Kunststadt Pisa – mehr als nur ein (Schiefer) Turm

Geht es um italienische Kunststädte, so ist Pisa meist nicht weit. Die wunderschöne Stadt im Norden der Toskana, durch den Arno geteilt, ist vor allem für ihren Schiefen Turm weltweit bekannt. Das ist aber natürlich nicht alles, was dich in der einst mächtigen, einflussreichen Seerepublik erwartet. Sie ist Heimat einer der ältesten UNESCO-Weltkulturerbestätten auf italienischem Boden, bedeutender Hochschulen und rauschender Feste. Ob Tourismushochburg, Universitätsstadt oder Metropole am Wasser – wir verraten dir, warum Pisa stets einen Besuch wert ist.

 

Zur Seemacht und wieder zurück

Woher der Name Pisa exakt kommt und wer die Stadt gründete, liegt heute im Verborgenen. Antike Quellen benennen unter anderem Ligurer, Etrusker und Griechen als mögliche erste Siedler. Zumindest gab es eine etruskische Eroberung, die archäologisch belegt scheint. Pisae, so der damalige Name, war den Römern während den Ligurerkriegen freundlich gesinnt und wurde 180 v. Chr. schließlich zur Kolonie, später zum Municipium. Als Hafen spielte Pisa keine unwichtige Rolle, über seine eigentliche römische Geschichte sowie die Auswirkungen der Völkerwanderung ist allerdings nur recht wenig bekannt. Erst im Hochmittelalter rückte Pisa wieder in den Fokus und nahm fortan sogar eine zentrale Rolle ein.

 

Als Republik erreichte Pisa ab dem 11. Jahrhundert den Höhepunkt seines Einflusses und entwickelte sich in Windeseile zum wirtschaftlichen Machtzentrum. Über Jahrhunderte hinweg trieben Kaufleute regen Handel, was zu großer Konkurrenz und mehreren Konflikten mit der Republik Genua führte. Eine Niederlage bei der Seeschlacht bei Meloria um 1284 läutete den Niedergang Pisas ein. Die Republik verlor nach und nach ihre Territorien und 1406 schließlich die Unabhängigkeit an Florenz. So büßte die Stadt zunehmend Bedeutung ein, blieb allerdings wichtiger Universitätssitz und ging voll und ganz in ihrer Rolle als begeisternde toskanische Kulturstadt auf.

 

Welterbe Piazza del Duomo

©Bigstock.com/Alexander Nikiforov

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Als erst sechste Stätte in Italien erhielt der Domplatz von Pisa, Piazza del Duomo, im Jahr 1987 UNESCO-Welterbestatus. Die Piazza dei Miracoli („Platz der Wunder“), wie dieser Ort im Volksmund gerne genannt wird, versammelt die wohl wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an einer Stelle. Wir haben einen kleinen Überblick für dich vorbereitet – mehr liest du übrigens in unserem Welterbe-Blog zur Piazza del Duomo.

  • Santa Maria Assunta: Charakterstarker Marmor aus Carrara leuchtet dir bereits von weitem entgegen. Obwohl stolze 200 Jahre am Dom gearbeitet wurde, wirkt er weitestgehend wie aus einem Guss. Und doch verbirgt sich hinter den packenden Fresken und Mosaiken eine spannende, wechselhafte Geschichte mit undurchsichtigen Wurzeln.
  • Schiefer Turm: Santa Maria Assunta erhielt einen freistehenden Glockenturm, der mit dem schlechten Boden aus Sand und Morast nicht so ganz zurechtkam – oder umgekehrt? Egal, der Campanile weist mittlerweile einen Neigungswinkel von ca. vier Grad auf und wurde als Schiefer Turm von Pisa weltberühmt.
  • Baptisterium: Die kleine Taufkirche des Doms ist alles andere als klein, denn das kreisrunde Baptisterium entpuppt sich als opulentes Meisterwerk. Wenn du schwindelfrei bist, empfehlen wir den Aufstieg bis unters Kuppeldach.
  • Camposanto Monumentale: Ein gewaltiger Friedhof beschließt den Domplatz an dessen Nordseite. Hier soll sich Erde befinden, die Kreuzfahrer einst aus dem Heiligen Land mitgebracht haben. Ein Spaziergang durch den Kreuzgang führt dich zu packenden Fresken und aufsehenerregenden Sarkophagen.
  • Palazzo dell‘Opera: Der Opernpalast besteht eigentlich aus mehreren Gebäuden, die zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert entstanden. Sie dienten einst als Unterkunft der Dom-Bediensteten und sind mittlerweile teilweise der Öffentlichkeit zugänglich.
  • Ospedale Nuovo di Santo Spirito: Hinter der gotischen Fassade befindet sich inzwischen kein Krankenhaus mehr, sondern das Museo delle Sinopie mit Fresko-Sinopien aus dem Camposanto Monumentale.

