Steinzeitliche Kunststadt Matera mit modernem Touch

Es gibt alte italienische Städte mit hunderten, sogar tausenden Jahren an Geschichte an einem Ort vereint. Und es gibt die Kunststadt Matera, eine der ältesten Städte der Welt. Bereits in der Jungsteinzeit war die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der süditalienischen Region Basilikata besiedelt. Höhlensiedlungen aus dieser Zeit bilden auch heute noch den Kern der Altstadt und zählen zu den eindrucksvollsten UNESCO-Weltkulturerbestätten des Landes. Doch das ist noch längst nicht alles, was dich in Matera erwartet.

 

Ein Streifzug durch Materas Geschichte

Wann genau die Besiedlung der Region begann, wird von Experten bis heute heftig debattiert. Der aktuelle Konsens liegt in der Altsteinzeit, rund um das 10. Jahrhausend v. Chr., wobei die berühmten Höhlensiedlungen wohl spätestens in der Jungsteinzeit entstanden. Die römische Stadt Matera hingegen wurde 251 v. Chr. vom römischen Konsul Lucius Caecilius Metellus als Matheola gegründet. Nach dem Ende des weströmischen Reichs hatte Matera viele Herrscher, wurde um 938 von den Sarazenen verwüstet und erreichte ein Jahrhundert später unter normannischer Regentschaft eine anhaltende Blütezeit. Abermals wechselnde Herrschaftsverhältnisse, Erdbeben und Pestepidemien setzen die turbulente Geschichte bis zur Eingliederung in das italienische Königreich fort.

 

Sassi di Matera

©Bigstock.com/rosariomanzo

©Bigstock.com/rosariomanzo

Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wohnten Menschen in Höhlen ohne fließendes Wasser und ohne Strom, was in Italien spätestens nach einem verheerenden Malaria-Ausbruch als Kulturschande gesehen wurde und die Umsiedlung der Bewohner in neugebaute Wohnblöcke in den 50er und 60er Jahren vorantrieb. Mit der erhofften Renovierung dieser Sassi, der vermutlich jungsteinzeitlichen Höhlensiedlungen, wurde es allerdings es in den späten 80ern etwas. Seit 1993 sind die Sassi di Matera UNESCO-Weltkulturerbe und sollen dank Subventionen teils wieder zu Wohnungen werden, so der kühne Plan der Stadt.

 

Matera bot sich dank seiner Lage auf einem großen, exponierten Felsen aus Tuffstein für solche Höhlen an. Das Material ließ sich leicht transportieren und bearbeiten, ein komplettes Aushöhlen und anschließendes Versiegeln war selbst in Urzeiten ein Leichtes. In späteren Jahrhunderten erfuhren die Sassi di Matera komplexe Erweiterungen um eine Fülle an Räumlichkeiten, um Brunnen- und Bewässerungssysteme. Später wurden die Höhlen sogar übereinander gebaut, um noch mehr Platz zu erschließen. Die Sassi kannst du heute im Rahmen von Führungen besuchen, und das ist selbstverständlich ein absolutes Muss. Bei der Gelegenheit solltest du den Park der Felsenkirchen gleich mitnehmen. Der archäologische Naturpark erstreckt sich über 8.000 Hektar bis ins benachbarte Montescaglioso und widmet sich den ebenfalls in Stein geschlagenen alten Gebetshäusern.

 

Castello Tramontano

Keine Frage, die Sassi wären für sich bereits mehr als Grund genug, Matera einen Besuch abzustatten. Die Stadt in der Basilikata hat jedoch noch so viel mehr zu bieten. Auf dem Hügel von Lapillo überblickt die Festung Castello Tramontano das historische Zentrum. Ihren Ursprung nahm die imposante Anlage in normannischer Zeit. Die einstige Residenz mit acht Türmen auf quadratischem Grundriss sollte gegen etwaige Angriffe schützen, wurde aber abgerissen, um Platz für eine passendere Festung zu machen. Diese entstand jedoch erst ab 1501 im aragonesischen Stil.

