Montecatini Terme: Bedeutende Kurstädte Europas

Auf Kur lässt es sich wunderbar entspannen und inneren Ausgleich finden. Nach schweren Eingriffen und (bei) gesundheitlichen Problem ist ein Kuraufenthalt vielerorts Pflicht geworden, um in einem ruhigen, vitalen Umfeld wieder auf die Beine zu kommen. Tatsächlich liegt die Blütezeit des Kurphänomens aber deutlich weiter zurück. Eine neue UNESCO-Weltkulturerbestätte fasst nun gleich elf traditionsreiche Kurorte zusammen, deren herausragende Bedeutung auch heute noch Bestand hat. Unter dem Titel „Bedeutende Kurstädte Europas“ lässt sich die kulturelle Bandbreite dieser Institutionen in Deutschland, Tschechien, Österreich, Belgien, Frankreich und Großbritannien erforschen und entdecken. Auch Italien ist mit einer Kurstadt vertreten: Montecatini Terme.

 

Phänomen Kuraufenthalt unter den Habsburgern

©Bigstock.com/Viliam.M

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Der Kurtourismus ist bzw. war tatsächlich ein überaus komplexes Phänomen, das neben gesundheitlichen Komponenten – für viele Kurgäste tatsächlich nur ein verschwindend geringer Beweggrund für weite Reisen – urbane, soziale und kulturelle Evolutionen und Revolutionen mit sich brachte. Obwohl die Kur an sich bereits in der Antike erste Wurzeln schlug, blühte sie von 1700 bis in die 1930er Jahre auf und übte entscheidenden Einfluss auf die Routen der Reisegesellschaften dieser Zeit aus. Die Habsburger spielten in dieser Zeit eine zentrale Rolle, und das gilt selbstverständlich auch für Montecatini Terme, diese bezaubernde Stadt mit ca. 21.000 Einwohnern in der toskanischen Provinz Pistoia.

 

Nach dem Aussterben der Familie Medici im Jahr 1737 wurde die Toskana dem Haus Habsburg-Lothringen zugesprochen. Unter Großherzog Peter Leopold (der spätere Kaiser Leopold II.) erlebte die Region einen gewaltigen Aufschwung. Mehrmals besuchte er Montecatini, um die Probleme und Unannehmlichkeiten der Region zu verstehen und erforschen zu lassen, ordnete den Abbruch diverser Schlösser und Wehren an, und ließ die thermo-mineralen Gewässer in Kanäle leiten. Hieraus entstand der Bäderkomplex der restaurierten Stadt, nunmehr der Inbegriff eines modernen Kurorts und über die folgenden Jahrzehnte umfassend renoviert. So wurden manche Quellen erst in späteren Zeiten entdeckt und die Thermenvielfalt der Kurstadt nahm immer weiter zu. Bis heute zählt Montecatini Terme zu den wichtigsten Gesundheitsresorts des Landes.

 

Die Kureinrichtungen von Montecatini Terme

©Bigstock.com/mazzzur

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Wie es sich für eine Kurstadt von Welt gehört, gibt es in Montecatini Terme nicht nur eine einzige Therme, sondern gleich ein ganzes Netzwerk an Kurhäusern und Kureinrichtungen. Wir haben die zehn wichtigsten Termen der toskanischen Stadt für dich zusammengefasst:

  • Terme Excelsior: Ursprünglich 1907 als Teil eines Casino-Gebäudes eröffnet, wurde die alte Struktur 1968 abgerissen und im Stile einer Loggia der Florentiner Renaissance neuerrichtet.
  • Terme La Fortuna: Nach Entdeckung der gleichnamigen Quelle 1853 entstand dieses Thermengebäude inmitten einer Gartenanlage ca. 60 Jahre später.
  • Terme La Salute: Ein Travertin-Steinbruch legte das Thermalwasser um 1860 offen. In der Zwischenkriegszeit breitete sich diese Institution auf stolze 7.250 m² aus.
  • Terme Nuove Redi: Obwohl erst 1920 erbaut, erfuhr Nuove Redi mehrere Neubauten und Renovierungen, zuletzt 2009 durch den Architekten Oreste Ruggiero.
  • Terme Regina: Dieser Teil des Tettuccio-Park wurde 1773 gegründet und zählt zu den ältesten Thermen der Stadt. Im Rahmen umfassender Umbauten erhielt sie ein Neo-Renaissance-Antlitz.
  • Terme Rinfresco: Mittlerweile ist diese Anlage aus dem Jahr 1795 leider geschlossen. Das Mosaik am Vorplatz solltest du dir dennoch nicht entgehen lassen.
  • Terme Tamerici: Vier auffällige Gebäude zieren diesen Komplex mitten im Spa-Park. Sie wurden rund um eine 1843 entdeckte Quelle erbaut.
  • Terme Tettuccio: Aus einer muschelförmigen Granitquelle inmitten der Therme fließt das gesunde Wasser. Die 1929 restrukturierte Anlage glänzt durch Spätrenaissance-Architektur.
  • Terme Leopoldine: Nach Peter Leopold, dem damaligen Großherzog der Toskana, benannt, trägt diese aktuell geschlossene Therme deutliche Spuren der Restauration in der Zwischenkriegszeit.
  • Terme Torretta: Der gleichnamige Fluss fließt durch diese Anlage und versorgt sie mit wertvollem Wasser. Auch Terme Torretta erfuhr extensive Erneuerungen vor dem Zweiten Weltkrieg.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Montecatini Terme

