte Sardiniens hinterließ vielfältige Spuren auf der Insel, die es zu entdecken gilt. Sie reicht viele tausende Jahre zurück und lässt sich heute auf wundersame Weise im Zeitraffer erleben. An der Küste und im Hinterland erwarten dich zahlreiche Monumente und Ruinen, begleitet von eigenen Ausstellungen in den Museen der Inseln, welche dich in längst vergangene Tage entführen. Zu den wohl wichtigsten und spektakulärsten Relikten zählen die sogenannten Nuraghen – Turmbauten, die wohl in der Bronzezeit entstanden. Der imposante Komplex Su Nuraxi di Barumini gilt seit 1997 sogar als UNESCO-Weltkulturerbestätte und ist Ziel unserer heutigen Reise.

Bonnanaro-Kultur und Nuraghenkultur

Diese frühgeschichtlichen Turmbauten sind eng mit zwei Kulturen verbunden, welche eine wichtige Rolle in der Entwicklung Sardiniens spielten. Zunächst dominierte die Bonnanaro-Kultur (2.200 bis 1.600 v. Chr.) das Leben auf der Insel. Sie markierte den Übergang von der Kupferzeit zur frühen Bronzezeit und war vor allem für ihre schlichte Keramik bekannt, deutlich von der norditalienischen Polada-Kultur beeinflusst. In dieser Zeit entstanden die Tomba di Giganti, Vorboten der Gigantengräber, sowie Urformen der Nuraghen. Spuren der Bonnanaro-Kultur wurden erst vergleichsweise spät entdeckt; Ausgrabungen erster Nekropolen fanden am Ende des 19. Jahrhunderts statt.

Die Nuraghenkultur knüpfte direkt an die Bonnanaro an und dauerte, je nach geographischer Lage, teils sogar bis zur Eroberung durch das Römische Reich an. Es gibt keine geschriebenen Überlieferungen, anhand derer sich die Geschichte der Nuraghenkultur genau nachzeichnen ließen, einzig einige wenige Zeugnisse in der klassischen griechischen und römischen Literatur. Während einige Faktoren dieser Kultur somit wohl auf ewig im Dunkeln bleiben werden, hinterließ ihr Faible für gigantische Bauten entsprechende Spuren. Die Nuraghenkultur entwickelte die Gigantengräber weiter – beispielsweise Muraguada und Madau – und gab den sardinischen Felsengräbern den Feinschliff. Ihre wichtigste architektonische Errungenschaft gab der Kultur ihren Namen: die imposanten Nuraghen. Sie sollten sich im Übergang zur Eisenzeit weiterentwickeln, bevor die Karthager und schließlich die Römer sardinische Städte angriffen. Die Insel ergab sich nach einer vernichtenden Niederlage im Ersten Punischen Krieg um 238 v. Chr., die Nuraghenkultur sollte kurz darauf verschwinden. Einzig im Landesinneren überlebte sie noch bis in die Zeit des Römischen Imperiums.

Bedeutung der Nuraghen

Die Nuraghenkultur hatte also einen Hang zu gewaltigen, überdimensionalen Bauten. Warum aber waren die namengebenden Nuraghen so wichtig für ihre Gesellschaft? Woher der Begriff Nuraghe genau kommt, ist heute leider unbekannt. So sollen ihn bereits die Römer im 3. Jahrhundert v. Chr. verwendet haben, die etymologische Bedeutung liegt jedoch im Dunkeln. Es könnte sich dabei um ein punisches Wort oder eine auf „Haufen“ oder „Höhle“ basierende Wortkreation handeln. Über 7.000 Nuraghen wurden bis heute gefunden. Forscher glauben sogar, dass es einst mehr als 10.000 gab.

Diese Gebäude aus unbehauenem Stein dominieren also bis heute das Landschaftsbild Sardinien. Und doch lässt sich nicht viel über ihre genaue Bedeutung sagen. Die turmartigen Gebilde dienten, so eine weitverbreitete Theorie, möglicherweise als Abwehrfestungen, andere sehen in ihnen Paläste oder Tempel. Sie könnten auch „nur“ Statussymbole gewesen sein, welche die Macht der Nuraghenkultur betonten. Jüngste Forschungen enthüllten ein geographisches Naheverhältnis zu Sternbildern, vermutlich Alpha Centauri, sowie eine Ausrichtung gen Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende. Was auch immer ihre genaue Bedeutung war, Archäologen sind sich einig, dass die Nuraghenkultur die wohl fortschrittlichste ihrer Zeit im westlichen Mittelmeerraum war.

Über den Nuraghen-Komplex Su Nuraxi

Su Nuraxi di Barumini

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Nach diesen Ausführungen wirst du wohl kaum überrascht sein, dass die genaue Bedeutung von Su Nuraxi di Barumini heute ebenfalls im Dunkeln liegt – Forscher gehen vornehmlich von einer Festungsfunktion oder einer religiösen Kultstätte aus. Der besterhaltene Groß-Nuraghen-Komplex entstand vermutlich im 17. Jahrhundert v. Chr. und besteht aus vier Außentürmen sowie einem zentralen Nuraghe. Rundherum entwickelte sich ein Dorf, das wohl vom 13. bis 6. Jahrhundert v. Chr. von bis zu 1.000 Bewohnern bevölkert wurde.

Bei einer geführten Tour durch den Nuraghen-Komplex – diese werden nur in kleinen Gruppen angeboten, weswegen du möglichst frühzeitig reservieren solltest – ist der zentrale Turm auf der Marmilla-Anhöhe natürlich dein erster Anlaufpunkt. Rund um die Außentürme befinden sich Überreste neun weiterer Turmbauten – über die Dimensionen von Su Nuraxi lassen sich somit nur Vermutungen anstellen. Unzählige weitere Vorwerk-Türme und Turmruinen lassen Rückschlüsse auf die Entstehungszeit zu, während die verschiedenen Mauerringe wohl erst später entstanden. Spannend gestalten sich auch die modernsten Abschnitte des Dorfes, das unter orientalischem Einfluss erweitert wurde. Ebenso siehst du Kampfesspuren – Su Nuraxi di Barumini wurde nach 600 v. Chr. von den Puniern zerstört. Wenn du genau hinsieht, erspähst du sogar Anzeichen späterer Nutzung, u.a. in römischer Zeit und im Mittelalter.

5 weitere Nuraghen auf Sardinien

Bei ca. 7.000 „überlebenden“ Nuraghen bist du natürlich auch gespannt, wo du weitere urzeitliche Gebäude- und Turmkomplexe erblicken kannst. Eine komplette Liste würde natürlich den Rahmen sprengen, aber ein paar ausgewählte Highlights wollen wir dir dennoch ans Herz legen:

  • Santu Antine: Die Anlage wird im Volksmund auch „Sa Domo de su Re“ (dt. „Haus des Königs“) genannt – eine Anspielung auf ihre mächtigen Dimensionen. Selbst in der Römerzeit war die bronzezeitliche Nuraghe besiedelt. Der gewaltige Hauptturm ist nach wie vor gut erhalten.
  • Arrubiu: Der größte Nuraghen-Komplex auf Sardinien umfasst stolze 3.000 m². Fünf sekundäre Türme rund um den Zentralturm und zwölf weitere Türme in der Außenmauer erwarten dich hier ebenso wie Überreste zusätzlicher Außentürme, welche die Zeiten nicht so gut überstanden.
  • La Prisgiona: Die Ausgrabungsarbeiten an dieser Großnuraghe dauern bis heute an. Neben den Türmen beeindruckt vor allem das gewaltige Dorf mit ca. 90 Einzelbauten, das wohl sogar noch in der römischen Kaiserzeit genutzt wurde.
  • Albucciu: Erst um 1960 ausgegraben, stellt diese Protonuraghe eine Besonderheit dar. Sie erinnert einerseits an einen korsischen Torre und weicht andererseits in der Anordnung ihrer Räumlichkeiten von so ziemlich allen anderen Nuraghen ab.
  • Palmavera: Neben den Türmen und dem Dorf fällt dein Blick gewiss auf die hervorragend erhaltene Rundhütte oder Versammlungshütte. Sie wurde wohl rund um eine Art heiligen Stein errichtet und weist Spuren von Töpfer- und Metallarbeiten auf.

