Kunststadt Perugia im Herzen Umbriens

Im Herzen Umbriens erhebt sich eine besondere Stadt. Perugia, Hauptstadt der Region sowie der gleichnamigen Provinz, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, die sogar bis in die frühe Eisenzeit zurückreicht. Zwischen der hügeligen Altstadt und den flachen Neubauten wird eben jene Geschichte greifbar gemacht. Sie ist voller Aufs und Abs, so wie die Landschaft, und führt durch enge Gassen zu monumentalen Kirchen und spektakulären Museen. Die Kunststadt Perugia ist zudem Heimat großer Festivals und Veranstaltungen, die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind. Wir verraten dir, was du in Perugia unbedingt sehen und erleben musst!

 

Perugia von der Eisenzeit bis zum Kirchenstaat

Um die Wurzeln Perugias zu finden, müssen wir etwas weiter zurück in die Vergangenheit reisen, nämlich ins 9. und 8. Jahrhundert v. Chr., als die frühe eisenzeitliche Villanovakultur erste Siedlungen auf dem heutigen Stadtgebiet errichtete. Entgegen der antiken Sage hat Perugia jedoch keine griechischen Wurzeln, sondern wurde vermutlich von den Umbrern gegründet, und gelangte später in etruskische Hand, wo Perusna, so der damalige Name, zum Teil des Zwölfstädtebundes reifte. Im Dritten Samnitenkrieg, um 295 v. Chr., fiel die Stadt an die Römer, erlangte nach dem Bundesgenossenkrieg von 91–88 v. Chr. das Bürgerrecht und wurde nach dem Perusinischen Krieg niedergebrannt. Zwar ließ Augustus die Stadt, nun Augusta Perusia, wiederaufbauen, ihren alten Glanz erreichte sie jedoch nicht wieder.

 

Nach dem Ende des Weströmischen Reiches herrschten unter anderem Ostgoten, Langobarden und Byzantiner über die Stadt, die im Mittelalter schließlich den Namen Perugia erhielt. Erst 1198 löste man sich von der Autorität des römischen Kaisers, stellte sich unter den Schutz von Papst Innozenz III., und wurde von guelfischen Kaufleuten regiert. Als einziges umbrisches Handelszentrum erreichte Perugia zwischenzeitlich einen ähnlichen Status wie die großen toskanischen Stadtstaaten der Zeit, bis der Papst Paul III. im sogenannten „Salzkrieg“ – die Peruginer weigerten sich, eine neue Salzsteuer zu akzeptieren – den Kirchenstaat 1540 an die Macht brachte. Eine gewaltige Festungsanlage auf dem Colle Landone strahlte neue Dominanz aus, alte Stadtteile am Berghang wurden verschüttet, das geistige Leben in den Akademien erstarrte. Dies sollte, trotz kurzer Intermezzi und mehrerer Aufstände, bis zur Eingliederung in den neuen italienischen Staat 1860 so bleiben.

 

Perugias Kirchen

San Domenico

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Die wechselhafte Geschichte Perugias wirkte sich natürlich auch auf das Stadtbild aus. Den Großteil der Sehenswürdigkeiten findest du in der bergigen Altstadt, natürlich inklusive recht hoher Kirchenkonzentration. Und diese machten im Laufe der Jahrhunderte so manche Veränderung durch:

  • Dom: Die Cattedrale di San Lorenzo ist ein Nachzügler. Sie wurde erst 1490 fertiggestellt und zeigte mitten in der Renaissance ungewöhnlich gotischen Charakter. Während die rohen Außenwände unvollendet blieben, kamen in späteren Jahrhunderten diverse Portale, Anbauten sowie ein Campanile hinzu. Hingegen schlägt die Ausstattung der Hallenkirche die Brücke zwischen Spätrenaissance und Frühbarock mit der prächtigen Kreuzabnahme von Federico Barocci und dem Heiligen Ring in einem vergoldeten Tabernakel als besondere Glanzlichter.
  • Tempio di San Michele Arcangelo: Nur wenige wirklich alte Bauwerke blieben so gut erhalten wie dieser frühchristliche Kirchenbau aus dem 5. oder 6. Jahrhundert. Zwischenzeitlich zu Teilen weggerissen und als militärische Festung verwendet, legten mehrere Restaurierungen das alte Säulenleben sowie Fresken offen.
  • San Domenico: Aus der Schenkung einer kleinen Pfarrkirche machten die Dominikaner eine kolossale, dreischiffige Hallenkirche, die nach einem Einsturz des Mittelschiffs 1614 bis auf die gotischen Außenmauern und Renaissance-Kreuzgang komplett neuerrichtet werden musste. Im leicht erhöhten Chor entdeckst du eines der größten gotischen Fenster überhaupt.
  • San Pietro: Obwohl am Standort dieser Kirche bereits seit dem 10. Jahrhundert gebaut wurde, entstand das heutige Bauwerk erst um 1600 als Teil eines Benediktinerklosters. Die Langhausstruktur ist frühchristlich, die Säulen erinnern an einen heidnischen Tempel, dafür zeigen sich die Choranlage im gotischen und die Spät-Renaissance-Ausstattung sogar im venezianischen Stil.
  • Oratorium San Bernardino: Abschließend stellen wir dir eine kleine Kapelle vor. Warum gerade eine Kapelle in der Fülle an Kirchen? Nun, weil dieses Oratorium der Franziskaner über ein besonders dekoratives, detailreiches Fassadenrelief verfügt. Die heiteren Darstellungen an der tempelartigen Marmorfassade wollen unbedingt bestaunt werden. Im Inneren dient der frühchristlicher Sarkophag des seligen Ägidius von Assisi, ein Weggefährte des Heiligen Franziskus, als Altar.

