Weinbaugebiete im Piemont: Langhe-Roero & Monferrato

Weinbaugebiete im Piemont

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Als Italien im Juni 2014 seine 50. UNESCO-Weltkulturerbestätte erhielt, handelte es sich nicht etwa um einige prächtige Sehenswürdigkeit, sondern erstmals um eine überaus schützenswerte Kulturlandschaft. Die Weinbaugebiete Langhe-Roero und Monferrato im Piemont sind Heimat einiger der edelsten Tropfen des Landes. Hunderte Gemeinden erstrecken sich über diese durchgehende Hügellandschaft mit unzähligen Weinstöcken, kleinen Bauerhöfen, Dörfern, Kirchen und Schlössern. Fünf Weinbaugebiete und ein malerisches Schloss mit einer Gesamtfläche von über 10.000 Hektar zählen zu einer der prächtigsten Weltkulturerbestätten des Landes.

Natur trifft Menschenhand

Der Begriff „Kulturlandschaft“, für die Erhebung zur UNESCO-Stätte von mitentscheidender Bedeutung, beschreibt eine Art Zusammenarbeit von Natur und Menschenhand. So gab es zwar Eingriffe in die bestehende Szenerie, vor allem um die nötige Infrastruktur für den Weinbau zu schaffen, doch gestalteten sich diese schonend genug, um der Region ihre natürliche Schönheit zu lassen. So erwartet dich heute Hügel um Hügel, Weingut um Weingut, Dorf und Dorf mit einem gesamten Einzugsgebiet von über 76.000 Hektar.

Das Gebiet an sich befindet sich im Süden des Piemont zwischen dem Po und den Ligurischen Apenninen. Forscher fanden hier Pollen aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., welche Hinweise auf die hochspannende Geschichte dieser Region geben. Einst knüpften Etrusker und Kelten erste Kontakte und tauschten Güter, in Zeiten des Römischen Reiches preisten Plinius der Ältere und der griechische Geschichtsschreiber Strabon den herausragenden Weinanbau. Einige keltische und etruskische Begriffe, vor allem jene mit Weinbezug, finden sich noch heute im regionalen Dialekt. Du wirst kaum überrascht sein, dass der Süden Piemonts zwischen Langhe, Roero und Monferrato in den folgenden Jahrhunderten für so manche technische Revolution in der Weinproduktion verantwortlich war.

Langa del Barolo

Nun ist es an der Zeit, die sechs Etappen dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte in aller Ruhe zu erkunden. Erster Stopp ist Langa del Barolo. Hier entsteht der langlebige Barolo, einer der besten und bekanntesten Weine der Welt. Dieser trockene, robuste Rotwein wird in etwa 38 Monate gelagert, bis er seine granatrote Farbe und intensiven Geruch erhält. Direkt in Barolo erwartet dich unter anderem ein Museum für Korkenzieher sowie das prächtige Schloss der Falletti mit Weinmuseum und Önothek. In unmittelbarer Nähe erstreckt sich das malerische Dörfchen Roddi mit einer eigenen Universität für Trüffelhunde. Letztlich legen wir dir einen Ausflug nach La Morra ans Herz. Neben so manchem charmanten Barockbau genießt du von hier der Ausblick über das Hügelmeer.

Castello di Grinzane Cavour

Fünf Weinbaugebiete treffen auf ein Schloss – eine ungewöhnliche Weltkulturerbestätte, und doch hat das Schloss in der Gemeinde Grinzane Cavour seinen Reiz. Wann dieser mächtige Kastenbau tatsächlich entstand, liegt heute im Dunkeln – Experten gehen vom 13. Jahrhundert aus, während der Turm auf das Jahr 1350 hinweist. Tatsächlich blieb das Schloss hervorragend erhalten und wurde im Laufe der Zeit nur vergleichsweise geringfügig verändert. Sein gewaltiger Bergfried erstreckt sich über einen kompletten Flügel, begleitet von umfassenden Verteidigungsanlagen. Bei einer Besichtigung darf der Sala delle Maschere auf keinen Fall fehlen. Auf 157 Wandplatten, die wohl auf das frühe 16. Jahrhundert zurückgehen, erwarten dich prächtige Abbildungen von Wappen und Tieren. Natürlich verfügt das Castello über einen eigenen Weinkeller.

