Kathedrale von Modena, Glockenturm und Piazza Grande

Cathedral of Modena, UNESCO

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Im 11. Jahrhundert hielt ein neuer architektonischer Stil Einzug in Europa. Die Romanik mit ihren Rundbögen, dicken Mauern und kleinen Fenstern eroberte schnell den gesamten Kontinent und trieb manch spannende regionale Blüte. Gerade Italien öffnete sich für diese neuen Einflüsse, welche gerade in der Emilia Romagna mit offenen Armen aufgenommen wurden. Zu den wichtigsten romanischen Bauwerken zählt San Geminiano, die Kathedrale von Modena. Gemeinsam mit ihrem 88 m hohen Glockenturm (Torre Ghirlandina) und der anliegenden Piazza Grande ist sie der große Stolz der Modeneser, und so begleiteten sie die Erhebung zum UNESCO-Weltkulturerbe im Jahr 1997 mit verständlichem Stolz und Jubel. Heute ist die Piazza mit ihrem romanischen Ensemble touristischer Hauptanziehungspunkt Modenas. Warum du einen Abstecher in die Emilia Romagna wagen solltest, verraten wir dir liebend gerne.

Ein Streifzug durch Modenas Geschichte

Der romanische Ausbau ab dem 11. Jahrhundert war übrigens nur einer von vielen Höhepunkten in Modenas hochspannender Geschichte. Wusstest du, dass die Stadt eigentlich etruskische Wurzeln hat? Tatsächlich hieß Modena ganz früher Mutina, bevor es von den Boiern erobert wurde und schließlich 222 v. Chr. in römische Hand geriet. Die römische Stadt erfüllte wichtige Exportfunktionen für Wein und Töpferei, wurde nach Attilas Plünderungen und dem Einfall der Langobarden jedoch dem Verfall preisgegeben. Erst Ende des 9. Jahrhunderts kam es zum Wiederaufbau und zur Befestigung.

In den folgenden Jahrhunderten wechselte Modena gleich mehrfach seine Herren. Zu Baubeginn der Kathedrale befand es sich in marktgräflichem Besitz, später wurde es zur freien Kommune, die letztlich an die Este fiel und von diesen vergrößert wurde. Besetzungen durch die Franzosen und österreichische Herrschaft sollten ab dem späten 18. Jahrhundert folgen. Schließlich und endlich ging Modena 1861 in den italienischen Einheitsstaat auf, die letzte Nachfahrin des Hauses Österreich-Este verstarb 1886.

Die Kathedrale von Modena

Diese politische Unruhe hinterließ natürlich auch ihre Spuren im Stadtbild, und so wird es dich kaum überraschend, dass es sich beim Duomo San Geminiano keineswegs um das erste Gotteshaus an diesem Platz handelt. Tatsächlich gab es bereits vor der Zerstörung der Stadt nach dem Fall Roms zwei Kirchen an diesem Standort, beide wohl im 5. Jahrhundert erbaut. Sie wurden verwüstet, zerstört und dem Verfall preisgegeben. Mitte des 11. Jahrhunderts, nach Befestigung der Stadt, stand eine neue Kirche, die allerdings schnell zu klein geworden war. Außerdem entdeckte man das Grab des heiligen Geminiano, Schutzpatron der Stadt, das einen prominenteren Platz verdient hatte. Eine neue Kathedrale musste her. Diese Entscheidung trafen die Einwohner Modenas im kompletter kaiserlicher und kirchlicher Unabhängigkeit. Die Kathedrale von Modena wurde schließlich zum Symbol für Autonomie und Freiheit, wenige Jahrzehnte später gründete man besagte freie Kommune.

Als die Arbeiten an der heutigen Kathedrale unter der Leitung des Baumeisters Lanfranco schließlich 1099 begannen, unterstützte Marktgräfin Mathilde von Canossa, eine der wichtigsten Adeligen und mächtigsten Frauen ihrer Zeit, die Grundsteinlegung. Papst Lucius III. weihte die romanische Kathedrale am 12. Juli 1184, bis zur Fertigstellung sollte es allerdings noch dauern – erst 1322 waren die Arbeiten abgeschlossen. Was den Duomo mit seinem freistehenden Glockenturm, dem Campanile Torre Ghirlandina, so besonders macht, ist die gekonnte Vermengung mehrerer Stilepochen. Natürlich dominiert die Romanik, doch sorgen gotische Elemente und Renaissance-Charakteristika für ein besonders lebendiges Aussehen.

