Die Arkadengänge von Bologna

Bolognas Reichtum an alten, überwiegend hervorragend erhaltenen Strukturen macht die Stadt in der Emilia Romagna zu einer der beliebtesten Destinationen für Kunst- und Kultureisen. Neben den imposanten mittelalterlichen Türmen zählen die Arkadengänge zu den wichtigsten Ausdrucksformen der urbanen Identität Bolognas. In der Altstadt alleine dehnen sie sich über mehr als 38 Kilometer aus, mit den Arkaden außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern erreicht diese Zahl sogar stolze 53 Kilometer. Angesichts der kulturellen und künstlerischen Bedeutung erhielten zwölf repräsentative Arkadengänge von Bologna im Jahr 2021 Weltkulturerbe-Status von der UNESCO. Und genau diese besonders wichtigen Arkadengänge stellen wir dir näher vor.

 

Wie die Arkadengänge entstanden

©Bigstock.com/Boris Stroujko

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Arkadengänge oder Bogengänge bezeichnen zu einer Seite offene Gänge, die Loggia-artig zwischen einem oder mehreren Gebäuden liegen. Durch eine Abfolge nebeneinanderliegender Arkaden entsteht diese offene Seite. Meist umspielen Arkadengänge repräsentative Gebäudefassaden und können sogar ganze Straßenzüge umfassen. Als nächstes Vorbild kommen wohl die Kreuzgänge mittelalterlicher Klöster in Frage. Bolognas Arkadengänge erschienen nahezu spontan im Stadtbild des, so vermutet man, frühen Mittelalters, und wurden im Jahr 1041 erstmals dokumentiert.

 

Ursprünglich erfüllten Arkadengänge den Zweck, mehr Wohnraum für Privatgebäude zu schaffen. Während der Bogengang auf öffentlichem Land problemlosen Durchgang für alle ermöglichte, schuf er darüber zusätzlichen Platz für Privatanlagen. Diese Strukturen wuchsen mit der Zeit und boten neuen architektonischen Herausforderungen erfolgreich die Stirn. Ursprünglich hölzerne Verlängerungen wichen nach und nach Stützpfeilern, um ein Einstürzen der privaten Aufbauten zu verhindern. Einem Dekret des päpstlichen Statthalters Giovanni Battista Doria und des sogenannten Gonfaloniere (Bannerträger, eine einflussreiche Rolle im Mittelalter und der Renaissance) Camillo Paleotti am 26. März 1568 zufolge mussten alle Arkaden mit Ziegeln oder Stein neu errichtet wurden. Auf diese Weise nahmen die weltberühmten Arkadengänge Form an. Dennoch gibt es auch heute noch ein paar Holzarkaden.

 

Neun Arkadengänge in Bolognas Altstadt

©Bigstock.com/cge2010

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Arkadengänge gibt es in Bologna zwar in rauen Mengen, doch suchte sich die Welterbe-Kommission letztlich derer zwölf aus, welche von besonderer Bedeutung waren und auch heute noch sind. Gleich neun Arkadengänge von Bologna befinden sich innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern, und diese stellen wir dir nun näher vor:

