Mantua und Sabbioneta

Mantua

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Zwei Städte, ein Adelsgeschlecht und eine Weltkulturerbestätte: Seit 2008 rangieren die Altstädte von Mantua und Sabbioneta zu diesem illustren Kreis der UNESCO. Beide Städte zeigen, wie Städteplanung und Städtebau in der Renaissance funktionierten, und zwar auf ganz unterschiedliche Weise. Hinter diesen Bemühungen stecken die Gonzaga. Sie ließen Mantua und Sabbioneta vom 14. bis weit ins 17. Jahrhundert aufblühen. Mit der erweiterten und erneuerten Metropole auf der einen und der Idealstadt auf der anderen Seite, illustrieren sie Evolution, Revolution und die Einflüsse des Humanismus. Zeit für einen kleinen Abstecher in die Lombardei!

Wie die Gonzaga zu den Herzögen von Mantua wurden

Werfen wir zuerst einen Blick auf das Adelsgeschlecht, welches Mantua entscheidend prägte und Sabbioneta errichtete. Die Gonzaga wurden erstmals im 12. Jahrhundert als Lehensnehmer des Grafen von Casaloldo auf der bei Mantua liegenden Burg Gonzaga dokumentiert. Als Nachfolger der Familie Bonacolsi regierten sie von 1328 bis 1708 in Mantua – zunächst als Reichsvikare, dann als Grafen und Markgrafen, bevor Federico II. schließlich 1530 den Titel „Herzog von Mantua“ erhielt. Durch Heirat und Ankauf erhielt die Familie Montferrat und Guastalla, und erreichte somit um 1539 den Höhepunkt ihrer Macht. Wenig später begann Vespasiano Gonzaga mit der Errichtung der Idealstadt Sabbioneta.

Als der Hauptstamm der Gonzaga 1627 erlosch, „regelte“ der Mantuanische Erbfolgekrieg die Nachfolge. Der Habsburger Kaiser – die Gonzaga hatten sich politisch stark an die Habsburger angelehnt – wollte das Herzogtum einziehen, nach französischer Intervention ging Mantua allerdings an eine jüngere, französische Linie der Gonzaga. Erst im Spanischen Erbfolgekrieg zog der Kaiser das Lehen ein, am 30. Juni 1708 wurde das Gebiet mit dem habsburgischen Herzogtum Mailand vereint, während ein Teil von Montferrat an Savoyen ging. Im gleichen Jahrhundert starben die meisten Nebenlinien der Gonzaga aus. Heute besteht einzig die Seitenlinie Gonzaga di Vescovato.

Mantua

Als die Gonzaga Mantua im 14. Jahrhundert übernahmen, veränderten sie das Stadtbild deutlich. Vor allem im 16. Jahrhundert erhielt es ein deutlich prunkvolleres Antlitz, welches Reichtum und Macht seiner Herrscher illustrieren sollte. Die Renaissance sorgte für neue Ideen und erweiterte die bestehende mittelalterliche Stadt auf eindrucksvolle Weise. Überall entdeckst du Zeugen dieser Evolution im Städtebau mit wunderschönen Plätzen, reichen Verzierungen und versteckten Details. Folgende drei Gebäude musst du unbedingt besuchen:

Palazzo Ducale

Der Herzogspalast ist ohne Zweifel das Herzstück Mantuas. Seine ältesten Bereiche – Palazzo del Capitano und Magna Domus – gehen sogar noch auf die Regentschaft der Bonacolsi zurück, wenig später folgte das Castello di San Giorgio. Bis ins 17. Jahrhundert sollten weitere Ausbauten folgen, darunter der Domus Nova, die Kirche Santa Barbara und die Palastkapelle. Mächtige Korridore und Galerien verbinden die Gebäudeteile, von Gärten und Innenhöfen reizvoll aufgewertet. Insgesamt umfasst der Ziegelbau an die 500 Räume auf einer Fläche von ca. 34.000 m². Ein Rundgang durch den Palazzo weiß zu begeistern, denn du stößt immer wieder auf prächtige Details und künstlerische Brillanz. Das Hochzeitszimmer („Camera degli Sposi“) im Castello di San Giorgio ist allerdings ein absolutes Muss. Andrea Mantegnas Fresken erlangten Weltruhm, und zwar aus gutem Grund, wie du selbst sehen wirst.