 

Ihre genaue Bedeutung liegt heute im Dunkeln, und doch – vielleicht aber auch gerade deswegen – strahlt der Nuraghen-Komplex Su Nuraxi di Barumini ungebrochene Faszination aus. Bei deiner Tour durch diese altehrwürdige Siedlung kannst du den Wandel der Zeit förmlich spüren und tauchst tief in die Frühgeschichte der Insel ein. Verbinde deinen Ausflug zu Su Nuraxi doch mit einem Sardinien-Urlaub – weitere Nuraghen, zahlreiche andere Sehenswürdigkeiten und Städte, und, natürlich, die herrlichen Strände, erwarten dich bereits!

Urbinos historisches Zentrum

Urbinos historisches Zentrum, UNESCO

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Wenn es um die großen Renaissance-Zentren Italiens geht, denkst du wahrscheinlich auch zunächst an Florenz, eine weltbekannte Stadt mit ebenso weltbekannten Kunstwerken und Gebäuden. Auch außerhalb der Toskana trieb diese Kunst- und Kulturepoche faszinierende Blüten. Urbino ist eine kleine, sympathische Stadt im Hügelland der Marken. Unter der Herrschaft der Montefeltro im 15. Jahrhundert erlebte Urbino einen wahren Bauboom und nahm sein heutiges Renaissance-Antlitz an, welches sich die Stadt bis heute bewahren konnte. Seit 1998 gilt die Altstadt sogar als UNESCO-Weltkulturerbe.

Federico da Montefeltros Einfluss

Nach den Gotenkriegen an den Papst verkauft, verfolgte die ehemalige römische Stadt Urbino immer wieder Unabhängigkeitspläne. Um 1155 erklärte Kaiser Friedrich von Barbarossa Antonio von Montefeltro zum Reichsvikar in Urbino. Sein Sohn Montefeltrano I. sollte zum Grafen werden, unter Federico da Montefeltro stieg man sogar zu Herzögen von Urbino auf. Während Federicos 38jähriger Herrschaft über das Herzogtum erlebte Urbino einen wahren Boom, welcher das Stadtbild bis heute maßgeblich beeinflusst.

Als umtriebiger Mäzen der feinen Künste zog Federico einige der wichtigsten Renaissance-Namen aus Kunst und Kultur an, darunter Leon Battista Alberti, Piero della Francesca, Girolamo Genga, Luciano Laurana, Francesco di Giorgio Martini und Giovanni Santi, Raffaels Vater. Außerdem begannen Bramantes und Raffaels künstlerische Karrieren einst in Urbino. Die Architektur Urbinos war natürlich ebenso stark von Einflüssen der Renaissance-Periode geprägt, die bis heute aufgrund wirtschaftlicher Stagnation nach Federicos Tod weitestgehend erhalten geblieben sind. Federicos Sohn Guidobaldo sollte der letzte Herzog von Urbino aus der Montefeltro-Familie sein. Nach seiner Vertreibung um 1502 herrschte die Familie della Rovere über das Herzogtum, bis es 1631 schließlich an den Kirchenstaat fiel.

Palazzo Ducale

Ein Spaziergang durch die historische Altstadt Urbinos führt dich zu einer Vielzahl an kleinen und großen architektonischen Höhepunkten. Bis heute gilt der ehemalige Herzogspalast der Montefeltro als Hauptanziehungspunkt, und zwar aus gutem Grund. Der Palazzo Ducale vereint alles, was die Renaissance-Stadt so einzigartig macht, in einem gewaltigen Prunkbau, dessen Fassade hoch über Urbino thront und förmlich in das historische Zentrum lockt.

Für den ab 1463 entstandenen Prunkbau verwendete man die Mauern eines älteren, aus dem späten 14. Jahrhundert stammenden Grafenpalastes. Gingen die Arbeiten zunächst nur schleppend voran, konnte Federico da Montefeltro ab 1466 den ehemaligen Este-Baumeister Luciano Laurana für sich gewinnen. Er entwarf unter anderem die Säulenarkaden im Innenhof sowie die Turmfassade im Westen. Um den Innenausbau der Gemächer sollte sich Francesco di Giorgio Martini kümmern. Vollständig stuckierte, hohe Räume und reiche Verzierungen verleihen dem Palazzo ein unverkennbares Renaissance-Flair. Bis ins 20. Jahrhundert blieb der Palast Regierungsgebäude, ehe er Mitte der 80er Jahre nach abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Bei deiner Tour durch den Palazzo Ducale stößt du immer wieder auf den Gelehrten Federico da Montefeltro. Sein Interesse an humanistischen und klassischen Studien äußert sich in zahlreichen Räumen, darunter das 1472 von Laurana konzipierte Studiolo. Musikinstrumente, wissenschaftliche Gegenstände und unzählige Bücher zieren dieses Idealbildnis des gebildeten Renaissance-Menschen. Ebenso legen wir dir einen Abstecher in die Galleria Nazionale delle Marche ans Herz. Neben diversen Porträts der Regenten und des Hofstaats findest du hier unter anderem Werke von Raffael, Tizian und Piero della Francesca.

Weitere Renaissance-Highlights in Urbino

Urbinos historisches Zentrum

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Natürlich gilt dem imposanten Herzogspalast deine Hauptaufmerksamkeit, doch das alte Renaissance-Zentrum Urbinos hat noch so viel mehr zu bieten. Wir empfehlen dir, zumindest einen ganzen Tag freizuschaufeln, um sämtliche Facetten der Stadt möglichst umfassend genießen zu können. Wohin dich dein Altstadt-Spaziergang führen soll, fragst du? Hier sind ein paar Vorschläge:

  • Dom: Der Kirchenbau Urbinos kann auf eine lange und illustre, aber auch mühsame und von Rückschlägen geprägte Kirchenbaugeschichte zurückblicken. Federico da Montefeltro ließ die Urversion aus dem frühen 11. Jahrhundert durch einen ausladenden Neubau di Giorgio Martinis ersetzen, dessen Fertigstellung sich jedoch bis 1602 ziehen sollte. Mehrere Erdbeben sollten den Dom, vor allem die Kuppel, immer wieder arg in Mitleidenschaft ziehen. So ging unter anderem das Grab des Humanisten Polydor Vergil unwiederbringlich verloren. Andere Gebäudeelemente wurden im neoklassizistischen Stil restauriert.
  • Universität: Wenige Jahre nach der Vertreibung Guidobaldo da Montefeltros wurde die Universität von Urbino gegründet. Sie befindet sich heute im Privatbesitz, ihre Fakultäten sind in mehreren historische Renaissance-Gebäuden in der Altstadt untergebracht. Ein Abstecher in den botanischen Garten „Pierina Scaramella“ führt dich zu seltenen Blumen und Bäumen mit medizinischem Schwerpunkt.
  • Rampa Elicoidale: Federico da Montefeltro ließ sich einen kleinen Aufgang bauen, der den Marktplatz mit seinem Palast verband. Der alte Turm mit seiner ellenlangen, flachen Wendeltreppe führte einst in ein großes Theater und wird heute vor allem für Kulturveranstaltungen genützt.
  • San Domenico: Diese wunderschöne Kirche liegt gegenüber vom Palazzo Ducale. Du musst San Domenico nicht zwingend betreten, um dich in dessen Bann ziehen zu lassen, denn die Fassade alleine weiß bereits zu beeindrucken. Eine Madonna mit Kind und Heiligen ziert das reich verzierte Renaissanceportal. Luca della Robbias Original befindet sich übrigens in der Galleria Nazionale.
  • Oratorio di San Giovanni Battista: Im Gegensatz zu San Domenico wirkt diese kleine Gebetskapelle von außen relativ unscheinbar. Du solltest aber unbedingt einen Blick in die heiligen Hallen werfen, denn hier erwarten dich gewaltige spätgotische Fresken der Gebrüder Lorenzo und Jacopo Salimbeni mit verschiedenen Szenen aus dem Neuen Testament.
  • Raffaels Geburtshaus: Wie du bereits weißt, war Raffaels Vater Giovanni Santi am Hof Federico da Montefeltros tätig. Sein berühmter Sohn wurde in Urbino geboren, das Geburtshaus wird heute als Museum mit Kopien bedeutender Werke, aber auch Originalen (z.B. Giovanni Santis „Verkündigungsszene“) verwendet. Am Seiteneingang der Kirche San Francesco befindet sich eine Grabplatte von Raffaels Eltern.