  • Portici residenziali di Santa Caterina: Während einige Strukturen gerade im 19. und 20. Jahrhundert deutlich verändert, geradezu gentrifiziert wurden, überdauerten die Arkaden von Santa Caterina und Saragozza die Zeiten recht gut. Entlang kleiner Wohnhäuser angebracht, lassen sie sich wunderbar auf ihre mittelalterlichen Ursprünge zurückverfolgen und tragen sogar nach wie vor gewisse gotische Merkmale in ihren etwas engeren Aufbauten.
  • Piazza porticata di Santo Stefano: Als Teil der Basilika Santo Stefano sowie der sie umgebenden Strukturen des gleichnamigen Platzes halten diese Arkadengänge das Gesamterscheinungsbild sozusagen zusammen und dehnen sich bis zum Palazzo della Mercanzia aus. Spätmittelalterliche und Renaissance-Paläste treffen auf wichtige religiöse Gebäude, durch Arkaden förmlich zusammengeheftet.
  • Strada porticata di Galliera: Wo einst einige der wichtigsten Gebäude der alten römischen Stadt lagen, bemühen sich die Arkadengänge der Via Galliera heute um die klassischen Muster ebenso klassischer Gebäude. Die archetypische alte Strukturierung des Palazzo dal Monte oder die besondere Entasis der Stützpfeiler des Palazzo Bonasoni stehen für die einstigen repräsentativen Bestrebungen senatorischer Familien.
  • Portico del Baraccano: Die Verbindung zum Heiligtum Santa Maria del Baraccano schließt eine Vielzahl von Arkadengängen aus dem 16. und 17. Jahrhundert in unterschiedlichen Höhen zusammen. Über dem sogenannten Voltone del Baraccano schließen sich die Arkaden zwischen Heiligtum und Via Santo Stefano zusammen. Durch dieses Gewölbe sollte ein optischer und räumlicher Zusammenschluss zwischen dem Santuario sowie dem Armen- und Waisenhaus für Mädchen geschaffen werden.
  • Portici commerciali del Pavaglione e dei Banchi: Das Zusammentreffen hervorragend ausgebauter mittelalterlicher Plätze und späterer Renaissance-Neugestaltungen wird von besonders langen Arkadengängen ähnlich exquisit unterstrichen. Das Highlight ist wohl Pavaglione, der größte durchgehende Bogengang Bolognas. Wie die Arkaden der alten Universität nahtlos mit jüngeren Strukturen verbunden wurden, ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern.
  • Portici accademici di Via Zamboni: Unter dieser Arkadensammlung finden mehrere wichtige akademische Strukturen zusammen, darunter Palazzo Poggi, die Accademia di Belle Arti sowie die Pinacoteca Nazionale di Bologna. Seit über 200 Jahren steht die Via Zamboni stellvertretend für das studentische Leben der Stadt. Entsprechend hoch ist der symbolische Wert von Arkadengängen, die wie keine anderen für die Verbreitung von Wissen auf internationalem Niveau stehen.
  • Portici di Piazza Cavour e Via Farini: Zwei Plätze, eine Straße, mächtige Strukturen – eine Vielzahl wichtiger Arkadengebäude finden entlang dieses Zusammenschlusses zueinander. Diese Bogengänge zeigen besonders deutlich, wie die Neugestaltung der Altstadt im 19. Jahrhunderts etablierte architektonische Grundideen auf den Kopf stellte. Zwischen Piazza Cavour, Piazza Minghetti und Via Farini erwartet dich somit der Archetyp der modernen Schule der Arkadengestaltung.
  • Portici trionfali di Strada Maggiore: Bereits zu Zeiten der Römer diente die Strada Maggiore als wichtige Verkehrsachse, die sich im Mittelalter zu einer besonders edlen „Triumphstraße“ entwickelte. Bologna wuchs rund um die Strada Maggiore, und die Arkadengänge zeugen von dieser rasanten Entwicklung. Nach wie vor sind die mittelalterlichen Ursprünge hervorragend erkennbar und laden dich auf eine spannende Zeitreise ein.
  • Edificio porticato del MAMbo: Erst im 20. Jahrhundert verwandelte sich eine uralte Bäckerei in das MAMbo, Bolognas Museum für moderne Kunst. Dabei achtete man besonders darauf, die alten Arkadenstrukturen zu bewahren und zugleich zu modernisieren. Zwischen Industrialisierung und vorsichtiger Wiederherstellung früherer Größe fasst dieser Arkadengang wichtige Gebäude der Kultur- und Kreativszene der Stadt zusammen.

 

Drei weitere Weltkulturerbe-Arkadengänge

©Bigstock.com/Photocritical

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Damit wäre der Welterbe-Rundgang aber keinesfalls abgeschlossen. Die UNESCO-Stätte umfasst drei weitere Arkadengänge, die etwas außerhalb liegen, aber ebenso unbedingt gesehen und erlebt werden müssen:

  • Portico devozionale di San Luca: Bologna kennt mehrere Heiligtümer, und jenes der Madonna di San Luca ist gewiss von besonderer Schönheit. Das letzte Stück der Pilgerstraße wurde durch diesen Arkadengang, den längsten weltweit, erschlossen. Entlang der aufsteigenden Straße zum Heiligtum ist der Gang durch mehrere kleine Kapellen unterbrochen, die den Rosenkranzgeheimnissen gewidmet sind. Dieser weitestgehend kerzengerade Arkadengang erfreut sich übrigens großer Beliebtheit bei Läufern und Spazierengehern, gerade bei schlechtem Wetter.
  • Portico della Certosa: Auf Höhe des Friedhofs Certosa zweigt ein weiterer langer, gerader Arkadengang von jenem nach San Luca ab. Der Bogengang von Certosa gilt als einzigartiges Beispiel moderner Arkaden mit friedhofsartigem Charakter. Das Portico wurde nach einem Dekret Napoleons erbaut und versucht den Geist römischer Friedhofsstraßen einzufangen. Die internen Certosa-Arkadenstrukturen strahlen hingegen Renaissancegeist aus.
  • Edificio porticato del quartiere Barca: Das Aufeinandertreffen klassischer architektonischer Konzepte und moderner Neuinterpretationen macht auch vor den Arkadengängen von Bologna nicht Halt. Entlang der überaus funktional gehaltenen Gebäude von Treno della Barca breitet sich eine ellenlange Evolution der klassischen Bologneser Arkade aus. Stete Instandhaltung, oftmals durch die Bewohner, bewahrt auch heute noch die postmoderne Frische.

 

Ob klassisch und schroff oder bunt und modern: Die Arkadengänge von Bologna sind Zeugen bewegter Jahrhunderte und lassen sich prima auf ausgedehnten Stadttouren erkunden. Sie erschließen einige der wichtigsten Gebäude und Sehenswürdigkeiten, und führen dich gekonnt zu spannenden Plätzen jenseits der Altstadt. Neben diesen zwölf Weltkulturerbe-Gängen gibt es noch viele weitere Arkaden zu entdecken – eines von vielen Glanzlichtern für deinen nächsten Städteurlaub in Bologna.

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