Der weiße Marmor an den Außenwänden leuchtet dir schon von Weitem entgegen. Er wechselt sich mit grauen und rötlichen Steinen ab – vermutlich Überbleibsel der römischen Gebäude. Natürlich entdeckst du überall typisch romanische Stilelemente, wie die Blendarkaden und Zwerggalerien. Das atemberaubend schöne gotische Rundfenster zeugt von der knapp 250jährigen Entstehungsgeschichte der Kathedrale. Zahlreiche Reliefs des Bildhauers Wiligelmus, ein Zeitgenosse Lanfrancos, zieren die Fassade. Wenn du genau hinsiehst, entdeckst du Szenen aus der Bibel, aber auch Abbildungen von Propheten und Patriarchen. Mindestens so sehenswert sind die Reliefs aus dem Arthurmythos am prächtigen Nordportal der Kathedrale, der Porta della Pescheria.

Das Innenleben verzichtet auf die typische Kreuzform. Ein Querschiff suchst du vergeblich, dafür erwarten dich gleich drei Langschiffe. In der unteren Apsis-Ebene befindet sich die Krypta mit einem Sarkophag, in dem die Gebeine des Geminiano aufbewahrt werden. Die zentrale Apsis wurde im 18. Jahrhundert umfassend verändert und mit kostbarem Marmor verkleidet. Bei dieser Gelegenheit erhielten die umgebauten Gewölbe reiche Stuck-Verzierungen. Anselmo da Campiones Marmorbrüstung mit einer Darstellung der Passion Christi wird dich ebenso in Staunen versetzen.

Torre Ghirlandina

Cathedral of Modena

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Die Kathedrale von Modena wäre ohne ihren Campanile allerdings nur halb so schön. Der Glockenturm Torre Ghirlandina ist das Wahrzeichen der Stadt, weithin sichtbar und zugleich ein guter Orientierungspunkt. Ursprünglich hieß der Turm Torre di San Geminiano, stand auf einem viereckigen Grundriss und wuchs bis 1179 auf fünf Stockwerke an. Die Rivalität mit Bologna führte zu schrittweisen Aus- und Anbauten. Eine achteckige Spitze von Arrigo da Campione, der ebenso für die Kanzel der Kathedrale mit ihren Terrakotta-Skulpturen verantwortlich war, sollte folgen. Sie ist von zwei Girlanden, aus Marmorgeländern bestehend, dekoriert, daher auch der Name Torre Ghirlandina. Ein Blick in den Campanile führt dich in die Sala della Secchia mit Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Ebenso lohnt sich ein Blick auf die gehauenen Kapitelle in der Sala dei Torresani im fünften Stock. Die fünf in C-Dur gestimmten Glocken stammen übrigens aus der Renaissance.

Was dich außerdem auf der Piazza Grande erwartet

Natürlich dominiert die Kathedrale mit ihrem Campanile die wunderschöne Piazza Grande. Tatsächlich treffen hier die religiöse und weltliche Macht Modenas aufeinander. Unter anderem entdeckst du:

  • Palazzo Comunale: Im 17. Jahrhundert wurden mehrere mittelalterliche Gebäude zum Palazzo Comunale verbunden. Hinter der imposanten Fassade mit ausladenden Bögen verbirgt sich das Rathaus der Stadt. Zudem stehen dir gleich mehrere historische Räume offen. Gerade die Sala del Fuoco und die Sala del Vecchio Consiglio sind mit prächtigen Gemälden dekoriert.
  • Palazzo dell’Arcivescovado: Schräg gegenüber der Kathedrale versteckt sich dieser sympathische Palast mit vielen kleinen Details, gekonnt über die gesamte Fassade verteilt. Hinter seinen Toren verbirgt sich eine kleine, wunderschöne Barockkapelle.
  • Preda Ringadora: Wichtige Persönlichkeiten, Redner und Gelehrte sprachen im Mittelalter von diesem großen Stein vor dem Palazzo Comunale, später diente er den Stadtwächtern als Ort der Rast und Ruhe. Ab dem 15. Jahrhunderte wurde er in einen Pranger für Schuldner und Betrüger umgewandelt.
  • Bonissima: Was es mit dieser sagenumwobenen mittelalterlichen Statue genau auf sich hat, liegt im Dunklen. Die Bonissima blickt seit Jahrhunderten auf das geschäftige Treiben auf der Piazza hinab. Ihr zu Ehren findet seit 2010 jeden Oktober ein mehrtägiges kulinarisches Fest statt.

 

Mit offenen Augen spazierst du über die Piazza Grande, den gewaltigen Torre Ghirlandina stets im Blick, von der Kathedrale magisch angezogen. Diese besonders prächtige UNESCO-Weltkulturerbestätte im Herzen Modenas weiß immer wieder aufs Neue zu begeistern. Fieberst du auch bereits deinem nächsten Städteurlaub in der Emilia Romagna entgegen?

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