Ravennas frühchristliche Bauwerke

Ravennas frühchristliche Bauwerke, Emilia Romagna

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In seinen finalen Jahrzehnten durchlebte das weströmische Reich eine überaus wechselhafte Zeit, geprägt von verschiedensten Herrschern, Schlachten gegen einfallende Völker und einer Hauptstadt in Bewegung. Von 402 bis 476 diente Ravenna als kaiserliche Hauptresidenz, was zu einem wahren architektonischen Boom führte. In dieser wahrlich ereignisreichen Zeit entstanden acht Bauwerke von Weltruhm, die seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Welche das sind und warum sich diese Meisterwerke frühchristlicher Architektur diesen Status mehr als nur verdient haben, verraten wir dir hier!

Ravenna und die Völkerwanderung

Ihre Blütezeit hatte die Stadt unweit der Adriaküste der Emilia-Romagna im 5. und 6. Jahrhundert. Die Völkerwanderungszeit hinterließ ihre Spuren in Ravenna. 402 verlegte Honorius, Kaiser des weströmischen Reiches, seinen Hofstaat hierher, um die exzellenten Verteidigungsanlagen der Stadt zu nützen. Mehrere Kaiser und Belagerungen sollten folgen. Obwohl es den einen oder anderen Regenten zwischenzeitlich zurück nach Rom zog, blieb Ravenna doch bis zur Absetzung des letzten weströmischen Kaisers im Jahr 476 bevorzugter Regierungssitz. Mit der Machtergreifung des Ostgoten Theoderich, der 493 den Germanen Odoaker in der Rabenschlacht eigenhändig tötete, erlebte die Stadt einen erneuten kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung, dessen Spuren bis heute Besucher aus aller Welt anziehen.

Mosaike im Wandel der Zeit

Einer der Hauptgründe für den die Zeiten überdauernden Ruhm Ravennas UNESCO-Weltkulturerbestätten sind die Mosaike, die sieben dieser acht Bauwerke zieren. Sie gelten als Prunkstück weströmischer, gotischer und byzantinischer Kunst, und bildeten vor allem historische und kontemporäre Szenen ab. Spätere Herrscher waren mit einigen der als häretisch angesehenen Darstellungen jedoch alles andere als zufrieden, und doch überstand Ravenna den byzantinischen Bilderstreit vergleichsweise gut. Dennoch wirst du auf deinen Touren durch die Kirchen, Kapellen und Mausoleen auf so manche getilgte Szene treffen. So verschwanden beispielsweise Theoderich und sein Gefolge von einem Mosaik in der Basilica di Sant’Apollinare Nuovo und wurden durch christliche Figuren ersetzt.

Acht Gebäude, eine Weltkulturerbestätte

Jetzt hast du schon einiges über Ravennas Geschichte und die weltberühmten Mosaike gelesen. Wo aber, wirst du dich jetzt bestimmt fragen, kann man sich die ansehen? Kein Problem, wir helfen dir gerne weiter und stellen dir die frühchristlichen Bauwerke, die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen, nun näher vor:

Basilica di San Vitale

Für viele Gäste ist dieser Paradebau das Nonplusultra Ravennas: Die Basilika zählt zum imposanten Komplex des ehemaligen Benediktinerklosters San Vitale und wurde 526 unter Theoderich erbaut. Einst war das komplette achteckige Gotteshaus mit Mosaiken bedeckt, heute sind nur noch ein paar wenige Exemplare im Presbyterium und der Apsis erhalten. Die alttestamentarischen Darstellungen und das prominent abgebildete Kaiserpaar Justinian und Theodora zeugen von großem Prunk.

Mausoleo di Galla Placidia

Hinter dieser Basilika stößt du auf ein Grabmal, das ab 425 für Kaiserin Galla Placidia errichtet wurde. Sie selbst sowie ihr Ehemann Konstantin III. und ihr Sohn Valentin III. fanden ihre letzte Ruhe zunächst in Rom und wurden erst zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert in das Mausoleum überstellt. Das Besondere an den spätantiken Mosaiken ist der intensive, blaugrün schimmernde Hintergrund mit einem Nachthimmel, flankiert von Apostel- und Wild-Darstellungen.