 

Ursprünglich verband eine Brücke die beiden Türme, der Wehrgang zum Castiglione Normanno wurde hingegen nie umgesetzt. Ebenso waren weitere Türme und Elemente geplant, doch blieb Castello Tramontano insgesamt unvollendet. Die durchaus mächtige Anlage mit zentralem Bergfried, alten Tuffmauern, großem Burggraben und weitläufiger Parkanlage wird seit 2008 restauriert und findet immer mehr zu seinem alten Glanz zurück. Leider kannst du die Festung aktuell nicht besichtigen, die Wanderung dorthin ist dafür mehr als großartig.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Matera

©Bigstock.com/DinoPh

©Bigstock.com/DinoPh

Viel Tuff und altes Gestein begleiten deine Tour durch Matera, doch die Stadt im Süden kann noch so viel mehr. Die folgenden drei Highlights sind ein absolutes Muss!

  • Kathedrale von Matera: Am höchsten Punkt der Stadt zwischen zwei Sassi-Anlagen begann 1230 der Bau dieser Kirche. Wo sich einst ein Kloster des Benediktinerordens befand, entstand über die folgenden vier Jahrzehnte eine große Kathedrale für die neue Erzdiözese. Das Äußere mit dem gewaltigen Rosettenfenster und den auf Atlanten ruhenden Säulen blieb nahezu unberührt. Hingegen erfuhr die Innengestaltung ab 1627 umfassende Veränderungen, darunter prächtige Skulpturen, Fresken, Decken- und Altarbilder.
  • San Pietro Caveoso: Kirchen gibt es in Matera tatsächlich in Hülle und Fülle. San Pietro Caveoso zählt zu den Perlen der Stadt. Mitten in den Sassi gelegen, weiß alleine schon die barocke Front mit ihren drei Statuen zu begeistern. Verschiedene Gemälde sowie ein prächtiges Taufbecken aus dem 13. Jahrhundert lohnen einen Blick hinter die altehrwürdigen Mauern.
  • Palazzo dell‘Annunziata: Bei einer Stadt mit so langer Geschichte geht dieser Palast ohne Zweifel als Werk der Moderne durch, wurde mit dem Bau doch „erst“ 1735 begonnen. Als Symbol für Prunk und Reichtum wirkt er wie ein Fremdkörper und verdrängte einst ein wichtiges Kloster zu repräsentativen Zwecken. Heute ist die Stadtbibliothek Materas hier zuhause.

 

Kultur und Kulinarik

Bei deinen Spaziergängen durch Matera wird dir der eine oder andere Ort sicher bekannt vorkommen. Tatsächlich wurde (und wird) die Szenerie der Sassi vor allem als cineastische Inkarnation des alten Jerusalems verwendet. Unter anderem entstanden hier Teile von Mel Gibsons „Die Passion Christi“, Pasolinis „Matthäusevangelium“, die Neuverfilmung von „Ben Hur“ aus dem Jahr 2016 sowie Daniel Craigs letzter Bond-Streifen „Keine Zeit zu sterben“. Das einzigartige Setting zog zudem so unterschiedliche Künstler wie Metallica oder Robin Schulz für Musikvideos an.

 

Und dann ist da noch die hervorragende Küche Materas, die dich mit einigen Leckereien verwöhnen wird. In den Restaurants und Cafés der Stadt kostest du dich unter anderem durch:

  • Crapiata, eine Suppe römischen Ursprungs, einst ein typisches Arme-Leute-Essen
  • Pasta mit Peperoni Cruschi, eine trockene und süße Pfefferart, die durch Brotkrumen angereichert wird
  • Orecchiette alla materana mit Lammfleisch, Mozzarella und Pecorino
  • bröselige Strazzate-Kekse mit Mandel- und Kaffeegeschmack
  • DOC-Wein aus der Region Matera in gleich acht Varianten von Rot über Weiß bis hin zu Rosé

 

Willkommen in der Steinzeit … und in der Moderne, denn die Kunststadt Matera hat all das und noch so viele weitere spannende Facetten zu bieten. Die Sassi sind selbstverständlich das absolute Highlight, doch die Art und Weise, wie kontemporäre Elemente und cineastische Meisterleistungen in dieses historische Setting eingeflochten wurden, wird dich garantiert begeistern. Die Reise in den Süden kann kommen!

Kommentare sind geschlossen.