Kunststadt Lucca in der nördlichen Toskana

Im Nordwesten der Toskana wartet eine spannende Stadt mit großem musikalischem Erbe auf neugierige Besucher. In Lucca wurden so illustre Komponisten wie Giacomo Puccini, Alfredo Catalani und Nicolao Dorati geboren. Zudem erwartet dich ein angenehm ungewöhnliches Stadtbild, welches die ursprüngliche Straßenanordnung der alten römischen Anlage behielt und von dieser einfach immer weiter nach außen expandierte. Und dann wäre da noch die unmittelbare Nähe zum Ligurischen Meer, was Lucca zu einem überaus fruchtbaren Ort – die verschiedenen Gärten sprechen mit ihrer Pflanzenvielfalt Bände – und idealen Ausgangspunkt für Strandausflüge macht. Nicht zu vergessen: Lucca ist eine waschechte Kunststadt mit erstaunlichem Reichtum an außerordentlichen Kirchen, Palästen und Profanbauten. Los geht’s!

Die Stadt der Seidenweber

Wie viele andere toskanische Städte wurde auch Lucca von den Etruskern gegründet und 180 v. Chr. zur römischen Kolonie, gleichzeitig mit Pisa und Luna in der Nähe der Steinbrüche von Carrara. In Lucca begründeten Julius Caesar, Pompeius und Crassus einst das erste Triumvirat. Das spätere Municipium spielte im Kaiserreich eine untergeordnete Rolle, wurde von Odoaker geplündert und unter den Langobarden zur Residenz eines Marktgrafen oder eines Herzogs ausgebaut. Nach dem Tod Mathildes von Canossa 1115, der zu einem jahrzehntelangen Streit um ihr Erbe führte, unterstrich Lucca seine Unabhängigkeitsbestrebungen und erreichte 1160 schließlich den Status einer eigenständigen Kommune.

Innere Uneinigkeit und versuchte Einflüsse von außen stellten die Unabhängigkeit wiederholt auf die Probe. Lucca war eine reiche Stadt, nicht zuletzt aufgrund ihrer zentralen Rolle in der mittelalterlichen Textilindustrie mit besonders farbenprächtiger Seide. Wiederholte Unruhen führten zur Flucht vieler Färber und Seidenweber nach Venedig. Dennoch konnte sich Lucca immer wieder befreien, war Demokratie, patrizisch-aristokratische Oligarchie und unabhängige Stadtrepublik, bis siegreiche französische Revolutionsarmeen nach Beendung der österreichischen Dominanz über Italien eine modern-französische Form der Demokratie mit napoleonischer Abhängigkeit einführten. Daraus wurde schnell eine Monarchie mit Napoleons Schwester Elisa Bonaparte Baciocchi als Prinzessin von Lucca, nach dem Wiener Kongress ein bourbonisches Herzogtum Kongress, dann ein Teil des Großherzogtums Toskana und schließlich des neugegründeten Italiens.

 

Die alten Stadtmauern

Was Lucca unter anderem so einzigartig macht, ist der hochspannende, ungewöhnliche Aufbau. Das rechtwinkelige Straßennetz im historischen Zentrum stammt noch von der einstigen römischen Struktur. Anstatt dieses einzureißen – einzig die antike Stadtmauer fiel den Expansionsbemühungen zum Opfer – wurde die Stadt einfach sukzessive erweitert und nach außen expandiert. Erst im Mittelalter begann man mit der Errichtung neuer Stadtmauern, die im 16. und 17. Jahrhundert schließlich zur heutigen Form ausgebaut wurden. Tatsächlich mussten sie nie verteidigende Zwecke erfüllen, verhinderten dafür wohl verheerende Überschwemmungen durch das Hochwasser von 1812.

 

Auf den Stadtmauern und über bzw. durch die Befestigungsanlagen kannst du heute ganz entspannt spazieren. Du erhältst nicht nur einen ersten Überblick von der architektonischen Vielfalt Luccas, sondern kannst in den ruhigeren, begrünten Bereichen wunderbar entspannen – nicht umsonst werden diese Gebiete gerne für (Sport-)Veranstaltungen genutzt. Fünf Stadttore führen nach fast allen Himmelsrichtungen von der Altstadt in die äußeren Bezirke. Zwei weitere Tore aus der ursprünglichen mittelalterlichen Anlage gehören nun zum inneren Mauerring.

 

Sakrales Lucca

Lucca ist reich an Kirchen und Basiliken, wie viele andere italienische Städte auch. Besonders eindrucksvoll: Viele der Sakralbauten stammen aus dem Mittelalter und überdauerten die Zeit hervorragend. Wir stellen dir einige Favoriten vor:

  • ©Bigstock.com/goga18128

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    San Martino: Die Kathedrale Luccas wurde Ende des. 12. Jahrhunderts gebaut und wirkt im Vergleich zu weiteren Kirchen der Stadt fast schon neumodisch. Vor der Fassade befinden sich bewusst unregelmäßig gestufte Arkadenreihen als Dekorationsschicht. Dahinter verbirgt sich ein hohes, monumentales Gebäude mit prächtigen Bildern, einem eindrucksvollen Sarkophag und einem klassischen Fingerlabyrinth.

