Kunststadt Parma jenseits kulinarischer Genüsse

©Bigstock.com/Gimas

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Wenn du an Parma denkst, dann kommt dir zunächst wahrscheinlich die großartige, vielfältige und reichhaltige Küche der Stadt sowie der gesamten Provinz in den Sinn. Parmesan und Parmaschinken verwöhnen den Gaumen und sind Basis sowie Begleiter echter kulinarischer Schmankerl. Hinter diesen lukullischen Sternstunden verbirgt sich allerdings eine vielfältige Kunststadt mit einer Fülle an Kirchen, Klöstern und Palästen als Zeugen einer wechselhaften Geschichte mit gleich mehreren kleinen Glanzzeiten. Begleite uns auf kleine Reise durch den Norden der Emilia Romagna!

Fliegender Wechsel zwischen den Herrschern

Die Wurzeln der Stadt reichen bis weit in die Urzeit zurück. Vermutlich gab es bereits in der Bronzezeit eine Pfahlbausiedlung der Terramare-Kultur. Auf dem Standort der heutigen Piazza Duomo und Piazzale della Macina entstand damals eine erste Nekropole. Parma selbst war wohl eine etruskische Gründung, wobei der Name auf ein lateinisches Lehnwort für „Rundschild“ zurückgeht. Eine römische Kolonie folgte um 183 v. Chr. Von Attila zerstört und später an Odoakers Gefolge übergeben, sah sich Parma – wie so viele andere Städte dieser Region – während und nach der Völkerwanderungszeit einer Vielzahl von Herrschern ausgesetzt. Ein wichtiger Einschnitt folgte erst 1545/47 mit der Schaffung des Herzogtums Parma durch Papst Paul III. für dessen illegitimen Sohn Pier Luigi Farnese. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Renaissance-Maler Antonio da Correggio bereits seine Spuren in Parma hinterlassen. Wir werden ihm in weiterer Folge wiederholt begegnen.

Das Aussterben der männlichen Farnese-Linie im 18. Jahrhundert führte zu einer weiteren Zäsur. Der Polnische sowie der Österreichische Erbfolgekrieg sollten das weitere Schicksal Parmas maßgeblich beeinflussen. Mehrere Verzichte und Misserfolge brachten das ehemalige Herzogtum zunächst an Herzog Philipp von Spanien, später – unter bourbonischem Einfluss – an dessen Sohn Ferdinand. Napoleon ließ sich das Doppelherzogtum Parma-Piacenza nach den Revolutionskriegen zusichern, bevor die Bourbonen ein letztes Mal an die Macht kamen. Nach einem Intermezzo im Übergangsgebilde Vereinigte Provinzen von Mittelitalien hatte das herrschende Wechselspiel endlich ein Ende: Seit 1861 gehört Parma zum Einheitsstaat Italien.

Piazza Duomo

©Bigstock.com/cge2010

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Wechselspiel hin oder her, trotz seiner ereignisreichen, durch atemlos anmutenden Geschichte wurde Parma im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgebaut und erhielt zahlreiche spektakuläre Bauten, die heute Gäste aus aller Welt – und bestimmt auch dich – anziehen. Erster Anlaufplatz ist der Domplatz, Piazza Duomo, mit über 900 Jahren versammelter Stadt-, Kunst- und Kulturgeschichte auf einem magischen Fleck. Was es dort genau zu sehen gibst, möchtest du wissen? Nun denn:

  • Dom: Ein verheerender Brand zerstörte eine alte Marienkirche vollends. Ab 1074 entstand Santa Maria Assunta an ihrem Standort. Der romanische Dom mit gotischem Glockenturm wurde über mehrere Bauphasen errichtet und im Inneren vor allem in der Renaissance deutlich verändert. Das perspektivische Kuppelfresko von Correggio und die gotischen Fresken in der Seitenkapelle sind besonders sehenswert.
  • Baptisterium San Giovanni: Dieser achteckige Sakralbau ist ein echter Hingucker. Schon von weitem leuchtet dir die Fassade aus rosafarbenem Veroneser Marmor entgegen. Das Gewölbe der Kuppel besteht aus sechs Ebenen, die jeweils mit Gemälden zu unterschiedlichen Themenkreisen ausgestattet sind und einen spektakulären Blick zum roten Deckenhimmel offenbaren.
  • San Giovanni Evangelista: Ein Brand beschädigte das ursprüngliche Benediktinerkloster aus dem 10. Jahrhundert, das in weiterer Folge eine manieristische Fassade erhielt. Auch diese Kuppel ziert ein atemberaubendes Fresko von Correggio. Die drei Kreuzgänge sowie die Klosterbibliothek wollen ebenfalls besucht werden.