 

Pisas Kirchen und Basiliken

Damit hätten wir den Anfang gemacht, aber eigentlich wollten wir dir ein paar Orte vorstellen, die du vielleicht noch nicht kennst, die nicht ganz so berühmt sind. Pisa ist reich an Kirchen und Basiliken, wie so viele andere italienische Städte auch. Dazu zählen:

  • Santa Maria della Spina: Die Dornenkirche bekam ihren Namen durch einen Dorn der Dornenkrone, der über lange Zeit hier aufbewahrt wurde, bevor er an die Kirche Santa Chiara abgegeben werden musste. Santa Maria della Spina liegt direkt am Ufer des Arno und scheint beinahe über dem Fluss zu schweben. Die opulente gotische Fassade mit ihren Spitztürmen und Statuen ist eine echte Meisterleistung.
  • San Paolo a Ripa d‘Arno: Für diese Kirche, die ebenfalls unmittelbar am Arno liegt, musste einst ein romanischer Bau weichen. San Paolo wurde stark vom Dom Santa Maria Assunta beeinflusst und trägt nicht umsonst den Beinamen „Duomo vecchio“ (dt. „Alter Dom“). Die Kirche wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und musste wiederaufgebaut werden. Speziell der Innenraum war stark in Mitleidenschaft gezogen worden.
  • Santo Sepolcro: Die mittelalterlichen Kreuzzüge hinterließen ihre Spuren in Pisa. Neben dem angeblichen heiligen Sand auf der Friedhofsanlage Camposanto Monumentale wurde diese romanische Kirche nach dem Vorbild der Jerusalemer Grabeskirche errichtet. Gewisse Parallelen zum Felsendom lassen sich ebenso wenig von der Hand weisen.
  • Basilika San Piero a Grado: Auf seiner Reise nach Rom soll der Heilige Petrus hier erstmals italienischen Boden betreten haben. Wo einst der Hauptarm des Arno in eine mittlerweile versandete Lagune mündete, befindet sich heute diese Basilika, deren Ursprung im 4. Jahrhundert liegt, und die in späteren Epochen mehrmals erweitert wurde. Die Fresken im Innenraum widmen sich dem Leben des Heiligen.

 

Weitere spannende Sehenswürdigkeiten in Pisa

©Bigstock.com/goga18128

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Ein paar kleine Schmankerl aus dem Norden der Toskana haben wir für dich noch gesammelt. Sie zeigen Pisa von den unterschiedlichsten Seiten zwischen großem Prunk, faszinierender Natur und Wissbegier:

  • Piazza dei Cavalieri: Einst ein Platz zur Machtdemonstration für die Medici, ist der ehemalige weltliche Hautplatz Pisas heute für seine gewaltigen repräsentativen Renaissance-Bauten bekannt. Mehrere Paläste und Türme, sogar eine imposant ausgestattete Kirche erheben sich entlang der Piazza dei Cavalieri. Die geschmückte Treppe des gleichnamigen Palazzo ist ein Erlebnis für sich.
  • Botanischer Garten: 1543 auf Bestreben des Arztes und Botanikers Luca Ghini gegründet und von Großherzog Cosimo I. de‘ Medici finanziell unterstützt, wechselte der botanische Garten von Pisa mehrmals seinen Standort und landete um 1595 endgültig unweit der Piazza dei Miracoli. Eng mit der biologischen Fakultät der städtischen Universität verbunden, ist der Orto botanico zugleich Lehrort, Sammlung und Ruheoase.
  • Università Normale: Im Jahr 1343 wurde die Universität von Pisa, eine der ältesten und renommiertesten Universitäten des Landes, gegründet. Hier studierte und lehrte einst Galileo Galilei, zu den weiteren prominenten Studenten zählen unter anderem Papst Clemens XII., der spätere Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und der weltberühmte Tenor Andrea Bocelli. Gemeinsam mit der Elitehochschule Scuola Normale Superiore und der Scuola Superiore Sant’Anna zählt Pisa somit zu den wichtigsten Universitäts- und Hochschulstandorten Italiens.

 

Für den Schiefen Turm anreisen und für die kulturelle sowie geisteswissenschaftliche Vielfalt bleiben: Die Kunststadt Pisa glänzt mit packenden Überraschungen hinter der prächtigen Fassade des Domplatzes, die unzählige Schätze freilegt. Zwischen atemberaubenden architektonischen Errungenschaften, majestätischen Fresken und spektakulärer Natur von Wasser bis Garten kommst du gewiss auf deine Kosten. Bis bald in der Toskana!

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