Como – eine Kunststadt vieler Herren

Am Südwestende des wunderschönen, schier endlosen Comer Sees liegt Como, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der Lombardei. In unmittelbarer Nähe zur Schweizer Grenze gelegen und nur 45 km von Mailand entfernt, breitet sich eine wunderschöne Touristenstadt aus. Natürlich ist der geradezu verführerische See mit seinem Badegenuss und den zahlreichen Wassersportarten erster Anziehungspunkt, doch verbergen sich hinter der Fassade der Kunststadt Como zahlreiche weniger bekannte Highlights. Welche das sind, finden wir jetzt gemeinsam heraus.

Como damals und heute

Kunststadt Como

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Wo es sich gut badet, da lass dich nieder – klingt nach einem patenten Urlaubsrezept, bezieht sich aber auf den Comer See. Auf den Hügeln südlich des Gewässers gab es bereits im 10. Jahrhundert v. Chr. erste dörfliche Besiedlungen. Diese blühten bis zum Einfall der Kelten auf. Comum, so der römische Name, soll von den Galliern gegründet worden sein. Unter Gnaeus Pompeius Strabo und Cäsar wurde die römische Kolonie schließlich deutlich ausgebaut, um gegen Einfälle der benachbarten Räter geschützt zu sein. Am See des wohlhabenden Ortes mit florierender Eisenindustrie standen einst zahlreiche Villen.

Frühe germanische Invasionen setzten Como ordentlich zu, erst in langobardischer Zeit kehrten die Menschen zurück. Ein schwelender Konflikt mit den Erzbischöfen von Mailand führte immer wieder zu einem zermürbendem Kreislauf aus Krieg, Besetzungen, Befreiungen und Verwüstungen. Wechselnde Herren im Mittelalter brachten Como 1450 zurück in mailändische Hand, bevor die Stadt, wie auch der Rest der Lombardei, in spanische Herrschaft geriet. In späteren Jahrhunderten ging es nach Österreich, in die Cisalpinische Republik, an Napoleons Königreich Italien und zurück nach Österreich, bevor man nach der Befreiung durch Giuseppe Garibaldi 1859 schließlich in das neue italienische Königreich eingegliedert wurde.

Der Dom zu Como

Kunststadt Como

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Diese gewohnt ausführliche Kurzabhandlung – es lebe der Widerspruch! – soll vor allem zeigen, dass es in Como nicht gerade linear vor sich ging. Wechselnde Herrschaftshäuser hinterließen ein besonders vielfältiges Stadtbild, dominiert durch den Dom. Die Cattedrale di Santa Maria Assunta steht im Herzen der Altstadt und war die letzte erbaute gotische Kathedrale in der gesamten Lombardei. Tatsächlich gab es mit Santa Maria Maggiore bereits eine Kathedrale aus dem 9. Jahrhundert in Seenähe, statt der angedachten Restauration kam es ab Ende des 14. Jahrhunderts allerdings zum Neubau.

Natürlich ging nicht alles reibungslos, und so wurde der Dom in mehreren Phasen errichtet. Bis 1519 standen die Hauptapsis, die Sakristeien und die Seitenflügel, die südliche und nördliche Apsis folgten erst ein Jahrhundert später, die Kuppel sogar nicht vor Mitte des 18. Jahrhundert. Obwohl die Bauphasen bis in die Renaissance und darüber hinaus reichten, sieht man nur wenig von diesen späteren Perioden. Der Dom zu Como ist mit zahlreichen großartigen Kunstwerken ausgestattet, darunter Statuen von Plinius dem Älteren und Plinius dem Jüngeren, beide Einwohner Comos, und prächtige Altarbilder. Im Domschatz findet sich das Reliquienbehältnis Urna Volpi mit Haaren Marias und einer Haarnadel von Maria Magdalena.

