Le Strade Nuove & Palazzi-dei-Rolli-Komplex in Genua

Le Strade Nuove in Genua, UNESCO

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Im 16. und 17. Jahrhundert hatte die Republik Genua ihren absoluten Höhepunkt erreicht. Bedeutende Patrizierfamilien trieben den Handel voran und kamen zu ungeahntem Reichtum, vom dem die gesamte Region profitierte. Um diese weltumfassende Macht zu demonstrieren, ließen Adelige und Patrizier Le Strade Nuove, zu Deutsch „Die neuen Straßen“, anlegen, um die ein System aus prunkvollen Adelspalästen und opulenten Patrizierhäusern errichtet wurde, die Palazzi dei Rolli. Bis heute üben diese architektonischen Meisterwerke im Renaissance- sowie im Barock-Stil ungebrochene Faszination aus und wurden 2006 vollkommen verdient zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.

Ein revolutionäres Straßenprojekt

Mitte des 16. Jahrhunderts erlebte die Republik Genua einen wahren Boom. Um die Weltmacht entsprechend zu repräsentieren, sollten neue Bauten für Empfänge bei Staatsbesuchen entstehen. Le Strade Nuove sollte das wohlhabendste Viertel der Stadt und Wohnort der wichtigsten Familien werden. Beim Bau der einzelnen Paläste entschied man sich für architektonische Elemente aus der Renaissance und dem Barock. Sie gaben – und geben – den Strade Nuove ein einheitliches und doch höchst abwechslungsreiches Erscheinungsbild, das wie aus einem Guss, dabei aber stets komplett individuell wirkt. Und ja, dieser Widerspruch in sich funktioniert prima.

Warum nennt man die Paläste dieses revolutionäres Straßenprojekts – für die UNESCO der gelungene Auftakt für moderne, urbane Architektur in Europa – aber eigentlich Palazzi dei Rolli? Bei diesen „Rolli“ handelt es sich um Stadtregister, anhand derer die Empfangsstrukturen für eben jene zuvor erwähnten Staatsbesuche ausgewählt wurden. Erstmals 1576 erstellt, wurden die Palazzi in sogenannte „Bussoli“ unterteilt. Diese Kategorien entsprechen in etwa unseren heutigen Hotellerie-Sternen. Je prunkvoller der Palast, desto höher die Bussoli-Kategorie.

3 Straßen, 42 Paläste, eine Weltkulturerbestätte

Palazzi-dei-Rolli-Komplex in Genua, UNESCO

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Die heutige Weltkulturerbestätte umfasst bei weitem nicht alle Paläste rund um Le Strade Nuove, bestehend aus Via Giuseppe Garibaldi, Via Balbi und Via Cairoli. Tatsächlich haben es „nur“ 42 der insgesamt 163 Palazzi dei Rolli, vornehmlich zwischen dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert entstanden, auf diese Liste geschafft. Sie stehen für eine außerordentliche Vielfalt an architektonischen Umsetzungen einer gemeinsamen Idee. Viele werden heute als Museen und öffentliche Gebäude, aber auch als Privatresidenzen verwendet.

Natürlich würde es zu weit führen, alle 42 Paläste aufzulisten und gesondert zu beschreiben, schließlich interessiert du dich nur für die absoluten Highlights dieser Prunkstraßen. Wir haben einige unserer Favoriten und Must-Sees für dich zusammengefasst.

Die Strada-Nuova-Museen

Entlang der Via Garibaldi erwarten dich mehrere prächtige Paläste, derer drei wunderschöne Kunstgalerien beherbergen. Die sogenannten Strada-Nuova-Museen laden dich auf eine Zeitreise durch die faszinierende Geschichte der Republik Genua ein und zeigen zudem kunstvolle Glanzlichter der Genueser Malerschule sowie der bekanntesten europäischen Maler des 12. bis 18. Jahrhunderts. Lass dir diese geradezu magischen Schauplätze auf keinen Fall entgehen!

Palazzo Rosso

Tatsächlich gehörte dieser 1675 erbaute Palast nicht zur Liste der 163 Palazzi dei Rolli, wurde aber dennoch zur Weltkulturerbestätte erklärt. Ein Blick auf die imposante rote Fassade samt Marmor-Freitreppe macht diese Entscheidung verständlich. Dahinter versteckt sich eine der wichtigsten Kunstgalerien Genuas. Werke von Giovanni Francesco Barbieri, Albrecht Dürer, Guido Reni, Anthonis van Dyck und Paolo Caliari säumen die ausladenden Säle. Einige der ursprünglichen Mosaikböden und Wandfresken wurden bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg leider zerstört, was der Pracht dieses Palastes aber keinen Abbruch tut.

