Kunststadt Teramo mit großer römischer Geschichte

Teramo nimmt in vielerlei Hinsicht eine Sonderrolle unter den vielfältigen Kunststädten Italiens ein. Da wäre für den Anfang die besondere Lage im Norden der Abruzzen, zwischen dem höchsten Gipfel der Apenninen und der Adriaküste. Zudem ist Landwirtschaft ein zentraler Faktor hier, vor allem in Form von Weinbergen und Olivenhainen. Und dann lässt sich die überaus lange, hochspannende Geschichte der Stadt an allen Ecken und Enden erkennen mit Bauwerken und Ruinen, die sogar in vorrömische Zeiten zurückreichen. Klingt spannend, oder? Finden wir auch, und so laden wir dich auf eine kleine Tour durch die Kunststadt Teramo, einen versteckten Schatz in den Abruzzen, ein.

 

Die Kunststadt mit besonders alter Geschichte

Wir haben bereits ein paar Worte über die besondere Lage Teramos zwischen Gebirge und Küste mit zahlreichen Hügeln und Hainen verloren. Genau diese Lage machte die Region einst zu einem beliebten Siedlungsgebiet, und zwar schon einige Zeit vor den Römern. Hier ließen sich bereits im ersten Jahrtausend v. Chr. diverse italische Stämme nieder, bevor die Praetutii das Gebiet zu ihrem Hauptort erklärten. Um 290 v. Chr. eroberten die Römer die Stadt. Sie erhielt den Namen Interamna („zwischen zwei Flüssen“ aufgrund der beiden Flüsse Vezzola und Tordino), wurde später zum Municipium und verfiel nach dem Ende des Weströmischen Reiches zusehend.

 

Im Mittelalter sah sich Teramo heftigen Konflikten zwischen einflussreichen Familien ausgesetzt und wurde zudem das eine oder andere Mal verwüstet. Spätere Jahrhunderte sahen den Verkauf der Stadt samt fehlgeschlagener Rebellion, ein schweres Erdbeben und einen verheerenden Pestausbruch. Erst während der Aufklärung schwang sich Teramo zu einem intellektuellem Zentrum auf, bevor französische und napoleonische Truppen dem kurzen Hoffnungsschimmer ein jähes Ende bereiteten. Erst die Eingliederung in das Königreich Italiens sorgte für etwas Ruhe.

 

Die Kathedrale von Teramo

©Bigstock.com/DinoPh

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Obwohl Teramo im Mittelalter und der Neuzeit eine vergleichsweise untergeordnete Rolle einnahm, entstanden zahlreiche spannende Bauten, die bis heute ungebrochene Faszination ausstrahlen. Die Kathedrale von Teramo, Santa Maria Assunta, wird auch dich bestimmt begeistern. Wobei, die Kirchenwurzeln sind eigentlich deutlich älter. Ein Glasboden im Dom legt die Überreste von Santa Maria Aprutiensis aus dem 6. Jahrhundert offen, selbst auf einem römischen Fundament erbaut und später von den Normannen zerstört. Bischof Guido II. ließ die neue Kathedrale 1158 als Verwahrungsort für die Reliquien des Heiligen Berardo erbauen. Dafür wurden Steine aus dem Mauerwerk des römischen Theaters und Amphitheaters verwendet – mit ein Grund dafür, warum diese Gebäude heute nur noch in Ruinen erhalten sind.

 

Natürlich erfuhr Santa Maria Assunta in späteren Jahrhunderten zahlreiche Veränderungen, bevor sie wieder ihrem mittelalterlichen Erscheinungsbild rückgeführt wurde. Die Kunstschätze der Kathedrale sind von unschätzbarem Wert, allen voran das Antependium von Nicola da Guardiagrele. 35 geprägte und gemeißelte Silberbleche zieren das Werk. Jacobello del Fiores Polyptychon zeigt die Krönung der Jungfrau Maria durch Christus. Mit der monumentalen Kapelle des Heiligen Berardo und dem nicht minder imposanten Campanile erwarten dich noch viele weitere atemberaubend schöne Wunderwerke großer Architektur und noch größerer Künste.

