Genua – von der Seemacht zur magischen Kunststadt

Einst war Genua eine Handelsseemacht und das „Tor der ganzen Welt“, eine gewaltige Republik und Kolonialmacht. Christoph Kolumbus und Niccolò Paganini wurden hier geboren, zudem kann die städtische Universität auf eine ca. 550jährige, illustre Geschichte zurückblicken. Viel zu selten wird jedoch von der Kunststadt Genua gesprochen, von den faszinierenden Palästen und Prunkbauten entlang der UNESCO-Weltkulturerbe-Prachtstraßen Le Strade Nuove, von den unzähligen Kirchen und Galerien. Genau das ändern wir jetzt und laden dich auf eine Tour durch die Kunststadt Genua an der Küste des Ligurischen Meeres ein.

Die legendäre Republik Genua

Kunststadt Genua

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Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass wir Genuas Geschichte ignorieren würden, oder? Es. Ist. Genua. Nun denn: Der Name kommt wahrscheinlich aus dem Lateinischen („genu“ bedeutet „das Knie“), an die Form der Küstenlinie angelehnt. Vermutlich wurde der Naturhafen bereits in vorchristlicher Zeit betrieben. Funde deuten auf griechische Besiedlung rund um das 4. Jahrhundert v. Chr. Die Römer machten die Stadt ab 216 v. Chr. zum Hautquartier gegen die Ligurer. Berichte klassischer Autoren sind jedoch rar, man weiß wenig über die antike Stadt. Die Besiedlungs- und Eroberungsgeschichte nach Ende des Weströmischen Reichs mutet vertraut an, doch die Tüchtigkeit der Genuesen auf See führte zur bürgerlichen Verfassung, zum Wachstum der Marine und zum Aufstieg zur mittelalterlichen Kolonialmacht.

Innere Konflikte verlangsamten Genuas Aufstieg, die Rolle als Handelsseemacht nahm man jedoch dankend an. Die Republik entwickelte sich zum Dreh- und Angelpunkt für den Handel, zudem entstanden mehrere Kolonien. Öl, Wein, Leder, Seife, Getreide und Seide, aber auch der Sklavenhandel florierten. Die Reformierung der Republik im Jahr 1528 durch Andrea Doria versuchte sich gegen wachsenden spanischen und französischen Einfluss zu wehren, weitere innere Uneinigkeiten führten zum graduellen Verlust der Kolonien. Napoleon besetzte Genua im Jahr 1796 und gründete die Ligurische Republik, später Teil des französischen Kaiserreichs. Der republikanische Geist ließ sich nicht unterdrücken und so wurde das Gebiet später Teil Italiens. Als weiterhin wichtiger Seehafen war Genua entscheidend am italienischen Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt und spielt aufgrund seines wichtigen Hinterlandes – Mailand, Turin sowie Verbindungen bis in die Schweiz – immer noch eine zentrale Handelsrolle am Weltmarkt.

Genuas Paläste und das Weltkulturerbe

Kunststadt Genua

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Jetzt aber tatsächlich zur Kunststadt an sich. Mit den Le Strade Nuove und den Palazzi dei Rolli wollen wir uns eigentlich nicht zu lange abgeben, denn die 163 Paläste – vornehmlich im 16. und 17. Jahrhundert am Zenit genuesischer Handelsmacht durch reiche Patrizierfamilien entstanden – haben wir in unserem Beitrag zur UNESCO-Welterbestätte bereits ausreichend behandelt. Tatsächlich erlangten bloß 42 der 163 Paläste den Weltkulturerbe-Status… und es gibt noch weitere Paläste in Genua.

Einen legen wir dir besonders ans Herz, nämlich den Palazzo Reale. Klar, darüber haben wir bereits an anderer UNESCO-Stelle berichtet, aber er ist einfach zu schön und zu wichtig, um jetzt unter den Tisch gekehrt zu werden. Von 1618 bis 1620 für Mitglieder der Patrizierfamilie Balbi errichtet, wurde der Palast in den folgenden Jahrzehnten erweitert, umgestaltet und ergänzt. So ist das Gebäude vor allem für seine monumentale Front und den geradezu magischen Garten bekannt. Der Palazzo Reale beheimatet zudem eine Kunstgalerie mit über 200 Gemälden von Genuesen und anderen italienischen sowie internationalen Meistern, zudem beeindruckende Fresken und eindrucksvolle Möbel aus dem 17. bis 20. Jahrhundert.

