Kunststadt Reggio Calabria mit antikem Erbe

©Bigstock.com/byvalet

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Italiens Süden ist Heimat der ältesten antiken Siedlungen des Landes, deren Spuren auch heute noch zu entdecken und zu bewundern sind. Wenn du Lust auf einen Kultururlaub hast und historisch interessiert bist, dann legen wir dir die Kunststadt Reggio Calabria ans Herz. Die größte Stadt Kalabriens und ehemalige Hauptstadt der Region – diesen Status hat seit 1970 Catanzaro inne – liegt an der Ostseite der Straße von Messina. Mit der Fähre erreichst du die sizilianische Stadt in nur 20 Minuten, was sich natürlich hervorragend für einen kunstvollen, kulturreichen Doppelstädteurlaub anbietet. In Reggio Calabria triffst du vor allem auf antikes Erbe, auf vielfältige Architektur und auf eine der schönsten Promenaden des Landes. Bitte anschnallen, jetzt geht’s los!

 

Griechische Wurzeln in Kalabrien

Reggio Calabria hat im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte, handelt es sich beim Vorläufer Rhegion doch um eine der ältesten griechischen Kolonien Italiens (neben Cumae). Wohl um 720 v. Chr. von Siedlern aus Chalkis gegründet, erlebte sie aufgrund reger Handelstätigkeiten schon bald eine gewaltige Blüte und stellte zeitweise 70 Kriegsschiffe. Nach heftigen Kämpfen von Dionysios I. von Syrakus um 387 v. Chr. erobert und zerstört – Rhegion hatte sich mit den Athenern gegen Syrakus verbündet –, ging der Reichtum der nun versklavten Bevölkerung verloren. Kurz vor dem Ersten Punischen Krieg stand man unter römischer Herrschaft, wurde als Rhegium Julii zur florierenden Stadt und kam nach mehreren Invasionen nach dem Ende des Weströmischen Reiches schließlich in byzantinischen Besitz.

 

Die folgenden Jahrhunderte sollten höchst wechselhaft ausfallen. Reggio Calabria wurde 918 von sizilianischen Arabern erobert, erhielt normannischen Einschlag, bevor es an das Königreich von Sizilien und das Königreich Neapel ging. Die griechische Prägung hielt sich allerdings bis ins 17. Jahrhundert und überstand selbst die Plünderung durch osmanische Türken, die von hier aus den Islam in Italien verbreiten wollten. Nach Habsburger, spanischer und napoleonischer Herrschaft ging Reggio Calabria schließlich an das vereinte Italien. Schon in vorchristlicher Zeit wiederholt von Erdbeben heimgesucht, zerstörte das Erdbeben von Messina und der damit einhergehende Tsunami 1908 weite Teile der Stadt. Zumindest ein Drittel der damaligen Bevölkerung verlor ihr Leben. Daher sind zahlreiche Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria deutlich moderner (aus-)gestaltet.

 

Spaziergang am Strand

Reggio Calabria liegt direkt am Meer und verfügt über unzählige Strände, die zu einem Bad im Meer einladen. Gerade in den heißen Sommermonaten ist das unverzichtbar. Mindestens so schön ist jedoch der ausgedehnte Spaziergang an der liebevoll renovierten Standpromenade. Ende des 18. Jahrhunderts als zentraler Wanderweg durch das damalige Dorf errichtet, erwarten dich heute zahlreiche Villen und prunkvolle Gebäude. Prachtvoll verzierte Fassaden lassen dich aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Zu den Highlights zählt das Amphitheater am Meer, das zu den beliebtesten Veranstaltungsorten Reggio Calabrias zählt. Neben den repräsentativen Gebäuden, zahlreichen Clubs und Strandbars sollte sich dein Blick ebenso auf das weite Meer richten. An schönen Tagen – und davon gibt es hier reichlich – kannst du problemlos bis nach Messina sehen.

 

Museo Nazionale della Magna Grecia

Eingangs haben wir dir die Kunststadt Reggio Calabria als wunderbares Kultur- und Historiker-Ziel ans Herz gelegt. Der Hauptgrund dafür liegt hinter den Mauern des archäologischen Nationalmuseums, auch als Museo Archeologico Nazionale di Reggio Calabria oder MArRC bekannt. Von außen wirkt das Gebäude – 1932 entworfen und 1942 fertiggestellt, aber erst einige Jahre nach dem Krieg bezogen – relativ unspektakulär. Auf den vier Etagen des umfassend renovierten Museums erwartet dich die geballte Geschichte Reggio Calabrias von der griechischen Besiedlung bis zur Moderne. Das Erdgeschoß mit seinen 15 Sälen widmet sich beispielsweise den Funden aus der Ebene von Sibari und aus Locri mit diversen Gegenständen von griechischen Heiligtümern sowie einem rekonstruiertem Höhlengrab. Der erste Stock dreht sich komplett um das antike Reggio Calabria sowie um faszinierende alte Münzen, während der zweite Stock die Kunstgeschichte vom Mittelalter bis ins Hier und Jetzt erzählt.