 

Urbinos Altstadt hat noch viele weitere tolle Paläste, Kirchen und Museen zu bieten – viel zu viele, um auch nur annähernd alle aufzuzählen. Plane zumindest einen vollen Tag für deine Entdeckungsreise durch dieses wunderschöne Renaissance-Zentrum ein und wage den einen oder anderen Abstecher in unbekanntere Gebäude. Du wirst bestimmt von der Vielfalt, der architektonischen Schönheit und dem gelungen kultivierten Charme einer längst vergangenen Epoche beeindruckt sein. Viel Spaß bei deiner Urbino-Tour mit ZAINOO!

Assisi, Basilika und Gedenkstätten des Hl. Franziskus

Die Basilika des Hl. Franziskus in Assisi

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Manche Weltkulturerbestätten widmen sich einem bestimmten Monument oder Landstrich. Andere befassen sich wiederum mit einer ganzen Epoche oder einem Herrschergeschlecht. Und dann gibt es jene, die eine einzige Person ins Rampenlicht rücken. Unter dem ominösen Banner „Assisi, Basilika und Gedenkstätten des Hl. Franziskus“ vereinte die UNESCO 2000 gleich mehrere Orte und Stationen aus dem Leben des Franz von Assisi. Kirchen und Kapellen, aber auch die mittelalterliche Stadt selbst laden dich zu einem Streifzug durch die Anfänge des Franziskanerordens ein – eine kleine Tour durch Umbrien im Herzen Italiens, die sich definitiv lohnt.

Das Leben des Heiligen Franziskus

Bestimmt ist dir der Name Franz von Assisi geläufig. Gerade im mittel- und südeuropäischen Raum gilt er als eine der wichtigsten Heiligenfiguren der römisch-katholischen Kirche und inspirierte 2013 Papst Franziskus zu seinem Namen. Franz oder Franziskus selbst wurde 1181 oder 1182 als Sohn eines wohlhabenden Tuchhändlers in Assisi am Fuße des Monte Subasio geboren. Er genoss eine für seinen Stand hohe Bildung, feierte in seiner Jugend gerne und wollte ursprünglich Ritter werden.

Auf dem Weg zu einem Kriegszug nach Apulien erschien ihm Gott in einem Traum, ein kompletter Lebenswandel war die Folge. Nach einer erneuten Erscheinung bei einem Gebet am Kreuz der verfallenen Kirche San Damiano entschied sich Franz endgültig für ein Leben in vollkommener Armut und begann das Gotteshaus wiederaufzubauen. Später sollte er Gefährten um sich scharen, aus denen schließlich, nach anfänglichem Widerstand, ein eigener Orden entstand: die Franziskaner, um 1215 offiziell vom Papst als solcher anerkannt. Am 3. Oktober 1226 starb Franz von Assisi in der Portiuncula-Kirche, wo die Geschichte seines Ordens einst begann. Keine zwei Jahre später wurde er heiliggesprochen.

Assisi

Als Geburtsort und Lebensmittelpunkt des Heiligen ist Assisi natürlich die erste Station unserer kleinen Tour durch diese recht umfassende UNESCO-Weltkulturerbestätte. Konkret wurden das mittelalterliche Stadtbild mit Stadtmauer sowie die Festungsruine Rocca Maggiore als zentrale Ankerpunkte dieser Stätte benannt. Tatsächlich zieren gleich mehrere Mauerringe die heutige Altstadt. In ihrer Urform entstand die Stadtmauer wohl bereits um das zweite oder erste Jahrhundert v. Chr. unter römischer Ägide, zur Erweiterung kam es erst 1260. Sein heutiges Erscheinungsbild nahm der Hauptmauerring schließlich 1316 an, von gleich acht Stadttoren gesäumt. Experten vermuten, dass einzig die im Norden gelegene Porta San Giacomo in ihrer Urform dem römischen Mauerbau entstammt.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Stadtbild Assisis nach und nach verfeinert. Architekten, Steinmetze und Maurer veredelten das Antlitz schrittweise, ohne dabei die ursprüngliche Aura verlorengehen zu lassen. So triffst du bei deinem Spaziergang durch die Altstadt auf eine Reihe an Denkmälern und Prunkfassaden, aber auch auf zahlreiche, architektonisch komplexe Kirchengebäude. Nimm dir zumindest einen ganzen Tag Zeit, um sie alle zu besichtigen. Eine gewisse Basilika hat es uns – wie auch so ziemlich allen anderen Besuchern – aber besonders angetan.

Basilika San Francesco

Assisi und die Basilika des Hl. Franziskus

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Franz von Assisi mag in der kleinen Portiuncula-Kirche verstorben sein, nachdem er sich zwei Tage vor seinem Tod extra in diese tragen ließ, begraben liegt er jedoch auf eigenen Wunsch in der Basilika San Francesco, die eilig hochgezogen wurde. Bereits 1230 war die Unterkirche fertiggestellt, die Beisetzung fand jedoch aus Angst vor Grabschändung im Geheimen in einer unterirdischen Felsgruft statt – erst 1818 entdeckt und seither ein stark frequentierter Wallfahrtsort.

Die über einen gewaltigen Seiteneingang im gotischen Stil betretbare Unterkirche zeichnet sich durch eine Serie eindrucksvoller Fresken aus, welche das Leben des Heiligen beleuchten. Andere Bilder überlebten die Jahrhunderte jedoch kaum, von ihnen siehst du heute leider nur noch wenige Reste. Im Gegensatz dazu gilt die Oberkirche als echtes Prachtstück der italienischen Kunstgeschichte. Giottos Freskenzyklus, ab 1296 entstanden, gilt als eine der frühesten Darstellungen der Franziskuslegende. Ebenso finden sich Franziskus-Szenen von Bonaventura, diverse Heiligendarstellungen, kunstvolle Fenster und Böden in der Oberkirche – ein Raum, der ohne Frage zum Schwärmen einlädt.

Weitere Gedenkstätten

Die UNESCO-Weltkulturerbestätte zu Ehren des Heiligen Franziskus umfasst neben der Grablegungskirche und Assisi selbst noch sechs weitere Gedenkstätten in und rund um die Stadt. Sie alle beleuchten weitere Stationen aus dem Leben des Heiligen und erwarten dich im Rahmen einer kleinen Franziskustour, für die du gegebenenfalls noch einen zweiten Tag einplanen solltest. Dabei handelt es sich um:

  • Sacro Convento: Das Mutterkloster und geistliche Zentrum der Franziskaner-Minoriten liegt neben der Basilika und wurde am sogenannten Höllenhügel erbaut, wo einst Hinrichtungen stattfanden. Die einstige päpstliche Sommerresidenz beheimatet heute ein theologisches Institut, in welchem verschiedene Franziskanerorden – auch Schwesternorden – sowie Benediktinerorden ausgebildet werden.
  • San Damiano: Ein ca. zwanzigminütiger Spaziergang über Felder und durch Olivenhaine führt dich zur unterhalb der Stadt gelegenen Kirche San Damiano. Hier empfing Franz von Assisi einst den göttlichen Auftrag, eben jenes Gotteshaus wiederaufzubauen. San Damiano konnte sich den Charme seiner Entstehungszeit weitestgehend behalten, einige der Kunstwerke und Fresken verfielen jedoch komplett.
  • Portiuncula: Der volkstümliche Name dieser kleinen Kapelle in der Basilika Santa Maria degli Angeli bedeutet auf Latein so viel wie „kleiner Flecken Land“. Wohl bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. erbaut, wurde sie zum Glaubenszentrum der Franziskaner und schließlich auch zum Sterbeort des Heiligen Franz von Assisi. Besonders beeindruckend: Friedrich Overbecks gewaltiges Fresko mit einer Darstellung der göttlichen Vision des Heiligen.
  • Basilika Santa Maria degli Angeli: Rund um die Portiuncula-Kapelle wurde ab 1569 diese gewaltige Basilika erbaut. Ihre klaren, harmonischen Formen verleihen Santa Maria degli Angeli ein ruhiges Antlitz, welches in starkem Kontrast zu ihren ausladenden Dimensionen steht und zugleich die Sterbekapelle des Franziskus gebührend betont.
  • Santa Maria delle Carceri: Franz von Assisi zog sich vor allem während seiner Einsiedlerzeit gerne in eine steile Waldschlucht am Monte Subasio oberhalb der Stadt zurück, um zu beten. An dieser Stelle wurde um 1400 der Bau der kleinen Kirche Santa Maria delle Carceri in Auftrag gegeben. Hier zelebriert der im angebauten Kloster lebende Franziskanerorden die heilige Messe.
  • Eremo delle Carceri: Direkt neben der Kirche befindet sich der Klosterbau der Franziskaner. Enge Treppen und Bögen verlaufen über das Teufelsloch, eine Grotte mit schwindelerregendem Blick in die Tiefe. Hier soll Franziskus einst gepredigt haben.