Basilica di Sant’Apollinare Nuovo

Um seinen Triumph über Odoaker gebührend zu feiern, ließ sich Theoderich eine gewaltige Basilika direkt vor seiner Haustür erbauen. Ihren Namen erhielt Sant’Apollinare Nuovo erst im 9. Jahrhunderts, als die Reliquien des ersten Bischofs der Stadt aus Classe landeinwärts verlegt wurden. Die vorangetriebene Christianisierung sorgte unter anderem für diverse Erweiterungen in den Folgejahrhunderten sowie für die Tilgung vermeintlich heidnischer Motive. Wenn du etwas genauer hinsiehst, entdeckst du noch ein paar ursprüngliche Hände und Arme hinter neueren religiösen Motiven.

Mausoleo di Teodorico

Ravennas frühchristliche Bauwerke

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Theoderichs Grabmal ist die große Ausnahme auf dieser Liste. Warum, fragst du dich? Weil es hier kein einziges Mosaik zu sehen gibt. Außerdem fehlt der Leichnam des Ostgotenherrschers, einzig sein leerer Porphyrsarkophag ist geblieben. Was mit den sterblichen Überresten passierte, ist heute unklar. Eindrucksvoll ist das mächtige Bauwerk aus istrischem Kalkstein mit seiner ca. 300 Tonnen schweren Kuppel aber allemal.

 

Battistero degli Ariani

Zurück zu den Mosaiken: Jene im achteckigen Baptisterium der Arianer zählen zu den besterhaltenen der Stadt. Das Gebäude, das du gegenüber der arianischen Kirche Santo Spirito findest, ist im Inneren weitestgehend leer, von einem Taufbecken abgesehen. Dein Blick schweift dafür unweigerlich zu den kunstvollen, wenn auch formell streng arrangierten Mosaiken. Hier wurde erstmals der Apostel mit Nimbus abgebildet.

Battistero Neoniano

Im Gegensatz zum arianischen Bau zeigt sich die Taufkapelle der Orthodoxen deutlich farbenfroher und lebhafter in ihrem Mosaik-Design. Dafür sorgt unter anderem der kobaltblaue Hintergrund, der dir von der Decke förmlich entgegenleuchtet. Umgeben von Stuck und Marmor, hat es dir die Kuppel bestimmt angetan. Ein genauerer Blick legt Darstellungen der zwölf Apostel und der Taufe Jesu frei.

Capella e Museo Arcivescovile

Im Herzen des barocken Bischofspalastes Sant’Orso erwartet dich dieses Museum mit seinen prächtigen Stoffen, Skulpturen und Sarkophagen aus dem 5. und 6. Jahrhundert sowie dem imposanten Elfenbeinthron des Massimiano. Absoluter Blickfang der Ausstellung ist jedoch Theoderichs privater Gebetsraum, der unter Erzbischof Petrus II. errichtet wurde. Gewaltige Mosaiken präsentieren das triumphierende Christentum von seiner kämpferischen Seite.

Basilica di Sant’Apollinare in Classe

Die Basilika im Vorort Classe liegt ca. 5 km außerhalb von Ravenna und ist Apollinaris, dem Schutzpatron der Stadt, geweiht. Plünderungen und ein schweres Erdbeben zogen den prunkvollen Innenraum schwer in Mitleidenschaft. Und doch überdauerten einige der weltberühmten Mosaike die Zeit, unter anderem auf der Apsis und dem Triumphbogen. Leider gingen die Mosaikfußböden und die gesamte Marmorvertäfelung verloren.

Ravenna und seine Mosaike aus frühchristlicher Zeit – eine beeindruckende Sammlung architektonischer und kunstvoller Großtaten, die selbst Naturkatastrophen, Plünderungen und Zensur relativ gut überstanden. Wenn du all das und noch viele weitere Highlights der Stadt besichtigten möchtest, empfehlen wir dir den ZAINOO-Stadtrundgang. Hier entdeckst du außerdem viele weitere kleine und große Highlights, die einmal mehr eindrucksvoll unterstreichen, warum Ravenna zu den schönsten Orten Italiens zählt.

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