UNESCO-Weltkulturerbe Val d‘Orcia

Mit dem Sieg des Stadtstaates Siena über das Feudalgeschlecht der Aldobrandeschi brach eine neue Zeitrechnung in der Region an. Siena baute nicht nur seine Hauptstadt gewaltig aus, sondern legte ebenso großen Wert auf den repräsentativen Charakter des Hinterlandes. Im Rahmen der Besiedlung im 14. und 15. Jahrhundert wurde das Val d’Orcia stark umgebaut und weiterentwickelt, um die perfekte Mischung aus ästhetischem Landschaftsbild und idealisiertem Regierungsmodell zu finden. Das Val d’Orcia inspirierte zahlreiche Renaissance-Künstler zu prächtigen Landschaftsbildern und ist auch heute noch ein beliebtes Reiseziel. Selbst die UNESCO erkannte die Einzigartigkeit dieser Region und erklärte sie 2004 zum Weltkulturerbe.

Geschichte des Val d‘Orcia

Val d‘Orcia, UNESCO

©Bigstock.com/MikeMareen

Bereits in der Antike wurde das Val d’Orcia als Teil der Via Cassia, die Verbindungsstraße von Rom in die Toskana, durchquert, später erreichte sie als Etappe des Frankenwegs zusätzliche Bedeutung. Auf den Pilgerreisen vom Frankenreich nach Rom wurde hier bevorzugt Halt gemacht. Die große Umgestaltung, wie bereits erwähnt, begann allerdings erst mit der Übernahme durch den Stadtstaat Siena. Im 14. und 15. Jahrhundert wuchs Corsignano zu Pienza an, die prächtige Konkathedrale Santa Maria Assunta entstand. Zudem begann man mit dem schrittweisen Ausbau der vier weiteren Ortschaften im Tal – Castiglione d’Orcia, Montalcino, Radicofani und San Quirico d’Orcia.

Die Bedeutung des Stadtstaates für die schönen Künste kann nicht oft genug betont werden. Natürlich profitierte vor allem die zunächst vornehmlich gotisch geprägte Malerschule von Siena von den Gönnern und Förderern, mit dem Einsetzen der Renaissance und der Eingliederung in das Großherzogtum Toskana entwickelte sich das Val d’Orcia allerdings zum überaus beliebten Reiseziel für Maler aus dem ganzen Land. Unter der Ägide der Medici blühte die Region noch stärker auf, nicht zuletzt durch infrastrukturelle Verbesserungen an der Via Cassia und am Frankenweg. Zahlreiche Künstler hielten die attraktive Mischung aus kegelförmigen Hügeln und weiten, landwirtschaftlich genutzten Flächen auf ihren Leinwänden fest. Die Harmonie von Mensch und Natur entwickelte sich zum beliebten Leitmotiv.

Ausflug nach Pienza

Vielleicht kennst du bereits unseren Blog zum historischen Zentrum von Pienza, das schon 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Wir möchten uns daher gar nicht zu lange mit dieser sympathischen kleinen Planstadt aufhalten, und doch haben wir uns ein paar Highlights herausgegriffen, die du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest:

  • Santa Maria Assunta: Der Dom von Pienza ist ohne Frage das architektonische Meisterwerk des Val d’Orcia. Hier treffen Renaissance-Kunst und nordalpine Gotik auf typisch toskanische Ordnung. Baumeister Bernardo Rosselino wusste recht wenig über die strengen Gotik-Bauregeln. Das Ergebnis: ein mehr als ansprechender Stilmix von der Fassade bis zur Ausstattung.
  • Palazzo Pubblico: Ursprünglich zu rein repräsentativen Zwecken erbaut – Pienza brauchte ein Rathaus, um seinen Stadtstatus zu sichern – vermittelt dieser kleine Palast zwischen den religiösen und weltlichen Bereichen der Piazza Comunale.
  • Palazzo Piccolomini: Atemberaubend schöne Renaissance-Ideale statten den Innenhof aus. Ein Spaziergang durch den Hof mit Garten und Bogengang weiß immer wieder aufs Neue zu begeistern.
  • Palazzo Vescovile: Papst Pius II. wollte hier ursprünglich besuchende Bischöfe beherbergen. Heute befinden sich mehrere Museen in diesem Palast. Gezeigt werden unter anderem religiöse Artefakte, Malerei aus dem 12. bis 15. Jahrhundert sowie regionale Textilarbeiten.