 

In und rund um Assisi gibt es natürlich noch viele weitere Orte, die eng mit der Geschichte des Heiligen Franziskus verbunden sind. Wunderschöne Kirchen, prächtige Natur und ein originalgetreu erhaltenes mittelalterliches Stadtbild laden dich zu einer spirituellen Zeitreise der besonderen Art ein. Wir wünschen dir viel Spaß bei deinem Besuch dieser atemberaubenden UNESCO-Weltkulturerbestätte!

Die Sassi und der Park der Felsenkirchen von Matera

Sassi di Matera, UNESCO

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Was ist eigentlich heute noch von der Steinzeit übriggeblieben? Nun, wirst du dir denken, ein kleiner Abstecher ins nächste Museum sollte doch ein paar Relikte und Werkzeuge zu Tage fördern. Was aber, wenn es eine ganze Stadt gibt, die seit über 9000 Jahren ununterbrochen bewohnt wird? In der süditalienischen Region Basilikata, ca. 200 km östlich von Neapel gelegen, erwartest du dir nach dieser Beschreibung wahrscheinlich ein Open-Air-Museum. Tatsächlich leben aber nach wie vor 60.000 Menschen in Matera. Einige von ihnen renovieren die Sassi, die seit 1993 zum Welterbe der UNESCO zählen, und schaffen sich ein kleines Zuhause in ihnen. Klingt komisch? Aber hallo!

Von der Steinzeitsiedlung zur Kulturschande

Wann die Sassi, so der Name der Höhlensiedlungen, genau entstanden sind, liegt heute im Verborgenen. Funde lassen auf jungsteinzeitlichen Ursprung schließen, was Matera zu einer der ältesten Städte der Welt machen würde. Einzig in China gibt es wohl einen ähnlichen Ort mit Höhlen, die nach wie vor bewohnt werden. Auch wurden jüngere Funde in diesen in Tuffstein gehauenen Behausungen gemacht. Die hier ausgegrabenen Keramiken sind beispielsweise eng mit der frühen Eisenzeit verbunden.

Auch in der nachchristlichen Zeit wurden die Sassi bewohnt, bis sie Mitte des 20. Jahrhunderts schließlich zur nationalen Kulturschande erklärt wurden. Für weite Teile der Bevölkerung war es unvorstellbar, dass manche Menschen immer noch in Felshöhlen ohne Strom oder fließendes Wasser bei katastrophalen Hygienezuständen wohnten. So konnte sich 1948 sogar die Malaria in Matera breitmachen. Die Stadt reagierte und siedelte die Bewohner in modernere Viertel um. Die Höhlen sollten umfassend renoviert werden, verfielen aber. Erst in den späten 80er Jahren begannen entsprechende Arbeiten an den Sassi im Zuge einer großangelegten Wiederentdeckungskampagne, die 1993 sogar die UNESCO auf den Plan rief und die Anlage zum Weltkulturerbe erklären ließ. Heute versucht die Stadt Mieter mit großzügigen Subventionierungsplänen und günstigen Krediten in die Sassi zu locken.

Aufbau und Entwicklung der Sassi

Matera selbst liegt auf einem großen, exponierten Felsen. Der vergleichsweise weiche Tuffstein bot sich in den Anfangszeiten menschlicher Siedlungsgeschichte natürlich als Baumaterial an, da er sich leicht bearbeiten und transportieren ließ. Außerdem war es vergleichsweise einfach, Wohnhöhlen in den vorhandenen Tuffstein zu schlagen. Die ersten Sassi entstanden komplett unterirdisch durch konstante, sukzessive Aushöhlung des Felsmaterials. Mit dem abgetragenen Stein ließ sich die Höhle leicht versiegeln.

Die Sassi und der Park der Felsenkirchen von Matera, UNESCO

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Was sich in den ersten steinzeitlichen Siedlungen noch als schlichte Höhle präsentierte, erfuhr im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende konstante Erweiterungen. So fertigten die Bewohner Anbauten an, die in einen Komplex an unterirdischen Räumlichkeiten führten, der ausgeklügelt bewässert wurde. Teile des bereits in der Bronzezeit entstandenen Brunnen- und Bewässerungssystems sind übrigens heute noch sichtbar. Zugleich wurde auf bestehenden Sassi aufgebaut. Dächer wurden zu Böden, unterirdische Siedlungen wanderten sukzessive ans Tageslicht und aufgelassene Höhlen unter der Erde dienten als Steinbrüche für die Vorderfronten der einzelnen Gebäude. Einige dieser Höhlen, die sich mittlerweile überwiegend im Besitz der Stadt befinden, kannst du im Rahmen von Führungen besichtigen.

Park der Felsenkirchen

Nicht nur die Höhlen und Felswohnungen bestehen aus Tuffstein, auch die alten Gebetshäuser wurden seinerzeit in den Felsen gehauen. Ein gewaltiger archäologisch-historischer Naturpark, der bis in das benachbarte Montescaglioso reicht, beheimatet unzählige dieser Felsenkirchen auf einer unglaublichen Gesamtfläche von über 8.000 Hektar. Sie alle zu besichtigen, ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, und doch wirst du so manches Tuffstein-Highlight im Rahmen deines Stadtspaziergangs bestaunen können. In San Nicola dei Greci findet beispielsweise eine wichtige jährliche Skulpturenausstellung dar, während Santa Barbara für ihre prächtigen Fresken bekannt ist. Die Felsenkirchen Santa Maria Idris und San Pietro Barsiana sowie die Felsenanlage Madonna delle Virtù solltest du dir ebenso wenig entgehen lassen.

Materas steinerne Geschichtszeugen erstrahlen auch heute noch in hellem Licht, ruppige Felsoptik hin oder her. Anstatt eine Art Disneyland aus den steinzeitlichen Höhlen zu machen, setzte die Stadtverwaltung auf Erhaltung und sanfte Modernisierung – letztlich der richtige Weg, denn die Tuffstein-Höhlen und die wunderschönen Felsenkirchen wären viel zu schade für Kitsch und Massentourismus. Das ZAINOO-Team wünscht dir viel Spaß bei deinem Spaziergang durch das urzeitliche UNESCO-Weltkulturerbe!

Porto Venere und Cinque Terre

Das Welterbe der UNESCO umfasst eine breite Palette an schützenswerten Stätten, deren Authentizität und Einzigartigkeit das Besondere einer Region, eines Landes oder eines Volkes hervorhebt. Neben zahlreichen historischen und architektonischen Sehenswürdigkeiten dürfen Natur und landschaftliche Schönheit ebenso wenig auf dieser Liste fehlen. Der Kulturlandschaft Porto Venere und Cinque Terre mit den Inseln Palmaria, Tino und Tinetto in Ligurien fällt eine besondere Rolle zu, denn sie beweist eindrucksvoll, wie Menschen in die Natur eingreifen können, ohne diese dabei zu schädigen oder zu zerstören.

