Villa d’Este in Tivoli

Villa d'Este in Tivoli

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Fällt der Begriff „Renaissance“, hast du gewiss ganz bestimme Bilder im Kopf. Wahrscheinlich wirst du vor allem an architektonische Wunderwerke denken, an die Wiederentdeckung von Idealen aus der griechischen und römischen Antike, mit den modernen Erkenntnissen des 15. und 16. Jahrhunderts verbunden. Tatsächlich revolutionierte die Renaissance aber unzählige Bereiche, darunter die Gartenkunst. Der klassische italienische Garten, in der Regel gemeinsam mit einer Villa entworfen und angelegt, erlebte einen gewaltigen Boom. Nur wenige Anlagen sind so großartig und vielfältige wie jene der Villa d’Este in Tivoli in der Nähe von Rom. Seit 2001 werden Villa und Gartenanlage als UNESCO-Weltkulturerbe geführt. Dabei hätte eine wichtige Abstimmung im 16. Jahrhundert beinahe ihren Bau verhindert.

Vom Papstkandidat zum Meister der Gartenkunst

Als Kandidat der Franzosen ging Kardinal Ippolito II. d’Este in gleich mehrere Konklaven, darunter die Marathonwahl von 1549 und 1550, welche schließlich Julius III. auf den Heiligen Stuhl hievte. Als Statthalter von Tivoli ließ sich Ippolito ab 1550 ein ehemaliges Benediktinerkloster zum Palast umbauen. Schnell reifte die Idee, einen Garten am abschüssigen Hang unterhalb des Monumentalgebäudes anzulegen. Die Idee wurde erst zehn Jahre später umgesetzt. Pirro Ligorio, ein Maler und Architekt aus Neapel, erstellte den prächtigen Entwurf, Hofarchitekt Alberto Galvani kümmerte sich schließlich um die radikale Umgestaltung des gesamten Tals.

Als Ippolito 1572 starb, waren die Arbeiten fast vollendet, aber längst nicht abgeschlossen. Kardinal Alessandro d’Este, sein Nachfolger, ließ das Gartenkonzept weitreichend ändern, erneuerte die Gebäude und Brunnen. In der Folgezeit, als die Villa in Habsburger Besitz war, verfielt die Anlage zusehends. Erst ab 1851 ließ Gustaf-Adolf Prinz zu Hohenlohe-Schillingfürst dieses prächtige Anwesen komplett erneuern, später wurde Komponist Franz Liszt zum Stammgast und gab 1879 eines seiner letzten Konzerte hier. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde die Villa d’Este erneut aufwändig restauriert. Seither finden fast ununterbrochen Instandhaltungsarbeiten statt und so wird dich wahrscheinlich der eine oder andere Bauzaun sowie so manche Absperrung bei deinem Besuch begleiten.

Die Villa

Villa d'Este in Tivoli, UNESCO

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Bevor wir uns der prächtigen Gartenanlage widmen, fällt der Blick auf die Villa an sich, die viel zu oft übersehen und übergangen wird. Der heutige Eingang neben der Kirche Santa Maria Maggiore wurde zu Zeiten Ippolitos kaum verwendet – man arbeitete sich stattdessen Stufe für Stufe durch den Garten, sodass Gäste und Besucher bereits von weitem gesehen werden konnten. Über das Foyer mit Abbildungen aus dem Alten Testament und einem Saal mit Szenen aus dem Leben König Salomons arbeitest du dich in den weiten Hof mit dem schmucken Venusbrunnen vor. Nach dem Salon, wo Ippolito einst seine Empfänge abhielt, gelangst du in die Räumlichkeiten des Kardinals. Sein Schlafzimmer bietet einen besonders traumhaften Ausblick über die Gartenanlage. Im Erdgeschoß schlenderst du durch unzählige, aufwändig dekorierte Säle. Mosaike und Wandgemälde berühmter Renaissance-Künstler zieren diese wunderschönen, prunkvollen Räume. Jeder hat ein eigenes Thema und widmet sich beispielsweise der griechischen Antike, bestimmten Figuren aus der Bibel oder der Jagd.

Die Gärten

Nun wollen wir uns der Hauptattraktion widmen, und die hat es wirklich in sich. Über 500 Brunnen, Nymphen, Grotten und Wasserattraktionen zieren die Gartenanlage der Villa d’Este. Sie macht sich das Gefälle zu eigen und bettet es auf spannende Weise in die Gestaltung der beiden Hauptteile ein. Der etwas flachere Hauptgarten wies in seinem Idealbild von 1573 zwei Labyrinthe auf. Heute gliedert er sich in mehrere kleinere Gärten, die durch Laubengänge miteinander verbunden sind. Mehrere Rampen, Terrassen und Treppen ziehen sich durch den Hanggarten und erschließen den Abhang des Tals über einen Nischengang mit langen Querwegen entlang der Brunnenanlagen. Darunter wartet die prächtige Querachse mit drei Fischteichen, imposanten Aussichtspunkten und weiteren hochspannenden Terrassen.