 

Weitere Kirchen

Eigentlich wäre Santa Maria Assunta alleine bereits Grund genug für einen Besuch von Teramo, aber vielleicht möchtest du doch noch ein paar andere spannende Orte erkunden. Wie wäre es mit ein paar weiteren Kirchen? Keine Sorge, wir haben da was vorbereitet:

  • Santuario della Madonna delle Grazie: Dieses Gebäude ist vor allem aufgrund einer Holzstatue der Jungfrau Maria auf dem Hauptaltar bekannt. Ihr werden durchaus wundersame Kräfte zugeschrieben. Zahlreiche Gemälde und alte, etwas heruntergekommene Fresken säumen den Innenraum.
  • Chiesa di Sant’Anna dei Pompetti: Diese kleine Kirche gehörte einst zum Komplex von Santa Maria Aprutiensis. In der alten Struktur aus dem 6. Jahrhundert mit moderneren Fresken sowie einer Statue der namengebenden Heiligen wird Geschichte greifbar gemacht.
  • Sant‘Agostino: Leider wurde diese Neorenaissance-Kirche durch die schweren Erdbeben in jüngeren Jahren schwer in Mitleidenschaft gezogen. Während aktuell die Vorbereitungen laufen, um hier ein Diözesanmuseum unterbringen, solltest du zumindest das spektakulär dekorierte Portal ausgiebig bestaunen.
  • Chiesa dei Cappuccini: Diese Kapuzinerkirche mit eigenem Konvent entstand zwar bereits im 12. Jahrhundert, erhielt ihren Namen aber erst mit Einzug der Ordensbrüder um 1596. Hinter der unscheinbaren Fassade verbirgt sich unter anderem ein besonderer Barockaltar mit Holztabernakel.

 

Noch mehr Sehenswürdigkeiten in Teramo

Tatsächlich legt Teramo immer weitere Schätze offen, und wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen. Bereit für die nächste Runde Highlights? (Vor-)Römische Strukturen, eine prächtige Burg und eine verlassene Nervenheilstand stehen auf dem Programm. Ja, wirklich!

  • Casa dei Melatino: Wir beginnen allerdings mit einem der wenigen mittelalterlichen Gebäude, das sich bis heute anständig halten konnte. An der Fassade kannst du anhand der unterschiedlichen Materialien die verschiedenen Renovierungsphasen prima ablesen. Im Inneren sind unter anderem Majolika- und Porzellansammlungen ausgestellt.
  • Borgo Mediavale: Auch als Castello della Monica bekannt, handelt es sich hierbei um eine Art kleines, mittelalterliches Dorf, das allerdings erst im 19. Jahrhundert entstand. Die Nachbildungen mit neogotischem Fokus und zahlreichen Fresken interpretieren den einstigen Glanz der Stadt neu.
  • Necropoli di Ponte Messato: Von Glanz könnten wir nun allerdings kaum weiter entfernt sein. Die vielleicht älteste erhaltene Struktur Teramos wurde 1961 zufällig bei Bauarbeiten für eine Busgarage entdeckt. In vorrömischer Zeit entstanden und während römischer Herrschaft ausgebaut, umfasst das Gebiet der Nekropolen unter anderem Überreste diverse Mausoleen und Tempel.
  • Torre Bruciata: Dieser Turm aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. unweit der einstigen Santa Maria Aprutiensis ist hingegen römisch durch und durch. Der befestigte Torre Bruciata überblickte in vorchristlichen Zeiten einen mächtigen Verteidigungswall. Er könnte ebenso später als Glockenturm eingesetzt worden sein.
  • Ospedale psichiatrico: Ein psychiatrisches Hospital als Sehenswürdigkeit? Was vielleicht befremdlich klingt, macht durchaus Sinn, denn das 1323 errichtete Gebäude zählt zu den bekanntesten in Teramos Altstadt. Seit seiner endgültigen Schließung 1998 wird um die Zukunft des durchaus bemerkenswerten Komplexes gerungen, der in der Zwischenzeit weiter verfällt. Sicher ist nur, dass er für die Nachwelt konserviert werden soll, in welcher Form auch immer.

 

Nein, Teramo ist gewiss nicht die erste Kunststadt-Adresse, aber gerade deswegen das perfekte Ziel für deinen nächsten Urlaub. Im Norden der Abruzzen weht der Wind der Geschichte über weit offene Plätze und durch enge Gassen. Spürbare römische Präsenz trifft auf Überreste feudaler Auseinandersetzungen und durchaus monumentale Architektur – mal etwas älter, mal neu und doch historisierend. Dieser versteckte Schatz wird dich bestimmt beeindruckend!

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