Cinque Terre

Porto Venere und Cinque Terre, UNESCO

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Entlang eines steil abfallenden Küstenstreifens an der Italienischen Riviera erstreckt sich einer der prächtigsten und farbenfrohsten Naturparks des Landes. Nordwestlich von La Spezia zwischen Punta di Montenero und Punta Mesco gelegen, erstreckt sich Cinque Terre, was zu Deutsch in etwa so viel wie „Fünf Länder“ oder „Fünf Ortschaften“ bedeutet. Der Name ist Programm, denn auf der Küstentour besuchst du fünf wunderschöne, pittoreske Dörfer von Nordwest bis Südost: Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore. Sie alle sind in kleine, abschüssige Geländeeinschnitte eingebettet, welche sich zum Meer hin öffnen und die sanfte Bergkette des Parks durchbrechen.

Die Cinque-Terre-Dörfer zeigen sich von ihrer idyllischen und ruhigen Seite, denn die Region zählt nur an die 7000 Einwohner. Oft triffst du auf mehr Touristen als Einheimische, gerade im Frühjahr und Herbst. Da es jedoch kaum Strand gibt – einzig in Monterosso al Mare erwartet dich ein kleiner Sandstreifen –, begegnest du vor allem Wanderern und Tagesgästen. Die Bahnfahrt von Dorf zu Dorf ist wohl die größte Attraktion mit ihren Tunneln, die direkt am Meer vorbeiführen. Lass das Auto besser zuhause, denn die steilen, kurvenreichen und schlecht erschlossenen Straßen stellen selbst Bewohner vor Herausforderungen.

Die Dörfer des Cinque Terre

Auf deiner wahrlich magischen Zugreise, die wir dir nicht oft genug empfehlen können, reist du von Dorf zu Dorf. Anstatt einfach durchzufahren, solltest du überall aussteigen und zumindest einen kurzen Spaziergang genießen. Folgende Highlights erwarten dich in den besiedelten Gebieten des Cinque Terre:

  • Monterosso al Mare: Das einzige Dorf mit Strandabschnitt lädt an heißen Tagen zu einem kurzen Abstecher ins Tyrrhenische Meer ein. Über die engen Gassen gelangst du in das historische Dorfzentrum mit seinen malerischen Gebäuden. Wenn du ein wenig Zeit mitbringst, empfehlen wir dir einen kleinen Blick in die beiden Kirchen San Giovanni Battista und San Francesco sowie Spaziergang durch den Literaturpark Eugenio Montale.
  • Vernazza: Rund um einen kleinen aber feinen Hafen, der bereits zur Römerzeit genutzt wurde, erschließt sich dieses sympathische Dorf. Zu den beeindruckenden Sehenswürdigkeiten zählt die gotische Kirche Santa Margherita d’Antiochia, welche sich über zwei Ebenen erstreckt, sowie die mächtige Festung Castello Doria mit ihrem Aussichtsturm.
  • Corniglia: 365 Stufen führen von Corniglia zum ca. 100 m darunter gelegenen Strand. Das Dorf konnte sich seinen mittelalterlichen Grundriss bewahren. Hier wird heute vor allem Landwirtschaft betrieben – ein Meer an Weinreben begrüßt dich bereits von Weitem.
  • Manarola: Starke farbliche Kontraste kennzeichnen Manarola, auf einem schwarzen Felsen erbaut. Die kunterbunten Häuser lassen den Stein noch eine Spur dunkler schimmern. Lass dir das hervorragende Olivenöl nicht entgehen – eine Flasche Sciachetrà-Wein eignet sich prima als Mitbringsel.
  • Riomaggiore: In der letzten der fünf Cinque-Terre-Gemeinden erwartet dich ein großer Naturpark mit vielen schönen Spazierwegen. Riomaggiore selbst ist ein kleines, malerisches Fischerdorf mit hohen, engen Häusern, die entlang der schmalen Gassen faszinierende Farb- und Schattenspiele kreieren.

 

Wanderwege in Cinque Terre

Du kannst den Naturpark und seine Dörfer natürlich auch zu Fuß erkunden. Der Wanderweg von Monterosso al Mare bis Riomaggiore nimmt etwa viereinhalb Stunden in Beschlag. Da er gerade im Frühjahr und im Herbst oft extrem überlaufen ist, musst du mittlerweile € 7,50 für eine Tageswanderkarte berappen. Die herrliche Landschaft und der weite Panoramablick entschädigen fürstlich. Rundherum erwarten dich dafür mehrere Etappenwege und größere Touren, die allerdings immer wieder gesperrt sind. Erkundige dich am besten vor Ort, denn gerade die Wanderung durch die Macchia und Pinienwälder zwischen Monterosso und Levanto weiß zu begeistern. Wenn du lieber sportlich unterwegs bist, empfehlen wir dir die anspruchsvolle Tour von Riomaggiore bis Porto Venere mit teils schwierigem Felsterrain und langgezogenen Weinbergen.

Porto Venere

Porto Venere und Cinque Terre

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Und damit wären wir auch schon beim zweiten Teil der UNESCO-Welterbestätte: Porto Venere, südöstlich der Cinque Terre auf einer Landzunge gelegen, war im ersten Jahrtausend n. Chr. Opfer mehrerer verheerender Angriffe und Verwüstungen. Ab dem 12. Jahrhundert, nach der Eingliederung in die Republik Genua, begann der Ausbau von Befestigungsanlagen. Das Castello Doria thront bis heute über der Stadt. Gemeinsam mit der gotischen Kirche San Pietro, deren Wurzeln auf frühchristliche Zeiten zurückgehen, und der ursprünglich römischen Kirche San Lorenzo, zählt die Festung zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Porto Veneres.

Die Inseln

Zu Porto Venere zählen außerdem drei Inseln, welche der Landzunge vorgelagert sind. Auch sie gehören zum UNESCO-Welterbe, doch nicht alle sind öffentlich zugänglich. Palmaria, die größte der drei Inseln, zählt nur 50 Einwohner. Ein paar Häuser, wenige Restaurants und Badeanlagen, umrahmt von historischen Gebäuden, erwarten dich hier. Absolutes Highlight sind jedoch die beiden Grotten. Grotta Azzurra besticht mit landschaftlicher Schönheit, während die Grotta dei Colombi für ihre Funde von prähistorischen Tierskeletten und Überresten menschlicher Gräber berühmt ist. Ein kleiner Abstecher nach Tinetto lässt sich ebenfalls einrichten, sofern du die strikte Regionalpark-Verordnung befolgst. Tino wurde jedoch zum militärischen Sperrgebiet erklärt und darf nur am Fest des Heiligen Vesuvius am 13. September betreten werden.

Die landschaftliche Schönheit dieser weitgefassten UNESCO-Welterbestätte zwischen den fünf Cinque-Terre-Gemeinden und der Landzunge Ponte Veneres mit ihren drei Inseln lädt zu höchst abwechslungsreichen Ausflügen, erbaulichen Wanderungen durch prächtige Natur und gemütlichen Spaziergängen durch alte Dörfer ein. Diese und viele weitere attraktive Reiseziele in ganz Italien findest du natürlich auf ZAINOO!

Residenzen des Hauses Savoyen

UNESCO Residenzen des Hauses Savoyen

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Aus Weltkulturerbe-Sicht war 1997 ein großartiges Jahr für Italien. Gleich zehn neue Stätten schafften es auf die illustre Liste der UNESCO. Eine von ihnen umfasst sogar 14 unglaubliche Schauplätze, konzentriert auf die Region Piemont mit Schwerpunkt in Turin. Die Residenzen des Hauses Savoyen erinnern an eine Ära großer Macht, märchenhafter Hofszenerie und großen Prunks. Mächtige Schlösser und imposante Residenzen stehen symbolisch für unfassbaren Reichtum und politischen Einfluss, der in späteren Jahren sogar zur Vereinigung Italiens führen sollte. Du möchtest mehr über diese 14 Schlösser, Burgen und Villen erfahren? Dann bist du hier an der richtigen Stelle!