  • San Michele in Foro: Auf dem alten römischen Marktplatz steht die zweitwichtigste Kirche der Stadt, nur unwesentlich älter als San Martino. Die Fassade wurde ursprünglich für ein höher geplantes Mittelschiff gebaut, das letztlich nicht zustande kam. Entsprechend überproportional wirkt die reich verzierte Außenwand.
  • San Frediano: Ausnahmsweise gen Osten gebaut, um nicht mit der damals neuen Stadtmauer zu kollidieren, ergibt die romanische Basilica minor ein eigentümliches Bild. Auf den breiten, unteren Fassadenbau wurde ein schmaler Mosaikteil aufgesetzt, um den erhöhten Langhausmauern gerecht zu werden.
  • San Francesco: Lange Baugeschichten sind keine Seltenheit, doch San Francesco schlägt alles. Im 13. Jahrhundert am Übergang von der Romantik zur Gotik begonnen, erfolgte die Fertigstellung des oberen Fassadenteils erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter historisierenden Gesichtspunkten.
  • San Salvatore: Im Jahr 1009 erhielt das Frauenkloster Santa Giustina eine eigene Kirche. Allerdings nagte der Zahn der Zeit an San Salvatore und so sind nur noch wenige Teile von der ursprünglichen Erneuerung im 12. Jahrhundert erhalten. Der Rest weist auf jüngere Renovierungen hin. Und doch weiß diese schlichte, dennoch eindrucksvolle Kirche des mittlerweile aufgelösten Klosters vor allem bei einem Blick nach innen zu beeindrucken.
  • San Giusto: Diese romanische Kirche entstand im 12. Jahrhundert anstelle eines Vorgängerbaus auf dem gleichnamigen Platz. Besonders auffällig ist die streifenförmige obere Hauptfassade aus schwarzem und weißem Marmor mit zwei Loggien. Guidettos auffälliges Hauptportal zählt zu seinen besten Arbeiten.

 

Profanbauten und Gärten

Aber das ist selbstverständlich noch lange nicht alles, was sich bei deiner Tour durch die Kunststadt Lucca erwartet. Wir hätten da noch ein paar weitere Highlights für dich:

  • Villa Olivia: Lucca ist reich an Villen und Palästen mit ausladenden Gartenanlagen, und so verblasst auch die Villa Olivia ein wenig im Angesicht der fünf Hektar großen, von einer Mauer umschlossenen Anlage. Zwei Brunnen, ausladender Figurenschmuck, Alleen und Amphitheater führen durch den Garten.
  • Palazzo Ducale: Aus zerstörten Palästen und Festungsanlagen entwickelte sich wohl im 15. Jahrhundert der Palazzo Ducale. Seine gewaltigen, ausladenden und zugleich teils unfertig gebliebenen Fassaden und Räumlichkeiten beheimaten Galerien und Kunstwerke.
  • ©Bigstock.com/stevanzz

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    Palazzo Pfanner: Der ehemalige Palazzo Controni verfügt über einen Salon mit prächtigen Fresken sowie eine Sammlung chirurgischer Werkzeuge von Namensgeber Dr. Pietro Pfanner. Das heutige Kunstmuseum wird von einer weiteren wunderschönen Gartenanlage mit zahlreichen Statuen eingerahmt.

  • Casa di Puccini: Das Geburtshaus des weltberühmten Komponisten, ein recht unscheinbares Gebäude unweit der Piazza San Michele, wurde zum Museum mit originalen Partituren und Libretti umgebaut. Besonders Augenmerk gilt dem Dachzimmer im Stile Puccinis Oper „La Bohème“.
  • Torre dell’Orologio: Lucca verfügte im Mittelalter über zahlreiche Türme reicher Familien, die teils Schutzfunktion hatten und teils als Statussymbol dienten. Einer der wenigen überlebenden und zugleich höchster Turm Luccas ist der Uhrturm Torre dell’Orologio. Du kannst übrigens die unzähligen Stufen erklimmen und einen Blick auf das ausgeklügelte Uhrwerk werfen.
  • Orto Botanico: Wie wäre es mit einem kompletten botanischen Garten? Von Gräfin Marie-Louise von Parma 1820 eingerichtet, lädt diese wunderschöne Anlage zu stillen, genussvollen Spaziergängen ein – täglich in der warmen Jahreszeit und an Wochentagvormittagen jenseits der Hauptsaison.

 

Du siehst: Lucca hat viel Spektakuläres zu bieten mit seiner Mischung aus großer Architektur, bewegter Geschichte und weitflächigen Spazierwegen sowie Grünanlagen. In dieser Kunststadt im Nordwesten der Toskana erwartet dich die nahezu perfekte Symbiose aus Harmonie, Ruhe, touristischen Glanzlichtern und magischer Zeitreise.

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