Kirchen und Schlösser in Como

Zahlreiche mittelalterliche und romanische Kirchen sowie prächtige Paläste und Schlösser innerhalb und rund um die antike, im Mittelalter erweiterte und verstärkte Stadtmauer geben einen Eindruck über die architektonische Vielfalt Comos. Wir werfen einen kleinen Blick auf ein paar ausgewählte religiöse und weltliche Bauwerke:

  • San Fedele: Unweit des Doms befindet sich diese Kirche aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert, die du wahrscheinlich nicht so leicht finden wirst. Links und rechts an San Fedele grenzen Wohnhäuser an, zudem wurde die Fassade 1914 rekonstruiert und harmonisch in das Stadtbild eingegliedert. Interessant ist hingegen der ungewöhnliche Drei-Konchen-Chor, vermutlich nach Kölner Vorbild errichtet und seit jeher Forschungsgegenstand für etwaige mittelalterliche Beziehungen zwischen Como und der Rheinmetropole.
  • Sant‘Abbondio: Wie San Fedele ist auch Sant’Abbondio älter als der Dom. Das Langhaus stammt aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, als die Ottonen deutsche romanische Architektur mitbrachten. Ornamentik und Türme haben offenkundige nordeuropäische Vorbilder, die Rundstützen sind französisch inspiriert und das Freskenprogramm aus dem 14. Jahrhundert spielt mit Stilistik aus Umbrien und der Toskana.
  • Castello Baradello: Wir wagen einen Ausflug auf den Hügel über der Stadt, wo einst die römische Siedlung gegründet wurde. Das Castello Brandello kann auf eine lange, erstaunliche Geschichte zurückblicken, einst von Barbarossa restauriert und den Bürgern Comos geschenkt. Kaiser Karl V. ließ das Schloss im 16. Jahrhundert bis auf den Turm abreißen, damit es nicht in französische Hände gelangen konnte. Erst 1971 folgte eine aufwändige Restaurierung. Der Turm mit byzantinischen Wänden aus dem 6. bis 7. Jahrhundert blieb über all die Jahrhunderte gut erhalten.

 

Was du dir ebenfalls nicht entgehen lassen solltest

Darf es noch etwas mehr von Como sein? Klar, wir kriegen auch kaum genug von dieser faszinierenden Kunststadt. Hier sind einige weitere Favoriten:

  • Casa del Fascio: Como ist nicht nur Heimat faszinierender Zeugen alter Herrscher. Die Casa del Fascio gilt als Schlüsselwerk der italienischen Moderne (Razionalismo). Einst hatte die lokale Abteilung von Mussolinis faschistischer Partei ihren Sitz in diesem marmorverkleideten Gebäude, heute ist die Guardia di Finanza mit dazugehörigem Museum hier untergebracht.
  • Villa Olmo: Du interessiert dich für klassizistische Architektur? Dann wirst du in Como ebenfalls fündig! Ende des 18. Jahrhunderts entstand die Villa Olmo in Auftrag des Marquis Innocenzo Odescalchi. Zwar führten spätere Besitzer umfassende Änderungen durch – der Eingangsbereich wurde zur großen Halle, der Garten zum englischen Park – und doch blieb der ursprüngliche Geist erhalten.
  • Tempio Voltiano: Im Jahr 1800 erfand Alessandro Volta die erste elektrische Batterie. Dieses neoklassizistische Museum wurde zum 100. Todestag des Wissenschaftlers erbaut und zeigt Voltas wissenschaftliche Werkzeuge, diverse Batterieurformen und Alltagsgegenstände aus seinem Leben.
  • Standseilbahn: Brunate liegt auf einem Hügel oberhalb der Stadt Como. Das Gebiet war bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. besiedelt und entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum beliebten Touristenziel. Die eingleisige Standseilbahn verbindet Como mit Brunate, einst als Haupttransportweg für die Bewohner, heute als beliebte Touristenattraktion.
  • Broletto: Abschließend wagen wir einen Sprung zurück ins Mittelalter. Unmittelbar nordwestlich der Domfassade erhebt sich der wohl wichtigste mittelalterliche Profanbau der Stadt, ein deutliches Zeichen für die enge Verbindung geistlicher und weltlicher Macht dieser Epoche. Gemauerte Säulenarkaden führen in das mit zahlreichen Figuren, Balustraden und Loggien verzierte Gebäude.

 

Sicherlich zählt Como zu den weniger bekannten Kunststädten. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, nicht nur wegen des Comer Sees. Von antiken Vorboten über das besonders ausgeprägte mittelalterliche Erbe bis zur wechselhaften Neuzeit und Moderne entdeckst du so manchen Schatz. Und, ja, ein Sprung in den See darf gerade in der warmen Jahreszeit selbstverständlich nicht fehlen.

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