Über die Savoyer

Bevor wir uns an die einzelnen Residenzen machen, werfen wir einen kleinen Blick auf die illustre Geschichte des Hauses Savoyen, das über 900 Jahre die politischen Geschicke in Teilen Frankreichs und Italien bestimmte. Humbert I. Biancamano (Weißhand) gilt als Gründer dieses Herrschaftshauses. Er erhielt um 1034 unter anderem das Territorium der Grafschaft Savoyen nebst weiteren Landstrichen an der heutigen französisch-italienischen Grenze. Als Herrscher über drei wichtige Alpenpässe bauten seine Nachfolger ihren Einfluss sukzessive aus. So konnte ein Großteil des heutigen Piemonts sowie Teile Liguriens durch geschickte Heiratspolitik bereits 1046 in das Reich der Savoyer eingegliedert werden.

Eine erste Blütezeit erlebte des Haus im frühen 14. Jahrhundert unter der langen Herrschaft Amadeus‘ VIII., der angrenzende Gebiete arrondieren konnte. Nach den Italienischen Kriegen verlagerten die Savoyer ihr Machtzentrum schließlich ins Piemont. So entstanden vor allem im 17. und 18. Jahrhundert jene Prachtbauten, die heute Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Man überstand Hegemonie-Konflikte mit den Franzosen, mutierte zum Königshaus Sardinien und trieb schließlich die Einigung Italiens voran. Bis zur Absetzung Umbertos II. am 18. Juni 1946 durch ein Referendum leitete das Königshaus die Staatsgeschäfte. Erst im November 2002 wurde seinen Nachfolgern die Rückkehr nach Italien gestattet.

Turins Residenzen

Residenzen des Hauses Savoyen

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Nachdem Herzog Emanuel Philibert von Savoyen die Hauptstadt 1562 nach Turin verlegt hatte, begann er mit der Umgestaltung der Stadt und des sie umgebenden Piemonts. Schritt für Schritt wurden das Erscheinungsbild Turins komplett verändert und neue Prunkbauten installiert, die bis heute Touristen aus aller Welt anziehen. Von den 14 Residenzen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, befinden sich derer fünf direkt in Turin. Gerne stellen wir dir diese näher vor:

  • Palazzo Reale: Wir beginnen unsere Reise im Königlichen Palast, im frühen 17. Jahrhundert für Herzogin Christina von Frankreich errichtet, welche die Regentschaft über Savoyen nach dem Tod ihres Ehemanns Viktor Amadeus I. übernahm. Bis 1865 blieb der Palazzo Reale Herrschafts- und später Königspalast. In diesem ausladenden Bau befindet sich unter anderem ein direkter Zugang zur Grabtuchkapelle des Doms von Turin.
  • Palazzo Madama: Auf dem Gebiet einer antiken römischen Stadt errichtet, wurde deren einstiges Stadttor komplett in den Palastbau integriert. Im Laufe der Jahrhunderte zum repräsentativen Stadtschloss aus- und mehrfach umgebaut, wird der im Historismus restaurierte Palazzo Madama mittlerweile als Kunstmuseum genützt.
  • Palazzo Carignano: Wie der Name bereits verrät, befand sich hier einst die Residenz der namengebenden Fürsten von Carignan, ihrerseits ein Zweig des Hauses Savoyen. Der Unterschied zwischen der Backsteinfassade an der Westseite und dem weißen, eklektischen Erscheinungsbild zum Osten weiß zu faszinieren. Im ehemaligen Abgeordnetenhaus des Subalpinen Parlaments befindet sich heute unter anderem das Risorgimento-Museum.
  • Castello del Valentino: Die Residenz im Parco del Valentino diente bereits jahrhundertelang als Adelsresidenz, bevor es von den Savoyern erworben wurde. Extensive Umbauarbeiten Mitte des 17. Jahrhunderts orientierten sich an zeitgenössischer französischer Architektur und gaben dem heutigen Sitz der Technischen Universität für Ingenieurwesen ihr Erscheinungsbild.
  • Villa della Regina: Viktor Amadeus I. ließ diesen Stadtpalast für seinen Bruder, Kardinal Moritz von Savoyen, im frühen 17. Jahrhundert erbauen. Die spätere Königinnenvilla zeichnet sich durch kuriose Kunst aus. Zahlreiche Grotesken und ungewöhnliche Fresken zieren das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte und heute öffentlich zugängliche Gebäude.

 

Weitere Savoyer-Residenzen im Piemont

Im Umland des Turins befinden sich die sogenannten „Corone delle Delizie“, eine Gruppe von Jagd- und Sommerresidenzen. Diese Rückzugsorte für das Haus Savoyen waren Schauplatz rauschender Feste, dienten Kunstsammlern als Hauptquartiere und gaben dem Hof gleich mehrere Orte der Sommerfrische. Folgende neun Savoyer-Residenzen im Piemont zählen ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe:

  • Palazzina di Stupinigi: Unsere erste Station führt dich nach Nichelino, ca. 10 Kilometer südwestlich von Turin. Das Barock-Jagdschlösschen von Stupinigi wurde ursprünglich klein aber fein erbaut, auf Wunsch von Herzog Viktor Amadeus II. jedoch bereits kurz nach Fertigstellung deutlich ausgebaut. Gerade die täuschend echte Architekturmalerei wird dich in ihren Bann ziehen.
  • Reggia di Veneria Reale: Zur Anlage von Italiens zweitgrößtem Schloss zählen unter anderem ein eigenes Dorf für Bedienstete, ein Schlosspark (ca. 60 ha) und das ehemalige königliche Jagdgelände, heute Natur- und Tierpark (ca. 3.000 ha). Gewaltige Galerien mit aufwendigen Stuckornamenten sowie die mächtige Hubertus-Kapelle, dem Schutzheiligen der Jäger gewidmet, wollen besucht werden.
  • Castello della Mandria: Im Herzen einer gewaltigen Parkanlage gelegen, ließ Viktor Amadeus II. ein Dorf zu diesem Schloss inmitten des zweitgrößten ummauerten Parks Europas umbauen. Die Grünanlage beherbergt einige der letzten Überreste gewaltiger Waldlandschaften, während das Schloss mit seiner stilistischen Pluralität zu beeindrucken weiß.
  • Castello di Rivoli: Einst auf antiken Mauern errichtet, geriet das Schloss von Rivoli bereits um 1280 in den Besitz der Savoyer. Nach schweren Zerstörungen durch französische Truppen im späten 17. Jahrhundert sollte es bis 1984 dauern, bis das Castello komplett wiederaufgebaut wurde. Heute beheimatet es ein großes Museum für zeitgenössische Kunst.
  • Castello di Agliè: Ein weiteres Sommerschloss der Savoyer befand sich seit dem 12. Jahrhundert im Besitz verschiedener Grafen, bevor es im Zuge der Invasion französischer Truppen weitestgehend zerstört wurde. Unter Karl Emanuel III. erhielt es schließlich eine Generalüberholung und diente fortan als Sommerresidenz der Könige von Sardinien. Über 300 Prunkräume zieren das von gewaltigen Gartenanlagen umgebene Schloss.
  • Castello di Moncalieri: Thomas I. von Savoyen ließ bereits um 1100 erste militärische Strukturen auf einem Hügel in Moncalieri errichten. Etwa 300 Jahre später begann der Ausbau zum Lustschloss, das unter anderem so manche Savoyer-Hochzeit sah. Die beiden zylindrischen Türme erinnern bis heute an den mittelalterlichen Originalbau.
  • Castello di Racconigi: Dieses königliche Schloss wurde erst nachträglich, nämlich 2008, zum UNESCO-Weltkulturerbe-Gebiet hinzugefügt. Sein uneinheitliches Erscheinungsbild lässt das Herrscherhaus einer Savoyer-Nebenlinie durchaus unorthodox erscheinen. Und doch birgt diese Mischung aus mittelalterlichen Überresten und Neoklassizismus einen unverkennbaren Reiz in sich.
  • Castello di Pollenzo: Die Feudal- und Renaissance-Wurzeln dieses Schlosses in Pollenzo gingen im 19. Jahrhundert in einen durchaus wilden Stilmix auf. Verantwortlich dafür zeichnete sich Karl Albert Amadeus, König von Sardinien-Piemont, der das mittelalterliche Gebäude für Feste ausbauen ließ. Das Schloss befindet sich nunmehr in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden.
  • Castello di Govone: Mitten im Weinbaugebiet liegt die letzte der mit den Savoyern verbundenen UNESCO-Weltkulturerbestätten. Wie viele andere Schlösser im Turiner Umland diente auch jenes von Govone im Mittelalter als Festungsanlage, bevor es im 19. Jahrhundert, wie auch jenes in Agliè, zur Sommerresidenz konvertiert wurde. Faszinierende Statuen begrüßen dich heute an allen Ecken und Enden.