Dom von Mantua

Mantua, UNESCO

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Eigentlich stammt diese fünfschiffige, romanische Basilika aus dem neunten Jahrhundert, wurde jedoch im 15. Jahrhundert unter Francesco I. Gonzaga deutlich erweitert. Leider zerstörte ein verheerender Brand weite Teile des Doms und so orientierte man sich beim Wiederaufbau 1545 zunächst an der frühchristlichen Version des Petersdoms. Die Marmorfassade wurde erst über 200 Jahre später fertiggestellt. An der rechten Seite erkennst du noch die alten Giebel und Königstürme von vor dem Brand, nun von einer klassizistischen Fassade begleitet. Im wunderschönen Inneren verewigten sich vor allem Mantuas Meister des Manierismus. Unzählige atemberaubende Gemälde und Kunstwerke lassen den Dom stellenweise wie eine überdimensionale Kunstgalerie erscheinen.

Basilika Sant‘Andrea

Als Ludovico Gonzaga eine Heilig-Blut-Reliquie erwarb, ließ er 1470 eine eigene Kirche dafür errichten. Kein Geringerer als das Renaissance-Universalgenie Leon Battista Alberti setze die kühnen Pläne um und griff dafür auf antik-römische Muster zurück, begleitet von Elementen aus dem italienischen Altertum. Die Seitenschiffe wurden durch Kapellen ersetzt – eine einschneidende Neuerung für den Kirchenbau der Renaissance und des Barock. Um die Monumentalwirkung seiner antiken Vorbilder zu erreichen, wählte Alberti eine antike Tempelfront mit ungewöhnlichen flachen Pilastern. Die Vierung sowie die Tambourkuppel folgten erst im 18. Jahrhundert. Andrea Mantegna ist auch mit diesem Gebäude eng verbunden, denn in der Basilika bestaunst du nicht nur seine Gemälde, du findest auch das Grab des Renaissancemalers.

Sabbioneta

Vespasiano Gonzaga, Herzog von Sabbioneta, erbte die Burganlage im 16. Jahrhundert und wollte sie zur Fürstenresidenz ausbauen. Tatsächlich machte er Sabbioneta zur Idealstadt nach humanistischen Erkenntnissen und sorgte ganz nebenbei für die erste autonome Stadtgründung der Renaissance. Besonders beeindruckend ist die gewaltige Stadtmauer, gerade für eine eigentlich recht kleine Stadt. Sie ist wie ein unregelmäßiges Sechseck geformt und weist sternförmig vorspringende Bastionen auf. Zwischen 1554 und 1571 wurde die minutiös genau geplante Altstadt errichtet. Vespasiano wollte Sabbioneta zu einer Kunst- und Kulturstadt nach dem Vorbild Athens machen, nach seinem Tod wurde sie allerdings vernachlässigt und fast komplett verlassen. Die Monumente blieben unberührt, die urbane Struktur intakt.

Über die beiden Stadttore Porta Vittoria und Porta Imperiale gelangst du heute nach Sabbioneta. Neben den prächtigen Kirchen und Klöstern besuchst unter anderem:

  • Palazzo Ducale: Auch in Sabbioneta gibt es einen Herzogspalast. Prächtige Pferdestatuen und kunstvoll geschnitzte Holzdecken erwarten dich.
  • Teatro Olimpico: Nach dem gleichnamigen Vorbild in Vicenza erbaut, ist es das erste freistehende, als solches angedachte Theater Europas. Korinthische Säulen, auf deren Gesimsen Götterfiguren ruhen, zieren die Galerie.
  • Galleria degli Antichi: Vespasianos Antikensammlung zählt zu den größten Sammlungen ihrer Art auf italienischem Boden. Hier siehst du unter anderem jene 32 Marmorstatuen und 18 Büsten, die er von seinem Vater und Großvater geerbt hatte.
  • Palazzo del Giardino: Die Privatvilla des Herzogs wirkt von außen eher schlicht. Der herrliche Blick auf den Garten und die zahlreichen, auf 15 ausgemalte Räume verteilten Fresken mit historisierenden und mythologischen Szenen halten Überraschendes bereit.

 

Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl jener Gebäude und Sehenswürdigkeiten, die dich in den malerischen Altstädten Mantuas und Sabbionetas erwarten. Freu dich auf aufregende Touren durch diese beiden Renaissance-Juwelen mit hochspannenden Einsichten in eine andere Zeit. So schön kann die Lombardei sein!

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