Palazzo Bianco

Einst als Palazzo Luca Grimaldi nach seinem Erbauer benannt, bietet dieser 1899 der Stadt vermachte Palast heute unter anderem einigen der wichtigsten Genueser Maler des 17. und 18. Jahrhunderts ein verdientes Zuhause, darunter Giovanni Benedetto Castiglione, Alessandro Magnasco und Bernardo Strozzi. Aber auch weitere Meilensteine der europäischen Malerei zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert wurden aus mehreren Privatsammlungen zusammengetragen. Rubens und van Dyck, Caravaggio, Paolo Veronese, Hans Memling und Filippino Lippi sind unter anderem im Palazzo Bianco ausgestellt.

Palazzo Doria Tursi

Der imposanteste Palast in der Via Garibaldi wurde 1565 auf gleich drei Parzellen Land erbaut und 1597 um zwei weitere Loggien erweitert. Die Einzigartigkeit dieses Baus führte unter anderem sogar zu fälschlichen Zuschreibungen an Michelangelo, beispielsweise durch den französischen Autor Alexandre Dumas („Die drei Musketiere“, „Der Graf von Monte Christo“). Neben den Sitzungssälen des Bürgermeisters findest du im Palast eine Fortsetzung der Palazzo-Bianco-Kunstgalerie, die sich vor allem auf Kunstgegenstände aller Art, darunter Paganinis legendäre Violine, sowie auf Münzen, Gewichte und Maßsysteme aus Zeiten der Republik konzentriert.

Weitere sehenswerte Paläste

Neben den drei Museumspalazzi in der Via Garibaldi erwarten dich 39 weitere UNESCO-Rolli-Paläste an den drei Straßen. Wo soll man da bloß anfangen, wo muss man unbedingt hin? Deine ZAINOO-Experten hätten ein paar Tipps parat:

  • Palazzo Reale: 400 Jahre bewegte Geschichte liegen hinter dem Palazzo Stefano Balbi, wie dieser wunderschöne Bau auch genannt wird. Ursprünglich 1618 für die Balbi-Familie errichtet, wurde er 1823 an das Königshaus von Savoyen verkauft, bevor er 1919 an die Republik ging. Hinter der leuchtenden Fassade verbirgt sich ein Museum mit 23 Ausstellungsräumen. Vom monumentalen Atrium mit ausladenden Stuckdekorationen aus dem 18. Jahrhundert über den hängenden Garten bis zum Thronsaal und das Adelsappartement gibt es so einiges zu sehen.
  • Palazzo Doria-Spinola: Der heutige Sitz der Präfektur und der Provinz von Genua geht auf Antonio Doria, Cousin des legendären Admirals Andrea Doria, zurück. Teile dieses von außen unscheinbar wirkenden Palastes kannst du heute in aller Ruhe besichtigen. Lass dich von Dekorationen mit Szenen des Trojanischen Krieges und Kämpfen zwischen Seeungeheuern begeistern.
  • Palazzo Durazzo-Pallavicini: Hängender Garten, Säulengang und atemberaubender Treppengang – gleich drei gute Gründe, diesen Palast zu besuchen. Über den Palazzo Durazzo-Pallavicini gelangst du direkt in die grandiose Kunstgalerie des Palazzo Bianco.
  • Palazzo Angelo Giovanni Spinola: Nach seinem Erbauer, dem Botschafter der Republik Genua in Spanien, benannt, befindet sich dieser Palast seit 1919 im Besitz verschiedener Bankhäuser. Fresken der Gebrüder Calvi zieren die Fassade. Sie zeigen Mitglieder der Spinola-Familie in traditionellen römischen Condottiere-Kostümen. Über das mit grotesken Fresken ausgestattete Treppenhaus gelangst du ins ebenfalls mit Fresken reich geschmückte Obergeschoß. Hier verewigten sich unter anderem Andrea Semino, Bernardo Castello und Lazzaro Tavarone, der vermutlich ebenfalls an der Fassade mitarbeitete.

 

Unglaublich aber wahr: Das waren nur sieben von insgesamt 42 Palazzi dei Rolli entlang Le Strade Nuove im Schnelldurchlauf. Dass es hier unwahrscheinlich viel für dich zu entdecken und zu erleben gibt, versteht sich von selbst, von den übrigen, nicht auf die Weltkulturerbe-Liste aufgenommenen Palästen ganz abgesehen. Deine Urlaubsplanung für Genua kann hiermit beginnen!

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