Genuas Kirchen und Friedhöfe

Kunststadt Genua

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Es gibt nicht nur eindrucksvolle Paläste voller Prunk und Glorie in der Kunststadt. Du findest zudem unzählige Gotteshäuser und durchaus monumentale Ruhestätten über ganz Genua verteilt. Wir haben ein paar Favoriten für dich ausgewählt:

  • Kathedrale San Lorenzo: Die lange Baugeschichte – von 1100 bis zum Ende des 15. Jahrhunderts – siehst du der Kathedrale Genuas an. Romanische und gotische Elemente gehen Hand in Hand. Besonders prächtig ist das Innenleben mit seinen monumentalen Kirchenmalereien und nicht minder imposanten Skulpturen.
  • Santa Maria Assunta: Natürlich findest du auch einen Hauch von Renaissance-Architektur im Herzen der Stadt. Die Basilica di Santa Maria Assunta befindet sich auf dem Hügel von Carignano direkt im Zentrum und wurde ab 1549 über fünf Jahrzehnte als Zentralbau errichtet. Trotz extensiver Überarbeitung im 19. Jahrhundert blieb der ursprüngliche Charme erhalten.
  • Synagoge: Im Vergleich zu anderen genuesischen Kirchen ist die Synagoge sehr jung, erst 1934/35 im Stil des Eklektizismus aus Stahlbeton mit Steinverkleidung erbaut. Im Obergeschoß befindet sich ein Jüdisches Museum.
  • Santo Stefano: Auf einer Anhöhe gelegen, überblick diese Kirche die Hauptstraße Via XX Settembre. Angeblich soll Kolumbus in Santo Stefano getauft worden sein. Dieses Paradebeispiel ligurischer Romanik wurde zwar im Laufe der Jahrhunderte etwas komprimiert – aus Platzgründen riss man einige Kapellen – seit der de facto Neukonstruktion nach dem Zweiten Weltkrieg erstrahlt die Kirche dafür so richtig.
  • Monumentalfriedhof Staglieno: Der Stadtteil Staglieno liegt ein klein wenig außerhalb und wird vor allem mit dem gleichnamigen Friedhof assoziiert. Dieser erstreckt sich über eine Fläche von über 1 km² und zeichnet sich durch zahlreiche, teils steilere Geländestufen aus. Eine eigene Kleinbuslinie erschließt das Areal. Viele Grabstätten zeichnen sich durch exorbitanten Pomp aus und bilden eine Art Skulpturenpark mit 150 Jahren Bildhauereigeschichte an einem Ort.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Genua

Neben den Palästen, Kirchen und Friedhöfen hat die Kunststadt Genua natürlich noch viel mehr zu bieten. Hier ist eine kleine Auswahl:

  • Porto Antico: Natürlich darf der städtische Touristenhafen auf der Liste nicht fehlen. Erst 1992 wurde der einstige Industriehafen zur Expo aufgewertet, heute zieht der Porto Antico Touristen und Einwohner gleichermaßen an. Zu den zahlreichen Highlights zählt das Acquario di Genova, Europas größtes Aquarium.
  • Leuchtturm: Genua hat gleich zwei Wahrzeichen. Torre della Lanterna di Genova, der Hafenleuchtturm auf dem Hügel von San Benigno, ist der höchste Leuchtturmbau Europas mit 76 Metern Höhe. Er kann samstags, sonntags und feiertags besichtigt werden und verfügt über ein eigenes, angeschlossenes Museum.
  • Fontana di Piazza de Ferrari: Das zweite Wahrzeichen befindet sich auf der Piazza de Ferrari, dem zentralen Fest- und Versammlungsplatz der Stadt. Der gewaltige Bronzebrunnen des Architekten Cesare Crosa di Vergagni aus dem Jahr 1936 dominiert die Piazza auf raffinierte Weise.
  • Universität: Eine der größten und renommiertesten Universitäten Italiens befindet sich in Genua. An die 37.000 Studenten sind in der Università degli Studi di Genova inskribiert. Sie wurde bereits 1471 per päpstlicher Bulle durch Papst Sixtus IV. gegründet und verfügt über weitere Fakultäten in Genua sowie entlang der Küste in La Spezia, Imperia und Savona. Zu den berühmtesten Studenten zählen wohl der populäre italienische Staatspräsident Sandro Pertini sowie der Friedenspapst Benedikt XV.
  • Teatro Carlo Felice: Wo einst die Dominikanerkirche San Benedetto stand, befindet sich heute eines der renommiertesten Opernhäuser Italiens. Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten weite Teile des Originalgebäudes aus den 1820er Jahren, darunter den wertvollen Rokoko-Dachhimmel. Es gelang jedoch, die historische Fassade wiederherzustellen. Heute verfügt das Teatro Carlo Felice über einen Hauptsaal mit 2.000 Sitzen und ein Auditorium für 200 Besucher.

 

Hinter der einstigen Seemacht Genua verbirgt sich so viel mehr – eben eine echte Kunststadt! Wir empfehlen dir einen mehrtägigen Aufenthalt an der ligurischen Küste, um diese und weitere Highlights in vollem Umfang erfahren und genießen zu können. Verbinde deinen Besuch am besten mit einer kleinen Küstentour. Du wirst nicht enttäuscht sein.

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