 

Bis heute zeugen die Residenzen des Hauses Savoyen von der einstigen zentralen Rolle Turins im Spiel der europäischen Mächte. Der Verkehrsknotenpunkt im Norden Italiens beeindruckt mit architektonischer Vielfalt, wilden Stilmischungen, mächtiger Opulenz und naturnahem Feinsinn. Wandle auch du auf den Spuren der Savoyer und plane noch heute deinen nächsten Italienurlaub mit ZAINOO!

Trulli von Alberobello

Trulli von Alberobello, Apulien

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Was sind denn das für komische Zipfelmützen, die da in den Himmel ragen? So oder so ähnlich ist wahrscheinlich dein erster Eindruck, wenn du dich auf den Weg nach Alberobello machst. Das kleine Städtchen im Herzen Apuliens gehört seit 1996 zum Weltkulturerbe der UNESCO und steht auf dem Plan zahlreicher Touristen. Der Grund für diese hohe Ehre und den Ansturm sind eben jene Zipfelmützen, die auf den kegelartigen Trulli ruhen. Was es damit auf sich hat und warum gerade Alberobello zum Weltkulturerbe erklärt wurde, erfährst du hier.

Das steckt hinter den Trulli

Wenn wir ganz ehrlich sind, sehen sie ja schon ein wenig putzig aus, diese Trulli. Da sollen ernsthaft auch heute noch Menschen wohnen? Das ist tatsächlich so – und das, obwohl die Gebäude wie aus der Zeit gefallen wirken. Sie erinnern nicht nur an urzeitliche Wohnbauten, Funde im Umland belegen, dass es Trulli-Vorformen bereits in prähistorischen Zeiten gab. Ähnliche urzeitlich anmutende Gebäudeformen findest du beispielsweise in der südfranzösischen Provence in Form der aus Trockenmauerwerk errichteten Borie oder in Sardinien, dessen Turmbauten Nuraghe auf die Bonnaro-Kultur um 2000 v. Chr. zurückdatieren und, im Fall des Komplexes in Barumini, ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.

Die Bauweise der Trulli hat sich im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert. In der Regel ist der Grundriss rund mit seltenen rechteckigen Ausnahmen. Die Gebäude an sich sind komplett weiß gestrichen und bestehen aus Naturstein. Rund um ein zentrales Hauptzimmer befinden sich die fein säuberlich angeordneten, rechteckigen Zimmer. Das dicke Mauerwerk aus Kalksteinplatten, die ohne Mörtel aufeinandergeschichtet werden, isoliert ideal und spendet Wärme im Winter bzw. angenehme Frische im Sommer. Nach oben hin verengt sich das Steindach zu einem Kraggewölbe, ebenfalls aus Kalkplatten erbaut. Auf diesem befindet sich der mit esoterischen bzw. spirituellen Figuren bemalte Schlussstein, der jedem Trullo seinen einzigartigen Charakter verleiht.

Die Legende der Trulli von Alberobello

Trulli von Alberobello

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Ausgrabungen verraten, dass es bereits in der Bronzezeit Ansiedlungen in Alberobello gab. Die ältesten Trulli, die heute noch stehen, stammen allerdings aus dem 14. Jahrhundert. Anstatt die Gebäude zu reparieren, wurden sie in der Regel abgerissen und einfach neuerrichtet. Mit dieser Praxis ist eine nette Geschichte verbunden, die Historisches und Legendäres miteinander vermischt. So wollte der Graf von Conversano im 17. Jahrhundert eine Bestimmung des Königreiches von Neapel umgehen, gemäß der eine kostenpflichtige Erlaubnis für die Gründung neuer Ortschaften eingeholt werden musste. Zu dieser Zeit ließen sich mehr und mehr Siedler rund um Alberobello nieder. Der Graf trug ihnen auf, Trulli zu errichten. Diese konnten in Windeseile demontiert werden, wenn sich die Kontrollkommission ankündigte. Entsprechend wurden die mörtelfreie Bauweise Pflicht und die Trulli zur lokalen Tradition.

Neben dieser traditionellen Überlieferung fanden Historiker allerdings eine deutlich praktischere Erklärung, weswegen gerade Alberobello Heimat so vieler Trulli ist. Die geografische Lage war ideal für diese Bauten, weil der dafür benötigte Stein in unmittelbarer Nähe gewonnen werden konnte. Einfacher Abbau, kurze Transportwege und unkomplizierte, schnelle Bauweise erklären das rapide Wachstum dieser Siedlungen.

Wo du sonst noch Trulli findest

Trulli gibt es aber nicht nur in Alberobello. Du findest sie vor allem im Tal d’Itria, das zwischen den Provinzen Bari, Taranto und Brindisi liegt. So entdecken Archäologen beispielsweise einen heute unterirdisch verlaufenden Fluss, an dem bereits zur Jahrtausendwende entsprechende Siedlungen entstanden. Sie wurden, so vermutet man, später zu den Dörfern Monti und Aja Piccola, die heute zum Einzugsgebiet Alberobellos zählen. Trulli findest du ebenso in zahlreichen weiteren Ortschaften und Landstrichen Apuliens, doch nirgendwo so häufig wie im UNESCO-Weltkulturerbe-Städtchen.

Was du in Alberobello auf keinen Fall verpassen darfst

In und rund um Alberobello gibt es so einiges zu entdecken. Ein paar der Trulli-Highlights haben wir schon kurz anklingen lassen, jetzt gibt es nochmals sämtliche Sehenswürdigkeiten für dich auf einen Blick:

  • Trullo Sovrano: Auf der Piazza Sacramento gelegen, ist dies der einzige zweistöckige Trullo überhaupt. Im Inneren befindet sich mittlerweile ein Museum mit Sehenswertem zur Geschichte der Stadt.
  • Monti: Der Trulli-Hotspot fasst gleich 1.030 solcher Gebäude. Besonders spannend sind die „siamesischen Trulli“, bestehend aus einer fensterlosen Doppelfassade.
  • Aja Piccola: Der zweite Trulli-Vorort Alberobellos liegt entlang einer kurvenreichen, engen Straße und eignet sich prima für Erkundungstouren in historischem Ambiente.
  • Santuario dei Santi Medici: Kirchen und Heiligtümer gehören natürlich ebenso zum Stadtbild. Hier erwartet dich unter anderem ein Reliquienschrein der Heiligen Ärzte und Märtyrer Cosma und Damiano.
  • Chiesa di Sant’Antonio: Ein Trullo als Kirche? Klingt komisch, funktioniert aber! Ein monumentaler Eingang führt dich mitten in eines der ungewöhnlichsten Gotteshäuser Italiens. Vom traditionellen Inneren wirst du gewiss überrascht sein.
  • Casa d’Amore: Das heutige Tourismusbüro ist eine echte Besonderheit. Als es 1797 erbaut wurde, war es das erste Haus Alberobellos aus Kalk.
  • Rievocazione storica: Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um eine Sehenswürdigkeit, sondern um ein Festival. Anfang Juli trägt ganz Alberobello Kostüme aus dem 16. Jahrhundert und macht die illustre Stadtgeschichte lebendig – ein Erlebnis für sich!

 

Natürlich gibt es auch ein paar andere Orte, wo du auf diese eigenartigen Zipfelmützen stoßen wirst, doch nirgendwo findest du so viele und so hervorragend erhaltene wie in Alberobello. Mit seiner greifbaren Geschichte und dem historischen Stadtbild ist die Hauptstadt der Trulli stets einen Besuch wert. Wir wünschen dir viel Spaß bei deiner Reise zu dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte und empfehlen dir einen Blick auf unseren Italien-Bereich mit vielen weiteren tollen ZAINOO-Reisetipps!