Ein Kuraufenthalt in Montecatini Terme lässt sich prima mit etwas Sightseeing verbinden. Die Thermen sind für sich bereits packende Sehenswürdigkeiten, doch wollen wir dir diese weiteren Glanzlichter auf keinen Fall vorenthalten:

  • Santa Maria Assunta: Da im Zuge des Ausbaus Montecatinis zur Kurstadt zahlreiche alte Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wurden, ist diese Kirche eine recht neue Struktur, die in ihrer heutigen Form erst 1962 fertiggestellt wurde. Das achteckige Gebäude mit vier Seitenkapellen verbindet Alt und Neu.
  • Villa Forini Lippi: Dieser Komplex existierte bereits im 17. Jahrhundert vor dem großen Kurboom. Durch die Zusammenlegung mehrerer dörflicher Gebäude entstand eine monumentale Anlage, umgeben von einem gewaltigen Park. Eine wunderschöne Außentreppe mit doppelter Steinrampe und eleganter Loggia ziert die Fassade.
  • Grotta Maona: Und dann schicken wir dich noch etwas nördlich der Stadt, wo 1860 bei Steinbrucharbeiten diese Tropfsteinhöhle entdeckt wurde. Grotta Maona ist die einzige Höhle Italiens mit zwei unterirdischen Seen und vermutlich die einzige Schauhöhle des Landes mit unterschiedlichem Ein- und Ausgang. Du kannst sie von 1. April bis 15. Oktober vormittags und nachmittags im Rahmen etwa 20minütiger Führungen besichtigen.

 

Die anderen Kurstädte des UNESCO-Welterbes

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Du hast es eingangs bereits gelesen: Zur UNESCO-Welterbestätte „Bedeutende Kurstädte Europas“ zählen ganze elf Kurdestinationen. Eine haben wir dir nun ausführlich vorgestellt, doch wollen wir die zehn anderen Einrichtungen auf keinen Fall unter den Tisch fallen lassen:

  • Spa (Belgien): Den Mineralwasser-Heilquellen in der Ardennen wurden bereits früh wichtige Heilkräfte zugeschrieben. Neben den Kurgebäuden können die wichtigsten Quellen erwandert werden.
  • Baden-Baden (Deutschland): 13 Heilquellen, ihre dazugehörigen Thermalgebäude sowie die erweiterte kurstädtische Infrastruktur zieren diese gewaltige UNESCO-Stätte.
  • Bad Kissingen (Deutschland): Einst kurten König Otto I. von Griechenland, Kaiserin Elisabeth (Sisi) von Österreich, Richard Strauss und Gioachino Rossini im beschaulichen Unterfranken.
  • Bad Ems (Deutschland): In den Heilquellen für Trink- und Badekuren werden Wassertemperaturen von bis zu 57 °C erreicht. Sie werden zur Herstellung der Halsschmerztabletten „Emser Pastillen“ verwendet.
  • Vichy (Frankreich): Die Quellen von Vichy erhielten ihre Berühmtheit in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Marquise de Sevigné das Rheuma in ihren Händen erfolgreich kurieren ließ.
  • Baden (Österreich): Die Biedermeierstadt und Kaiserstadt entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert zum wichtigen Kurort für Kaiser Franz Josef I., der fast 40 Jahre lang seine Sommer hier verbrachte und eine gesellschaftliche Obersicht nach Niederösterreich lockte.
  • Franzensbad (Tschechien): Ein Gebäudeensemble aus dem 19. Jahrhundert in Schönbrunner Gelb und Stuckweiß ziert den Kurbezirk mit seinen magischen Heilquellen und klassischen Badehäusern.
  • Karlsbad (Tschechien): Zahlreiche gut erhaltene, historische Kureinrichtungen erschließen die zwölf Quellen von Karlsbad. Das stark mineralisierte Wasser kann bis zu 72 °C erreichen.
  • Marienbad (Tschechien): 40 Heilquellen in der Stadt und rund 100 weitere in der Umgebung fördern das mineralsalz- und kohlensäurereiche Wasser für Trinkkuren, Moorbäder und Behandlungen gegen Atmungserkrankungen an die Oberfläche.
  • Bath (Großbritannien): Ein Besuch von Königin Elisabeth I. im Jahr 1574 brachte Bath den Aufschwung in einer von Heilwasser und Badekuren bestimmten Ära. Die Kurstadt erfand sich erst 2005 mit dem Bäderkomplex „Thermae Bath Spa“ neu.

 

Faszinierende Kulturlandschaften, packende Architektur und Infrastruktur, dazu Gesundheit, Wohlbefinden und etwas Wellness obendrauf: Montecatini Terme zählt nicht umsonst zu den bedeutendsten Kurstädten Europas. Diese UNESCO-Stätte ist immer einen Besuch wert und lässt sich prima mit einer kleinen Rundreise durch die Toskana oder einem Städteurlaub rund um Florenz und Lucca verbinden. Viel Spaß und gute Gesundheit!

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