 

Weitere Kirchen und Klöster Parmas

Wenn wir schon bei Kirchen und Klöstern sind, nun, dann bleiben wir gleich im religiösen Bereich. Parma ist Heimat einer Vielzahl wunderschöner, vielfältiger Sakralbauten, die wir dir wärmstens empfehlen können.

  • San Martino de Bocci: Gut, erwischt, in diesem Fall haben wir ein wenig geschummelt. Zum einen liegt dieses Gebäude im Stadtteil Paradigna ca. 6 km nördlich von der eigentlichen Stadt, zum anderen handelt es sich um eine mittlerweile aufgelassene Zisterzienserabtei. Das heutige Studien- und Archivzentrum der städtischen Universität fasziniert durch seine Mischung aus ursprünglichen gotischen Formen und Rokoko- sowie Empire-Veränderungen späterer Jahrhunderte.
  • Synagoge: Bereits im Mittelalter gab es eine große jüdische Gemeinschaft in Parma, bevor eine päpstliche Bulle aus dem Jahr 1555 die Bevölkerung aus dem Doppelherzogtum verbannte. Erst Napoleons Eroberung ermöglichte eine erneute Ansiedlung. Die 1866 erbaute Synagoge dient heute als Glaubenszentrum und wurde deutlich von katholischen Kirchen ihrer Zeit inspiriert.
  • San Paolo: Ja, wir jubeln dir ein weiteres ehemaliges Kloster unter. Weil wir es können. Und, warum auch nicht? In diesem Fall gilt unser Hauptaugenmerk der Camera della Badessa oder Camera di San Paolo. Während ihrer ersten Dekade als Äbtissin gab Giovanna Piacenza die Ausgestaltung eines Privatzimmers durch – da ist er schon wieder – Correggio in Auftrag. Einzigartige Fresken wachsen scheinbar dem Himmel entgegen.
  • Santa Maria della Steccata: Ein Zaun („Steccato“) trennt die Gläubigen vom überaus populären, als Heiligtum angebeteten Bild einer stillenden Maria in dieser Renaissance-Kirche – daher auch der Name. Ein wunderschöner Barockaltar sowie Bernardino Gattis Deckenfresken von der Himmelfahrt der Gottesmutter sind weitere Hingucker.

 

Noch mehr Highlights für deine Stadttour

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Weil es gerade so schön ist, machen wir natürlich weiter und dehnen unseren kleinen Überblick auf einige weitere persönliche Favoriten aus, die wir dir selbstverständlich nicht vorenthalten wollen:

  • Palazzo della Pilotta: In den letzten Jahren seiner Regentschaft ließ Herzog Ottavio Farnese diesen Gebäudekomplex erbauen. Obwohl die Kunstschätze nach dem Niedergang der Farnese von späteren Herrschern nach Neapel gebracht wurden, bleibt der Palast ein hochspannender Ort mit dem Archäologischen Nationalmuseum, der Nationalgalerie, dem barocken Hoftheater Teatro Farnese sowie weiteren Museen, Bibliotheken und Hochschulen hinter seinen mächtigen Pforten.
  • Teatro Regio: Ein ehemaliges Kloster – davon hatten wir bereits ein paar – musste diesem Opern- und Theaterhaus weichen. 1821 von Marie-Louise von Österreich in Auftrag gegeben, fasst das gewaltige Auditorium 1.400 Personen und ist Schauplatz des jährlichen Festival Verdi.
  • Toscaninis Geburtshaus: Der weltberühmte Dirigent und Orchesterleiter Arturo Toscanini wurde am 25. März 1867 in Parma geboren. Sein Geburtshaus dient heute als Museum und widmet sich verschiedenen Stationen aus dem Leben des berühmten Sohnes der Stadt. Diverse Objekte und Memorabilien aus seinem Leben sowie Einrichtungsgegenstände aus längst vergangenen Tagen begleiten deinen Besuch.
  • Parco Ducale: Abschließend geht es noch ins Grüne. Parmas historischer Park erstreckt sich über eine unglaubliche Gesamtfläche von 208.700 m². Mehrere Paläste, Brunnen, Theater und Grünflächen säumen deinen Spaziergang. Ein Besuch des Palazzo del Giardino mit seinen unzähligen Fresken und Stuckarbeiten ist Pflicht.

 

Für große Abwechslung, stille Momente und – natürlich – exzellente Küche ist bei deiner Reise in die Kunststadt Parma gesorgt. Lass dich von den vielfältigen architektonischen Meisterwerken mit ihren spektakulären Gemälde- und Freskensammlungen beeindrucken und entdecke diese faszinierende Stadt im Norden der Emilia Romagna von sämtlichen Seiten. Viel Spaß bei deinem Besuch!

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