Die Brunnen

Unzählige Brunnen säumen die imposante Gartenanlage. Von den Cento Fontane, einer Sammlung von hundert Springbrunnen entlang einer einzigen Allee, bis zu den verschiedenen Brunnen mit Tier-Motiven, historischen, mythischen und religiösen Figuren gibt es für dich eine schier unglaubliche Menge an Gartenarchitektur zu entdecken. Wir haben eine kleine Auswahl unserer Favoriten für dich vorbereitet.

  • Fontana dell’Organo: Der Orgelbrunnen zählt zu den berühmtesten Brunnen seiner Art und fand viele Nachahmer in ganz Europa. Als erste Wasserorgel überhaupt sorgte sie für großes Erstaunen und unbändige Begeisterung. So wurde das filigrane Innenleben über Jahre hinweg restauriert und erst 2003 wieder für den Betrieb freigegeben. Von der monumentalen Architektur bis zu den unzähligen kleinen Details und versteckten Statuen lässt auch du dich gewiss in den Bann der Wasserorgel ziehen.
  • Fontana di Proserpina: Ursprünglich sollten vier römische Kaiserstatuen – Cäsar, Augustus, Trajan und Hadrian – diesen vergleichsweise kleinen, schmucken Brunnen zieren. Der Triumphbogen mit geschwungenen Säulen, die entfernt an den Petersdom erinnern, zeugen von dieser ursprünglichen Idee. Leider fiel die namengebende Statue der Proserpina den Wirren der Zeit zum Opfer.
  • Fontana della Civetta: Vergleichsweise formelhaft angelegt, offenbart der Brunnen der Eule eine klare Figurensprache. Sorgsam arrangierte Mosaik-Dekorationen, zahlreiche kleine Figuren und das von zwei Engeln gehaltene Wappen der Este verleihen der Fontana ein repräsentatives Antlitz. Erst vor wenigen Jahren konnte die Vogelgesang erzeugende Anlage rekonstruiert und installiert werden.
  • Fontana dell’Ovato: Als einer der ersten Brunnen wurde diese ovale Installation fertiggestellt. Pirro Ligorios Entwurf eines Wassertheaters wurde mit einem künstlichen Berg versehen. In der dazugehörigen Venusgrotte traf man sich einst, um die heißen Sommertage vorbeiziehen zu lassen.
  • Fontana dei Draghi: Für den Drachenbrunnen ließ sich Ligorio vom Herkulesmythos inspirieren. Die Statuen widmen sich dem Pflücken der goldenen Äpfel der Hesperiden. Ladon, der apfelbewachende Drachen, ist sozusagen der Hauptdarsteller der Fontana dei Draghi. Weitere Ladon- und Herkules-Darstellung findest du übrigens in der freskoreichen Villa.
  • Fontana di Rometta: Eine Miniaturnachbildung des antiken Roms in Brunnenform markiert einen der wichtigsten Plätze dieser Gartenanlage. Die Fontana di Rometta symbolisiert den Verlauf des Tiber von seiner Quelle im Apennin bis zur Speisung der Stadt. Der künstliche Berg wurde erst nachträglich hinzugefügt.
  • Fontana di Nettuno: Der neueste Brunnen der Villa d’Este entstand erst im 20. Jahrhundert und ersetzte einen verfallenen Felswasserfall. Aus den Überresten zauberte Architekt Attilio Rossi um 1930 diesen besonders mächtigen Springbrunnen mit seinen hohen Fontänen und kramte die für einen unvollendeten anderen Brunnen angedachte Neptunstatue als Herzstück hervor.
  • Cento Fontane: Zwischen der Fontana dell’Ovato und Fontana di Rometta verläuft eine Allee mit hundert kleinen Springbrunnen, den Cento Fontane. Obwohl die einst reichhaltige Dekoration mittlerweile verfallen oder durch üppiges Grün verwachsen ist, lassen sich die verschiedenen Felsmasken und Wasserterrassen auch heute noch prima erkennen und säumen den vielleicht schönsten Spazierweg des Gartens.

 

Wenn du gut zu Fuß bist, ist die Villa d’Este mit ihrer atemberaubend schönen Gartenanlage stets einen Besuch wert. Sie ist ein exzellentes Ausflugsziel für deinen Städteurlaub in Rom, nur eine knappe Autostunde östlich der italienischen Hauptstadt gelegen. Lass dich in den Bann dieses Renaissance-Meisterwerks ziehen – drinnen wie draußen ein Erlebnis für sich.

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