 

Museen und Profanbauwerke

Fontana Maggiore

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Die Kirchengeschichte Perugias ist für sich bereits spektakulär, doch hat die Kunststadt noch wesentlich mehr zu bieten. Wir widmen uns einer kleinen Auswahl weiterer Sehenswürdigkeiten, die dich auf einen Streifzug durch die faszinierende Geschichte der Stadt einladen.

  • Galleria Nazionale: Umbriens Nationalgalerie befindet sich in den Obergeschoßen des Palazzo dei Priori. In 40 Räumen begibst du dich auf die Spuren großer umbrischen Maler und Bildhauer aus dem 13. bis 19. Jahrhundert.
  • Palazzo dei Priori: Besagter Palast, vornehmlich aus Travertin sowie weißem und rotem Stein errichtet, hat noch viel mehr zu bieten. Die Außentreppe allein ist bereits ein Hingucker. Verschiedene Säle und Kollegien überraschen mit ungewöhnlichen Formen, Holzverkleidungen und Wand- sowie Deckenmalereien.
  • Archäologisches Nationalmuseum: Das ehemalige Konvent bei San Domenico beheimatet heute Umbriens Nationalmuseum der Archäologie. In acht Sektionen begibst du dich auf eine chronologische Reise durch die Geschichte der Region von urzeitlichen Exponaten, die bis zu 500.000 Jahre alt sind, bis zu römischen Stücken.
  • Fontana Maggiore: Für die Peruginer ist dies der schönste Brunnen der Welt. Mit seinen spektakulären Reliefs zählt Fontana Maggiore gewiss zu den einflussreichsten Werken seiner Art. Auf den Feldern und Schalen dieses mittelalterlichen Meisterwerks siehst du unter anderem das Leben auf der Erde, dargestellt in drei thematischen Zyklen, sowie Personifikationen wichtiger biblischer und irdischer Figuren.
  • Arco Etrusco: Eines der bedeutendsten Überbleibsel der alten Stadtmauern wird heute von mächtigen Wachtürmen flankiert. Der Etruskische Bogen entstand vermutlich im 3. Jahrhundert v. Chr. und wurde wohl im Rahmen der Verlängerung der Via Amerina in die alte etruskische Struktur eingearbeitet. Inschriften auf dem Torbogen weisen auf Kaiser Augustus und Kaiser Gaius Vibius Trebonianus Gallus hin.

 

Von Jazz bis Schokolade

Die Kunststadt Perugia ist aber nicht nur als Schauplatz atemberaubender Architektur einen Besuch wert, es tut sich zudem so einiges. Wir haben zwei Veranstaltungstipps herausgegriffen, die du dir nicht entgehen lassen solltest:

  • Umbria Jazz: An zehn Julitagen verwandet sich Perugia in den Nabel der Jazzwelt. Umbria Jazz zählt zu den wichtigsten Genrefestivals Europas. Hier treten regelmäßig Legenden des Jazz, aber auch Musiker*innen aus anderen musikalischen Gefilden auf. Unter anderem konnten bereits Miles Davis, Alicia Keys, Carlos Santana, Dizzy Gillespie und Sting begrüßt werden.
  • Eurochocolate: Seit 1993 zeigt sich Umbriens Hauptstadt von einer überaus süßen Seite. Jahr für Jahr besuchen nahezu eine Million Italiener und Touristen eines der größten Schokoadefestivals Europas. Natürlich gibt es so manche Leckerei zu verkosten, dazu kommen Konzerte, Ausstellungen und Aktivitäten. So gab es beispielsweise vor einigen Jahren eine große Kletterwand, die wie eine Tafel Schokolade aussah.

 

Zwischen süßen Verführungen und architektonischen Glanzlichtern zeigt sich die Kunststadt Perugia überaus vielseitig, ja sogar richtig spektakulär. Die lange, ereignisreiche Geschichte ist gerade in den alten Gässchen greifbar, wo sie wunderbar mit den neueren Stadtvierteln und der prächtigen Natur Umbriens harmoniert. Und, wann wird es dich ins magische Perugia ziehen?

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