Die Hügeln des Barbaresco

Rund um die Ortschaften Barbaresco, Neive und Treiso wird dieser trockene Rotwein aus der Nebbiolo-Traube gewonnen. Sie reift spät und wird häufig erst im Oktober gelesen, wenn die Weinberge in Nebel (ital. „la nebbia“) gehüllt sind, daher auch ihr Name. Zumindest 26 Monate gereift, überzeugt der ebenfalls granatrote Barbaresco-Wein mit trockenem, vollmundigen Geschmack. Von den Hügeln Barbarescos reicht dein Blick auf jene Berge, die einst Heimat der Alpin-Bewerbe der Olympischen Winterspiele 2006 waren. Auch ein Abstecher nach Treiso, eines der schönsten Dörfer Italiens, darf auf keinen Fall fehlen.

Nizza Monferrato und der Barbera

Weinbaugebiete im Piemont, UNESCO

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Die Wurzeln der überaus anpassungsfähigen und hochwertigen Rebsorte lassen sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Zwar wird sie heute in ganz Italien angebaut, doch nirgendwo schmeckt dieser ertragsstarke Wein so gut wie in Nizza Monferrato. Der edle Tropfen mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung darf nur in 18 Gemeinden rund um eben jene Stadt hergestellt werden. Durch die Mischung aus heißen Sommertagen und kühlen Nächten entsteht eine besondere Mischung aus Fruchtigkeit und Säure, welche den Charakter der Beere unverfälscht wiedergibt. Wenn du ein wenig Zeit mitbringst, empfehlen wir dir einen kleinen Stadtspaziergang mit Besuch des alten Rathauses aus dem 14. oder 15. Jahrhundert sowie des farbenfrohen Adelspalasts Palazzo Crova.

Canelli und der Asti Spumante

Wenn es um Schaumweine geht, bist du in der Provinz Asti goldrichtig. Die Gemeinde Canelli mit ca. 10.000 Einwohnern gilt als Hochburg des Asti Spumante, aber auch andere Weine, wie Barbera, Moscato, Dolcetto, Freisa und Cortese, werden hier produziert. Nicht umsonst zählt Canelli zu den wichtigsten Weinstädten der Welt. Rund um das gewaltige mittelalterliche Schloss, 1617 zerstört und in den 1930er Jahren als prächtige Villa wiederaufgebaut, erstreckt sich das große Schaumwein-Anbaugebiet. Der feine, aromatische Asti Spumante mit seiner strohgelben bis blassgoldenen Farbe zeichnet sich durch zarte Noten und ausgeglichenen Geschmack aus. Seine Wurzeln hat er übrigens im französischen Reims. Hier lernte Weinpionier Carlo Gancia das Herstellungsverfahren des Champagners kennen und brachte sein Wissen 1865 in die Region für den bekömmlichen Asti-Schaumwein.

Der Infernòt von Monferrato

Unser letzter kleiner Ausflug führt uns in das Gebiet des Basso Monferrato, Teil einer der wichtigsten italienischen Weinanbauregionen. Rund um die sanfte Hügellandschaft, die kaum die 400 Höhenmeter übersteigend, befinden sich uralte, tiefe Weinkeller, die einst direkt in den Felsen geschlagen wurden. In diesen Infernòt, so der piemontesische Name dieser handgegrabenen Höhlen, gibt es in der Regel kaum Licht und keinerlei Belüftung. Hier konnten die besten Tropfen der Region, darunter Barbera und Dolcetto, in aller Ruhe reifen. Mittlerweile werden eigene Touren angeboten, welche dich durch einige der schönsten Weinhöhlen von Monferrato führen.

Lass dir diese unvergessliche Tour durch eine der wichtigsten Weinbauregionen der Welt auf keinen Fall entgehen! Freu dich auf malerische Dörfer, prächtige Hügellandschaften, freundliche Menschen und herrliche Tropfen mit traumhafter Mischung aus Natur und Technik, Kunst und Kultur. Deine Reise durch das südliche Piemont kann kommen!

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