Ravennas frühchristliche Bauwerke

Ravennas frühchristliche Bauwerke, Emilia Romagna

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In seinen finalen Jahrzehnten durchlebte das weströmische Reich eine überaus wechselhafte Zeit, geprägt von verschiedensten Herrschern, Schlachten gegen einfallende Völker und einer Hauptstadt in Bewegung. Von 402 bis 476 diente Ravenna als kaiserliche Hauptresidenz, was zu einem wahren architektonischen Boom führte. In dieser wahrlich ereignisreichen Zeit entstanden acht Bauwerke von Weltruhm, die seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Welche das sind und warum sich diese Meisterwerke frühchristlicher Architektur diesen Status mehr als nur verdient haben, verraten wir dir hier!

Ravenna und die Völkerwanderung

Ihre Blütezeit hatte die Stadt unweit der Adriaküste der Emilia-Romagna im 5. und 6. Jahrhundert. Die Völkerwanderungszeit hinterließ ihre Spuren in Ravenna. 402 verlegte Honorius, Kaiser des weströmischen Reiches, seinen Hofstaat hierher, um die exzellenten Verteidigungsanlagen der Stadt zu nützen. Mehrere Kaiser und Belagerungen sollten folgen. Obwohl es den einen oder anderen Regenten zwischenzeitlich zurück nach Rom zog, blieb Ravenna doch bis zur Absetzung des letzten weströmischen Kaisers im Jahr 476 bevorzugter Regierungssitz. Mit der Machtergreifung des Ostgoten Theoderich, der 493 den Germanen Odoaker in der Rabenschlacht eigenhändig tötete, erlebte die Stadt einen erneuten kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung, dessen Spuren bis heute Besucher aus aller Welt anziehen.

Mosaike im Wandel der Zeit

Einer der Hauptgründe für den die Zeiten überdauernden Ruhm Ravennas UNESCO-Weltkulturerbestätten sind die Mosaike, die sieben dieser acht Bauwerke zieren. Sie gelten als Prunkstück weströmischer, gotischer und byzantinischer Kunst, und bildeten vor allem historische und kontemporäre Szenen ab. Spätere Herrscher waren mit einigen der als häretisch angesehenen Darstellungen jedoch alles andere als zufrieden, und doch überstand Ravenna den byzantinischen Bilderstreit vergleichsweise gut. Dennoch wirst du auf deinen Touren durch die Kirchen, Kapellen und Mausoleen auf so manche getilgte Szene treffen. So verschwanden beispielsweise Theoderich und sein Gefolge von einem Mosaik in der Basilica di Sant’Apollinare Nuovo und wurden durch christliche Figuren ersetzt.

Acht Gebäude, eine Weltkulturerbestätte

Jetzt hast du schon einiges über Ravennas Geschichte und die weltberühmten Mosaike gelesen. Wo aber, wirst du dich jetzt bestimmt fragen, kann man sich die ansehen? Kein Problem, wir helfen dir gerne weiter und stellen dir die frühchristlichen Bauwerke, die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen, nun näher vor:

Basilica di San Vitale

Für viele Gäste ist dieser Paradebau das Nonplusultra Ravennas: Die Basilika zählt zum imposanten Komplex des ehemaligen Benediktinerklosters San Vitale und wurde 526 unter Theoderich erbaut. Einst war das komplette achteckige Gotteshaus mit Mosaiken bedeckt, heute sind nur noch ein paar wenige Exemplare im Presbyterium und der Apsis erhalten. Die alttestamentarischen Darstellungen und das prominent abgebildete Kaiserpaar Justinian und Theodora zeugen von großem Prunk.

Mausoleo di Galla Placidia

Hinter dieser Basilika stößt du auf ein Grabmal, das ab 425 für Kaiserin Galla Placidia errichtet wurde. Sie selbst sowie ihr Ehemann Konstantin III. und ihr Sohn Valentin III. fanden ihre letzte Ruhe zunächst in Rom und wurden erst zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert in das Mausoleum überstellt. Das Besondere an den spätantiken Mosaiken ist der intensive, blaugrün schimmernde Hintergrund mit einem Nachthimmel, flankiert von Apostel- und Wild-Darstellungen.

Basilica di Sant’Apollinare Nuovo

Um seinen Triumph über Odoaker gebührend zu feiern, ließ sich Theoderich eine gewaltige Basilika direkt vor seiner Haustür erbauen. Ihren Namen erhielt Sant’Apollinare Nuovo erst im 9. Jahrhunderts, als die Reliquien des ersten Bischofs der Stadt aus Classe landeinwärts verlegt wurden. Die vorangetriebene Christianisierung sorgte unter anderem für diverse Erweiterungen in den Folgejahrhunderten sowie für die Tilgung vermeintlich heidnischer Motive. Wenn du etwas genauer hinsiehst, entdeckst du noch ein paar ursprüngliche Hände und Arme hinter neueren religiösen Motiven.

Mausoleo di Teodorico

Ravennas frühchristliche Bauwerke

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Theoderichs Grabmal ist die große Ausnahme auf dieser Liste. Warum, fragst du dich? Weil es hier kein einziges Mosaik zu sehen gibt. Außerdem fehlt der Leichnam des Ostgotenherrschers, einzig sein leerer Porphyrsarkophag ist geblieben. Was mit den sterblichen Überresten passierte, ist heute unklar. Eindrucksvoll ist das mächtige Bauwerk aus istrischem Kalkstein mit seiner ca. 300 Tonnen schweren Kuppel aber allemal.

 

Battistero degli Ariani

Zurück zu den Mosaiken: Jene im achteckigen Baptisterium der Arianer zählen zu den besterhaltenen der Stadt. Das Gebäude, das du gegenüber der arianischen Kirche Santo Spirito findest, ist im Inneren weitestgehend leer, von einem Taufbecken abgesehen. Dein Blick schweift dafür unweigerlich zu den kunstvollen, wenn auch formell streng arrangierten Mosaiken. Hier wurde erstmals der Apostel mit Nimbus abgebildet.

Battistero Neoniano

Im Gegensatz zum arianischen Bau zeigt sich die Taufkapelle der Orthodoxen deutlich farbenfroher und lebhafter in ihrem Mosaik-Design. Dafür sorgt unter anderem der kobaltblaue Hintergrund, der dir von der Decke förmlich entgegenleuchtet. Umgeben von Stuck und Marmor, hat es dir die Kuppel bestimmt angetan. Ein genauerer Blick legt Darstellungen der zwölf Apostel und der Taufe Jesu frei.

Capella e Museo Arcivescovile

Im Herzen des barocken Bischofspalastes Sant’Orso erwartet dich dieses Museum mit seinen prächtigen Stoffen, Skulpturen und Sarkophagen aus dem 5. und 6. Jahrhundert sowie dem imposanten Elfenbeinthron des Massimiano. Absoluter Blickfang der Ausstellung ist jedoch Theoderichs privater Gebetsraum, der unter Erzbischof Petrus II. errichtet wurde. Gewaltige Mosaiken präsentieren das triumphierende Christentum von seiner kämpferischen Seite.

Basilica di Sant’Apollinare in Classe

Die Basilika im Vorort Classe liegt ca. 5 km außerhalb von Ravenna und ist Apollinaris, dem Schutzpatron der Stadt, geweiht. Plünderungen und ein schweres Erdbeben zogen den prunkvollen Innenraum schwer in Mitleidenschaft. Und doch überdauerten einige der weltberühmten Mosaike die Zeit, unter anderem auf der Apsis und dem Triumphbogen. Leider gingen die Mosaikfußböden und die gesamte Marmorvertäfelung verloren.

Ravenna und seine Mosaike aus frühchristlicher Zeit – eine beeindruckende Sammlung architektonischer und kunstvoller Großtaten, die selbst Naturkatastrophen, Plünderungen und Zensur relativ gut überstanden. Wenn du all das und noch viele weitere Highlights der Stadt besichtigten möchtest, empfehlen wir dir den ZAINOO-Stadtrundgang. Hier entdeckst du außerdem viele weitere kleine und große Highlights, die einmal mehr eindrucksvoll unterstreichen, warum Ravenna zu den schönsten Orten Italiens zählt.