 

Weitere Ortschaften im Val d‘Orcia

Bestimmt kennst du Pienza bereits zur Genüge, aber wie sieht es mit den vier anderen Ortschaften im Val d’Orcia aus? Diese wollen wir dir natürlich nicht vorenthalten:

  • Castiglione d’Orcia: Die verschlafene kleine Ortschaft liegt auf einem Hügel und ist schon von weitem sichtbar. Einst eine wichtige Etappe des Frankenwegs, triffst du auch heute noch auf ursprüngliche, mittelalterliche Schönheit mit zahlreichen engen Gassen und kleinen Plätzen. Du parkst am Rande des Ortskerns am Parco della Rimembranza und genießt den tollen Fernblick von der kleinen Kapelle am Parkhügel. Im Pieve dei Santi Stefano e Degna befanden sich einst bedeutende Werke von Lorenzetti und Vecchietta, die du mittlerweile in der Pinakothek von Siena bewundern kannst.
  • Montalcino: Einst war Montalcino von einer gewaltigen Stadtmauer aus dem 13. und 14. Jahrhundert mit sechs Toren umgeben. Viele Passagen sind zumindest noch in Teilen vorhanden und geben dir, gemeinsam mit der gewaltigen Festung, einen Eindruck von den monumentalen Dimensionen der einstigen Befestigungsanlage. Heute geht es hier etwas gemächlicher zu, in der Umgebung wird vornehmlich besonders leckerer Honig produziert. Neben dem Duomo di Montalcino erwarten dich neun weitere Kirchen im Ortsgebiet.
  • Radicofani: Einst hatte Radicofani große Bedeutung als Durchreiseort von Pilgern sowie als Befestigungsanlage Sienas. Die Festung wurde zwar im April 1555 komplett zerstört, aus der Ruine entstand jedoch ein tolles Museum. Lass dir das 360°-Panorama mit Blick auf die umliegenden Berge und Hügel auf keinen Fall entgehen! Ein kleiner Abstecher in die Pieve San Pietro mit verschiedenen Werken von Künstlern aus dem 15. und 16. Jahrhundert sollte ebenfalls Pflicht sein.
  • San Quirico d’Orcia: Im Herzen des Val d’Orcia liegt dieser Ort mit seinen weiten landwirtschaftlichen Flächen – hier wird unter anderem hervorragender wilder Spargel kultiviert – sowie unzähligen Kirchen und Kapellen. Die Collegiata-Kirche aus dem 12. Jahrhundert erhebt sich inmitten der vielen mittelalterlichen Gebäude. Hochgotische Elemente, für die italienische Kunst untypische Mischwesen sowie Knotensäulen an der Fassade und den Portalen weisen auf unterschiedliche Entstehungsphasen hin. Im Inneren staunst du über die Fülle an Gemälden und Fresken, darunter die wunderschöne „Madonna col Bambino in Trono e quattro Santi“ des Renaissance-Malers Sano di Pietro.

 

Ein Urlaub für aktive Genießer

Val d‘Orcia

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Du wünscht dir ein wenig Abwechslung und möchtest zwischen deinen Ausflügen in die malerischen Ortschaften des Val d’Orcia etwas erleben? Die Region ist ein Traum für Wanderer und Radfahrer mit ihren weiten Ebenen und gelegentlich durchaus herausfordernden Anstiegen. Wir würden dir jedoch empfehlen, an besonders heißen und sonnigen Tagen auf längere Touren zu verzichten, da es im Tal nur wenig Schatten gibt. Im Frühjahr und im Herbst lohnen sich Stopps in Bagni San Filippo und Bagno Vignoni, wo warmes Thermalwasser müde Sportler wieder beflügelt. Das Val d’Orcia ist zudem eine wichtige Pecorino-Region. Du kannst den beliebten Hartkäse in den verschiedensten Reifestufen kaufen. Einen Teller Pici (dicke Spaghetti mit pikanter Beilage) oder eine herzhafte Portion Ravioli con Ricotta (gefüllte Pfannkuchen, optional mit Fleisch und/oder mit Käse überbacken) solltest du dir nicht entgehen lassen.

Das Val d’Orcia ist Pflicht in deinem nächsten Toskana-Urlaub. Zwischen landschaftlicher Schönheit, beflügelndem Sportangebot und vielen wunderschönen Ortschaften wirst du schnell in den Bann dieser einzigartigen Region gezogen. Unser Tipp: Nimm dir zwei bis drei Tage für das Val d’Orcia Zeit, wenn du das nächste Mal in Florenz oder Siena bist. Es lohnt sich!

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