 

Das unbestrittene Highlight befindet sich aber im Untergeschoß, der perfekte Ort für eine Ausstellung mit dem Titel „Archäologie unter Wasser“. In den ersten beiden Sälen siehst du Fundstücke aus den kalabrischen Meeren und von gesunkenen Schiffen, beispielsweise Amphoren und Anker aus griechischer und römischer Zeit. Saal III kann das sogar noch toppen! Neben dem bei Porticello gefundenen Kopf des Philosophen sowie der Plastik eines Herrschers aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bewunderst du hier die Bronzestatuen von Riace. Sie wurden 1972 vor der Küste von Riace in der Provinz Reggio Calabria entdeckt und über viele Jahre behutsam restauriert. Die jeweils ca. zwei Meter hohen Statuen trugen vermutlich einst hölzerne Schilder und Hiebwaffen. Sie könnten Weihgeschenke an einen Tempel gewesen sein und einst auf Sockelpodesten gestanden haben.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Reggio Calabria

©Bigstock.com/Aliaksandr Antanovich

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Das Archäologiemuseum von Reggio Calabria ist selbstverständlich ein Muss, doch gibt es in dieser Kunststadt noch weitere prächtige Sehenswürdigkeiten, die wir dir auf keinen Fall vorenthalten wollen:

  • Duomo di Reggio: Basilica Cattedrale Metropolitana di Maria Santissima Assunta in Cielo, die städtische Kathedrale, zählt zu jenen Gebäuden, denen das Erdbeben von 1908 besonders schwere Schäden zufügte. Was seinen Ausgang um 300 n. Chr. auf den Ruinen eines griechischen Tempels nahm und im Laufe der Jahrhunderte vielfach umgebaut und erweitert wurde, musste im 20. Jahrhundert vollständig neu errichtet werden. Die nunmehr neoromantische Kathedrale mit ihrem 28 m hohen Campanile konnte sich immerhin etwas Ausstattung aus dem 15. und 16. Jahrhundert behalten. Alleine das reich verzierte Portal ist bereits ein echter Hingucker.
  • Madre della Consolazione: Zu den zerstörten Gebäuden zählt ebenso eine Votivkirche aus dem 16. Jahrhundert. Über mehrere Jahrzehnte als Holzkirche notdürftig abgesichert, widmet sich die neue Wallfahrtskirche deutlich modernerer Architektur, die einen faszinierenden Kontrast zu den antiken Wurzeln Reggio Calabrias formt. Das Altarbild, ein Gemälde der Maria della Consolazione, ist Teil einer Prozession, die es im September in die Kathedrale und im November wieder zurück trägt. Damit erinnern die Einwohner an längst vergangene Tage, als das Bild bei Epidemien wiederholt zum Duomo di Reggio transportiert wurde.
  • Castello Aragonese: Abschließend entführen wir dich zu einem der Wahrzeichen der Kunststadt Reggio Calabria. Festungsanlagen gab es wohl schon in der Antike. Damals zeichnete sich der Hügel, auf dem sich dieses Kastell befindet, noch viel deutlicher ab. Seinen Namen erhielt es aufgrund der starken architektonischen Veränderungen unter König Ferdinand I. von Aragonien, der die auffälligen Rundtürme mit Zinnen erbauen ließ, doch entstand das eigentliche Kastell wohl bereits zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert, in byzantinischer Zeit.

 

Das reichhaltige, vielfältige griechische Erbe, die zahlreichen Rückschläge und Entbehrungen, doch auch pure Euphorie und maritime Freuden begleiten dich auf deinen Reisen durch die Kunststadt Reggio Calabria. Zwischen Statuen von unschätzbarem Wert, majestätischen Aussichten und gewaltigen Festungsmauern erlebst du Kalabriens größte Stadt in all ihrer Pracht und Vielfalt. Ein zusätzlicher Abstecher nach Messina mit der Fähre ist ein willkommener Bonus – ab geht’s an die Urlaubsplanung!

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